Seit den 90-er Jahren wird der Tiefseebergbau vorangetrieben, auch die Bundesrepublik Deutschland ist von Anfang an dabei. Ebenfalls seit den 90-er Jahren ist bekannt, dass Tiefseebergbau die empfindlichen Ökosysteme der Tiefsee zerstören und mindestens für Jahrzehnte verwüsten wird.
Auf SPON ist gerade ein Beitrag zum Tiefseebergbau erschienen, ein Interview mit dem Chemiker und Expeditionsleiter Matthias Haeckel.
Das deutsche Forschungsschiff “SONNE” ist im Pazifik westlich von Mexiko unterwegs, zur Clarion-Clipperton-Zone. Dort liegen auf dem Meeresgrund der Tiefsee Manganknollen. Diese Metallkonkretionen enthalten wertvolle Rohstoffe – und sind Ökosysteme mit noch fast unerforschten Lebewesen. “Die Clarion-Clipperton-Zone liegt in internationalen Gewässern, die International Seabed Authority (ISA; eingedeutscht auch ISBA: Internationale Meeresbodenbehörde) wacht dort über den submarinen Bergbau Die ISA muss, bevor sie ein Areal für den Tiefsee-Bergbau freigibt, auch ökologische Gutachten einholen, so auch für die Clarion–Clipperton Zone (CCZ).” hatte ich im vergangenen Jahr dazu schon geschrieben.
“SPIEGEL ONLINE: Ist der Hunger der Menschheit nach metallischen Rohstoffen wirklich so groß und Recycling so teuer, dass mit Bergbau auf dem ökologisch sensiblen Meeresboden begonnen werden muss?
Haeckel: Das ist zumindest das häufig gehörte Argument. Sicher ist aber auch, dass wir unser derzeitiges Konsumverhalten für Rohstoffe ändern müssen, nicht nur bei den Metallen, um den Bedarf bei prognostiziertem Bevölkerungswachstum und steigendem Lebensstandard nicht weiter explodieren zu lassen. So ließe sich Tiefseebergbau vielleicht doch vermeiden.”
Diese Frage und die Antwort des Interviews auf SPON fasst bereits die ganze Situation zusammen: Wider besserers Wissen wird ein weiteres, noch nahezu unberührtes Ökosystem zerstört. Vorher dürfen Wissenschaftler noch einmal nachschauen, was dort alles zu finden ist. “Die ISA hat bereits an 29 Konzerne verschiedener Länder Schürfgenehmigungen erteilt, die Firmen mussten dann selbst die ökologischen Gutachten erstellen lassen. Idealerweise möchten die Firmen am Ende der Untersuchung den Nachweis, dass ihre Bergbau-Aktivität ökologisch vollkommen unbedenklich ist.” Mehr Hintergrund-Information zu diesem Tiefsee-Paradies gibt es auf Meertext: “Tiefsee-Bergbau im Tiefsee-Paradies?”.
Liebe WählerInnen: Macht politisch Druck!
Meine Überschrift “Rohstoffhunger und Konsumgeilheit vernichten Tiefsee-Ökosysteme” ist noch nicht ganz korrekt, denn zurzeit haben die WissenschaftlerInnen ja ihre Forschungsgnadenfrist für die ökologischen Gutachten. Dann ist der Tiefsee-Lebensraum im Abyssal und dem Bathyal des Areals im Ostpazifik erforscht und kartiert. Manche diese Regionen sind jetzt schon als Hotspots der Biodiversität klassifiziert! In der Clarion–Clipperton Zone wurden viele verschiedene Arten von seltsamen, riesigen Einzellern gefunden, den Xenophyophoren. 30% davon waren Neuentdeckungen ( mehr dazu auf “Tiefsee-Bergbau im Tiefsee-Paradies?”.)
Zivilgesellschaftlich passiert gerade eine Menge. Aber sogar die laut- und presse-starke FridaysForFuture-Bewegung, die Volksabstimmung in Bayern für den Erhalt der Biodiversität und alle anderen Bewegungen für Umwelt- und Klimaschutz scheinen an zu vielen Menschen immer noch völlig vorbeizugehen. Dass die großflächige Vernichtung von Lebensgemeinschaften des Meeres auch Auswirkungen auf die Fischbestände haben wird, scheint ebenfalls niemanden zu interessieren. Große Fischereinationen ziehen einfach ein Meer weiter, ortansässige Fischer haben dann eben weniger Ertrag und Lebensgrundlage. Fischer ohne Fische werden dann zu Piraten, Menschen ohne Perspektive flüchten in andere Länder.
Niemand lernt irgendetwas aus bisherigen Erfahrungen. Diese Ignoranz macht mich fassungslos.
Hoffentlich kommt es wenigstens noch rechtzeitig zur Einrichtung großflächiger Tiefsee-Reservate.
Ich kann an dieser Stelle nur dazu aufrufen, bei allen künftigen Wahlen noch genauer hinzuschauen, wofür eine Partei steht. Die Europa-Wahl ist die nächste Wahl, auf der ich meine Stimme für die Erhaltung unserer Biodiversität, für Umweltschutz, gegen Klimawandel und gegen ungehemmtes Wirtschaftswachstum abgeben kann. Eine Politik gegen die Umwelt trifft letztendlich die Menschen selbst – uns alle. Offensiver und guter Umweltschutz ist sozial verträglich. Die ökologischen Folgen des Nicht-Umwelt (Insektensterben, Nitratbelastung im Grundwasser, Überfischung Ostsee,…) – und Nicht-Klimaschutzes sind bereits jetzt sehr teuer. Ökonomie ohne Ökologie können wir uns nicht mehr leisten.
Hier geht es zu Informationen zum Klima- und Umweltschutz deutscher Parteien (nicht nur) für die Europa-Wahl: “Klimaranking: CDU und CSU nur knapp über AfD”
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