Große Haie sind bis an den Rand ihrer Ausrottung gejagt worden, bis sie vor einigen Jahrzehnten in vielen Ländern unter Schutz gestellt wurden: Sportfischer suchten Nervenkitzel mit den großen Raubfischen und töteten vor allem große Exemplare. Gerade in US-Gewässern sowohl im Atlantik als auch im Pazifik erholen sich die Bestände von Großen Weißen Haie mittlerweile. Den Haien kommt auch zugute, dass durch Meeresschutzgebiete mit Fangverboten jetzt einst überfischte Areale wieder ein reiches Nahrungsangebot auch für Meeres-Megafauna bieten.
Aktuelle wissenschaftliche Beobachtungen haben jetzt ergeben, dass sich mittlerweile eine offenbar zunehmende Zahl gut genährter sehr großer Haie in den Ozeanen herumtreibt. Ein erwachsenes Weibchen des Weißen Hais (Carcharodon carcharias) erreicht normalerweise eine etwas über fünf Meter Länge (15 bis 16 Fuß), Männchen bleiben mit vier Metern (11 bis 13 Fuß) etwas kleiner. Vor Hawaii sind jetzt mehrere Weiße Haie mit über 20 Fuß, also über sechs Metern Länge, aufgetaucht – die größten je in hawaiianischen Gewässern beobachteten Exemplare. Gleich drei so große Knorpelfische fraßen gemeinsam an einem großen Walkadaver und ließen sich an diesem fetten Buffet gut beobachten und vermessen.
Haie sind extrem erfolgreiche Meeresjäger, die auf der Meerespirsch neuesten Forschungsergebnissen zufolge sogar ihre Farbe ändern können – in verschiedene Grauschattierungen – verschmähen aber auch Walkadaver nicht. Zu verlockend ist die kalorienreiche üppige Mahlzeit.
Wissenschaftler wie der Leiter des US-amerikanischen Shark-Labs, Chris Lowe, erklärte gegenüber dem Guardian, dass drei so große Haie an dem treibenden Wal keine Zufallssichtung sind, sondern auf eine Erholung der Bestände und eine ausgezeichnete Ernährungssituation hinweisen. Außerdem, so erklärt Lowe, müssen diese Tiere gleichzeitig nah genug am Walkadaver gewesen sein, um den Geruch aufzuspüren. Darum hält er es für möglich, dass sie gemeinsam im Ozean unterwegs sind (“These sharks must have been close enough in the vicinity to detect the odour of that whale; then it also might mean that these sharks are travelling together.”).
Die Fischereiverbotszonen und auch die steigende Anzahl von Walkadavern durch die wieder angewachsenen Walbestände bieten den großen Raubfischen genug Nahrung, die sie auch bequem und sicher erreichen können. So ist auch ihr Bestand vor der kalifornischen Küste wieder gestiegen.
Fischereiverbote machen Haie feist
Nicht nur Längenwachstum sondern auch einen exzellenten Ernährungszustand hat die professionelle Haitaucherin und Meeresbiologin Kori Burkhardt (ehemals Garza) vor Französisch-Polynesien in einem vor 10 Jahren geschaffenen Hai-Schutzgebiet einen Tigerhai-Weibchen ((Galeocerdo cuvier) namens Kamakai beobachtet: Mit über fünf Metern (16 Fuß) Länge war dieses Tier zwar nicht außergewöhnlich lang, aber mit einem Umfang von sicherlich drei Meter der wohl bestgenährte Hai, den sie je beobachtet hat, erzählte sie im Video „Kori and Kamakai“ gegenüber dem National Geographic.
Große Haie werden oft mit über Photoidentifikation katalogisiert, so dass ihr Leben und Wachstum wissenschaftlich verfolgbar wird, einzelne Tiere werden auch besendert und machen so ihre langen Wanderungen durch die Ozeane sichtbar. Besonders intensiv ist die Hai-Forschung in US-Gewässern, sowohl im Atlantik als auch im Pazifik (vor Kalifornien und Oregon bzw. um Haiwaii), was zu guten erfolgen des Haischutzes und immer wieder spektakulären Forschungsergebnissen führt, wie dem „White Shark Café“ als Sammelpunkt für Weiße Haie.
Auch wenn der Haischutz jetzt dazu führt, dass es wieder mehr Weiße und andere große Haie gibt, sind diese langlebigen Knorpelfische mit der langsamen Vermehrungsrate immer noch stark bedroht und brauchen dringend weiterhin Schutz. Für die in einigen asiatischen Ländern begehrte Haiflossen-Suppe werden Haie aller Arten – darunter auch streng geschützte – weiterhin rücksichtslos ausgebeutet (Zum Weiterlesen: Meertext: Was Chinas Fisch-Piraterie und Climate Fiction verbindet).
Mehr Haie vor Hawaii, Kalifornien und der US-Ostküste
Weiße Haie ziehen ihre Bahnen im offenen Ozean und in tiefen Gewässern, wo es direkt hinter den Küsten tief wird, gibt es besonders häufige Sichtungen, die oft Hai-Alarm auslösen. Natürlich greifen manche Exemplare ab und zu Menschen an, was zu Kratzern, zum Verlust einer Extremität und in seltenen Fällen auch zum Tod führen kann. Für 2015 sind insgesamt 98 Hai-Angriffe weltweit für alle Arten dokumentiert, davon waren 6 tödlich. Eine Reihe von spektakulären Hai-Unfällen lieferte den Roman und Film „Jaws“ (Der Weiße Hai).
Besenderte Haie ermöglichen Forschern, ihre Wege per Satellit zu verfolgen und ihre langen Wanderungen und Patrouillengänge am Kontinentalhang zu verfolgen.
Noch mehr Sichtungen und Hai-Unfälle vor Kalifornischen Badestränden führen zu der Bezeichnung Rotes Dreieck für ein besonders haiintensives Gebiet.
Die spektakulären Dronenaufnahmen des Fotografen und Dronenpiloten Carlos Gaura hatten dokumentiert, wie nahe sich Menschen und Haie vor Kalifornien kommen – meist junge Tiere jagen dort unter den Beinen von Badendenden am Meeresboden Rochen.
Im Pazifik haben besenderte Haie ihren geheimen Treffpunkt verraten, das White Shark Cafe. Es scheint ein wichtiger Ort für die Paarung zu sein, allerdings scheinen die großen Knorpelfische dort auch einfach gemeinsam „abzuhängen“, möglicherweise kommunizieren sie dort mit ihren besten Freunden. Es hat sich nämlich herausgestellt, dass manche auffallend lange gemeinsam schwimmen, was auf individuelle feste Bindungen hinweist. Ob Haie sich individuell erkennen können, ist bis jetzt nicht nachgewiesen. Da Fische sich individuell erkennen, etwa an Mustern im Gesicht, die für uns nur bei UV-Licht sichtbar sind, können die Knorpelfische das vermutlich auch.
Weibliche Haie tauchen nur alle zwei Jahre im Cafe auf, männliche hingegen jedes Jahr. Das passt zu ihrem Fortpflanzungszyklus: Sie haben eine lange Tragzeit von fast zwei Jahren und bringen dann nur wenige lebende Jungtiere zur Welt. Dass Haie seit langer Zeit eine innere Befruchtung haben (Meertext: Die Evolution des Hai-«Penis» – ein uraltes und bewährtes Organ) und Haimütter ihre Jungen über eine Art Plazenta lange versorgen, zeigt ihre starken Unterschiede zu den Knochenfischen, die heut ein viel mehr Arten die Gewässer bevölkern.
Wie geht es weiter?
Mit der steigenden Hai-Population wird es auch mehr Sichtungen geben und durch den besseren Ernährungsstatus mehr sehr große Haie. Ich befürchte, dass es dann häufiger zu Interessenskollisionen zwischen Haien und Menschen kommen wird. Darum ist es wichtig, mit sachlichen Informationen aufzuklären, dass diese Megafauna-Arten keine reißenden Bestien sind, die nur auf menschliche Schwimmer warten. Vielmehr braucht es ein neues Verhältnis und einen respektvollen Umgang mit ihnen. Ein Artikel von mir zu diesem Thema ist gerade in Planung, ich sage beim Erscheinen Bescheid (voraussichtlich Oktober).
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