Der Photograph David Liittschwager hat für den National Geographic dokumentiert, dass das Plankton des Ozeans mittlerweile in einer Suppe aus kleinen Plastikteichen schwimmt: “Striking photos reveal plastic and plankton side-by-side”. Bunt und vielgestaltig schwappen Plankton und Plastik Seite an Seite in den Wellen.
Die Plankton-Organismen wie silbrig-transparente Fischlarven unterschiedlicher Altersstufen und Arten, bläulich-transparente Ruderfußkrebse, Garnelen und Krebslarven mit vielen Beinen und Antennen, gelatinöse Rippenquallen und andere Kleinstlebewesen fressen die kleineren Kunststoffpartikel und rudern und zucken um die größeren herum. Die Blaufärbung der winzigen Meereswesen deutet darauf hin, dass sie zum Ökosystem der Meeresoberfläche gehören, dem Neuston.
Dieses gelatinöse Plankton bildet eine wichtige Nahrungsgrundlage für größere Fische. Manche von ihnen wählen gezielt einzelne Beutetiere aus, ihre Lieblingsarten erkennen sie oft an deren charakteristischer Bewebung. Andere Jäger nehmen einfach ein Maul von der Planktonmasse – mit Plastik!
Liittschwager hatte im vergangenen Jahr Makrophotographien von Wasserproben vor Hawaii (Temporary Field Laboratory, NOAA Pacific Islands Fisheries Science Center, Kailua Kona, HI) und vor dem englischen Plymouth gemacht.
Die Wasserproben goß er auf durchsichtige Tabletts, die von unten beleuchtet wurden – so sind die kleinen Organismen und die Plastikpartikel am deutlichsten zu sehen. Das bunte Gewimmel macht die Unterscheidung von Lebewesen und Müll auf den ersten Blick sehr schwierig. Beim Auseinandersortieren wird deutlich: Die 400 Milliliter-Wasserprobe von hawaii enthielt mehr Kunststoff als Plankton. Die meisten Plastikteile sind kleiner als 5 Millimeter, also Mikroplankton. Auffallend sind die hellgrünen und türkisen Fasern, die aus zerfasertem Fischereigeschirr wie Leinen und Netzen stammen. Sehr flache Teile scheinen Folien-Stückchen zu sein. Die meisten bunten Splitter mit oft scharfen Kanten lassen sich nicht mehr zuordnen, sie sind Bruchstücke von durch UV-Strahlung zermürbtem und durch Wellengang zerschreddertem Wohlstandsmüll.
Von der Masse der Plastikteile war Liittschwager schockiert.
Liittschwager hat in seiner 20-jährigen Tätigkeit als Naturphotograph selbst in entlegensten Gebieten so hohe Kunststoffbelastungen gefunden, dass er die Dokumentation der allgegenwärtigen Plastikverschmutzung zu seiner Mission gemacht hat.
Die Bildrechte seiner beeindruckenden und schockierenden Makrophotographien liegen beim Photographen und dem National Geographic, darum darf ich sie leider nicht abbilden. Aber es lohnt sich unbedingt, sie anzuschauen!
Mittlerweile ist sicher, dass viele Fische mit dem Plankton auch Plastik fressen. So ist etwas nachgewiesen, dass Anchovis Plastikteile vor allem dann fressen, wenn sie schon von einem Algenrasen bedeckt sind – die Algen-Plastik-Pellets haben dann den richtigen Geruch. Die kleinen silbernen Heringsartigen mit dem strengen Geschmack sind wieder die Nahrungsbasis für viele größere Tiere, Tintenfische, Fische, Haie und Wale.
Eine andere Studie wies nach, dass in 90 % des Meersalzes, das für den menschlichen Verzehr verkauft wird, bereits Mikroplastik nachzuweisen ist.
So landet der Wohlstandsmüll auch wieder auf den Tellern seiner menschlichen Produzenten, im Mikrobereich oft unerkannt. Die gesundheitlichen Auswirkungen auf Menschen sind bis jetzt nicht abzuschätzen, es gibt dazu noch keine belastbaren Langzeitstudien. Aber es ist zu befürchten, dass es nicht folgenlos bleiben wird. Darum wird jetzt zunehmend auch an den Müll-Plankton-Wechselwirkungen geforscht, wie etwa die ICES-Konferenzen (ICES: International Council for the exploration of the Sea) zeigen.
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