Das Nashorn war im Alter von drei bis vier Jahren verstorben, Dr. Valery Plotnikov der Russischen Akademie der Wissenschaften vermutet, dass es von seiner Mutter getrennt wurde und wahrscheinlich ertrunken ist. Den Todeszeitpunkt schätzen die Paläontologen bislang auf 20.000 bis 50.000 Jahre, das noch ausstehende Ergebnis der Radiokarbon-Datierung wird das präzisieren. Im Fundzusammenhang mit dem Eiszeit-Nashorn gibt es genügend organische Materie für eine solche genaue Datierung.
Das dicke Fell war haselnußfarben, die Unterwolle kurz und dicht. Auch wenn die Dicke dieser Wolle nicht überraschend ist, waren die Forscher doch begeistert, jetzt einen eiszeitlichen Original-Flausch vor sich zu haben! Bis dahin war das Fell von Wollhaar-Nashörnern nur aus französischen Höhlenmalereien überliefert.

Das einzige andere bislang entdeckte Wollhaarnashorn war ganz in der Nähe gefunden worden, „Sascha“ war vor 34.000 Jahren im Alter von nur sieben Monaten verstorben.

Dieser Film zeigt die Fundsituation des auftauenden Rhinos:


Eiszeit-Lemming
Neben der eiszeitlichen Megafauna waren die eiszeitlichen Tundren natürlich auch von Minifauna bevölkert, wie etwa Lemmingen.
Die Schülerin Angelina Sadovnikova hatte den ältesten erhaltenen Lemming der Welt gefunden. Der kleine pleistozäne Nager lag in einer Höhlung, die mutmaßlich vom geschwungenen Riesenzahn eines Wollhaar-Mammuts stammte.

Die Schülerin war mit ihrer Mutter unterwegs am Ufer des sibirischen Flusses Tirekhtyakh, in der Region Jakutien, auf der Höhe des Polarkreises, als sie die kleine Eismumie entdeckte. Sie sammelte ihren Fund auf und brachte ihn zum örtlichen Historiker und Archäologen Prokopyi Nogovitsyn, der dann die Biologie-Professoren Nikita Solomonov und Vyacheslav Rozhnov informierte.

Der Eiszeit-Lemming wurde umgehend zur weiteren Untersuchung nach Moskau gebracht: Die Radiokarbon-Datierung erbrachte ein Alter von über 41.000 Jahren, damit ist das Exemplar der älteste bekannte Lemming der Welt und ein wichtiger Fund für die Rekonstruktion der Verwandtschaftsverhältnisse dieser arktischen Kleinsäuger.
Mit einer Länge von 166 Millimetern ist er größer als seine heutigen Verwandten in Sibirien. Trotz der ausgezeichneten Erhaltung des vollständigen Skeletts und der Körperhülle sind die inneren Organe leider nicht erhalten.
Die Fellreste an den Flanken, auf dem Rücken und auf dem Hinterleib ergeben eine sehr ähnliche Färbung wie heute: Auf dem Rücken war das Fell dunkelgrau und ohne Aalstrich, an den Seiten und auf dem Bauch graugelblich und heller.

Der Sibirian Times-Artikel enthält viele Bilder inklusive der Röntgenaufnahmen, Anschauen lohnt sich unbedingt.

Das Mammut-Museum in Jakutsk
Jakutsk ist die Hauptstadt der Teilrepublik Sacha (Jakutien) im russischen Föderationskreis Fernost – und die kälteste Großstadt der Welt.
Es ist also kein Wunder, das ausgerechnet in jakutischem Boden immer wieder solche hervorragend erhaltenen Eismumien gefunden werden und die dortigen WissenschaftlerInnen Experten für eisige Funde sind. Wegen der großen Bedeutung der eiszeitlichen Funde in Sacha ist dort ein Spezial-Museum mit Labors und Ausstellung angesiedelt: Das Mammut-Museum.
Das Mammut-Museum ist sowohl auf Eiszeit-Fauna als auch auf-Kultur spezialisiert, sowohl auf die Erforschung als auch auf die Vermittlung. Schließlich werden in Sibirien nicht nur hervorragend erhaltene Tier- und Pflanzen-Fossilien gefunden, sondern regelmäßig auch archäologische Entdeckungen gemacht, von 100.000 Jahre alten Neandertalern bis zu aufwändigen Begräbnissen von Reiter-Nomaden aus vorchristlicher Zeit.

Hier ist ein Rundblick durchs Museum:

 

Die Ausstellung sieht wirklich beeindruckend aus, zu gern würde ich dort einmal vorbeischauen!

 

Zum Weiterlesen:

Meertext:“Reloaded: Mammut 3.0 – Auferstehung in der Arktis?” – ausführlicher Artikel zum Mammut-Klonen und Pleistozän-Park

Spektrum der Wissenschaft: Mumie im Permafrost: Wolfsjunges aus der letzten Eiszeit entdeckt” – Entdeckung einer 57.000 Jahre alten Wölfin aus Kanada (2020)

Scientific American: “Mammoth Mummies Mysteries” (Darren Naish; 2011)- ausführlicher Beitrag über hervorragend erhaltene Mammuts und Eismumien

1 / 2 / 3

Kommentare (13)

  1. #1 Eric
    21. Dezember 2020

    Danke für den tollen Artikel und die zahlreichen Verlinkungen. Wirklich interessant, was sich so alles im Eis versteckt.

  2. #2 Bettina Wurche
    21. Dezember 2020

    @Eric: Nicht wahr? Beim Lesen der Sibirian Times stolper ich immer über so spannende Sachen, dass ich eigentlich doch mal gern in Sibirien vorbeischauen würde : ) Diese Megafauna ist einfach mega.

  3. #3 Aginor
    21. Dezember 2020

    Megafauna erinnert mich immer an D&D, die Schreckenswölfe, Schreckensbären etc.

    Auf den ersten Blick kaum vorstellbar wie sich die Menschen jener Zeit gegen diese faszinierenden/monströsen Tiere behauptet haben sollen. Aber leistungsfähige Gehirne sind halt vermutlich doch noch wertvoller.

    Danke für den Artikel!

    Gruß
    Aginor

  4. #4 Bettina Wurche
    21. Dezember 2020

    @Aginor: Danke. Ja, diese Eiszeitangelegenheiten scheinen bei uns allen eine Saite anzuschlagen. Möglicherweise ein Kindheitstraum vom Mammut? Mich fesseln diese Geschichten aus dem Pleistozän auch immer wieder.

  5. #5 RPGNo1
    21. Dezember 2020

    @Aginor

    Megafauna erinnert mich immer an D&D, die Schreckenswölfe, Schreckensbären etc.

    Dich auch? Reich mir die Hand. 🙂

  6. #6 Folke Kelm
    Schweden, gerade so in Berserkerlaune
    21. Dezember 2020

    D&D?
    Ich dachte eher dass demnächst die wolfreitenden Orks aufgetauen. Tolkien hatte also doch nicht nur erfunden……..

    Was hier bei uns in Schweden übrigen totaaaal nervt (besonders so geowissenschaftlich denkende Leute) ist, dass die Ausgräber IMMER als Archäologen bezeichnet werden, egal ob das Tier oder Die Pflanze paläozoisch, mesozoisch oder pleistozänem Ursprung ist.
    Der Höhlenbär ist definitiv geistiges Eigentum der Paläontologen, wenn auch im zeitlichen Grenzgebiet angesiedelt.

  7. #7 RPGNo1
    21. Dezember 2020

    @Folke Kelm

    D&D, Das Schwarze Auge und wie die Rollenspiele alle heißen, haben immer wieder kräftig in den Tolkien’schen Geschichten gewühlt, um ihre eigenen Phantasiewelten aufzubauen. Ohne Tolkien gäbe es eventuell auch kein Star Wars.:)

  8. #8 Aginor
    22. Dezember 2020

    @RPGNo1 und Folke Kelm
    Jop, und Tolkien wiederum hat sich bei diversen Mythologien bedient, und u.U. auch an urzeitlichem Leben, einige dieser Tiere kennt man ja auch schon länger, zumindest von Skelettfunden.

    Aber stimmt schon, er hat die Fantasy (und damit auch die Welten von Rollenspielen wie D&D) stark mit geprägt. Wir verdanken ihm viel.

    Gruß
    Aginor

  9. #9 Bettina Wurche
    22. Dezember 2020

    @RPGNO1, @Folke Kelm: Tolkien war doc Experte für die alten nordischen Sagen und hat die gesamte folgende Fantasy sehr stark geprägt. Ist ja auch leichter, den bereits vorgekauten Tolkienstoff weiter zu nutzen, statt sich selbst noch mal in Edda und Nibelungenkram einzulesen.

  10. #10 Bettina Wurche
    22. Dezember 2020

    @Folke Kelm: Das ist in Deutschland nicht anders. Auch wenn es teilweise Überschneidungen gibt, sind die Unterschiede zwischen der Geisteswissenschaft Archäologie und der Geo-/Naturwissenschaft Paläontologie gigantisch. Aber viele Leute raffen das nicht mal, wenn man es ihnen erklärt. Irgendwas mit Buddeln halt (seufz)

  11. #11 Folke Kelm
    Schweden, von wegen weisse weihn8
    23. Dezember 2020

    #7
    Die Archäologie ist ja genaugenommen ein Teilgebiet der Kunstgeschichte, und da wird das ja zumindest in Hamburg auch unterrichtet. Ein richtig klassischer Archäologe wird sich auch weigern, für eine Geschlechtsbestimmung eines Skelettes den Anthropologen oder den Mediziner zu konsultieren, wenn das anhand der Ornamentik des Sarges viel “besser” geht. Mein bester Schulfreund hat da so einiges zu erzählen gehabt in seinem Archäologiestudium. In unserer Studienzeit sind wir gemeinsam über die Äcker gelaufen und haben keltische Scherben und devonische Brachiopoden aufgesammelt
    Die Paläontologie wird ja eigentlich so gut wie immer im Rahmen der Geowissenschaften gelehrt, aber wenn man’s genau nimmt sollte sie mindestens genauso in der Biologie zu Hause sein, wenn nicht mehr.

  12. […] von der arktischen Landschaft und ihrem sommerlichen Überschwang. Meine Gedanke schweifen zur Wrangel-Insel, dem letzten Mammut-Lebensraum, der Tschuktschen-See als dem Grauwal-Speisesaal und dem überreichen Leben in den eisigen […]

  13. […] einem Ausgangsstoff zubereitete, gehören Fischleim und Birkenpech. Berühmt ist die Südtiroler Gletschermumie Ötzi, deren Alter auf rund 7.000 Jahre geschätzt wird. Bereits er hatte Birkenpech bei sich. Es […]