Chinas Gier nach Ressourcen aller Art – ob Tintenfisch, Öl, Ackerland oder Infrastruktur – wird von den meisten Europäern nur am Rande wahrgenommen.
Mitte Juli kam eine Dokumentation des Ocean Outlaw Projects zu den Geisterschiffen an Japans Küsten. Seit Jahren werden dort regelmäßig kleine Fischerboote ohne oder mit verstorbener Besatzung angespült, mutmaßlich aus Nordkorea. Allein 2018 waren es 169 Boote. Aufgrund der komplizierten politischen Beziehungen zu Nordkorea war eine Klärung nicht möglich, so blieb es bei der Vermutung, dass nordkoreanische Fischer zu weit hinausgefahren und dann verhungert, verdurstet oder erfroren sind. Das Japanische Meer ist politisch betrachtet eine Hoch-Risiko-Zone – die Anlieger Japan, Nord-Korea, Süd-Korea und Russland haben eher gespannte Verhältnisse zueinander.
Erst die moderne Satelliten-Überwachung von Schiffsbewegungen hat das Rätsel der Geisterboote lösen können. Die NGO Global Fishing Watch ist eine offene Plattform, auf der die Bewegungen von Fischereifahrzeugen weltweit beobachtet und verfolgt werden können – über die Erfassung ihrer vorgeschriebenen Satellitentransponder. Der Pulitzer-Preis-gekrönte Journalist Ian Urbina hat mit seiner Organisation Ocean Outlaw dann die Geschichte der Geisterschiffe mit Hilfe dieser Daten und weiterer Recherchen rekonstruieren können:
Seit mehreren Jahren beuten chinesische Fangflotten die Tintenfisch-Bestände in nordkoreanischen Gewässern aus – aufgrund einer UN-Resolution ist dies seit 2017 illegal. Die chinesischen Kapitäne schalten zwar ihre gesetzlich vorgeschriebenen Transponder aus, aber das investigative Recherche-Team konnte sie dennoch verfolgen und photographieren, sowohl beim Auslaufen als auch direkt in den Fischgründen. Außerdem erfassen die Satellitenaufnahmen die nächtlichen Lichter der Schiffe, die sie zum Fang der Tintenfische brauchen: Nachts folgen die Tintenfische der Vertikalwanderung des Planktons und der Fische, dann werden sie mit starken Lichtquellen angelockt. Heutige Satelliten können diese Lichter erfassen. So konnte Global Fishing Watch 2019 über 800 chinesische Tintenfisch-Fänger erfassen und identifizieren – die Daten stammen von Satelliten der NASA, NOAA und ESA.
Die industriellen Fischereischiffe der Chinesen fangen jährlich mehr Tintenfisch als Südkorea und Japan zusammen. Der Kalmar-Bestand vor der nordkoreanischen Küste ist mittlerweile extrem ausgebeutet und zurückgegangen. Da die meisten Tintenfische nur ein Jahr alt werden und sich sehr früh und in hoher Menge fortpflanzen, haben sie eigentlich eine sehr hohe Fortpflanzungsrate. Die Reduzierung solcher Bestände ist nur durch eine extrem hohe Ausbeutung zu erklären, bevor die Weichtiere überhaupt zur Fortpflanzung kommen und ist absolut besorgniserregend.
Rücksichtslos drängen die chinesischen Fischer die wesentlich kleineren und schwächeren Boote nordkoreanischer Fischer widerrechtlich aus deren 200-Meilen-Zone und zwingen sie, ihr Glück an anderer Stelle zu versuchen. Dabei entfernen sich die schlecht ausgerüsteten nordkoreanischen Fischer manchmal so weit von ihrer Küste, dass sie den Rückweg nicht mehr schaffen, manchmal geraten sie in schlechtes Wetter mit Sturm und Kälte oder in Konflikte mit den Chinesen. Sie sterben und ihre Boote werden von den Strömungen bis an die Japanische Küste getrieben.
Hier ist die Doku, mit deutschen Untertiteln:
(Das Original-Video ist hier zu finden).
Die Fisch-Piraterie in den Hoheitsgewässern anderer Staaten ist also durch Satellitenaufnahmen klar nachweisbar – allerdings weiß zurzeit niemand, wie man das Reich der Mitte, das die Satellitenaufnahmen natürlich leugnet (s. Film), zur Einhaltung bringen kann. Laut Ocean Outlaw antwortete das chinesische Außenministerium auf den Vorwurf der illegalen Fischerei, dass China gewissenhaft die UN-Resolution befolge und illegale Fischerei streng bestrafe.
Möglicherweise wird die UNO sich des Problems annehmen. Aber ob China sich dem Druck der UNO dann beugen wird? Ich halte das für fraglich.
Seit Jahrzehnte beuten chinesische Fangflotten für den großen Hunger ihrer Landsleute auf Seafood die Weltmeere aus. Problematisch ist daran, dass diese Flotten viele Hunderte Schiffe umfassen, inklusive von Fabrikschiffen, Kühlfrachtern und Versorgungsschiffen. Diese riesigen schwimmenden Fischerei-Fabriken saugen alles Verwertbare aus einem Meeresareal und lassen dabei wenig für später oder für andere übrig. Sie sind offenbar sehr effektiv und müssen immer weiter fahren, um noch reiche Fischgründe zu finden.
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