Darum richtete die UN 1994 auf der Basis des Seerechtsübereinkommens (UNCLOS) die Internationale Meeresbodenbehörde (ISA) ein. ISA soll den Tiefseebergbau in internationalen Gewässern ordnen und überwachen.
In dieser Funktion hat die ISA bereits 30 Lizenzen für die Exploration von Meeresbodenmineralien genehmigt. Ein Regelwerk für den kommerziellen Tiefseebergbau wird noch erarbeitet, solange soll der Abbau ausgesetzt werden. Das Regelwerk sollte eigentlich 2020 fertig sein, hat sich aber durch die Corona-Pandemie verzögert und liegt bis jetzt nicht vor.
Die Polymetallknollen enthalten Mangan, Kupfer, Kobalt und andere Metalle, die Schlüsselfunktionen beim Bau E-Mobilen und Akkus einnehmen. Durch die Dekarbonisierung für den Klimaschutz steigt die Nachfrage nach diesen Rohstoffen gerade gewaltig – im Moment hängt die E-Mobilität an Lithium-Ionen-Batterien.
Seit der Einrichtung der ISA 1994 wird immer deutlicher, dass die Tiefsee keine unbelebte Wüste ist, stattdessen werden stetig neue reiche Ökosysteme entdeckt, von Manganknollen-Oasen bis zu Schwarzen Rauchern. Neue Erkenntnisse über die komplexen Stoffkreisläufe zwischen der fremdartigen dunklen Tiefsee und den darüber liegenden Wasserschichten zeigen, dass auch dieser abgelegene Bereich der Ozeane wichtige Ökosystem- und Klimaschutz-Leistungen erfüllt.
Jetzt sind die Auseinandersetzungn in die nächste Runde gegangen: Die Front gegen den Run auf die Tiefsee-Bonanzas wird immer größer und steht auch juristisch auf immer stabilerem Fundament.
Ökosystem- und Klimaschutz-Leistungen der Tiefsee für den ganzen Planeten
2019 hatte der Global Assessment Report on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES) festgestellt, dass etwa durch den Abbau der Manganknollen auf dem Tiefseeboden bis zu eine Million Arten vom Aussterben bedroht sind.
Der Rohstoffabbau in der Meerestiefe würde die Nahrungsnetze im offenen Ozean schädigen. Neben den direkten mechanischen Zerstörungen würde durch die Bewegung der schweren Unterwasser-Roboter Sediment aufgewirbelt, bei der Förderung der Manganknollen an die Meeresoberfläche würden außerdem große Sedimentschleppen entstehen. Sediment trübt das Wasser, es beeinträchtigt die Photosynthese des Phytoplanktons, verklebt die zarten Filterorgane von Plankton-Wesen wie Krebsen und begräbt die am Meeresboden lebenden Tiere unter einer erstickenden Schicht. Der indische Ozeanograph Rahul Sharma hatte 2015 berechnet, dass für eine Tonne Metallknollen vier Tonnen Sediment bewegt werden müssten. Experimente haben gezeigt, dass das aufgewirbelte Sediment sich über eine erschreckend große Fläche verteilt.
Da die biologischen Prozesse in der kalten dunklen Meerestiefe langsam ablaufen, wachsen Tiefseewesen langsamer und pflanzen sich seltener fort. Darum würde der Bergbau das reiche Leben in den Tiefsee-Ökosystemen schwer und für viele Jahrzehnt schädigen oder gar ganz zerstören. Die Auswirkungen dieser Zerstörung sind zwar noch nicht vollständig absehbar, hätten aber sicher Auswirkungen bis in die oberen Ozean-Schichten und die Atmosphäre. Sie dürften sich auch negativ auf die Fischbestände der Meere auswirken, die die Lebensgrundlage für viele Menschen sind. Außerdem würden sie auch den CO2-Haushalt der Meere nachteilig beeinflussen: Sowohl in den abgelagerten Sedimenten als auch in Ökosystemen wird das klimaschädliche CO2 für lange Zeit abgelagert (seqestriert), möglicherweise für Jahrtausende. Darüber hinaus sind noch nicht alle Funktionen der Ozean-Ökosysteme ausreichend verstanden, es könnten also noch weitere Kreisläufe geschädigt oder unterbrochen werden.
Dass die Tiefsee-Ökosysteme einen erheblichen Impact auf die darüber liegenden Wasserschichten und damit auch auf die Lebensgrundlage sehr vieler Menschen haben, ist mittlerweile bekannt. So würde der Tiefseebergbau zur Gewinnung von Rohstoffen weitreichende und irreparable Schäden verursachen.
IUCN, Wissenschaft, Naturschutz und Communities fordern Tiefseebergbau-Moratorium
Bei ihrer Sitzung in Marseille im Sommer dieses Jahres hat die Weltnaturschutzunion (IUCN) alle Mitgliedsstaaten aufgerufen, sich für ein Moratorium zum Tiefseebergbau, die Überarbeitung von Explorationsverträgen sowie eine Reform der ISA und des rechtlichen Rahmens einzusetzen.
Künftig sollte eine strengere und transparente Folgenabschätzungen die
- ökologischen,
- sozialen,
- kulturellen und
- wirtschaftlichen Risiken des Tiefseebergbaus umfassend untersuchen.
Nur so kann ein wirksamer Schutz der Meeresumwelt gewährleistet werden.
Der Klimaschutz dürfe jetzt nicht gegen den Tiefseeschutz ausgespielt werden. Mit den knappen Ressourcen müsse man endlich sparsamer umgehen, mehr recyceln und noch stärker nachhaltige terrestrische Bergbaupraktiken entwickeln. Um dies zu gewährleisten, brauche es eine Reform der ISA, Mechanismen zur unabhängigen Überprüfung und die Anhörung potenziell von den Bergbaufolgen betroffene indigenen Völker und Gemeinschaften.
Die Bergbaukonzerne machen Druck für einen schnellen Start des Abbaus, indem sie die Klimaschutz-Karte ausspielen: Die Umstellung der Weltwirtschaft vom Verbrenner auf elektrische Motoren hängt an Lithium-Ionen-Batterien.
Diese Technologie stammt aus den 70-er Jahren und braucht dringend eine Erneuerung. Längst forschen weltweit Arbeitsgruppen an einem Ersatz dieses technischen Nadelöhrs. Wir können unser Morgen nicht abhängig machen von einer Technologie von gestern. Die Zeit ist reif für die Revolution der Batterie!
Der Ruf nach einem Moratorium wird also immer lauter: über 450 MeereswissenschaftlerInnen und PolitikerInnen aus 44 Nationen, über 140 NGOs, darunter der WWF, die Deep Sea Conservation Coalition oder Greenpeace, pazifische Interessensgemeinschaften und Pazifikstaaten wie Papua Neuguinea und die Fidschi-Inseln, das EU-Parlament und sogar große Industriekonzerne wie BMW, Volvo, Samsung oder Google schließen sich der Forderung mittlerweile an.
Verursacher, Verantwortliche und Haftung
Ein Areal im Südpazifik, die Clarion-Clipperton-Zone (CCZ), steht derzeit im Fokus des Tiefseebergbaus. Die Ergebnisse vieler Forschungsexpeditionen und -experimente (DISCOL) haben gezeigt, dass das reichhaltige Polymetallknollen-Feld nicht nur eine Rohstoff-Bonanza ist, sondern die Metallknollen gleichzeitig ein empfindlicher Lebensraum mit einer ganz eigenen Lebensgemeinschaft sind. Durch die beabsichtigte Exploration mussten in dieser abgelegenen Meeresgegend umfangreiche ökologische Gutachten erstellt werden, im Laufe mehrerer Jahrzehnte haben Forscher vollkommen neuartige Ökosysteme und unbekannte Tiere entdeckt. Über Gummihörnchen, lebende Softbälle und andere seltsame Meeresgeschöpfe der CCZ habe ich hier, hier und hier mehr geschrieben. Die vermeintlich karge Tiefsee ist von einer bunten Schar Lebewesen bevölkert, die Manganknollen selbst sind Teil des Lebensraums und dicht bevölkert. Außerdem ist an dieser Stelle nachgewiesen worden, wie verheerend und dauerhaft die Förderung der Manganknollen dieses reiche Tiefseeleben zerstört.
Dieses Video des MIT zeigt eindrücklich den metergroßen Roboter und das aufgewirbelte Sediment:
Der kanadische Bergbaukonzern DeepGreen Metals hat bereits vor Jahren Vereinbarungen mit den Inselstaaten Nauru, Tonga and Kiribati getroffen und will dort auf einem Gebiet von 224,533 km², (so groß wie Rumänien) Polymetallknollen abbauen, angeblich genug für 280 Million E-Autos.
Der Präsident von Nauru, Lionel Aingimea, hatte die ISA über die Absicht von Nauru Ocean Resources Inc (NORI), einer Tochtergesellschaft eines kanadischen Unternehmens namens DeepGreen, informiert, die Genehmigung für den Abbau in der Clarion-Clipperton-Zone (CCZ) in zwei Jahren zu beantragen. Damit hat er die sogenannte 2-Jahresregel geltend gemacht, die ISA musste daraufhin innerhalb von 2 Jahren ein Regelwerk für den Abbau erstellen. NORI, eine auf Nauru ansässige Tochterfirma der kanadischen DeepGreen Metals, hat eine Abbaulizenz für 15 Jahre in der CCZ-Tiefseeebene zwischen Hawaii and Mexico.
Allerdings hat der Probe-Abbau der belgischen Firma Global Sea Mineral Resources (GSR) in der Clarion-Clipperton-Zone nicht gut geklappt: Der 25 Tonnen schwere Bergbau-Roboter-Prototyp Patania II war im April in 4,5 Kilometern Tiefe gestrandet. Jetzt wachsen die Sorgen vieler Anrainer, dass der Abbau doch nicht so reibungslos funktionieren könnte und Unfälle und Kollateralschäden zu erwarten sind.
Im Schadensfall sieht das Seerechtsübereinkommen (SRÜ, UNCLOS) „ausdrücklich eine Haftung privater Akteure vor.“ Damit kann für durch den Tiefseebergbau entstandene Schäden also das Unternehmen selbst in Haftung genommen werden. „Der Vertragsnehmer [ist] für jeden Schaden verantwortlich oder haftbar, der durch rechtswidrige Handlungen im Verlauf seiner Arbeiten verursacht worden ist“. Außerdem „haftet der befürwortende Staat für Fehler – Verletzungen seiner Sorgfaltspflichten – bei der Auswahl und Überwachung des Unternehmens.“
Die Konzern- und Staatshaftung sind eigentlich eine weitsichtige Regelung. Allerdings zeigt das Beispiel des Entwicklungslandes Nauru und des vom Großkonzern outgesourcten Subunternehmens bereits die Unzulänglichkeit der Regelung.
Es gibt nämlich drei Haftungslücken:
- Das Unternehmen hat nicht schuldhaft und rechtswidrig gehandelt.
- Nicht der Großkonzern haftet, sondern das kleinere Unternehmen NORI, dessen Finanzkraft deutlich geringer sein dürfte. Sollte NORI durch einen Zwischenfall mit Haftungsanspruch Insolvenz anmelden, bleibt der Schaden unreguliert, da der Mutterkonzern „außerhalb des Vollstreckungszugriffs des Staates ist“.
- „Der Staat hat zwar gegen seine Sorgfaltspflicht verstoßen, zwischen diesem „Verstoß und dem eingetreten Umweltschaden lässt sich aber keine hinreichende Kausalität nachweisen“.
Dazu kommt: Selbst falls ein kleiner Inselstaat wie Nauru haftbar sein sollte, ist doch fraglich, ob dieser für den eingetretenen Schaden finanziell und juristisch wirklich gewappnet ist. Umweltschutzexperten bezweifeln das zu Recht.
Es könnte also durchaus sein, dass die zu befürchtenden, irreparablen, großflächigen Schäden dieses noch wenig bekannten Ökosystems und ihre weitreichenden Folgen etwa für die Ernährung sehr vieler Menschen nicht finanziell abgepolstert werden. Mal wieder.
Eigentlich hätte die ISA ihr Regelwerk 2020 abliefern sollen. Mit Verweis auf Corona hat sie um Aufschub gebeten und bis jetzt nicht geliefert. Darum kommt jetzt die Forderung nach dem Moratorium, bevor ISA das Regelwerk liefert und der Abbau dadurch – nach derzeitiger Gesetzeslage legitim – beginnen könnte. Tiefseeexperten sind sich nämlich einig, dass das Thema viel zu komplex ist und viel zu weitreichende mögliche Folgen zu berücksichtigen sind, so dass man unbedingt mehr Zeit dafür braucht. Sie befürchten, dass die ISA Naurus Antrag genehmigen könnte und der Tiefseebergbau beginnen wird, bevor dessen potentielle Schäden für die Biodiversität und die Ökosysteme vollständig verstanden ist.
Ist Tiefseebergbau Neokolonialismus?
Wem gehören die Rohstoffe des Meeresbodens in internationalen Gewässern? Jedem, der sie fördert? Den Anrainer-Staaten?
Bis zur Gründung der ISA waren diese abgelegenen Meeresböden unzugängliches Niemandsland, für das sich niemand interessierte. Das hat sich seit der Entdeckung der Manganknollen und anderen Rohstoffe in den 1970-er und 1980-er Jahren grundlegend geändert. Jetzt gilt der Meeresboden als gemeinsames Erbe der Menschheit, die ISA soll darüber wachen. Die Präambel ist unmissverständlich: „Die aus 167 Mitgliedstaaten und der Europäischen Union bestehende Internationale Meeresbodenbehörde ist gemäß der UN-Seerechtskonvention beauftragt, alle mineralstoffbezogenen Aktivitäten im internationalen Meeresbodenbereich zum Wohle der Menschheit zu organisieren, zu regulieren und zu kontrollieren ein ganzes. Dabei hat die ISA die Pflicht, einen wirksamen Schutz der Meeresumwelt vor schädlichen Auswirkungen zu gewährleisten, die durch Aktivitäten im Zusammenhang mit der Tiefsee entstehen können.“
Gerade auf kleinen Inseln in den Weiten der Südsee leben viele Menschen von und mit dem Meer, der Ozean ist ihre Lebensgrundlage. Die kleinen Inselstaaten im Südpazifik sind wenig industrialisiert, sie könnten weder die Exploration noch die ökologischen Gutachten oder gar die Förderung und Weiterverarbeitung aus eigener Kraft durchführen. Trotzdem möchten manche von ihnen als nächste Anrainer an dem Reichtum vor ihrer Tür partizipieren.
So hat Nauru hat ein lukratives Abkommen mit DeepGreen Metals geschlossen. Allerdings nicht ganz Nauru, sondern ein eher kleiner Kreis, zu dem u. a. einige Politiker gehören. Andere InsulanerInnen dagegen protestieren gegen den Deal. Mittlerweile formiert sich ein zunehmend breiterer Widerstand der indigenen Südsee-Bevölkerung und anderer Gruppen gegen diese neue Form der Rohstoff-Ausbeutung. Sie befürchten, dass die Schäden den Benefit bei Weitem übersteigt. Der kleine Inselstaat hat einschlägige Erfahrungen mit dem Bergbau: Phosphatvorkommen der Insel wurden Jahrzehnte im Tagebau ausgebeutet. Seit 1900 wurden sie zunächst von Deutschen, dann vor allem von Australiern ausgebeutet, seit Naurus Unabhängigkeit 1968 dann in einer staatlichen Gesellschaft Naurus. Dadurch stiegen die Insulaner zunächst zum zweitreichsten Staat der Welt auf. Mismanagement ließ die Gewinne dann zu Beginn der 2000-er Jahre versiegen und einen Teil der Insel durch den Tagebau verwüstet zurück.
Viele der kleinen Anrainerstaaten erinnern jetzt an die Zeit der europäischen Kolonialherrschaft. Auch damals sind ihre Rohstoffe und nachwachsenden Ressourcen von den wirtschaftlich und industriell fortschrittlichen Nationen Europas ausgeplündert worden. Soll sich das Gleiche jetzt beim Tiefseebergbau wiederholen? Mit gutem Grund stehen also beim terrestrischen und submarinen Bergbau Vorwürfe des Neokolonialismus im Raum.
Seit Hinterbliebene rund 270 in einer giftigen Schlammlawine im brasilianischen Brumadinho verstorbenen Menschen vor dem Münchner Landgericht Schadenersatz vom Münchner Prüfkonzern TÜV Süd fordern und diesem eine Mitschuld zuweisen, wird klar, dass in einer global verknüpften Welt Konzerne möglicherweise auch für ihre Mitschuld zur Verantwortung gerufen werden können. Ein weiteres Beispiel dafür sind die sogenannten Klimaklagen – dabei haben Gerichte bereits festgestellt, dass Konzerne für Folgen der von ihnen mit verursachten Erderwärmung haftbar gemacht werden kann.
Eine ähnliche juristische Bewertung ist auch für ökologische und andere Folgen des Tiefseebergbaus denkbar.
Das Meer als Teil indigener Kulturen und Identität
“When they start mining the seabed, they’ll start mining part of me.” soll ein Clan-Chef der Inseln Neuirland und Neubrittanien im Bismarck-Archipel Papua New Guineas gesagt haben, als 30 km vor der Küste der erste kommerzielle Tiefseebergbau begann. Die kanadische Firma Nautilus Minerals schürfte dort nach Massiv-Sulfiden. Wenig erfolgreich, Nautlius ist insolvent und die Mine “Solwara 1” liegt still.
In seinem Beitrag „Deep sea mining threatens indigenous culture in Papua New Guinea“ erklärt John Childs, Lancaster University, die Bedeutung des Ozeans für die kulturelle und spirituelle Identität der indigenen Menschen des Bismarck-Archipels. Auch ein internationales Forscher-Team um Virginie Tilot kommt zum gleichen Ergebnis und hält diesen Streit für einen Präzedenzfall: „Tatsächlich könnten die im Pazifik entwickelten Politiken und Praktiken auch anderswo als geeignetes Modell dienen, um kommerzielle, ökologische, kulturelle und soziale Werte im Kontext der Ausbeutung von Tiefseemineralien in Einklang zu bringen und das menschliche Wohlergehen und die nachhaltigen Lebensgrundlagen der pazifischen Gemeinschaften und die Gesundheit des globalen Ozeans zu erhalten.“
Genau die gleiche Situation führt beim Rohstoffabbau an Land etwa in Nordamerika und Australien immer wieder zu erbitterten Auseinandersetzungen. Das vermeintliche Recht auf einen Anspruch der modernen Industrienationen auf die weltweite Ausbeutung wird heute zu Recht in Frage gestellt.
Das Positionspapier deutscher zivilgesellschaftlicher Gruppen bezeichnet diese Form der Rohstoffausbeutung unmißverständlich als Menschenrechtsverletzung.
Der Tiefseebergbau hat also neben den wirtschaftlichen, juristischen und soziologischen Dimensionen auch noch ethische Komponenten, die man berücksichtigen sollte. Dabei geht es um eine die Abwägung all dieser Interessen im Sinne aller Menschen. Diese Abkehr von der alleinigen Berücksichtigung von Konzernen oder Staaten hin zu einer globaleren Betrachtung ist zeitgemäß!
Neuseelands Oberster Gerichtshof blockiert Bergbau am Meeresboden
Der neuseeländische Konzern Trans-Tasman Resources (TTR) hat gerade vor dem Obersten Gericht Neuseelands gegen das Verbot des Abbaus von Eisensand vor der Küste geklagt – am 30.09.2021 wies das neuseeländische Oberste Gericht (New Zealand High Court) die Klage zurück. Der Abbau von Eisensand am Meeresboden sei zu gefährlich, zu riskant und zu umweltbelastend – „seabed mining is too dangerous, too risky and too harmful to the environment.“ Durch den Abbbau von 5 Tonnen Metall wären 45 Tonnen Sediment bewegt und ins Meer zurückgeleitet worden, insgesamt sollten über 35 Jahre hinweg 50 Tonnen Eisensand geschürft werden. Der überschaubare Gewinn steht in einem starken Mißverhältnis zum zu erwartenden Schaden.
Einige Māori-Stämme, die Fischerei-Industrie, Umweltschutz- und andere lokale Gruppen sowie unabhängige Wissenschaftler hatten gegen den geplanten Eisensand-Abbau in der South Taranaki Bucht geklagt. In der South Taranaki Bucht leben u. a. eine erst kürzlich entdeckte Zwergblauwal-Population (Balaenoptera musculus brevicauda), die stark gefährdeten Māui-Delphine (Cephalorhynchus hectori maui) und die blauen Mini-Pinguine Kororas (Eudyptula minor).
Der Naturschutz ist – nicht nur in Neuseeland – kein Selbstzweck und kein nur ideeler Wert, sondern auch ein Wirtschaftszweig: Die wilde und größtenteils unberührte Natur Neuseelands mit ihren langen Küsten und den schroffen Landschaften sowie der einzigartigen Tier- und Pflanzenwelt ist ein erheblicher Wirtschaftsfaktor. Fischerei und Tourismus sind wichtige Erwerbszweige für viele Menschen. Dazu kommt die enge kulturelle und spirituelle Verbindung der Maori-Bevölkerung mit dem Meer. Auch die ist nicht ausschließlich Selbstzwecke, die wehrhaften Maori-Seefahrer prägen heute auch das Image Neuseelands und tragen auch ihren Anteil zum Tourismus-Erfolg bei.
Die Rohstoffe könnten nur einmal gewonnen werden, danach wäre die Landschaft zerstört und ausgebeutet. Naturschutz, Fischerei und Tourismus hingegen bringen auf lange Sicht regelmäßige Gewinne ein und erhalten die Natur.
Das Urteil wird als starkes Signal gegen den Rohstoffabbau am Meeresboden allgemein und auch für den Tiefseebergbau in internationalen Gewässern gewertet.
Wichtig wäre jetzt, dass die Weltgemeinschaft den Wert des Meeresschutz erkennt und auch andere Staaten die Risiken besser berücksichtigen. Auch solche, die auf Naturschutz und Menschenrechte eher weniger Wert legen – wie etwa China.
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