Japanische Gewässer: ein riesiges Areal voller Wale
Die 200-Meilen Zone um einen tief im Meer gelegenen Inselstaat herum ist schon ein sehr großes Seegebiet. Die japanischen Inseln sind vulkanischen Ursprungs, die Vulkane haben im Ozean Festland geschaffen. Darum reicht die 200-Meilen-Zone bis in Tiefwassergebiete hinein. Vor der ostjapanischen Küste, zum offenen Pazifik hin, liegt das Japanische Meer.
Es erstreckt sich über 978.000 km² hinweg, und ist durchschnittlich 1.752 Meter tief, durchzogen von Tiefseegräben von bis zu 3.742 Metern Tiefe. Und das ist nur ein Teil der japanischen AWZ, die sich natürlich auch noch auf der westlichen Seite ins Chinesische Meer und weit nach Norden und Süden erstreckt. Im Norden geht das Hoheitsgebiet bis dicht an die Subarktischen Gewässer heran, wo das gute Nahrungsangebot viele Wale anlockt.
Ein sehr großes Seegebiet mit Tiefwasserhabitaten, direkt auf dem Weg der vieler großer und mittelgroßer Walarten. Alle Großwale – Blau-, Finn-, Sei-, Buckel- und Pottwale sowie Zwergwale kommen in diesen Gewässern vor, die meisten von ihnen ziehen östlich der Inselkette dahin, einige sogar östlich und westlich.
Im Norden reicht das Gebiet fast bis in die Subarktis, wo der Nahrungsreichtum besonders viele Wale anlockt.
Dazu kommen noch zahlreiche kleinere Walarten, die gar nicht unter die IWC-Regeln fallen, etwa Baird-Schnabelwale (Berardius bairdii und Berardius n. sp.), Grindwale sowie mehrere kleinere Delphinarten, die ja auch bisher schon regelmäßig „befischt“ werden. In der Bucht von Taiji unter regelmäßigen vehementen Protesten von Tierschutz- und Walschutzorganisationen, an anderen Orten unbeachtet von der Öffentlichkeit.
Was bedeutet der Austritt aus der IWC konkret?
Bislang war es Japan als IWC-Mitgliedsstaat erlaubt, aus Walbeständen, die nicht (mehr) akut bedroht sind, Tiere zu jagen, sei es kommerziell oder unter dem Deckmäntelchen der Wissenschaft. Der sogenannte japanische wissenschaftliche Walfang war zuletzt nicht nur international sondern auch zunehmend von japanischen Wissenschaftlern kritisiert worden. Die Japaner werden ihre Jagd in antarktischen Gewässern aufgeben und entziehen sich in ihren eigenen Gewässern jeglicher äußeren Kontrolle.
Walfänger, die außerhalb der IWC-Regeln jagen, entziehen sich ohnehin den Kontrollmechanismen und tauchen in den IWC-Statistiken nicht (mehr) auf.
Der Wegfall der Kontrolle und der Daten ist gleichermaßen kritisch zu sehen.
Angesichts der ausgedehnten walreichen Gewässer um Japan befürchte ich, dass die Jagd nun auf mehr Arten ausgedehnt werden könnte. Über die Höhe der Fangzahlen ist zurzeit noch nichts bekannt.
Es gibt keine bindenden internationalen Gesetze zum Verbot des Walfangs, lediglich die vage Absichtserklärung des Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ; englisch United Nations Convention on the Law of the Sea, UNCLOS) zur Nutzung der Meere. Die UNCLOS verpflichtet die einzelnen Staaten, beim Walschutz zu kooperieren “through the appropriate international organisations for their conservation, management and study” – eine schwammige Formulierung.
Japan könnte nun einfach im nordpazifischen Raum eine eigene Organisation zum Management der marinen Ressourcen gründen, etwa nach dem Vorbild der nordatlantischen Pro-Walfang-Staaten Norwegen, Island, Grönland und den Färöern, die die North Atlantic Marine Mammal Commission (NAMMCO) als Alternative zur IWC gegründet haben.
Mögliche Kooperationspartner dabei wären Süd-Korea, wo Walfleisch ebenfalls ein nicht ungewöhnliches Nahrungsmittel ist oder ehemalige Sowjetrepubliken. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR ist ja bekannt geworden, dass der Walfang dort u. a. zur billigen Versorgung der Nerzfarmen wesentlich ausgedehnter betrieben wurde, als nach außen bekannt war; u. a. waren die hochgradig bedrohten Grönlandwale stark bejagt worden.
Warum möchten (einige) Japaner Wale fangen und essen?
Vorgeschützt wird gern die identitätsstiftende Bedeutung des traditionellen Walfangs.
Diese Tradition gibt es so nicht. Die Jagd auf Großwale begann erst nach dem 2. Weltkrieg und diente dem unmittelbaren Überleben der japanischen Bevölkerung. Diese Situation einer Hungersnot besteht längst nicht mehr.
In Japan möchten viele Menschen kein Walfleisch (mehr) essen. Vor allem ältere, erzkonservative Politiker beharren auf der Durchführung dieser vermeintlichen Tradition als Ausdruck ihrer nationalen Unabhängigkeit und Souveränität.
Wegen der geringen Nachfrage auf dem freien Markt wird Walfleisch u. a. bei Schulspeisungen ausgegeben – wegen der hohen Schadstoffbelastung ist das eine besonders schlechte Idee.
Eine ausführliche Diskussion um den Sinn und Unsinn des japanischen Walfangs ist in diesem BBC-Beitrag zu sehen und zu hören.
Kommentare (45)