Wer vor einem der ehrfurchtgebietende Dinosaurier-Skelette eines T-Rex steht, ist erst einmal mit ehrfürchtigem Staunen über die schiere Größe beschäftigt. Spätestens nach einem Blick auf die Zähne ist man im Mesozoikum angekommen – aus der Perspektive der Beute.
Die Frage, wie es am anderen Ende des Dinosauriers zu Lebzeiten ausgesehen haben könnte, kommt meist erst viel später oder gar nicht. Wie Riley Black in seinem amüsanten Blog-Artikel “We Finally Know What a Dinosaur’s Butthole Looks Like” dazu schreibt, wird dieses Detail auch bei Modellen und Skulpturen von Dinosauriern oft ausgelassen und suggeriert den schrecklichen Echsen eine schreckliche Verstopfung.
Wobei sich doch gerade diese Pflanzenfresser in ihrer fruchtbaren Flußlandschaft sehr ballaststoffreich ernährt haben dürften.
Glücklicherweise sind von manchen Dinosauriern nicht nur Skelette überliefert, sondern in seltenen Fällen auch die fossilisierten Weichteile. So wissen wir heute nicht nur, dass viele Dinos sich mit Federn oder Borsten schmückten, sondern auch, wie ihre Haut aufgebaut und gefärbt war: Einige der zentralasiatischen Psittacosaurier hatten attraktive Schwanzborsten und eine bräunliche Haut, auf dem Rücken war die Färbung dunkler als auf dem Bauch. Das war so zu erwarten, ist aber in einer vorliegenden Weichteilerhaltung doch noch einmal beeindruckend.
Jetzt gerade sorgen neue, vorab veröffentlichte Forschungsresultate für Aufsehen: Bei einem der Psittacosaurier ließ sich die Öffnung des Darmausgangs rekonstruieren – das hundegroße Reptil hatte eine Kloake! (Dinosaur butt ist das Stichwort in der internationalen Presse)
Dass Dinosaurier wie ihre nahen Verwandten, die Vögel und Krokodile, aller Wahrscheinlichkeit nach eine Kloake gehabt haben müssen, in der Darmausgang, Harnröhren Ende und Geschlechtsöffnung in einen gemeinsamen Hohlraum enden, sondern war zu erwarten – der geniale Wirbeltier-Paläontologe Alfred Romer hatte das vor über 70 Jahren so vorausgesagt. Jetzt den Nachweis dafür zu haben, ist allerdings noch einmal eine andere Nummer.
Ein Paläontologen-Team um Phil R. Bell hatte einen der exzellent erhaltenen Psittacosaurier aus der chinesischen Jehol-Gruppe unter UV-Licht noch einmal ganz genau angeschaut: die feinen Seesedimente dieser Fundstelle hatten bei Exemplar SMF R 694970 aus der frühen Kreide am Hinterteil des kleinen Vogelbecken-Dinos in Haut- und Schuppenerhaltung bewahrt. (SMF steht für Senckenberg-Museum, Frankfurt – dort ist auch ein Psittacosaurier mit seinem Bürstenschwanz in der Ausstellung präsentiert).
Blick unter den Dino-Schwanz
Anhand des Sitzbeins und der Schwanzwirbel konnten die Paläontologen den Bereich zwischen Abdomen und Schwanz lokalisieren, dort im UV-Licht gezielt nach Auffälligkeiten suchen und so die Kloake identifizieren (ausgezeichnete Abbildungen der Aufnahmen im UV-Licht sind in der Original-Arbeit, das pdf ist open source).
Der Bereich ist eiförmig und schwärzlich gesprenkelt. Auf Abbildung 4 sind mit bloßem Auge die dunklen Flecken zu sehen, wie eine Reihe von dunklen geschichteten Bändern. Sie verlaufen zwischen Schwanzansatz und den Hüftknochen und heben sich deutlich von der umliegenden Haut ab. Diese Strukturen interpretieren Bell und seine Kollegen als die Schuppen am Rand der senkrecht stehenden Kloakenöffnung.
So eine Kloake ist ein Hohlraum, in den der Darm und die Harnröhre sowie teilweise die Geschlechtsprodukte (Eier, manchmal auch Sperma) entleert werden, alle diese geheimnisvollen Organe haben dann eine einzige gemeinsame Außenöffnung. Auch die innere Befruchtung erfolgt über die Kloake – der entsprechende Balanceakt ist bei Vögeln am einfachsten zu beobachten. Vögel haben keinen Schuppensaum, sondern nur weiches Gewebe.
Bei Vögeln ist die Kloakenöffnung im Gefieder verborgen und höchstens beim Ablegen eines Eis zu sehen. Auch die Penisstrukturen, die manche Vogelarten ausbilden, sind nur im erigierten Zustand sichtbar und sonst im Gefieder verborgen (Bei Straußen ist der Penis übrigens deutlich größer als das Hirn, auch das ist im Senckenberg-Museum zu besichtigen: in der Ausstellung “Sammlungswelten”).
Bei Krokodilen sind die senkrechte, schuppengesäumte Kloakenöffnung und der Hemipenis bzw. die Hemiklitoris natürlich offen sichtbar. Die schuppengesäumte Öffnung sieht fast wie ein umsticktes Knopfloch aus – dieser National Geographic-Artikel bietet ausgezeichnete Photos dazu.
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