Sepien können dreidimensional sehen – auf einen 3 D-Film reagieren sie genauso stark wie auf ihr echtes Leben. Dabei haben die Linsenaugen dieser 10-armigen, behäbig aussehenden Tintenfische sogar eine bessere Tiefenwahrnehmung als das menschliche optische System.
Der Biologe Trevor Wardill, (Professor für Ökologie, Evolution und Verhaltensbiologie der University of Minnesota) und sein Team haben Sepien ein kleines Stück Klettband zwischen die Augen angeklebt. An dem Klettband haben sie 3 D-Brillen befestigt, mit einem blauen und einem roten Glas. Dann haben die 10-armigen Tintenfische einen 3 D-Film zu sehen bekommen – mit leckeren Shrimps. Von 11 Sepien setzten sich 3 die Brille gleich wieder ab, sie hielten das Teil für ein neues Spielzeug. Sowie die Sepien aber die Brille vorschriftsmäßig trugen, lief das Projekt perfekt: Die Biologen spielten auf einem Bildschirm Garnelen ein und die Sepien reagierten mit Tentakelbewegungen und Angriffen genau wie auf echte Beute.
Das Biologen-Team hatte in einem Aquarium des Marine Biological Laboratory in Woods Hole, Massachusetts (WHOI) insgesamt 14 Sepien (Sepia officinalis) auf die Film-Probe gestellt.
Moderne Tintenfische haben hoch entwickelte Linsenaugen, die ähnlich leistungsstark sind wie ein Säugetierauge. Aber nur Sepien können auch stereotypisch sehen, etwa zur Messung von Distanzen zum angepeilten Snack. Das bedeutet, dass ihr Gehirn die Distanz aus den Signalen des rechten und linken Auges berechnen kann.
Und genau diese Positionierung haben die Sepien beim Schauen des 3 D-Films auch gezeigt – sie haben ihre Distanz zur Beute entsprechend den Film-Informationen verändert. Und sie sind dabei sogar besser als Menschen, so Wardill.
Dieses Video zeigt eine kleine Sepia, die eine zu grosse Krabe essen möchte und Angst hat, einen Tentakel abgebissen zu bekommen (Dieses Video stammt nicht aus dem Wardill Lab und hat auch nichts mit dem Versuch zu tun. Aber es ist grossartig anzuschauen, auch die anderen Teile des Vidoes lohnen sich sehr.):
Wardill erforscht seit vielen Jahren die optischen Fähigkeiten von Tintenfischen. Seine Arbeitsgruppe hatte neuronale Verknüpfungen zwischen dem Tintenfisch-„Gehirn“ und einigen Körperfunktionen entdeckt (das „Gehirn“ besteht aus den beiden leistungsstarken Nervenknoten hinter den Augen – ich würde diese Ganglien eher als gehirnähnliche Struktur bezeichnen).
Sepien-Augen unterscheiden sich von denen anderer Tintenfische: Sie habe nur einen einzigen Photorezeptor. Normalerweise können Organismen mit einem einzigen Photorezeptor nur Schwarz-Weiß sehen. Die Sepien können aber mit ihrer einzigartig W-förmigen Pupille trotzdem Farben sehen – nur auf andere Weise, als andere Tiere.
Die Linse des menschlichen Auges verändert beim Fokussieren ihre Form – bei Sepien verändert die Linse ihre Position im Auge. Außerdem können sie die Augen schwenken und in unterschiedliche Richtungen blicken, für eine Rundumsicht von 360°.
Stereoskopisches Sehen bei Wirbellosen ist nicht sehr häufig – eine andere Arbeitsgruppe hatte es bei der Gottesanbeterin nachgewiesen. Nun wissen die Biologen also, dass auch Sepien so etwas können. Stereoskopisches Sehen in zwei so unterschiedlichen Tiergruppen bedeutet, dass diese besondere Fähigkeit sich in der Evolution mehrfach und auch unterschiedliche Weise entwickelt hat.
Wie das stereoskopische Sehen der zehnarmigen Tintenfische mit dem ovalen Rückenschild ganz genau funktioniert?
Dafür planen die Biologen schon die nächsten Experimente
In diesem ScienceAlert-Beitrag ist ein herrliches Video der Sepia mit 3 D-Brille zu sehen.
Wie die Sepia mit anderen Tintenfischen verwandt ist, steht natürlich auf Meertext: “Krake, Kalmar und Kuttelfisch”.
Quelle:
C. Feord, M. E. Sumner et al: Cuttlefish use stereopsis to strike at prey (Science Advances 08 Jan 2020: Vol. 6, no. 2, eaay6036; DOI: 10.1126/sciadv.aay6036
https://www.sciencealert.com/scientists-put-tiny-3d-glasses-on-cuttlefish-to-find-out-how-they-see
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