Ein Blob, Glob oder Globster ist eine amorphe Masse mutmaßlich organischen Ursprungs, die keine festen Strukturen wie Knochen oder Knorpel enthält. Typisch für Blobs und Globster ist, dass sie schwierig oder nicht zu identifizieren sind und ihre Identität kontrovers diskutiert wird.
Solche wabbeligen Strukturen werden entweder von Wellen an den Strand gespült oder von Fischtrawlern aufgefischt. Da sie ohne erkennbaren Formen und Strukturen zunächst schwierig einzuordnen sind, werden sie schnell zu Meeresmonstern. Allerspätestens, wenn die Tagespresse darüber berichtet.
Blobs gehören zur Sparte der Kryptozoologie: Tiere, für deren Existenz es nur schwache und zweifelhafte Belege gibt, wie Augenzeugenberichte, Fotos oder Filme, Spuren oder Legenden (Das Netzwerk für Kryptozoologie gibt eine ausführliche Erklärung – lesenswert!).

Der Kryptozoologe Ivan Sanderson führte 1962 den Begriff „Globster“ ein, um die unidentifizierbaren verrottenden Kadaver und organischen Massen in den Spülsäumen der Strände zu beschreiben.
Vermutlich ist es eine verbale Neuschöpfung aus „Glob“ und „Lobster“. Dass ein Hummer wegen seines stabilen chitinigen Außenpanzers auch im fortgeschrittenen Zustand der Verwesung sehr wohl eine Struktur hat, macht zumindest für mich diesen Begriff schwierig nachvollziehbar. Allerdings hat er sich eingebürgert – Blob, Glob oder Globster werden heute synonym verwendet.

Das Zeitalter der Blobs und Globs

Auffallend ist, dass die meisten dieser Geschichten aus einem Zeitrahmen zwischen 1800 und 1980 stammen.
Vereinzelte Berichte sind älter – so wurden 1648 im mexikanischen St. Maria del Mar unidentifizierbare Überreste einer Meereskreatur angeschwemmt.
Unter historischen Seeungeheuer-Darstellungen auf Seekarten oder Gemälden fehlt diese amorphe Monsterkategorie allerdings – wahrscheinlich war sie zu diffus.

Die meisten Blob-Berichte sind jüngeren Datums, das dürfte unmittelbar mit der Entwicklung der Photographie, des Zeitungswesens und dem Aufstieg der Meeresforschung sowie der Freizeit und Erholung an Stränden zusammenhängen:

  1. Es waren mehr Menschen am Strand, die dort Urlaub oder Freizeit verbrachten
  2. Die systematische Erforschung der Meere führte zu mehr Gelehrten und Institutionen, die sich auch für Strandfunde interessierten und selbst Feldforschung betrieben
  3. Mit der Entstehung des Zeitungswesens, das auf der ganzen Welt immer auf der Jagd nach Sensationen und Sensatiönchen ist, wurden Monstermeldungen wertvoller und verkäuflich.
  4. Monstermeldungen mit Photobeweis von Monstern und schockierten Augenzeugen hatten schon immer einen hohen Stellenwert, der bis heute nicht nachgelassen hat.

Sir Alexander Gibson: Sketch of The Stronsay Beast; 1 January 1808. (Wikipedia: Stronsay Beast)

Eines der ältesten dokumentierten Blobs war die Bestie von Stronsay (Stronsay Beast), das 1808 auf den Orkney-Inseln im Norden Schottlands strandete.
“Nach einem Wintersturm im Jahre 1808”, beginnt die Geschichte, “waren lokale Fischer wie gelähmt von etwas wie einem Alien im Wasser“ erinnerte der Scotsman an die mysteriöse Seeschlangengeschichte am 17. Januar 2018, 210 Jahre nach dem Ereignis. Augenzeugen berichteten, das Biest sei unglaublich lang gewesen, mit einem langen dünnen Hals, drei Beinpaaren, einem Schwanz und einer haarigen Mähne. Ein anderer Augenzeuge hatte etwas ganz anderes gesehen: Einen 55 Fuß langen Körper, so dick wie ein Orkney-Pony. Der Kopf war nicht größer als der eines Seehunds, und hatte zwei Blaslöcher. Vom Rücken hingen Filamente, dessen Textur den Fischer an feines Fischereigarn erinnerte, wie eine Mähne. Auf jeder Körperseite waren drei lange, pfotenartige Flossen. Natürlich darf in einer schottischen Zeitschrift auch der Vergleich mit Nessie nicht fehlen.
Unglücklicherweise kam ein Experte erst so spät dazu, dass in der verrottenden Masse der Ursprung des Gewebes nicht mehr auszumachen war.

Glücklicherweise nahm der ungenannte Experte Proben des Kadavers, die Wirbel (ungewöhnlich für einen Blob!) und “Haare” der “Mähne” enthielten und brachte sie nach Edinburgh zur wissenschaftlichen Analyse. Die Experten in Edinburgh bestimmten die sechsbeinige Seeschlange als neue Art und benannten diese “Halsydrus Pontoppidani” (nach dem norwegischen Bischof Erik Pontoppidan, der im 18. Jahrhundert in seinem Buch The Natural History of Norway auch Meeresungeheuer wie den Kraken dokumentiert hatte). Die Benennung einer neuen Art ist für Wissenschaftler ein paradiesischer Akt, denn damit geht ihr Name in die Geschichte ein – der Entdecker-Name steht immer hinter dem Artnamen.
Der Chirurg und Naturforscher Sir Everard Home sah diese Identifikation allerdings skeptisch und brachte den Schädel und die Halswirbel des schottischen Globsters nach London, wo sich der unbekannte Organismus nach einer weiteren Untersuchung als Riesenhai entpuppte – Schädel und Wirbel des Knorpelfisches waren für eien sichere Identifikation gut genug erhalten.

Riesenhaie schwimmen mit dem Golfstrom im Sommer bis weit nach Norden und sind in der äußeren Nordsee nicht selten. Dass ein Riesenhai stirbt, dann als treibender Kadaver angefressen wird und verwest, seine Form verändert und schließlich mit einem Sturm angespült wird, ist ein normaler Vorgang. Gerade Stürme bringen immer interessante Dinge in den Spülsaum, die teilweise weite Reisen hinter sich haben. Darum ist es wenig verwunderlich, wenn Meeresungeheuer besonders oft nach Extremwettern wie Stürmen oder Fluten auftauchen, solche dramatischen Umstände steigern den Monstergrusel natürlich noch zusätzlich. Das ohrenbetäubende Tosen des Sturms und des Meeres liefert die perfekte akustische Kulisse für eine Monstergeschichte.

Das “St. Augustine-Monster” – Blobs mit undefinierbarer Konsistenz

Blobs zeichnen sich durch ihre undefinierte Struktur aus. Ihr Gewebe wird oft als gummiartige Masse beschrieben – wabbelig, strukturlos und irgendwie zäh.
Wale, Haie und Fische kommen erst durch Verwesungsprozesse in diese Konsistenz. Eine Tiergruppe der Wirbellosen hingegen hat von Natur aus die zähe Konsistenz eines gut durchgekauten Kaugummis: Tintenfische.

So befinden sich unter den Blobs und Globstern auch viele Tintenfische, und zwar vor allem die großen Exemplare wie Riesenkraken und Riesenkalmare.
Solch ein großer Meeresmollusk erreicht seine Größe vor allem durch seine meterlangen Tentakel, aber auch der Kopf und Eingeweidesack sind schon beachtlich. Ohne ihre charakteristischen Tentakel und die schillernde Körperoberfläche sind sie per Definition Blobs.
Betrachtet man Photos von Blobs genauer, entdeckt man oft Armstümpfe. Dann sind die Tintenfische dem Angriff eines Hais oder Wals zum Opfer gefallen und haben ihre Arme eingebüßt, die aufgrund des geringen Durchmessers am leichtesten abzubeißen sind. Hat das Tier noch einzelne Arme, werden diese oft als Kopf an einem langen Hals oder als Schwanz, als Rüssel oder andere Körperanhange fehlinterpretiert.

Einer der berühmtesten und vor allem der ältesten Blobs ist das „St. Augustine-Monster“, das 1896 am gleichnamigen Strand an der Küste Floridas angespült wurde.

Cropped version of the image “Dr. DeWitt Webb beside the remains.”, which has been much reproduced. (Wikipedia: St. Augustine Monster)

Das „St. Augustine-Monster“ von 6,3 Metern Länge, 2,1 Metern Breite und 1,2 Metern Dicke und weißlicher gummiartiger Konsistenz war schnell als Objekt für die Wissenschaft beansprucht worden. Der örtliche Arzt und Gründer der Naturkundlichen Gesellschaft von St. Augustine Dr. DeWitt Webb beschrieb den Strandfund mit mehreren Tentakel-Stümpfen und schickte Photos und Beschreibung an Zoologen des Museums für Vergleichende Zoologie in Harvard, später sicherte er auch Gewebeproben. Die Zoologen veröffentlichten auf dieser Basis die ersten Zeitungsberichte, später auch Publikationen. Ohne den Fund selbst zu untersuchen, extrapolierten Gelehrte die immense Größe, als nächstes wurde der Oktopus aufgrund des nicht sehr guten Photos und einer Skizze aufgrund der Beschreibung umgedeutet in einen Pottwal. Weitere, abenteuerlichere Theorien mit prähistorischen Sauriern und Tiefseemonstern kamen unweigerlich dazu.

Irgendwann fiel dieser Blob den Schlaf des Vergessenen. Erst 60 Jahre später fand der Meeresbiologe Forrest Wood die Geschichte auf einem alten Zeitungsartikel. Darin war auch die Gewebeprobe im Smithsonian vermerkt – die wollte Wood sich selbst ansehen und forderte sie an: Die Untersuchung der Schnittproben im Phasenkontrastmikroskop und der Vergleich mit anderem Oktopus- und Kalmargewebe ergab ganz klar: Tintenfisch-Bindegewebe!
Auch der Biochemiker Mackall untersuchte das amorphe Gewebe und kam zum gleichen Schluß: Es handelte sich sicher um einen Oktopus!

Wood und Mackall waren übrigens Gründungsmitglieder der Internationalen Gesellschaft für Kryptozoologie, und publizierten ihre Erkenntnisse natürlich. Allerdings konnten sie aufgrund der angeblichen Größe des St. Augustine-Monster das Gewebe keiner bekannten Oktopus-Art zuordnen und nahmen eine neue, gigantische Art an.

Richard Ellis beschreibt diese Geschichte in seinem Buch “Seeungeheuer“ ausführlich. Allerdings legt er dabei mehr Wert auf das Mysteriöse, als auf das Debunking.

Ich selbst erlaube mir, ohne diesen Blob selbst gesehen zu haben, die unglaubliche Größe etwas zu verringern. Zum einen kann man wegen der gummiartigen Konsistenz eines Tintenfisches das Gewebe gerade eines toten Tieres deutlich länger ziehen, als es zu Lebenszeiten gewesen ist. Zum anderen sollte man auch hier berücksichtigen, dass möglicherweise irgendwo in der Informationskette ein monstermäßiges Wachstum des Blobs geschehen ist. Der englische Wikipedia-Artikel bietet zahlreiche Abbildungen des Blobs, teils mit Menschen zum Größenvergleich, die zwar einen großen Kopffüßer-Teil zeigen, der sicherlich zu einem großen Tier gehörte – aber es braucht dafür keinen 23-Meter-Oktopus. Auf der hier abgebildeten Photographie sieht es für mich so aus, als ob Dr. Webb deutlich tiefer steht, als der Blob. Der Blob hingegen scheint auf einigen Tentakelstümpfen und Sand aufgebockt zu liegen. Allerdings lassen sich ohne Kenntnis der Körpergröße Dr. Webbs keine genauen Aussagen treffen.


Wie ein Riesen-Blob schrumpft

Der größte Globster wurde im Juli 1956 im Golf von Alaska angespült: 100 Fuß lang und 15 Fuß dick. Der Kopf allein maß über 5 Fuß. Außerdem hatte das Tier Zähne, 6 Inch (15,24 cm) lang und mit 5 Inch Durchmesser an der Basis.
Die Größe weist klar auf einen Wal hin. Bei 30 Meter Länge kommt eigentlich nur ein Blauwal in Frage. Der hat als Bartenwal aber keine Zähne, die hier ja explizit beschrieben sind. Ein Pottwal, der Zähne von solcher Größe hat, ist mit seinen „nur“ bis zu 20 Metern Länge aber zu klein.

Eine gute Aufklärung bietet die Seite itsmth.fandom.com, die sich selbst als Wiki für Kryptozoologie und Paranormales vorstellt.
Ein Autor schreibt nämlich, dass er eine weitere Quelle zu der Globster-Strandung 1956 gefunden habe, mit leicht veränderten Angaben: Im Wikipedia-Eintrag zur Seeschlange Cadborosaurus ist folgende Quelle zu finden: „1956: Somewhere near Dry Harbour south of Yakutat, Alaska a 100 foot long carcass was found with two inch long hair. Trevor Kincaid is quoted as saying “description fits no known creature.”[ W.A. Clemens identified the carcass as a Baird’s beaked whale.”
Die Quelle dafür ist das LIFE-Magazin (Life Magazine., 8 June 1956), was mangels Zugriff weder der unbekannte Autor noch ich verifizieren können. Der unbekannte Autor hat auch Photos des Alaska-Globsters gesehen und kam aufgrund des Größenvergleichs mit den Menschen auf dem Bild zu dem Schluß, dass 100 Fuß maßlos übertrieben seien. Und die Identifikation des genannten W. A. Clemens, der Globster mit den Zähnen sei ein stark zersetzter Kadaver eines Baird-Schnabelwals, gefällt mir gut: Dieser größte aller Schnabelwale hat vier Zähne an der Spitze des Unterkiefers – auffallend vorstehende Hauer. Dann wären zwar die Anzahl der Zähne und ihre Größe genauso übertrieben wie die angeblichen 100 Fuß – Baird-Wale (Berardius bairdii) werden maximal 13 Meter lang. Aber man sollte berücksichtigen, dass bei einer Seeschlangen-Sichtung oder Globster-Meldung Übertreibungen durchaus vorkommen könnten.

Chilean Blob – ein Walblubber-Blob

File:Chilean Blob.jpg

The Chilean Blob on Pinuno Beach in Chile. (Wikipedia: Chilean Blob; Source: Pierce, S., S. Massey, N. Curtis, G. Smith, C. Olavarría & T. Maugel 2004. Microscopic, Biochemical, and Molecular Characteristics of the Chilean Blob and a Comparison With the Remains of Other Sea Monsters: Nothing but Whales. Biological Bulletin 206: 125–133. (© E. Cabrera, 2003).)

Oft ist ein Blob nur ein Teil eines Tieres, was die Zuordnung per Augenschein erheblich erschwert.
Im Juli 2003 wurde am chilenischen Strand Pinuno Beach ein 13 Tonnen schwerer und 12 Meter langer Blob angespült. Aufgrund der amorphen Strukturlosigkeit konnte der Fund zunächst nicht identifiziert werden, dann ging er als gigantischer Oktopus einer noch unbekannten Spezies durch die Weltpresse.

Im Juni 2004 hatte ein Wissenschaftler-Team um S. Pierce dann mittels einer mikroskopischen, biochemischen und molekularen Analyse das Rätsel gelöst: es handelte sich um den abgelösten Blubber eines großen Pottwals (Pierce, S., S. Massey, N. Curtis, G. Smith, C. Olavarría & T. Maugel 2004. Microscopic, Biochemical, and Molecular Characteristics of the Chilean Blob and a Comparison With the Remains of Other Sea Monsters: Nothing but Whales. Biological Bulletin 206: 125–133.)

Da unterschiedliche Körpergewebe aufgrund ihrer jeweiligen Struktur unterschiedlich verwesen, können sich große Gewebeschichten voneinander lösen. Im vorliegenden Fall haben sich zunächst die Hautschichten gelöst. Als nächstes löste sich die Fettschicht. Da Fett oben schwimmt, hat sich diese Struktur im Meer verselbstständigt, der restliche Kadaver könnte versunken sein.

Auch dieser Strand war abgelegen, 1100 Kilometer südlich der chilenischen Hauptstadt Santiago, wo Biologen des Naturkundemuseums lediglich eine (nicht zutreffende) Ferndiagnose gestellt hatten, nämlich die unbekannte Oktopus-Art.

Der Blob der Zuiyo-maru – Riesenhai, Plesiosaurus…oder was?

Der Zoologe Darren Naish (TetrapodZoology) ist ein passionierter Monster-Debunker. In einem Twitter-Thread beschreibt er am 04. Oktober 2020 detailliert und bebildert, wie der japanische Fischtrawler Zuiyo-maru am 25. April 1977 48km östlich vor dem neuseeländischen Christchurch einen Blob fängt. Die japanischen Fischer dachten zunächst an einen stark verwesten Wal, später vermuteten sie einen großen Hai. Darren streut dann noch ein paar mehr Vermutungen wie eine überdimensionierte Schildkröte und einen Plesiosaurus ein.

Screenshot_2020-10-28 Darren Naish auf Twitter

Schließlich berief der Präsident der Fischerei der Universität Tokio nicht nur ein sondern sogar zwei Symposien ein, um die unbekannten Überreste zu identifizieren.

Auch wenn ein riesiger Hai wegen der Form den meisten Experten als plausibelste Erklärung galt, gab es aufgrund der Faserstruktur Zweifel. Einige japanische Wissenschaftler verfolgten dann ernsthaft die Plesiosaurus-Erklärung.

Schließlich brachte die sorgfältige Arbeit von S. Kimura und seinem Team die Aufklärung: Umfassende Analysen mit dem Rasterelektronenmikroskop, Gaschromatographe und anderen Geräten ergaben sowohl wichtige Übereinstimmungen mit den spezifischen Kollagenfasern von Haien als auch Abweichungen: Die hornigen Fasern des Blobs waren kleine nadelartige Strukturen mit einem transluzenten-bräunlichen Farbton. Absolut charakteristisch für das Bindegewebe von Haiflossen! Allerdings waren sie zu kurz. Auch die Analysen der Aminosäuren-Zusammensetzung des faserigen Gewebes zeigten große Übereinstimmungen mit den Proteinen der Haie, allerdings fehlten einige Aminosäuren. Wie war das zu erklären?

Kimura und seine Kollegen begannen zu experimentieren. Da sie es mit einem stark verwesten Gewebe zu tun hatten, versuchten sie, frisches Gewebe mit Bleiche aufzukochen und so künstlich zu altern. Und bei der Untersuchung des künstlich gealterten Gewebes fanden sie heraus: Durch die Verwesung waren nicht nur die Fasern geschrumpft, sondern auch einige der Hai-typischen Aminosäuren verschwunden.
Das unidentifizierbare Globster war also der Rest eines großen Hais! (Kimura S, Fujii K, and others. The morphology and chemical composition of the horny fiber from an unidentified creature captured off the coast of New Zealand. In CPC 1978, pp 67-74 (Mehr dazu auch auf talkorigins).

Die Haare und Mähnen der Meeresmonster

Die meisten dieser Globster und Blobs haben angeblich Haare, Mähnen oder Filamente, die an Angelgarne erinnern. Das ist auf den ersten Blick irritierend. Natürlich gibt es flauschige Meerestiere wie Meerotter oder Pelzrobben. Aber Wale, Haie und Fische sowie Tintenfische, als die sich die meisten Blobs herausstellen, haben kein Fell!

Dabei ist die Erklärung sehr einfach: Der Wal ist in einem fortgeschrittenen Zustand der Verwesung.
Meeressäuger verrotten auf eine ganz eigene Weise, da ihre Gewebe anders strukturiert sind, als die von Landsäugern. Dazu kommt, dass Verwesungsprozesse im und am Wasser oft ganz anders verlaufen als an Land.
Gewebe verwesen und reißen, die verschiedenen Schichten lösen sich voneinander. Die Strömung reißt den sich auflösenden Körper weiter auseinander. Durch solche Auflösungserscheinungen zerfällt ein toter Meeresriese nach und nach, außerdem knabbern ihn viele hungrige andere Meerestiere an. So löst sich die äußere Form auf.

Gerade bei Walen lösen sich die oberen Gewebsschichten vollständig ab und werden weggeschwemmt. So ist ihre so charakteristische glatte Haut nicht mehr vorhanden. Die darunter liegenden Schichten aus Bindegewebe enthalten bei Walen extrem starke und recht große Bindegewebsfasern aus Collagen. Die Schichten mit den Collagenfasern liegen übereinander, ihre Laufrichtung ist versetzt. Wenn nun der Bindegewebsverband durch Verwesung aufgelöst wird, bleiben die zähen, widerstandsfähigen Collagenfasern länger erhalten als andere Gewebsstrukturen. Das Gewebe sieht zerfranst aus und erscheint eher wie Fell. Da die pigmentierte obersten Hautschichten fehlen, sieht solch ein Kadaver oft milchig-durchscheinend aus.

Da in den meisten Regionen Walkadaver wegen des strengen Eigengeruchs schnell vom Strand geräumt oder von Wissenschaftlern für ihre Sammlungen beschlagnahmt werden, sehen nur wenige Leute so etwas jemals mit eigenen Augen.

Die Entmystifizierung der Meeresmonster

Aktuelle Meldungen werden immer schnell ent-blobt, weil irgendein Experte die amorphen Spülsaumfunde schnell als Reste eines extrem vergammelten Wals, Tintenfischs, Hais oder eines anderen Meeresbewohners einordnet.
Mit dem Einzug der Smartphones hat jeder Fischer eine Kamera zur Hand, und kann so jeden ungewöhnlichen Fall dokumentieren. In Zeiten des Worldwideweb reisen Informationen und Photographien schnell um die Welt und erreichen, auch wenn sie aus entlegenen Regionen stammen, schnell Experten. So wird in der Informationsgesellschaft binnen Stunden oder Tagen nahezu jedes Geheimnis gelüftet. Bei den meisten Blobs reicht die genaue Betrachtung des Bildes, bei anderen führt erst eine körperliche Untersuchung und eine Probenanalyse auf ihre Gewebestruktur und DNA zur Entschleierung der wahren Blob-Identität.
Nur bei sehr wenigen Blobs und Globstern konnte die Identität nicht gelüftet werden – das lag dann allerdings daran, dass es an der Gelegenheit einer Untersuchung durch Experten fehlte.

Mir macht es ja immer Spaß, eine Monstermeldung zu analysieren und herauszufinden, welches Meeresgeschöpf dahintersteckt.
Ein kleiner Teil von mir sieht der Aufklärungsarbeit allerdings mit Bedauern zu. Eigentlich würde es mir ganz gut gefallen, wenn das Meer zumindest noch ein paar Geheimnisse bewahren würde. Vielleicht würden wir es dann mir mehr Respekt behandeln?

Warmwasser-Blobs als tödliche Klimakrisen-Monster

Die einzigen wirklich bedrohlichen Blobs sind die Warmwasserblasen im Pazifik: Das sind warme Wassermassen, die sich vom Äquator bis nach Südchile und Alaska ausdehnen.
Das abnorm warme Wasser führt zu sehr starkem Algenwachstum, darunter auch giftige Rotalgen wie Pfiesteria. Diese Warmwasser-Blobs treten in den letzten beiden Jahrzehnten vermehrt auf, rufen Algenblüten hervor – darunter auch Blüten von Giftalgen, sogenannte Red Tides (Rote Flut). Diese Red Tides oder Harmful Algal Blooms (HABs) führen zu gigantischen Schäden in Aquakulturen und Wal-Massensterben. Die großen Bartenwale filtrieren ihre Plankton-Nahrung aus dem Meer, bei einer Rotalgenvermehrung nehmen sie diese Algen-Toxine ebenfalls mit auf und sterben daran. So sterben  dann Dutzende oder auch Hunderte großer Bartenwale im gleichen Zeitraum, viele der Kadaver stranden dann, etwa 2015 in Alaska und Chile (hinter den Links verbergen sich umfangreiche Meertext-Artikel dazu).
Mit der zunehmenden Erderwärmung nimmt natürlich auch die Erwärmung der Ozeane zu, gerade die Oberflächentemperaturen sind auch im Pazifik in den letzten Jahrzehnten signifikant gestiegen.
Das hat langfristig massive Einflüsse nicht nur auf Wale, sondern auch auf Fische und alle anderen Meeresbewohner und damit auch die Nahrungsressourcen von uns Menschen. Nicht nur NOAA-Wissenschaftler befürchten, dass Blobs und Red Tides das “New Normal” werden könnten.


Blobs in der Science Fiction

Die wabbeligen Blobs erscheinen seit 1958 auch immer wieder in Science Fiction-Filmen. In dem US-amerikanischen SF-Film „The Blob“ („Blob – Schrecken ohne Namen“ (Alternativtitel: Angriff aus dem Weltall)) verbreitet ein formloses Alien mehr Schrecken, als es einer überdimensionierten Menge Wackelpuddings eigentlich zusteht.  Das gruseligste an dem Film war wohl der evangelikale Filmemacher, der mit dem Blob vor Kommunismus warnen wollte.

Der derzeit bekannteste Blob unseres Raumquadranten dürfte Yaphit sein, der im 25. Jahrhundert im Maschinenraum der USS Orville seinen Dienst versieht. Privat ist er in die Schiffsärztin Dr. Claire Finn verliebt und hat mit ihr eine kurze Affäre – begrenzt auf den Zeitraum, den Claire Finn unter dem Einfluß von Pheromonen steht, die ein unachtsamer Retepsianer auf der Orville verbreitet.
Durch das abrupte Ende der Raum-Romanze bleibt die Frage nach der Vermehrung von Blobs leider ungeklärt.

 

Tipp:

Der oben zitierte Darren Naish ist an einer Meeresmonster-Ausstellung im National Maritime Museum Cornwall in Falmouth beteiligt: “Monsters of the Deep”. Auch wenn ein direkter Besuch wohl im Moment eher nicht in Frage kommt, sind die Bilder und die virtuelle Tour sehr inspirierend.

Außerdem gibt es auf Meertext noch viele Meeresmonster- und Seeschlangen-Artikel: z. B.:

Kommentare (6)

  1. #1 Aginor
    29. Oktober 2020

    Danke für den Artikel!

    Fällt wieder ein bisschen in die Kategorie “Thanks, I hate it”, perfekt zu Halloween weil bissl eklig, aber das ist Biologie eben nunmal häufig. Eklig aber interessant.

    Denke z.B. auch gerne an einen Vortrag zurück, den mal ein Biologe über irgendwelche koprophagen Käfer gehalten hat, die Schafskot toll finden und daher bevorzugt dort ihre Eier ablegen.
    Oder an den Artikel über die abgefahrene Laus, die die Zunge eines Fischs auffrisst und ihre Stelle einnimmt. Nightmare fuel.
    😀

    Bei Walkadavern am Strand hoffe ich nur immer, dass nicht wieder jemand auf die stupide Idee kommt den Kadaver zu sprengen (wie die Typen in Oregon 1970). 😀

    Gruß
    Aginor

  2. #2 RPGNo1
    29. Oktober 2020

    Das gruseligste an dem Film war wohl der evangelikale Filmemacher, der mit dem Blob vor Kommunismus warnen wollte.

    ABER: Mit diesem Film hat die Karriere des unvergesslichen Steve McQueen erst den richtigen Push erhalten. Sie brachte ihm nämlich eine Rolle in der Fernsehserie “Wanted: Dead or Alive” ein, die ihm einem breiteren Publikum bekannt machte.

    https://www.metv.com/stories/steve-mcqueen-s-performance-in-the-blob-got-him-his-role-in-wanted-dead-or-alive

    So kann aus etwas Schlechtem aus etwas Gutes entstehen. :

  3. #3 Dampier
    http://dampierblog.de/
    29. Oktober 2020

    Danke für den Hinweis auf das Netzwerk für Kryptozoologie! Das war mir bisher entgangen. Ich hab gleich mal den RSS-feed abonniert und das Jahrbuch auf meine Liste gesetzt!

    Vereinzelte Berichte sind älter – so wurden 1648 im mexikanischen St. Maria del Mar unidentifizierbare Überreste einer Meereskreatur angeschwemmt.

    Das interessiert mich besonders, hast du da eine Quelle für mich? (Zufällig versuche ich gerade, diverse Santa Marias aus der Zeit und der Region (Mittelamerika) ihren obskuren Quellen zuzuordnen und auseinanderzuhalten. Mein erster Gedanke war “oh nein, nicht noch ein Santa Maria!”)

    Unter historischen Seeungeheuer-Darstellungen auf Seekarten oder Gemälden fehlt diese amorphe Monsterkategorie allerdings – wahrscheinlich war sie zu diffus.

    Kennst Du “Seeungeheuer und Monsterfische – Sagenhafte Kreaturen auf alten Karten” von Chet van Duzen? Ein schöner Bildband und gleichzeitig ein gutes Nachschlagewerk zum Thema. Da hab ich eben mal geschaut, und auch keinen Blob gefunden. Die Darstellungen auf alten Karten sind ja nie aus erster Hand, und ich könnte mir vorstellen, dass ein eventueller amorpher Blob schon von Interpretationen überformt ist, wenn er die Feder des Kartographen erreicht.

  4. #4 Bettina Wurche
    29. Oktober 2020

    @Aginor: Och, das ist ja ein erheblicher Teil der Biologie. In den Planktonproben waren auch oft solche Partikel, die wurden als Indet. (Indeterminierbar) bezeichnet oder als Schlonz. Dabei war es der allgegenwärtige Meeresschnee. Solche Blobs sind halt einfach etwas größere amorphe Teile. Ich glaube, dass in den letzten Jahrzehnten niemand mehr versucht hat, einen Wal zu sprengen – die Videos davon sind mittlerweile einfach zu bekannt.
    Koprophage Käfer sind gar nicht selten, das sind doch die ganzen Scarabaeidae. Ein einziger Kuhfladen ist sogar ein ganzer Lebensraum. Gerade Dung von Pflanzenfresser ist ja letztendlich nur weiterverarbeitete Pflanzenmaterie.
    Über den Zungenparasiten hatte ich mal geschrieben… Und dann war da noch die Hirnauslutsch-Amöbe vor San Franciso
    Parasiten finde ich wirklich gruselig, die sind so ausgebufft.

  5. #5 Bettina Wurche
    29. Oktober 2020

    @dampier: Im Ellis habe ich es zumindest unter “Blobs” nicht gefunden, in die anderen Kategorien passt es nicht.
    “Unidentified carcass from Santa Maria del Mar, Oaxaca, Mexico (1648)” findet sich so in diversen Einträgen:
    Ich hatte es auf Wikipedia ohne weiter Quelle gefunden, jetzt nur noch im Archiv:
    https://www.youtubez.com/index.php?q=aHR0cDovL3dlYi5hcmNoaXZlLm9yZy93ZWIvMjAxMTA5MTgwNTM1NDMvaHR0cDovL2VuLndpa2lwZWRpYS5vcmcvd2lraS9HbG9ic3Rlcg
    https://itsmth.fandom.com/wiki/Globster
    https://hauntedauckland.com/site/globster
    Exakt der gleiche Wortlaut, ohne weitere Quelle.
    Vielleicht könnte man im Spanischen fündig werden?

    Seeungeheuer und Monsterfische – Sagenhafte Kreaturen auf alten Karten” von Chet van Duzen habe ich hier natürlich liegen : )
    Ja, die Mönsterchen sind sich immer wieder überraschend ähnlich. Wenn ich mich recht entsinne, hatte Gessner sie als erstes katalogisiert, in seinem Fischebuch sind auch viele der Monster.

  6. #6 Dampier
    29. Oktober 2020

    Danke @Bettina, für die Hinweise! Da werde ich bei Gelegenheit mal nach suchen (auch im Spanischen).