“Die Frühlingsblüte hat begonnen, über und unter den Wellen! Baby-Ohrenquallen werden im Frühling geboren. Sie haben die Größe nud Form von Schneeflocken und bilden winzige Schneegestöber im wärmer werdenden Meer.” hat Rebecca R. Helm heute morgen getwittert, mit einem Bild umherwirbelnder winziger Quallen.
Woher kommen eigentlich die kleinen Quallen?
Quallen-Fortpflanzung ist ein komplizierter Vorgang mit einem vollständigen Generationswechsel. Generationswechsel bedeutet, dass in zwei aufeinander folgenden Generationen jeweils eine geschlechtliche und eine ungeschlechtliche Form abwechselnd auftreten. Bei Nesseltieren sind das Polyp (ungeschlechtlich) und Meduse (geschlechtlich).
Die Ohrenqualle Aurelia gehört zu den Schirmquallen (Scyphozoa). Aurelia aurita ist die häufigste Meduse in Nord- und Ostsee, in anderen Meeren kommen andere Aurelia-Arten vor.
Erwachsene Aurelia-Männchen und -Weibchen geben ihre Geschlechtsprodukte ins Wasser ab, in ihren Schwärmen ist die Partnersuche obsolet. Aus einer befruchteten Eizelle entsteht dann eine Larve, die die Mundöffnung nach oben gedreht, zu Boden schwebt und sich schließlich am Boden festsetzt – ein kleiner Polyp!
Dieser Polyp, der mit Tentakelchen Nahrung aus dem Wasser fischt, vermehrt sich dann ungeschlechtlich durch Knospung. Ein Schirmquallen-Polyp schnürt dabei jeweils Scheibchen von seinem oberen Ende ab, jede Scheibe ist mit Tentakeln ausgestattet. Diese Strobilation (Abschnürung) geht sehr schnell, man kann sie im Mikroskop verfolgen. Jede Mini-Scheibe ist eine Medusenlarve, die sogenannte Ephyra, sie hat acht Zipfelchen. Jede Ephyra schwimmt mit den typischen pumpenden Bewegungen des Schirms ihres Weges – um den Schirmrand herum verläuft eine kräftige Ringmuskulatur. In diesem frühen Stadium haben Ohrenquallen auch noch ein einfaches Lichtsinnesorgan (Rhopalium) und einen Statolithen als Schweresinnesorgan. So können sie sich im dreidimensionalen Raum orientieren.
Die Ephyra wächst allmählich zur erwachsenen Qualle heran, die dann nur noch vierzipfelig ist: Die vier rot-violetten Zeichen auf dem Schirm sind die Geschlechtsorgane des erwachsenen Tieres.
Im Youtube-Video ist die Strobilation gut zu beobachten (die Polypen hängen falsch herum, mit dem Fuß nach oben):
Im Frühling blüht auch das Plankton in den Ozeanen.
Über den dunklen kalten Winter dämmerte das pflanzliche Plankton im Winterschlaf und geringer Menge im Meer. Durch den geringen Verbrauch haben sich so über die dunkle Jahreszeit viele Nährstoffe angesammelt. Sowie die Tage länger werden und sich das Meer erwärmt, kommt es zur großen Frühjahrsblüte des pflanzlichen Planktons (Phytoplankton), zeitlich versetzt folgt dann die massenhafte Vermehrung der anderen Planktongruppen, die sich von den Algen ernähren.
Auch die Ephyren vermehren sich im Frühling, sie fressen kleineres Zooplankton, das nicht zu schnell ist. Dazu gehören Rädertierchen und größere Tiere bis zu einem Millimeter. Nur Nauplius-Larven von Ruderfuß-Krebsen (Copepoda) erbeuten sie selten: Die Krebslarven spielen “Toter Krebs” oder entwischen mit hoher Geschwindigkeit.
Quellen:
Pierre Tardent: “Meeresbiologie” (1993)
Rolf Siewing (Hrsg.): “Lehrbuch der Zoologie”, Bd. 1 Allgemeine Zoologie (1980)
Aurelia Aurita: Habitat, Nutrition and Life History (With Diagram)
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