Zurzeit wird mal wieder eine mediale Sau durchs digitale Dorf gejagt – mit Zottelfell und Rüsseln in XXL. Das Mammut!
Genau gesagt geht es, wie alle paar Jahre wieder, um Wissenschaftler, die per Klon diesen ausgestorbenen Eiszeit-Giganten wieder auferstehen lassen wollen.
Bis jetzt (Stand 2020) hat allerdings keiner dieser Versuche geklappt, dazu mehr weiter unten.
Hier ist ein Video von 2019 dazu:
Mammuts sind unglaublich faszinierend: Giganten einer fernen Eiszeit-Landschaft, eng verbunden mit der menschlichen Natur- und Kulturgeschichte. Als Nahrung und Baumaterial begehrt, mussten sich die eiszeitlichen Menschen beim Waffenbau und der Koordinierung ihrer Jagdstrategie wirklich etwas einfallen lassen, um solche riesigen und wehrhaften Tiere zu erlegen.
Die eiszeitliche Megafauna muss einfach atemberaubend gewesen sein. Natürlich würde ich mir wünschen, einem solchen Tier doch einmal von Angesicht zu Angesicht zu begegnen, seinen dampfenden Atem in der kalten Luft zu sehen und von seinem Trompeten fast taub zu werden.
Viele von diesen Tieren sind im Permafrost eingefroren so gut erhalten, dass ihre DNA theoretisch geklont werden könnte.
Allerdings gibt es da gewaltige ethische Bedenken.
Den folgenden Artikel hatte ich 2015 geschrieben, da ging es um ein genau solches Projekt.
Offenbar ist die Diskussion um die Neuerschaffung des Eiszeit-Elefanten immer noch aktuell, darum werfe ich den Beitrag hier noch einmal in die Diskussion. Der Film scheint sich auf Ereignisse zu beziehen, die im März durch die Presse gingen. Im Zentrum steht, neben dem Mammut, der schwedische Forscher Dr Love Dalén, der Experte für Mammut-DNA ist. Mehr dazu ist auch in diesem BBC-Beitrag zu erfahren.
Den Film habe ich noch nicht ganz sehen können, er scheint recht stark auf die Entdeckung des Mammuts abzuzielen und die tollen Abenteuer der unerschrockenen Gräber. Für meinen Geschmack zu actionlastig.
Mammut 3.0 – Auferstehung in der Arktis? (Artikel von 2015)
Ein Mammut-Artikel im Spiegel – vier Seiten mit bunten Bildern von zottigen Rüsseltieren: „Auferstehung in der Arktis“.
Der US-amerikanische Genetik-Visionär George Church möchte mit tief gefrorenem Mammut-Genom die ausgestorbenen Rüsseltiere wieder zum Leben erwecken. Und der russische Ökovisionär Sergej Simow möchte mit seinem sibirischen Eiszeitpark die passende Kulisse dafür liefern.
Und fertig ist „Pleistocene-Park“!
Ein biotechnischer und futuro-ökologischer Geniestreich, sogar ganz ohne Hollywood-Beteiligung.
Um Mißverständnisse zu vermeiden:
Die Idee des Pleistocene Park finde ich ausgesprochen interessant!
Nur die Sache mit den Mammuts geht mir etwas zu weit.
Ich bin nicht grundsätzlich gegen das Klonen von Lebewesen.
Aber gerade im vorliegenden Fall habe ich erhebliche ökologische und ethische Bedenken.
Mammut 3.0 – ist das „echt“? Oder ein Frankenstein Flokatifant?
Mammuts sind vor 10000 bis 12000 Jahren in Europa ausgestorben, ein kleines Reliktvorkommen lebte bis vor 3700 Jahren auf der Wrangel-Insel.
Der Genetiker beabsichtigt, auf dem Genom des Indischen Elefanten (Elephas maximus), des nächsten Mammut-Verwandten, sein Neo-Mammut aufzubauen.
Ein Fell macht noch kein Mammut.
Darum will Church auch gleich noch in mehrere andere Gene eingreifen, damit das Tierchen eine dicke Speckschicht, kleinere Ohren, einen kurzen Schwanz, lange kurvige Stoßzähne und seine besondere Mammut-Hämoglobin-Variante für die besondere Kälteanpassung bekommt.
Hoffentlich hat er auch an das umfassende Mikrobiom des Tierchens gedacht. Das ist die Gesamtheit der nicht-pathogenen Bakterien (= Endosymbionten), ihrer Genome und ihrer Interaktionen mit ihrer spezifischen Umwelt. Dazu gehören die Bakterien des Darms inkl. Mund und Rachen, der Nase, der Haut und des Urogenitaltraktes.
Bei Menschen wird gerade mächtig am Mikrobiom geforscht. Bei anderen Säugetieren haben wir damit noch nicht einmal angefangen. Dass aber ein Steppentier aus dem Pleistozän eine andere Bakterienbesiedlung im Verdauungsapparat benötigt, um die entsprechenden Steppengräser auch verdauen zu können, als etwa ein Indischer Elefant, ist klar.
Oder?
Was für ein Tier kommt bei dieser genetischen Ingenieursleistung heraus?
Und wieweit muss der Klon mit Elefantengenom oder künstlichen Sequenzen ergänzt werden, um ein lebensfähiger Organismus zu werden?
Äußerlich wird es sicherlich große Ähnlichkeit mit einem Mammut haben.
Aber wieweit?
Wäre es dann noch ein Mammuthus primigenius?
Oder eher Mammut 3.0?
Spätestens, wenn das Genom in Eizellen von Elefantinnen übertragen und von einer Leihmutter ausgetragen wird, ist ein gehöriger Anteil Elefant dabei.
Eine solche Chimäre wäre dann zwar mammutähnlich, aber eben doch kein echtes Mammut.
Es wäre eher ein Frankenstein-Flokatifant.
Neo-Mammut allein im Neo-Pleistozän
Eine Elefantin trägt ihr Junges etwa 22 Monate im Leib, dann erblickt das kleine Rüsseltier das Licht der Welt.
Ob es in die echte Sonne am Himmel blinzelt oder in das künstliche Licht eines Labors, mag dabei zunächst unerheblich sein.
Wichtig ist, dass Mama und die Tanten da sind.
Ein kleiner Elefant braucht viel Fürsorge und Erziehung, damit er später seinen Platz in der Gruppe findet. Das dürfte bei Mammuts sehr ähnlich gewesen sein.
Diese Phase der Kindheit – die bereits im Mutterleib beginnt – ist bei sozial hoch entwickelten Säugetieren elementar wichtig. Die Jungen müssen zum Überleben nicht nur lernen, Wasser und Nahrung zu finden, sondern auch ihre sozialen Fähigkeiten entwickeln. Und das geht nur in der Gruppe. Aus der Elefantenforschung wissen wir, dass dieser Familienverband für einen Elefanten unersetzlich ist – gerade die alten Leitkühe spielen eine wichtige Rolle.
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