Tintenfische können fliegen!
Mindestens sechs Arten von Kalmaren fliegen im Atlantik und Pazifik mehrere Meter oberhalb der Meeresoberfläche dahin, oft in ganzen Schwärmen. In Strandnähe klatschen die über 20 Zentimeter großen Weichtiere dann gelegentlich Schwimmern und Badenden ins Gesicht und führen zu Irritationen – viele Menschen mögen einen Kalmar gern frittiert auf dem Teller, aber nicht das lebendige Tier. Da solche Treffen von Menschen mit den silbrig-glitzernden Tentakeltieren recht selten sind, können viele Menschen sie nicht zuordnen.
Überwasserflug mit Jet-Antrieb
Viele Kalmare haben torpedoförmige Körper mit großen Flossen und sind schnelle Schwimmer. Ihre Aerodynamik ist auch hydrodynamisch wirksam: Gleich mehrere Arten aus verschiedenen Familien versuchen, mit Überwasser-Flügen ihre Freßfeinden zu entkommen, genau wie Fliegende Fische.
Allerdings setzen Tintenfische dazu ihren Düsenantrieb ein: Zuerst dehnt der Kalmar seinen muskulösen Mantel aus, der sich mit Wasser füllt. Dann zieht sich der Kalmar sich schnell zusammen und drückt dadurch das eingeschlossene Wasser durch den schmalen Trichter. Dadurch entsteht ein kraftvoller Schub, der den Tintenfisch nach vorn katapultiert. Den flexiblen Trichter kann er nach Bedarf positionieren und so in fast jede Richtung davonschießen.
Der Mantel verbreitert sich an den Seiten zu Flossen, die beim Flug als Tragflächen wirken. zusätzlich bringen sie noch die Tentakel in die beste Flugposition. Durch Schlagen mit den Flügeln und einer besonders günstigen Stellung der Tentakel fliegen die Meerestiere aktiv, sie gleiten also nicht nur passiv dahin.
Wer fliegt denn da?
Zwei Todarodes-Arten fliegen im Atlantik und Pazifik: Der Europäische Fliegende Kalmar (Todarodes sagittatus) lebt vor allem im östlichen Atlantik und Mittelmeer. Der Japanese flying squid (Todarodes pacificus) kommt im Nordpazifik vor und fliegt manchmal sogar kalifornischen Badenden um die Ohren.
Sie gehören, wie auch der berüchtigte Humboldt-Kalmar, zur Kalmar-Familie der Ommastrephidae (wie auch der berüchtigte Humboldt-Kalmar) und werden befischt. Sollte man sie auf dem Deck seiner Yacht finden oder schnell genug zubeißen, wenn sie einem ins Gesicht fliegen, kann man sie lecker zubereiten. Oder noch lebende Tiere wieder ins Meer zurücksetzen.
Neben den aerodynamischen Ommastrephidae heben auch Arten der Gattung Onychoteuthidae gern ab: Zwischen sieben Zentimetern und zwei Metern lang, haben sie Haken an den Saugnäpfen zum Festhalten ihrer Beute. Gegen ihre Freßfeinde hilft ihnen das nichts, auch sie stehen auf der Speisekarte großer Fische und Wale.
Daneben gibt es noch mehr fliegende Arten, wie etwa den im Scientific American beschriebenen Karibischen Riffkalmar (Sepioteuthis sepioidea), der zwei Meter hoch und 10 Meter weit flog.
Diese Sonderanpassung ist also weniger systematisch begründet, sondern steht im Kontext mit der Ökologie und dem Verhalten. Allerdings haben alle pelagisch lebenden Kalmare aufgrund ihrer Stromlinien-Form gute Voraussetzungen zum Flug, sie haben also eine Prädisposition (Präadaption) dafür.
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