“Enormous alien-like hoodwinker sunfish known as Mola teca washes up on California beach“. Hinter dieser reißerischen Schlagzeile verbirgt sich kein Geringerer als der größte Knochenfisch der Welt: Ein Mondfisch.
Mondfische kommen weltweit in warmen Gewässern vor, im Atlantik schwimmen mit warmen Strömungen wie dem Golfstrom bis in die Nordsee, selten sogar bis in die Ostsee. Vor der Küste Kaliforniens und Oregons werden fast 3000 dieser Tiere pro Jahr als Beifang gemeldet. Bei meinem bisher einzigen Besuch in Kalifornien bin ich am Strand gleich über einen jungen Mondfisch gestolpert. Voll Bedauern habe ich mich daneben gesetzt und den außergewöhnlichen, toten Meeresbewohner lange betrachtet. Im Monterey Bay Aquarium habe ich dann wenig später einen lebenden größeren Mola seine Runden schwimmen sehen, mittlerweile ist diese Fischart in vielen großen Aquarien zu sehen. Ein Einzelgänger mit ungewöhnlicher Anatomie – die gestutzte Schwanzflosse und die seltsame Position der Rücken- und Bauchflosse sind einzigartig.
Der bis 3,30 Meter große und außergewöhnlich geformte Fisch ernährt sich trotz seiner Größe von wenig gehaltvollen Quallen, Salpen und anderem gelatinösem Plankton, dementsprechend langsam durchquert er die Meere. Manchmal liegt er auf der Seite an der Meeresoberfläche, dann sind nur die flappenden Flossen zu sehen – solche Sichtungen kann man etwa in der Nordsee machen.
Mit bis zu 2,3 Tonnen Kilogramm Gewicht ist Mola mola das Schwergewicht unter den Knochenfischen.
Der auffallende Meeresbewohner ist schon 1758 von dem schwedischen “Vater der Taxonomie” Linnaeus beschrieben worden.
Die Gattung Mola (Koelreuter, 1766) umfasst heute drei Arten: Mola mola (Linnaeus, 1758), Mola alexandrini (Ranzani, 1839) und den erst 2017 beschriebenen Mola tecta (Nyegaard, Sawai, Gemmell, Gillum, Loneragan, Yamanoue, Stewart, 2017).
Marianne Nyegaard und ihre Koautoren bezeichneten ihre Neuentdeckung mit dem Titel: “Hiding in broad daylight: molecular and morphological data reveal a new ocean sunfish species (Tetraodontiformes: Molidae) that has eluded recognition” und veröffentlichten im altehrwürdigen Taxonomie-Organ Zoological Journal of the Linnean Society.
Bereits der Titel “Hiding in broad daylight” weist darauf hin: Diese neue Art war nicht einfach zu erkennen und ist wahrscheinlich bereits ungezählte Male einfach so als normaler Mondfisch in Netzen, Aquarien und Museen gelandet. Mola tecta hat keinen Stirnbuckel wie Mola mola und ein etwas runderes Kopfprofil, außerdem ist “Der Verborgene” etwas kleiner.
Solche Unterschiede kann nur jemand wahrnehmen, der mit den Tieren gut vertraut ist, wie etwa Fischer und Fischbiologen – genauso ist die neue, so lange verborgene Art M. tecta “entdeckt” worden, obwohl sie natürlich schon immer da war. Auch das jetzt angespülte Exemplar wäre fast als normaler Mola mola durchgegangen, hätten nicht die eifrigen kalifornischen Fischfinder (vermutlich UniversitätsmitarbeiterInnen oder sonstige Ichthyophile) eine Probe und Bilder nach Neuseeland zu eben der Marianne Nyegaard geschickt.
Da Mondfische zwar landsame, aber kräftige Schwimmer sind, würde es mich nicht wundern, wenn Mola tecta auch in kalifornischen Gewässern nicht so ganz selten wäre. Das werden die nächsten Jahre zeigen – schließlich ist jetzt bekannt, dass es noch eine weitere Art gibt und wie man sie identifiziert. Oder wem man sie zum Identifizieren schicken kann.
Auch wenn Mondfische vor Kalifornien nicht ungewöhnlich sind, sind es zur Zeit doch ungewöhnlich viele Sichtungen. Das liegt vermutlich an der sehr großen Menge von Quallen und Salpen, wie der ortsansässige Dave Anderson erklärt. Anderson betreibt Captain Dave’s Dolphin & Whale Safari in Dana Point und ist dementsprechend oft auf See: “The presence of Mola molas off Southern California is not unusual, but the current number of sightings off San Diego, Orange and Los Angeles counties is extraordinarily high, perhaps explained by an abundance of sea jellies and unprecedented numbers of small, gelatinous creatures called Salps. Said Dave Anderson of Captain Dave’s Dolphin & Whale Safari in Dana Point: ‘We are seeing both young and full-grown mola’s on nearly every trip, and sometimes seeing 20 or 30 animals in a single trip, though often these are young ones. The mola sightings seem to have been improving along with blue whale, fin whale and minke whale sightings, and this has been one of if not the best years for sighting them”
Ob die gesichteten Mondfische Mola mola oder Mola tecta-Exemplare sind, dürfte auf See nur schwierig zu bestimmen sein.
Mehr über die geheimnisvollen Mondfische gibt es auch in dem Meertext-Beitrag “Der Sonne-, Mond- und Mühlsteinfisch“. Neben der Lebensweise des Fisches gibt es dabei auch das Video eines Fischers, der wortreich seine Überraschung angesichts des ungewöhnlichen, ihm offenbar unbekannten Fisches bekundet. Mit vielen “Holy shit”, “That´s f… big”, “What the hell/the shit is this?”. Fischer sind nicht immer wortkarg : )
Auf Sylt gab es auch schon eine Mondfisch-Strandung: “Mondfisch-Strandung auf Sylt“.
Danke, @Beobachter und @Oliver, für den Hinweis!
Ergänzung: Mola tecta bedeutet so viel wie versteckter oder verborgener Mondfisch, es bezieht sich auf seine späte wissenschaftliche Entdeckung. Mola tecta hat sich über 200 Jahre erfolgreich hinter Mola mola versteckt. Auch sein englischer Name Hoodwinker Sunfish bezieht sich darauf: Hoodwinker bedeutet Täuschen, Verbergen.
Kommentare (43)