In Bayern machen derzeit die seltsamen Vorgänge um Gustl Mollath Schlagzeilen. Mollath hatte 2003 Vorwürfe gegen Mitarbeiter der HypoVereinsbank erhoben, in Schwarzgeldgeschäfte verwickelt zu sein. Einem Revisionsbericht der Bank aus dem Jahr 2003 zufolge waren diese Vorwürfe keineswegs aus der Luft gegriffen – oder gar Ausdruck einer paranoiden Wahnvorstellung. Mit dieser Diagnose kam Mollath nämlich 2006 in die Psychiatrie, nach einer Anzeige wegen Körperverletzung seitens seiner früheren Frau, die ebenfalls einmal bei der HypoVereinsbank gearbeitet hatte. Schuldunfähig und gemeingefährlich, so die Begründung. In der Psychiatrie sitzt Mollath bis heute. Der Revisionsbericht der Bank scheint merkwürdigerweise im weiteren Verlauf der Dinge keine Rolle gespielt zu haben. Mollaths Hinweise auf die Schwarzgeldgeschäfte galten vielmehr als Belege für seinen Wahn. Erst jetzt wird der Fall neu aufgerollt. Hatte am Ende Gustl Mollath nicht nur recht mit seinen Schwarzgeldvorwürfen, sondern saß er auch noch zu Unrecht jahrelang in der Psychiatrie? Und wenn er gar keine paranoiden Wahnvorstellungen hatte, warum hat das in all den Jahren keiner bemerkt?

Wie auch immer die Wahrheit im Fall Mollath aussehen mag, die Sache erinnert durchaus ein wenig an das berühmte “Rosenhan-Experiment“. Ende der 1960er Jahre hatte der amerikanische Psychologe David Rosenhan im Rahmen eines Experiments gesunde Menschen in die Psychiatrie einweisen lassen. Sie gaben vor, Stimmen gehört zu haben. Ziel des Experiments war es, herauszufinden, wie die Ärzte darauf reagieren und ob sie die Versuchspersonen, wenn diese keine Symptome mehr vorgeben, als gesund diagnostizieren. Das war nicht der Fall, einmal als psychisch krank eingestuft, wird man so ein Etikett offensichtlich nicht mehr so einfach wieder los. Entlastend für die Ärzte damals muss man sagen, dass sie mit Versuchspersonen konfrontiert waren, die selbst angaben, Stimmen zu hören. Mollath hat sich nie für psychisch krank gehalten.

Und die Sache erinnert auch ein wenig an den Fall der hessischen Steuerfahnder um Rudolf Schmenger vor 10 Jahren. Auch da ging es um Schwarzgeldgeschäfte, deren Aufdeckung und Verfolgung offensichtlich nicht erwünscht war. Das Steuerfahndungsteam wurde aufgelöst und schikaniert, Schmenger mit einer psychiatrischen Diagnose als dienstunfähig erklärt. Zu Unrecht. Sein früherer Kollege Frank Wehrheim hat darüber ein Buch geschrieben.

Schwarzgeld, Leute die darauf aufmerksam machen und die Psychiatrie – das kombiniert scheint manchmal ziemlich ungute Geschichten hervorzubringen.

Kommentare (167)

  1. #1 Ludger
    1. Dezember 2012

    Da sind wohl einige Dinge ganz falsch gelaufen. Vielleicht sollte man einige Regeln beachten, damit einem selber so etwas nicht passiert.
    Regel 1 :
    Bei einer Anzeige sollte man nie auf Idi Amin und J.-F.Kennedy verweisen, das könnte für ein Symptom gehalten werden.

    ( https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/der-fall-gustl-mollath-unter-medialem-feuer-11974746.html )
    Staatsanwaltschaft in der Defensive
    Die Strafverfolger referierten, dass ein Schreiben Mollaths mit längeren Ausführungen über Martin Luther King, Kennedy, Vietnam, Biafra, die Mondlandung und Idi Amin begonnen habe. Mollath habe darauf verwiesen, dass er im Jahr 1999 an „über 600 Bundestagsabgeordnete“ und im Jahr 2000 an den Papst geschrieben habe. In Großbuchstaben habe es geheißen: „Die Geldgeilheit war auf dem Höhepunkt.“ Als Beweise seien unter anderem Schreiben an Kofi Annan und an Theodor Heuss beigefügt gewesen. Die „Art und Weise“ der Darstellung Mollaths habe nicht außer Acht gelassen werden dürfen, brachte die Staatsanwaltschaft in der ungewohnten Rolle vor, sich selbst verteidigen zu müssen.

    Regel 2:
    Wenn man in der Klapse ist, sollte man sich für krank erklären. Krankheitseinsicht ist die wichtigste Voraussetzung für eine Entlassung.

    Mollath hat sich nie für psychisch krank gehalten.

    Die drei Jesusse von Ypsilanti ( https://einestages.spiegel.de/s/tb/25903/die-drei-jesusse-von-ypsilanti.html ) haben immer die jeweils anderen Jesusse für verrückt gehalten.

    Hatte am Ende Gustl Mollath nicht nur recht mit seinen Schwarzgeldvorwürfen, sondern saß er auch noch zu Unrecht jahrelang in der Psychiatrie? Und wenn er gar keine paranoiden Wahnvorstellungen hatte, warum hat das in all den Jahren keiner bemerkt?

    Regel 3:
    Man sollte auf keinen Fall Symptome der Schizophrenie nach Bleuler darbieten. ( https://de.wikipedia.org/wiki/Symptome_der_Schizophrenie_nach_Bleuler ).
    Regel 4:
    Man braucht in der Situation einen guten Rechtsanwalt.
    abschließende Frage:
    Was passiert, wenn ein Mensch mit Wahnideen ein real existierendes Verbrechen anzeigt?

  2. #2 Joseph Kuhn
    1. Dezember 2012

    @ Ludger: Vier gute Regeln und eine gute abschließende Frage.

  3. #3 Ponder
    1. Dezember 2012

    Schwierig, schwierig… man tut gut daran abzuwarten, was die neu aufgenommenen Ermittlungen ergeben werden.
    Die entsprechende Wikipedia-Seite hat ja einiges an Quellenmaterial zum Rekonstruieren der damaligen Begleitumstände.

    https://www.gustl-for-help.de/download/2006-08-08-Mollath-Urteil-Landgericht.pdf

    Auf alle Fälle sollte man sich auch vergegenwärtigen, dass ein solcher Fall wie geschaffen ist, um von der Antipsychiatrie-Szene medienwirksam ausgeschlachtet zu werden. Ein Beispiel für einen entsprechenden antipsychiatrischen Blog:

    https://igelin.blog.de/2012/11/15/pressemitteilung-14-11-2012-strafanzeige-bayerische-justizministerin-me-15208563/#c18591667

    Hier geht leider Wirklichkeit und Wahn munter in einander über, wie man an den Blogbeiträgen und an manchen Kommentaren gut studieren kann.

    Rätselhaft im Fall Mollath bleibt dennoch, warum es wohl nur ein “Fern”-Gutachten gab und warum Mollath – so habe ich es verstanden – es damals so heftig ablehnte, sich begutachten zu lassen – siehe dazu auch die Details im verlinkten pdf des Gerichtsurteils.

    So betrachtet, kam die kritische psychische Verfassung von Mollath natürlich gelegen, da sie womöglich benutzt werden konnte, um von brisanten Fragen abzulenken.

  4. #4 Ralph
    1. Dezember 2012

    Bein Herrn Mollath muss sich zeigen, ob er eine Gefahr für die Allgemeinheit ist, oder nicht. Aber selbst wenn jemand nachweislich unter Wahnvorstellungen leidet, heißt das ja nicht, dass nicht auch reale Erlebnisse und Erinnerungen äußert.

    Unfassbar auch das Schicksal des Horst Arnold, der 5 Jahre unschuldig wegen angeblicher Vergewaltigung sass. Da er sich nicht zu einem Schuldbekenntnis hinreißen ließ galten für ihn verschärfte Haftbedingungen.

    https://www.mdr.de/brisant/unschuldig110.html
    https://www.psychiatrie-und-ethik.de/wpgepde/der-fall-horst-arnold/

    Es muss ein Alptraum sein, wenn man unschuldig ist, aber jedes Unschuldsbekenntnis als fehlende Fähigkeit zur Reue gewertet wird.
    Ein intelligenter Psychopat, der seinen Betreuern erzählt was sie hören wollen hat es da scheinbar leichter.

  5. #5 Volker Birk
    https://blog.fdik.org
    2. Dezember 2012

    Der Rechtsstaat endet in Deutschland dort, wo die Macht tangiert wird.

    Schauen wir mal, was die Staatsanwaltschaft überhaupt ausrichten kann gegen die HypoVereinsbank oder vielmehr gegen ihre damalige Käuferin, die Unicredit.

    Darum geht es in diesem Falle nämlich wirklich. Und die Unicredit ist “systemrelevant”, übrigens.

  6. #6 W
    2. Dezember 2012

    Weil das Irre-Sein und das Recht-Haben nicht zwingend miteinander verbunden sind, bestehen immer die vier Möglichkeiten irre zu sein und unrecht zu haben, nicht irre zu sein und recht zu haben, nicht irre zu sein und unrecht zu haben – und eben irre zu sein und recht zu haben.

    Viele denken ja stattdessen man sei entweder irre und habe unrecht oder gesund und habe recht.

    Auf die große Politik übertragen könnte das zum Beispiel auch bedeuten, dass die vielen Nicht-Irren, die die Politik bestimmen, nicht recht haben – oder es sind gar unerkannte Irre und sie haben nicht recht. Oskar Panizza hat diese Problemstellung einmal so zusammengefasst: ‘Der Wahnsinn, wenn er epidemisch wird, heißt Vernunft!’

    Wenn man in der Klapse ist, sollte man sich für krank erklären.

    Korrekt!, das Klapsmühlenparadoxon: Bist Du [1] in der Klapse, kommst Du sehr wahrscheinlich nicht raus, wenn Du Dich als krank erklärst. Erklärst Du Dich jedoch als gesund, kommst Du ganz sicher nicht raus (denn die Ärzte sind kompetitiv und stolz; gerade doitsche Ärzte, wenn sie zudem noch ein wenig irre sind).

    MFG
    W

    [1] gemeint: das amerikanische ‘Du’, im Sinne von ‘man’

  7. #7 Chemiker
    Bangladesh
    2. Dezember 2012

    Vielleicht liegt das roblem ja einfach daran, daß es keine wirkliche Möglichkeit gibt, festzustellen ob jemand bekloppt ist oder nicht.

    In der Medizin habe ch es mit Hardware zu tun. Ein EKG, ein Blutdruck, die Konzentration eines Stoffes im Serum — all das kann zwar in die Irre führen, ist aber solide physkalische Realität.

    Was mißt ein Psychiater? im Zweifelsfall seine egenen Vorurteile. Keine Möglichkeit einer Realitätskontrolle.

  8. #8 Dr. Webbaer
    2. Dezember 2012

    Vielleicht liegt das roblem ja einfach daran, daß es keine wirkliche Möglichkeit gibt, festzustellen ob jemand bekloppt ist oder nicht.

    Irre-Sein heißt rein praktisch meist gefährlich zu sein oder erkennbar schwer innerlich, aber “klassisch” unkrank, zu leiden. Die Diagnostik arbeitet hier nicht zuverlässig, ganz einfach deshalb, weil man die Grenzen [1] nur schwierig ziehen kann – wenn man sich nicht, sozusagen selbst irre – erheben will.

    Umgekehrt trifft diese Beobachtung auch auf sogenannte Hochtalentierte oder die Intelligenz (die vor knapp 100 Jahren entwickelt worden ist) zu.

    Mollath ist ein interessanter Fall.

    MFG
    Dr. Webbaer

    [1] das Gehirn wird nur ansatzweise grob verstanden bzw. bleibt unverstanden

  9. #9 Ludger
    2. Dezember 2012

    Dr. Webbaer
    2. Dezember 2012
    […] Irre-Sein heißt rein praktisch meist gefährlich zu sein […]

    Falsch! Von Menschen mit Wahnkrankheiten, “Irren” in der Terminologie des 19. Jahrhunderts, geht nicht per se eine besondere Gefahr aus. Joseph Kuhn wird dazu sicher genaue Zahlen haben. Außerdem werden die meisten Gewaltverbrechen sowieso von ganz “normalen” Verbrechern. begangen.

  10. #10 Dr. Webbaer
    3. Dezember 2012

    @Ludger
    Das Oder ist angekommen?:

    Irre-Sein heißt rein praktisch meist gefährlich zu sein oder erkennbar schwer innerlich, aber “klassisch” unkrank, zu leiden.

    In anderen Worten: Wer sich oder anderen gefährlich wird oder innerlich/seelisch stark leidet, hat gute Chancen in die Klapse zu kommen; andere “Irre” weniger.

  11. #11 Joseph Kuhn
    3. Dezember 2012

    @ Ludger: Da muss ich Sie enttäuschen, dazu habe ich keine Zahlen und kenne mich in der forensischen Psychiatrie auch überhaupt nicht aus. Bei Pubmed mal schnell geschaut, da findet man einige Reviews, z.B.
    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20004282 und eine ganze Reihe interessanter Arbeiten zu diesem Themenkomplex von Fazel und Grann, demnach erhöhen psychotische Störungen das Risiko, gewalttätig zu werden, aber Drogen-/Alkoholmissbrauch scheint relevanter.

    @ Dr. Webbär: “Wer sich oder anderen gefährlich wird oder innerlich/seelisch stark leidet, hat gute Chancen in die Klapse zu kommen”: Das stimmt zwar, aber trifft davon etwas auf Herrn Mollath zu? Das ist eine von vielen offenen Fragen.

  12. #12 Ludger
    3. Dezember 2012

    WB: Irre-Sein heißt rein praktisch meist gefährlich zu sein oder erkennbar schwer innerlich, aber “klassisch” unkrank, zu leiden.

    Dr. Webbaer
    3. Dezember 2012 @Ludger
    Das Oder ist angekommen?

    Ja, ist mir auffgefallen. Aber die zweite Aussage dieser Verknüpfung erschloss sich mir noch weniger: Irre-Sein heißt rein praktisch meist […] erkennbar schwer innerlich, aber “klassisch” unkrank, zu leiden. . Dieser Satz ist nicht umkehrbar, ein Mensch mit einer reaktiven Depression leidet zwar “klassisch” unkrank, ist aber nicht irre, weil zum Krankheitsbild keine Wahnideen gehören. Vor einem wunderlichen Schizophrenen habe ich eigentlich keine große Angst, vor Psychopathen (im psychiatrischen Sinne, nicht umgangssprachlich!), vor solchen Leuten habe ich Angst. Ein Psychopath ist aber nicht irre, hat aufgrund der Psychopathie keine Wahnideen.

  13. #13 Andreas
    3. Dezember 2012

    Das eigentliche Problem ist doch die faktische Beweislastumkehr. Die Unschuldsvermutung, eine der größten Errungenschaften in unserem Rechtssystem, gibt es eigentlich nicht für vermeintlich “Irre”. Fehlen einem z.B. die rhetorischen Möglichkeiten, seine Gefühlslage, Ansichten usw. differenziert auszudrücken, ist es schlichtweg unmöglich, darzustellen dass man nicht Selbst- oder Fremdgefährdend ist. Solche Menschen auf Verdacht wegzusperren, ist in meinen Augen schlichtweg ein Verstoß gegen die Menschenrechte. Der ständig passiert, hier, jetzt, bei uns. Da ich mich viel in Künstlerkreisen beweg – hochkreative Menschen sind sowieso fast sämtlich von sie stark beeinflussenden Ideen, Visionen getrieben, die schonmal ins psychotische Abgleiten können – hab ich da einige “Opfer” im Bekanntenkreis. Da sind durchaus auch nach psychiatrischen Maßstäben echte Psychopathen dabei, die ihre düsteren, bizarren Ideen aber im fiktionalen Ausleben. (Siehe dazu auch: https://www.cchr.org/cchr-reports/harming-artists/introduction.html ) Natürlich maß ich mir im Bezug auf die psychische Gesundheit von Herrn Mollath kein Urteil an. Rein rechtlich… ist es aber ein absolutes Unding.

  14. #14 Dr. Webbaer
    3. Dezember 2012

    @Ludger

    Ein Psychopath ist aber nicht irre, hat aufgrund der Psychopathie keine Wahnideen.

    OK, Sie pflegen eine streng medizinische Sicht. Diese war hier nie gemeint, es sei denn sie wurde kritisch angemängelt. Ein Psychopath würde hier als irre oder “irre” gelten.

    Zu den von Ihnen zitierten politischen Ausführungen: Es ist nicht unproblematisch diese als Beleg heranzuziehen, viele andere sind ebenfalls politisch abwegig aufgestellt. – Weiß jemand, ob Mollath jemanden bedroht hat?

    MFG
    Dr. Webbaer

  15. #15 Dr. Webbaer
    3. Dezember 2012

    Außer dieser Sache natürlich:

    Mit dieser Diagnose kam Mollath nämlich 2006 in die Psychiatrie, nach einer Anzeige wegen Körperverletzung seitens seiner früheren Frau, die ebenfalls einmal bei der HypoVereinsbank gearbeitet hatte.

    Gibt es schriftliche Belege oder Aussagen Dritter?

  16. #16 Ponder
    3. Dezember 2012

    @ Webbaer:

    Gibt es schriftliche Belege oder Aussagen Dritter?

    Das pdf zum Urteil, in dem all diese Hintergründe beschrieben werden, habe ich weiter oben verlinkt. Daraus geht auch hervor, dass Mollath die Autoreifen von Geschäftspartnern seiner Frau zerstochen haben soll und u.a. gerade deshalb als gefährlich eingestuft wurde.
    Die Vorstellung bei einem psychiatrischen Gutachter hat er vehement abgelehnt – so im pdf :

    https://www.gustl-for-help.de/download/2006-08-08-Mollath-Urteil-Landgericht.pdf

    @ Andreas: Dass die CCHR (Link) eine Scientology-Tochter ist, ist aber bekannt, oder?

  17. #17 Ponder
    3. Dezember 2012
  18. #18 Dr. Webbaer
    3. Dezember 2012

    @Ponder

    Hatte am Ende Gustl Mollath nicht nur recht mit seinen Schwarzgeldvorwürfen, sondern saß er auch noch zu Unrecht jahrelang in der Psychiatrie?

    Mollath saß und sitzt also nicht ‘zu Unrecht’, blieben noch die Vorwürfe. – BTW: Läuft da eine Art Kampagne? Wer steuert die gegebenenfalls?

  19. #19 Andreas
    3. Dezember 2012

    Nein, mir war nicht bekannt, dass CCHR/KVPM zu Scientology gehört – dann entschuldige ich mich für die Verlinkung. In Bezug auf den verlinkten Text würd ich aber fast soweit gehn zu sagen, dass wir da wieder bei obigem Thema angelangt sind: Auch Irre können recht haben. 😉 Im Ernst: Wie gesagt, ich bin kein Psychiater und maß mir da kein Urteil an. Und mir geht es auch nicht darum, die Psychiatrie an sich zu verteufeln. Es ist lediglich so, dass es meinem Rechtsempfinden extrem widerspricht, wenn Menschen “auf Verdacht” zwangsbehandelt und ihnen die Freiheit entzogen wird – was definitiv passiert. Liegt eine, mit den üblichen juristischen Mitteln festgestellte Straftat oder Gefährdung vor, ist das logischerweise was völlig anderes.

    Einen interessanten Blickwinkel auf das System Psychiatrie wirft auch der Fall Gerd Postel… weiß nicht, wie bekannt das ist.

  20. #20 Ponder
    3. Dezember 2012

    @ Andreas:

    Einen interessanten Blickwinkel auf das System Psychiatrie wirft auch der Fall Gerd Postel… weiß nicht, wie bekannt das ist.

    Klar doch:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Gert_Postel

    Psychiatrische Kliniken ziehen solche Phänomene an…

    Themenwechsel – nur scheinbar off-topic – :
    Schon mal nach der “Zentralstelle für Neurobiologische Präventionsforschung an der Psychiatrischen Klinik der Universität Göttingen” geguugelt und geprüft, was dort geforscht wird? – Die Prävention psychiatrischer Erkrankungen ist natürlich ein gesellschaftlich relevantes Thema! 😉

  21. #21 Dr. Webbaer
    3. Dezember 2012

    @Ponder
    Sie sind doch schlau und recherchieren: Wenn Mollath tatsächlich krank ist, was nicht direkt der Richtigkeit seiner Aussagen entgegenstehen muss, aber Zweifel sät, und nun verstärkt medial verstärkt wieder in Erscheinung tritt, zumindest seine Theorien betreffend, …., …, …, was ist da eigentlich los, um was geht es?

  22. #22 Ludger
    3. Dezember 2012

    Mich irritiert bei Herrn Mollath die Diskrepanz zwischen der Selbstdarstellung in “Report”:

    Ich hab nicht mal Punkte in Flensburg gehabt – gar nichts…( https://www.youtube.com/watch?v=Ip0XpKK7Oqg ab Sekunde 43 )und der im Urteil festgestellten Straftaten: Körperverletzung der Ehefrau und Sachbeschädigung mit Fremdgefährdung, beide juristisch hinreichend begründet. ( https://www.gustl-for-help.de/download/2006-08-08-Mollath-Urteil-Landgericht.pdf ca. ab Seite 18).

  23. #23 Ponder
    3. Dezember 2012

    @ Webbaer:
    Keine Ahnung!
    Grundsätzlich stimme ich zu, dass natürlich auch ein Mensch, der psychisch krank ist, Zeuge einer Straftat sein kann und dass in seinen Aussagen ggfs Wahrheit und (wahnhafter) Irrtum sich mischen können.
    Ein großes Problem für Gerichtsgutachter stellt immer wieder dar, die Glaubwürdigkeit einer solchen Zeugenaussage einzuschätzen. Dies gilt in noch größerem Ausmaß z.B. für Opfer-Aussagen im Zusammenhang mit familiärem oder institutionellem Missbrauch…

    Zumindest scheint im Fall Mollath der Richter diesen während seiner Aussagen im Gerichtssaal stark eingeschüchtert zu haben – auch dazu gibt es im WP-Artikel Quellen, u.a. einer der Schöffen (?) hat wohl nachträglich ein schlechtes Gewissen bekommen.

    So ist denkbar, dass die (wohl tatsächlich vorhandene) psychische Erkrankung Mollaths geeignet war, den Fokus von brisanten und belastenden (zutreffenden) Aussagen weg und auf Mollaths Person zu lenken.

    Von daher finde ich es richtig, dass Ermittlungen aufgenommen werden, um die damaligen Umstände (hinsichtlich der Schwarzgeld-Vorwürfe) aufzuklären.

    Dass – um Ihre implizite Frage aufzugreifen – die Antipsychiatrie-Szene gerade in Bayern sehr aktiv ist , ist keine Neuigkeit, und so manch ein Vorfall, der in den Medien skandalträchtig diskutiert wurde, ist vermutlich durch den Einfluß der KVPM zumindest zusätzlich angeheizt worden. Wer sich davon einen Eindruck verschaffen will, braucht nur deren Homepage anzuschauen, die ich natürlich hier nicht verlinke,

  24. #24 Andreas
    3. Dezember 2012

    Natürlich ist die Prävention psychischer Erkrankungen ein gesellschaftliches Thema, und so wie sie in Göttingen erforscht und durchgeführt wird auch vollkommen in Ordnung. Nichts dagegen! Wogegen ich etwas hab, ist zum einen das vorschnelle Wegsperren und die Zwangsmedikation – und ich kenn persönlich Fälle, bei denen das instrumentalisiert wurde, weil die Erben früher an das Geld wollten. Zum anderen dringt die Psychiatrie/Psychologie in Bereiche vor, die m.M.n. einfach zu weit gehen… es gibt einen ICD 10 für den Wunsch, auswandern zu wollen und eine recht neue (noch nicht offizielle) Krankheitserfindung heißt “Orthorexie” – der zwanghafte Wunsch, sich gesund ernähren zu wollen. Überspitzt könnte man sagen, die Psychiatrie entgrenzt den Krankheitsbegriff ähnlich wie Beuys den Kunstbegriff. Für Kinder haben wir die Prügelstrafe (zu Recht!) verteufelt – dafür hält jetzt mehr und mehr die chemische Keule Einzug… fehlt eigentlich nur noch als Krankheitsentität der zwanghafte Wunsch, atmen zu wollen, dann sind wir entgültig alle krank. 😉 Ich schließ hier lieber mal, bevor ich noch weiter in off-topic Polemik abgleit. Jedenfalls zeigt der Fall Mollath ganz gut, dass der Psychiatrie ein Stellenwert im Rechtssystem zukommt, den sie womöglich (noch) garnicht erfüllen kann.

  25. #25 Dr. Webbaer
    3. Dezember 2012

    @Ponder
    Böse gefragt, kann sowas [1] Spielmaterial sein bspw. solche Vorgänge betreffend:
    https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/deutsch-schweizerisches-steuerabkommen-steht-vor-dem-aus-a-857692.html

    MFG
    Dr. W

    [1] Ferrari-Spezialist mit bankernder Ehefrau, und Vorgänge von denen er etwas wittert, was bei instabiler Ehe irritiert, aber auch zutreffend sein kann – aber dennoch der Vorgang im großen und ganzen als bedeutungsarm scheint

  26. #26 Ponder
    3. Dezember 2012

    @ Webbaer:

    In diesen Wirtschafts-und Steuerrecht-Dingen kenn ich mich nicht aus – kommt mir aus dem Bauch heraus in diesem Zshg recht weit hergeholt vor.

    Was die KVPM betrifft, weiß ich, dass sie sich auf alles stürzen, was ihnen geeignet erscheint, selbst mediale Aufmerksamkeit zu erhalten. Sie gerieren sich gern als Opferanwälte und missbrauchen – nach meiner Einschätzung – kranke Menschen für ihr ideologisch motiviertes Anliegen.

    Nachdem nun vermutlich die meisten hier das Urteils-pdf gelesen haben, kann man sich nun einen Eindruck von der Argumentation der ethisch motivierten (?) Gegenseite verschaffen:

    https://www.psychiatrie-und-ethik.de/wpgepde/wp-content/uploads/2012/10/RB201202.pdf

    Auch hier zwischen den Zeilen leider die typische KVPM-Diktion…

  27. #27 Dr. Webbaer
    3. Dezember 2012

    @Ponder
    Danke für Ihre Nachrichten.

    Der Schreiber dieser Zeilen hat drei Bekannte zumindest temporär an die Klapse verloren, Fall 1) unerkannte Diabetes, dazu megalomanes Verhalten und Bedrohung von Nachbarn und Vermietern, ehem. Ostblock, Fall 2) Benennung des Hundes mit dem Namen des Staatspräsidenten, in der Folge die Nähe suchend zu staatlichen Einrichtungen, wie Parlamentsgebäuden um dann den eigenen Hund zu beschimpfen und zu treten (!), ehem. Ostblock, Fall 3) gänzlich nacktes Auftreten in einer wohlbevölkerten Region in China, zudem Diabetes und übermäßiger Alkoholkonsum

    Ob die Kollegen wirklich psychisch krank waren, ist bis jetzt nicht ganz klar, sie waren jedenfalls: exaltiert

    🙂

    MFG
    Dr. W

  28. #28 Andreas
    5. Dezember 2012

    Ponder, machst Du’s Dir nicht ein bisschen sehr einfach, wenn Du sämtliche antipsychiatrischen Bemühungen in die KVPM-Ecke stellst? Längst nicht alle kritischen Stimmen zur Psychiatrie haben einen wie auch immer gelagerten ideologischen Hintergrund.

  29. #29 Ponder
    5. Dezember 2012

    @ Andreas:
    Wenn man das pdf mit der Urteilsbegründung neben das Paper von “Psychiatrie und Ethik” hält, dann kann man ganz deutlich erkennen, wo Darstellung und Diktion sich um Sachlichkeit bemüht und wo sie ideologisch verzerrt und teilweise demagogisch rüberkommt.
    Natürlich sind KVPM und Antispsychiatrie nicht identisch – es gibt aber meiner Erfahrung nach eine große Schnittmenge, und die Strategie der Scientologen (KVPM) besteht darin, sich an alles zu heften, was ihnen hilft, ihre Ziele zu erreichen.
    Dies sind insbesondere auch Opferschutzverbände.

  30. #30 Andreas
    5. Dezember 2012

    @Ponder
    Kannst Du was über Deine Erfahrungen Erzählen? Würd mich interessiern!
    Hab mir beide Dokumente ausführlich reingezogen. Eine ideologische Verzerrung seh ich jetzt nicht bei dem PuE-Rundschreiben. Sie grenzen sich ja auch explizit gegen die Antipsychiatrie ab, sind selbst Psychiater die die Mißstände in ihrem Fachzweig aufarbeiten wollen. Das erscheint mir allemal legitim – auch wenn die Formulierungen teilweise wirklich schwurbelig und mit seltsam anmutenden Assoziationen ausgekleidet sind.

  31. #31 andromed
    6. Dezember 2012

    @ Ponder 1. Dezember 2012

    “und warum Mollath – so habe ich es verstanden – es damals so heftig ablehnte, sich begutachten zu lassen”

    -> Das macht Sinn, wenn man sich ansieht, was mit ihm inzwischen passiert ist. Alles hängt von einer “fachkundigen” Diagnose ab. Keine Diagnose, keine (Zwangs-)Therapie. Ist die Diagnose rechtkräftig erstellt, ist der Klient ab sofort bei Gericht ein “Patient” und wird pharmakologisch “ruhiggestellt”. Ausserdem wie oben schon erklärt: Diese Diagnose wird man nie wieder los. Eine nicht ganz so günstige Begebenheit…(sarkastisch). Man ist als diagnostizierter eigendlich rechtlos. Bei zukünftigen Unregelmäßigkeiten wird nicht nach den Strafrecht verfahren, sondern per Zivilgesetzgebung der diagnostizierten “Krankheit” Vorrang gegeben, was bedeutet, dass der “ewige Patient” umgehend psychiatrisch behandelt wird.
    Der Knast für Strafgefangene unterscheidet sich vom “geschütze Bereich” der geschlossenen Psychiatrie dadurch, dass man dem “Patienten” nicht mehr zuhört. Einen Rechtsbeistand gibt es nicht…höchstens noch einen Verfahrenspfleger, den der “Patient” nie wieder sieht – wenn überhaupt. Der diagnostizierte Patient ist defakto rechtlos. Das Gutachten lässt das System ganze Gesetzgebungen überspringen und einen einzigen Richter per Sachlage urteilen. Es bedarf noch nicht mal eine Gerichtsverhandlung.

    Weiter ist selbstredent der “Krankheitsbegriff” zu kritisieren. Was viele für eine Krankheit halten, ist gar keine. Weil nämlich:

    Ich bin 2008 vergiftet worden. Das hatte keine Lebensbedrohende Wirkung (medizinisch), sondern eine neurologische – die “Bedrohung” entsteht im Bewusstsein durch erhebliche Steigerung der Angsterregung. Dabei gab es klassische Symptome von Wahn, Angsterregung und drohender Kontrollverlust der Psyche und der Physis – also etwa Herzrasen, Schweisausbrüche und leicht fehlinterpretierbare Ideen von Verfolgungswahn. Psychosomatische Symptome kamen noch dazu. Für die Ärzte gab es keinen Zweifel und der Wahn war schnell diagnostiziert. Dabei habe ich noch nicht mal behauptet, ich würde verfolgt werden. Defakto bin ich vergiftet worden, was aber scheinbar ein “running gag” in der Mediziner-Szene ist, der direkt in die Geschlossene führt. Damals war ich selbst erheblich verunsichert, ob der Symptome und der Ignoranz der Mediziner meinen Aussagen gegenüber. Kognitiv und Wahrnehmung aber war ich nie besser drauf, als zu dieser Zeit – was ein für mich noch nicht ganz eindeutiges Phänomen war.

    Heute ist mir einiges bewusster und eindeutiger. Vier Jahre Auseinandersetzung mit mir selbst und Recherche in allen Medien und Kanälen haben mir einen ungeheuer niederschmetternden Einblick verschafft.

    Unklar allerdings ist mir bis heute, warum ich vergiftet wurde. Daraus ergibt sich auch die Unsicherheit in der Antwort, wer es gewesen ist. Neurologisch wirksame Substanzen sind ja nicht wirklich kulturtechnik und in aller Munde.
    Die sonderbare Ignoranz der Mediziner und einige weitere Begebenheiten und Vorkommnisse im Kontakt mit dem Gesundheitssystem erklären mir aber, dass hier durchaus eine Systematik erkennbar ist. Nun weiß man nicht, ob das Gesundheitssystem unwissendes Werkzeug ist oder Erkenntnisse hierzu vorhanden sind. Beides aber lässt kein gutes Licht auf die angewandte Schulmedizin scheinen.

    Zwei Jahre später geschah dann allerdings noch verunsicherendes. Es fingen Schmerzen im Kopf an – Anfangs nur in der rechten Kopfhälfte – später kamen globale hinzu. Bei einer EEG-Messung gab es dann unvermittelt (ohne irgendwie Stress zu empfinden, keine schlechte Luft oder sonstige Ursachen) einen extremen Schmerz in der rechten Kopfhälfte und zwar nicht nur punktuell, sondern in der oberen rechten hälfte komplett. Danach war diese rechte Kopfhälfte deutlich spürbar wärmer, als die linke Kopfhälfte und mir schien etwas die Nervenbahnen herunter zu laufen. Danach ging mein Problem erst richtig los. Seit 2 Jahren habe ich fast ununterbrochen schwere Kopfschmerzen und die psychosomatischen Symptome sind inzwischen keine mehr, sondern auch Schmerzen – die sich über den ganzen Körper verteilen.

    Medizinische Diagnosen? Geschweige denn Beobachtung oder gar nur Wahrnehmung der Bechwerden und deren Veränderung?
    Totale Ignoranz – bis heute noch. Man ist eben psychisch krank – alle Beschäftigung über die Vergabe von Neuroleptiker erübrigt sich in solchen Fällen von selbst. Zuhören ist kein Bestandteil der Anamnese. Es wird nur noch Verhalten und Reaktion auf Zumutungen beobachtet und danach therapiert. Eine eindeutige Konditionierungsstrategie. Ein interessante Erfahrung auch die Fixierung mit anschliessender Betäubungsspritze, die mich für unbekannte Zeit ins Koma schickte. Ursache war eine imZorn zerdepperte Thermoskanne. Das ich mich eine viertel Stunde danach schon längst wieder beruhigt hatteund durchaus ansprechbar war, ist kein Grund mich trotzdem zu maßregeln…Strafaktion. Das habe ich in meiner Karriere als stationärer Patient mehrfach beobachtet. Die Devise lautet: Zur Sicherheit und Ausschluß nur irgend möglicher Fortführung und Andauern von ausgebrochener Aggression wird ohne weitere Fragestellung der Patient fixiert und je nach Laune des verantwortlichen Stationsarztes betäubt.

    Übrigens hat die Vergabe von Benzodiazepam eine ganz besondere Wirkung ausser der dosisabhängigen “Beruhigung” bis Betäubung oder gar komatöse Zustände. Nämlich, dass man sich an die Zeit und dem erregenden Ereignis nur noch schleierhaft erinnern kann. Emotional findet sich nach der Injektion einer entsprechenden Dosis und dem “Ausschlafen” danach keine Erinnerung mehr. Hier ist eine besondere Wirkung vorhanden. Die ist auch nicht unbekannt: temporäre Amnesie – die aber auch auf emotionaler Ebene stattfindet, nicht nur auf kognitiver Ebene.

    Eine quasi positive Nebenerscheinung ist, dass ich scheinbar an Intelligenz und verbale und rhetorische Kunstfertigkeit gewonnen habe, seit ich dem Problem hinterher renne. Das ist quasi die einzigste “kleine Freude” an meiner “Krankheit”.

    und übrigens: Wenn einer durchaus genau beobachtet, was um einen herum passiert, dabei erkennt, dass er vergiftet wurde und aber diesbezüglich völlig ignoriert wird, da kann man schon mal dem Wahn verfallen.
    Die irgendwann diagnostizierte Psychose (die Symptome, die man für eine Psychose halten kann)wurde dadurch ausgelöst , dass man eben durchaus in der Lage ist mit den Medizinern und anderen zu kommunizieren, aber die wiederum diesbezüglich alles ignorieren und weiter machen, wie bisher – nach dem Motto: “ist ja eh psychisch Krank”.

    ich denke, dass dem Mollath das gleiche zugestoßen ist, wie mir… und was die Steuerfahnder angeht, sieht es nachdem gleichen System “psychiatrie löst besondere Querulantenprobleme” aus.

    Übrigens sind die psychiatrischen Abteilungen der krankenhäuser die jeweils größten jeder Klinik. Erwartet man etwa eine kontinuierlich so hohe Auslastung oder gar Zunahme?

    Wer mehr zu meinem Problem (und offensichtlich zu vieler anderen auch) wissen will, mag über den Autor des Artikels anfragen…

  32. #32 andromed
    6. Dezember 2012

    Mit:

    “Neurologisch wirksame Substanzen sind ja nicht wirklich kulturtechnik und in aller Munde.”

    oben im Text meine ich natürlich nicht durchaus bekannte Drogen, welche man eine Kulturtechnik nennen kann.
    Was mir passierte/welches neurologisch wirksame Zeug mir verabreicht wurde, scheint keine temporäre Wirkung zu haben, sondern eine lang andauernde. Oder aber die diversen Medikamente in den kliniken haben mich nicht mehr zu mir finden lassen. Jedenfalls ist bis heute nichts mehr, wie vorher.

    Das EEG und seine Folgen haben wohl auch einen entsprechenden Einfluß gehabt. Wobei die Kopfschmerzen schon vorher auftraten – begleitet von mehreren weiteren äußerst sonderbaren Symptomen, wie Ausfluß aus der Analdrüse (von der ich vorher nicht wusste, dass ich eine habe).

    In meiner langen (aber nicht so langen, wie bei Mollath) Zeit in der Psychiatrie (mit vielen Unterbrechungen) sind mir viele Menschen begegnet. Einige hatten ähnliche Symptomatiken, wie ich – psychisch, wie physisch. Niemand aber wirklich die gleichen. Wie einzigartig meine Problematik nun wirklich ist, kann ich daraus aber nicht schliessen, denn jeder Organismus hat andere Grundbedingungen woraus sich verschiedene Symptome entwickeln (können).
    Eine Patientin aber hat einen deutlichen Wahn entwickelt, der sich zumindest dahingehend mit meinen Symptomen gleicht, weil ich mit ihr bestimmte Erfahrungen verglich, die in den Augenblicken der akuten Erregung bei uns vorlagen. Bei ihr aber ist es sichtbar um einiges schlimmer ausgegangen, als bei mir. Diese Frau hat inzwischen vollends den Überblick verloren und kommt wohl nur noch mit erheblchen Medikamenteneinsatz zurecht. Bei mir war das anders. Mich haben Neuroleptiker Dumm und Unfähig gemacht – erheblich eingeschränkt und Willenlos gemacht. Das konnte ich kaum hinnehmen und setzte das Zeug umgehend ab, sobald es mir möglich war (nach der Entlassung).und war dann auch ohne das Zeug recht Existenzfähig.

    Sonst ist mir aber kaum jemand dort begegnet, der wirklich Sinnvoll in einer geschlossenen Klinik untergebracht war. Die vielen irren Gewalttätigen habe ich dort nicht wieder getroffen, wie man so landläufig hört, dass sie nur dewegen dorthin kommen.
    Latent unterschwellige Agression habe ich jedoch öfter erkennen können. Fragt sich nur, worauf solche begründet sind? Wie gesagt: Man kann schon mal in Zweifel über das Gesundheitssystem geraten und erheblich ablehnend wirken und sein. Bei mir war es definitiv die Reaktion der Mediziner auf meine Aussagen über Beschwerden und Symptome, die mir den Unglauben an die Redlichkeit offenbarten. Und es ist ernsthaft kaum zu erwarten, das man sich dort den ganzen Irrsinn auch demütig gefallen lassen tut. Wer zwangsweise untergebracht ist, geht permanent auf Tuchfühlung mit der Fixierung – zwangsläufig. Es sei denn, man hat die richtige Dosis eines Willenlosmachers verordnet bekommen. Das Resultat daraus aber ist, dass man in ein paar Wochen bis zu 15 % Körpergewicht zunimmt – sprich Fett wird.
    Das wird mit den MEdikamenten erklärt. Ich aber sage, es ist die Gesamtsituation. Unterbringung, begrenzter Bewegungsraum, konzentrierung des Klinikalltages auf die Malzeiten, die kognitive Verringerung auf geringere/wenigere Wahrnehmungsmöglichkeiten und runterregulierung der innerren Spannung/Aktionspotenzials des Patienten (durch Neuroleptiker = Ruhigstellung). Schlichtweg konsequente Degeneration im Laufe des Aufenthaltes.

  33. #33 stimmviech
    6. Dezember 2012
  34. #34 threepoints...
    6. Dezember 2012

    “Aus der Forensik werden wohl nur Lügner entlassen.”

    Heterophänomenologie – weil alle Menschen lügen jeden Tag. Und sie wissen es noch nicht mal (Konfabulation).

  35. #35 Ludger
    6. Dezember 2012

    Zur Problematik des Maßregelvollzugs siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Ma%C3%9Fregelvollzug
    Von dort stammt auch der Link https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__63.html

    [StGB] § 63 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus
    Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist.

    Ich war mal ca. 1974 bei einer Exkursion zu Besuch im Psychiatrischen Landeskrankenhaus Düren in der geschlossenen Abteilung. Die Studenten wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Ich war zu Besuch in einer geschlossenen Wohngemeinschaft; mein Gesprächspartner war Alkoholiker, der es sich nicht gefallen lassen hat, dass seine Frau seine Schnapsflaschen ins Wachbecken entleert hat – etwas uneinsichtig, aber sonst ganz nett. Dann gab es innerhalb des LKH Düren noch eine eigene Abteilung, die durch eine ca 4 Meter hohe Mauer abgeschirmt war. Die Studenten dort bekamen Menschen in komplett einsehbaren Käfigen zu sehen, wie man sie aus amerikanischen Krimis kennt. Dort waren die richtig gefährlichen psychisch kranken Gewalttäter untergebracht ( noch ca. 1974 ! ). Solche Käfige soll es in den LKHs heute nicht mehr geben.

  36. #36 Dr. Webbaer
    6. Dezember 2012

    Ist der Verdacht begründet, dass die hier psychiatrischen Einrichtungen auch als Aufbewahrungsstätten für nicht klar psychisch Kranke dienen, die so wegen von Gerichten angenommener Gefährlichkeit aus dem Verkehr gezogen werden werden, wobei die Medizin eine Diagnose beisteuert?

    MFG
    Dr. Webbaer

  37. #37 Ludger
    6. Dezember 2012

    @ WB

    psychiatrischen Einrichtungen auch als Aufbewahrungsstätten für nicht klar psychisch Kranke dienen[…}

    Das wäre sowas wie Rechtsbeugung. Zum Glück gibt es heute keine Straftatbestände wie “versuchte Republikflucht” oder “staatsfeindliche Hetze” mehr, die beide angesichts der Segnungen der jeweiligen autoritären Staaten nur mit geistiger Verwirrung begründet werden können. Auf der Homepage der Amnesty International kommen beim Suchbegriff “Psychiatrie” ( https://www.amnesty.de/suche?words=Psychiatrie&search.x=17&search.y=6&form_id=ai_search_form_block#resultlist ) keine Treffer, die sich auf Deutschland beziehen.

  38. #38 rolak
    6. Dezember 2012

    Hi Ludger, in gewissen Gegenden gibt es noch viel schönere Krankheiten, ‘politische Monomanie’ zB als Umschreibung für ‘wer nicht an das System glaubt, muß krank sein’.

    Dennoch sind Äußerungen wie die vom stimmviech selbstverständlich völliger Blödsinn, sowohl generell als auch insbesondere hierzulanDe.

  39. #39 Dr. Webbaer
    6. Dezember 2012

    @Ludger
    Wie würden Sie denn die von Ihnen weiter oben rechtlich fundierten Einweisungen in jene Einrichtungen begründen, wenn diese auf einem Zustandsbericht beruhen – und in der Folge eben diese Einrichtungen berichtspflichtig werden; bspw. wenn sich ein freigelassenes Schäflein in der Folge ungünstig gesellschaftlich bemerkbar macht?

    Liegt es nicht “irgendwie” auf der Hand, dass die Verantwortung, auch durch zurzeit milde und gesellschaftlich gewollte milde Strafen für Delinquenten begründet, nun der Psychiatrie zufällt und diese in der Folge Zugzwang gerät?

    Dass so aber auch weitgehend Normale in die Fänge jener Einrichtungen geraten könnten?

    MFG
    Dr. W

  40. #40 threepoints...
    6. Dezember 2012

    Das ist schon wieder so Geil hier…

    Da stellt sich ein Betroffener hin und schreibt von sich und sienen Erfahrungen, aber der kommentarmob ignoriert ihn schaut auf der Amnesty-Seite nach Unregelmässigkeiten nach.

    Glaubt mir, solches Verhalten der Masse ist dre Grund, warum Leute in die Psychiatrie eingewiesen werden, weil sie sich Desintegriert und A-sozial verhalten. Mit betonung auf “Desintegriert”, weil dies Wort so harmlos daher kommt und aber gewaltiges Zeugenis über den Zustand einer Gesellschaft ablegt.

    Wie ihr ihn nicht wahrnimmt, so nimmt ihm auch der Arzt, der Gutachter und der Richter genauso nicht wahr.

    Aber plötzlich habt ihr selbst ein solches Problem – was dann?

    Ah ja, Amnesty… undso. Viel Glück. Ihr wisst doch; Unrecht und
    Ehlend gibt es nur im Drittweltausland – doch nicht bei uns…
    Deswegen werdet ihr dann auch nicht ernst genommen.

    Schon mal einer so ein Gutachten gesehen und gelesen?

  41. #41 Ludger
    7. Dezember 2012

    @WB @Ludger
    Ihre Frage ist etwas kryptisch formuliert. Den 1. Absatz habe ich nicht verstanden. 2.Absatz: ich glaube nicht. 3.Absatz: So wie es Fehlurteile gibt und Fehldiagnosen, so gibt es auch sicher unzutreffende Gutachten. Deshalb auch mein Eingangsstatemant(Regel 4:) Man braucht in der Situation einen guten Rechtsanwalt.
    @ threepoints…

    6. Dezember 2012
    Das ist schon wieder so Geil hier…
    Da stellt sich ein Betroffener hin und schreibt von sich und sienen Erfahrungen, aber der kommentarmob ignoriert ihn schaut auf der Amnesty-Seite nach Unregelmässigkeiten nach.

    Ich kann über das Problem von andromed nichts sagen, weil so etwas aufgrund eines Blogbeitrages nicht geht. Außerdem bin ich kein Fachmann für forensische Psychiatrie oder Psychologie, auch kein Jurist. Ich habe den Blogpost von andromed mit Interesse gelesen, kann ihn aber nicht bewerten, deswegen kommentiere ich ihn auch nicht weiter. Der Verweis auf AI bezog sich auf den Beitrag von WB in dem er fragt, ob nicht die ” psychiatrischen Einrichtungen auch als Aufbewahrungsstätten für nicht klar psychisch Kranke dienen” . Die Frage beantworte ich mit dem Satz: ” Das wäre sowas wie Rechtsbeugung.” . WB fragt nach einem systematischen Missbrauch der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland und ich antworte mit dem Verweis auf AI, dassich daran nicht glaube. Amnesty hatte in der Vergangenheit übrigens keine Probleme damit, bestimmte Verhältnisse in Deutschland anzuprangern, auch nicht der Europäische Grichtshof. Solange es von denen nichts gibt, scheint es mir in keinen systematischen Missbrauch der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland zu geben. Unglückliche Einzelfälle sind nie auszuschließen.

  42. #42 Ponder
    7. Dezember 2012

    @ Webbaer:

    Das Ganze geht auch andersrum:

    Unter jugendlichen und erwachsenen Delinquenten befindet sich ein unverhältnismäßig hoher Anteil mit einer zuvor nicht diagnostizierten uind daher auch nicht behandelten ADHS:

    https://www.adhs-in-krefeld.de/downloads/adhs-und-jugendkriminalitaet-.pdf

  43. #43 threepoints...
    7. Dezember 2012

    @ Ludger 7. Dezember 2012

    Dass du dich mit WB unterhältst, kann man nicht vom Rest der Kommentare trennen. Aber egal.

    99% der Patienten könnten einen Beratungsgutschein bekommen – doch der Rechtsanwalt redet dem Klienten/Patienten alle sogenannten “Flausen” aus, da keine Hoffnung auf Erfolg besteht, wenn nicht eindeutige Verfahrensfehler aus der Sachlage hervorgehen. Inhaltliche Aussagen gerichtlich anzufechten lohnt sich für einen Anwalt, der über staatlicher Kostenübernahme bezahlt wird nicht, sodass ein Motivationsproblem besteht.

    99% der Patienten können sich auch nicht angemessen oder ausreichend artikulieren, dass man ihnen zuhören würde. Da ist es also toll, wenn man wortkarge Individuen einfach mal per Gerichtsurteil ruhig stellen kann.

    Das relevanteste aber ist, dass Gutachter gar nicht objektiv beurteilen (können). Sobald das Gericht einen Gutachter beauftragt, erhält dieser alle dem Gericht verfügbaren Unterlagen und Informationen über die Vergangenheit des Patienten. Und dann gilt: entweder einmal diagnostiziert, immer krank (weil die Vorgeschichte primend wirkt), oder wilde Gerüchte ohne Bezeugungen bilden die Einschätzungsgrundlage (wie etwa bei Mollath).

    Warum ich nach der Kenntnis über Gutachten fragte?

    Weil dort nicht drinnen steht, wie der Gutachtende auf seine Diagnose kommt, sondern nur die Diagnose und Vorgeschichte allein.

    @ Ponder 7. Dezember 2012

    -> Das mit der labilen Vorbelastung ist von Relevanz und bezeichnend. Autistische Symptome, chronische neurosen/Psychosen und andere unterschwellig glimmende psychische Unregelmässigkeiten finden sich bei (mutmaßlich) allen Menschen. Deswegen muß man aufpassen, dass man nicht alles unbequeme in der Welt pathologisiert.

    Das ADHS-Syndrom ist eine besondere pathologisierung – die mit der antiautoritären Erziehungstendenz zu tun hat. Grob gesagt erfordert Gewalt Gegengewalt. Die aber ist nicht mehr erlaubt. Und bei Eltern, die ihrem Kind nichts bieten können (alternative externe Reize) (egal, ob prekär oder reich), wird ADHS diagnostiziert, weil das Kind ständig Lehrlauf in den externen Reizen hat und sich also folglich auffällig verhält. Anstatt die Umgangsstrategie mit dem Kind zu ändern, wird dann Methylphenidat eingesetzt – was man´auch als ein Verbrechen bezeichnen kann.

  44. #44 threepoints...
    7. Dezember 2012

    @ Ponder 7. Dezember 2012

    Was psychische Vorbelastungen und generel sogenannte psychische Krankheiten angeht, deutet grundsätzlich auf einen Mangel an emotionaler Bindung an das engste Umfeld des Betroffenen hin.
    Viele “psychisch kranke” sind sowieso vereinsamt und ausgegrenzt/grenzen sich selbst ab. Da ist das Kind schon längst in den Brunnen gefallen. Bei Kindern in Familien geht man davon aus, dass diese emotionale Bindung besteht. Überprüfen und bewerten tut das keiner – lässt sich daran doch wohl eh nichts verändern (?).

    Das mutmaßlich alle Menschen psychisch krank sind, ist kein verballhornender Scherz, sondern logische Schlußfolgerungen aus der Liste der möglichen Störungen (ICD 10). Die ist so umfassend, dass jeder eine abbekommen kann. Damit entsteht der Eindruck, dass nicht dem “Betroffenen” geholfen werden soll, sondern der Gesellschaft, so soziale Unregelmässigkeiten an die Oberfläche gespühlt werden.

    Diagnostizierte Kranke werden in ethisch/moralischer Hinsicht therapiert, während die Strafgesetzgebung eindeutige Gesetzesverstöße verurteilt. Vor einem Strafgericht gibt es also unzweifelhafte Gegenstände, während psychiatrische Dimensionen ungleich mehr von jeweiligen Umgebungen und dessen Symphatien und Beziehungen zum Objekt und Person abhängig sind. Vor einem Strafgericht wird mehr auf die Anamnese des Angeklagten eingegangen, als bei einem im Visir der Psychiatrie. Das klingt absurd, ist aber genau deswegen überhaupt möglich und Tagesordnung.

    Irgenwo las ich mal diesen treffenden Spruch:

    “In der Psychologie landest du, wenn du selbst mit dir ein Problem hast – in der Psychiatrie landest du, wenn andere mit dir ein Problem haben.”

    Und zur Rechtfertigung wird dem Betroffenen noch ein Leidensdruck eingeredet. Ein bekundeter Leidensdruck nämlich ist das halbe Einverständnis zur medikamentösen Therapie. Und so lange kein gerichtliches Gutachten besteht, ist dieses Einverständnis natürlich notwendig.
    In den Gutachten heisst es dann zur Abwechslung aber, dass der Betroffene aufgrund der Krankheit seine Behandlungsbedürftigkeit nicht erkennen kann.

    Klassisches Totschlagargument.

  45. #45 threepoints...
    7. Dezember 2012

    @ Dr. Webbaer

    6. Dezember 2012

    Zitat:
    “…bspw. wenn sich ein freigelassenes Schäflein in der Folge ungünstig gesellschaftlich bemerkbar macht?”

    -> Glauben sie mir: Entgegengebrachtes Misstrauen (Ablehnung) hat mehr Einfluß auf die Zukunft, als jede Medikation oder andere Therapie (oder gar Sicherheitsverwahrung).

    Wer wollte zielsicher Zukunft vorraussehen? Ist schon mal eine Einrichtung verurteilt worden, weil sie einen Patienten entlassen hat, der später auffällig wurde?

    Die alte Frage/Sehnsucht (neu in Mode) nach absoluter Sicherheit. Um welchen Preis aber kann man sie herstellen?
    Eben, offiziel wäre der Preis zu hoch. Weswegen quasi inoffiziel alle Möglichkeiten vollends ausgenutzt werden, deren Kapazitäten nicht eingeschränkt sind. Beim Thema Psychiatrie nämlich gibt es eine Scham- und Willensgrenze, die verhindert, dass rechtliche Fragen vollständig und für das Individuum gerecht vorformuliert werden, sodass ein Gegenstand erkennbar ist. Das diesjährige Urteil des BGH zeigt aber auf, wie grenzwertig man hier aufgestellt ist (Zwangsmedikation).

  46. #46 Ponder
    7. Dezember 2012

    @ threepoints:

    @ Ponder 7. Dezember 2012

    Was psychische Vorbelastungen und generel sogenannte psychische Krankheiten angeht, deutet grundsätzlich auf einen Mangel an emotionaler Bindung an das engste Umfeld des Betroffenen hin.

    Schönen Dank auch dafür. Ich oute mich jetzt mal als spät diagnostizierter ADHSler.

  47. #47 Noddy
    7. Dezember 2012

    @threepoints…

    Sind das so Bauchgefühle, die du hier als Fakten präsentierst?

  48. #48 Ponder
    7. Dezember 2012

    @ Andreas:
    Die Beantworung deiner Bitte ist untergegangen:

    Andreas
    5. Dezember 2012
    @Ponder
    Kannst Du was über Deine Erfahrungen Erzählen? Würd mich interessiern!

    Die Anfrage bezog sich vermutlich auf

    Was die KVPM betrifft, weiß ich, dass sie sich auf alles stürzen, was ihnen geeignet erscheint, selbst mediale Aufmerksamkeit zu erhalten. Sie gerieren sich gern als Opferanwälte und missbrauchen – nach meiner Einschätzung – kranke Menschen für ihr ideologisch motiviertes Anliegen.

    Dazu habe ich hier mal recherchiert und gepostet:

    https://scienceblogs.de/kritisch-gedacht/2012/02/23/aids-leugner-sfu/

    Ponder
    23. Februar 2012

    Vermutlich lohnt es, die gesamte Veranstaltung kritisch unter die Lupe zu nehmen.
    Dieser Programmpunkt zum Beispiel :

    15:20h-15:40h Birgit Karner: Psychiatrie als Täter bei sexuellem Missbrauch?
    Präsidentin Bürgerkommission für Menschenrechte
    >> https://www.cchr.at

    lässt das Schlimmste befürchten 🙁

    Die CCHR ist nämlich eine Scientology-Tochterorganisation.

    Auf der Suche nach weiteren Tätigkeiten der verantwortlichen Dame fand ich ihren Namen auf mehreren Webseiten einer “Selbsthilfe-Organisation”, welche Rechtsbeistand für Menschen anbietet, die mit den Ergebnissen ihrer plastisch-chirurgischen Eingriffe unzufrieden sind…

    Das Angebot juristischer Hilfestellung scheint ein allseits beliebtes Lockmittel zu sein.

  49. #49 Noddy
    7. Dezember 2012

    Zitat 3points
    “In der Psychologie landest du, wenn du selbst mit dir ein Problem hast – in der Psychiatrie landest du, wenn andere mit dir ein Problem haben.”

    Ich vermute, deinem Erfahrungsschatz fehlt ein Einblick in eine Psychiatrie.

  50. #50 threepoints...
    7. Dezember 2012

    @ Noddy

    2x 7. Dezember 2012

    -> Gegenfrage: Sind das unterschwellige oder gar dominant vordergründige Abneigungen gegen meine Aussagen? Woher kämen die – vielleicht, weil er/sie Angst vor solchen Situationen hat (egal, aus welcher Position heraus er/sie diese miterleben muß)?

    Bevor du mir also meine Kompetenz absprichst und bald sogar noch eine Störung attestierst, erfordert es schon noch mal eine Auseinandersetzung mit meinem Inhalt. Irgenwelche fachkundige Kritik? Nein? Dann Schwachkopf…
    Etwa doch noch? Dann gern vernehme und gehe ich auf sie ein.

  51. #51 threepoints...
    7. Dezember 2012

    @ Ponder

    7. Dezember 2012 @ threepoints:
    Zitat:
    “Schönen Dank auch dafür. Ich oute mich jetzt mal als spät diagnostizierter ADHSler.”

    -> Das war aber unnötig. Weil … psychische Störungen sind für sind für jeden (eine) vorhanden.

    Trotzdem meine Anteilnahme hast du.

  52. #52 threepoints...
    7. Dezember 2012

    @ Ponder

    7. Dezember 2012 @ threepoints:

    Aber…was die emotionale Bindung angeht … ist die problematik angekommen? Ist sie einigermaßen bewusst?

    Emotionen undn Gefühle entscheiden nämlich darüber, wie wir jeweils in und auf eine Situation reagieren. Und wenn es hier Unregelmässigkeiten in einer Gruppe gibt, entstehen beim schwächsten (Mit)Glied Probleme in der Wahrnehmung und unüberwindliche Differenzen zwischen realer Umgebung und Situation und den dabei empfundenen Gefühlen und Emotionen.
    Normalerweise synchronisiert sich eine eng beieinander lebende Gruppe. Einschränkend kommt die ZWangssituation für das Kind hinzu – Erziehungs- und Aufsichtspflicht. Aber auch dann ist ein Maximum einer Synchronisation zu erwarten.

    Diese Synchronisation unterbindent wirken emotionale Bindungen zu weiter aussenstehenden Menschen und sogar auch möglich zu fremden (uch völlig unbekannten).Das geht aber nicht einfach so von allein, sondern muß neurologisch manipuliert werden.

    Ein Vorteil solcher möglichen Strategien liegt darin, dass sich Loyalität zwischen Eltern und Kind nicht so bildet, wie man es für bestimmte Bedingungen erwartet. Das würde nämlich bedeuten, dass Loyalität anderswo (zwangsläufig gefunden wird, denn vollends einsam und haltlos kann ein Kind nicht aufwachsen und zu einer Persönlichkeit herranwachsen. Es würde in seiner Entwicklung partiel zurückbleiben/sich minderentwickeln. Speziel die Fähigkeit, sich von anderen zu unterscheiden. Also eine der Grundlagen unserer Kultur und Zivilisation würde sich nur verzögert und unvollständig entwickeln. Ein banales und unscheinbares Detail, dass aber (wie vieles in einer Entwicklung eines Menschen) eine wichtige Funktion zu erfüllen hat.

    Und emotionale Bindungen haben eine ganz besondere Funktion dabei.
    Wir erinnern uns: In der Pupertät soll sich das Kind von dieser Bindung (etwas) befreien. Was, wenn aber bis dahin keine stabile Bindung bestand?
    Dann verändert sich auch nichts für den Jugendlichen. Aber die sich zwingend aufdringende veränderung ist entwicklungtheoretisch (und strukturbedingt auch praktisch) absolut notwendig. Nicht zu wissen, was solche Bindungen sind, erschwehrt das Finden neuer Bindungen oder macht es unmöglich. Psychische Störungen sind zwingend zu erwarten.

  53. #53 Ponder
    7. Dezember 2012

    @ threepoints:

    Trotzdem meine Anteilnahme hast du.

    Vielen Dank.
    Worauf genau bezieht sich denn deine Anteilnahme?

  54. #54 Ponder
    7. Dezember 2012

    @ threepoints:

    Also, verstehe ich dich richtig?
    Deiner Meinung nach leide ich an einer Bindungsstörung?

  55. #55 Andreas
    7. Dezember 2012

    @Ponder

    Danke. Persönlich sind mir sechs Frauen bekannt, die unfreiwillig in einer stationären Psychiatrie gelandet sind. Zwei davon wurden während des Aufenthalts von Ärzten sexuell genötigt, eine weitere tatsächlich missbraucht. Darüber hinaus sind mir auch zwei Fälle von längerfristigen Fixierungen bekannt, in einem Fall wurde von der Patientin nachträglich eine Freiwilligkeitserklärung erzwungen. Wie auch immer die Verstrickungen der CCHR/KVPM also aussehn, die Themen sind jedenfalls nicht konstruiert oder aus der Luft gegriffen. Wobei ich zum tatsächlichen Außmaß natürlich nichts sagen kann.

  56. #56 rolak
    7. Dezember 2012

    doppelt-gemoppelt: Beim Durchs-www-Stolpern stolperte ich nochmals und befand mich in einer Seitengasse, die erstaunlich thread-nahe die juristisch-ethischen Aspekte beleuchtet.

  57. #57 Donny
    7. Dezember 2012

    @3…

    Du hast mich wohl falsch verstanden. Ich will überhaupt nichts attestieren. Ich finde nur, du tönst ganz schön und deine Ansichten zur Psychiatrie und ADHS gleich mit dazu sind mir ein bisschen zu tendenziös. Daher mein Verdacht, deine Erfahrung mit Psychiatrie sind eher theoretischer Natur… wie auch immer. Danke auch für den Schwachkopf.

  58. #58 Noddy
    7. Dezember 2012

    Noddy, nicht Donny natürlich…

  59. #59 Andreas
    8. Dezember 2012

    @Ponder

    Ach so, nein, es ging nicht um die von Dir zitierte Stelle, sondern um:

    Ponder
    5. Dezember 2012

    @ Andreas:
    […]
    Natürlich sind KVPM und Antispsychiatrie nicht identisch – es gibt aber meiner Erfahrung nach eine große Schnittmenge, und die Strategie der Scientologen (KVPM) besteht darin, sich an alles zu heften, was ihnen hilft, ihre Ziele zu erreichen.
    Dies sind insbesondere auch Opferschutzverbände.

    Hier sprichst Du von Erfahrung, die hätte mich interessiert. Je nach dem wie Umfangreich die ist, würde mich dann auch Deine Einschätzung evtl. mehr interessieren. 😉

  60. #60 Ponder
    8. Dezember 2012

    @ Andreas:
    Auf die Phänomene Antipsychiatrie und KVPM bin ich im Rahmen meiner Recherchen zur irreführenden Mediendarstellung von ADHS und der medikamentösenTherapie mit Methylphenidat gestoßen.
    Insofern würden meine Erfahrungen, nach denen du fragst, den Faden hier sehr OT führen.
    “Schnittmengen” kann man aber schon leidlich daran erkennen, dass identische Themen und Kampfbegriffe verwendet werden, z.B. “Biologisierung /Medikalisierung gesellschaftlicher Probleme”.

    Klingt fortschrittlich, hilft den Betroffenen aber nicht, wenn es als Argument dafür benutzt wird, notwendige und gut wirksame Medikamente zu verteufeln und sich – ganz nebenbei – dem wissenschaftlich fundierten State of the Art zu verschließen.

  61. #61 Ponder
    8. Dezember 2012

    @ threepoints:

    Ich warte immer noch auf deine Antwort:
    Warum genau verdiene ich deine Anteilnahme?
    Wie war das mit ADHS und Bindungsstörung?

    Und, weil ich grad dabei bin:
    Wie darf ich insbesondere diese deine Bemerkung verstehen:

    threepoints, 7.Dezember:
    …Das ADHS-Syndrom ist eine besondere pathologisierung – die mit der antiautoritären Erziehungstendenz zu tun hat. Grob gesagt erfordert Gewalt Gegengewalt. Die aber ist nicht mehr erlaubt….

  62. #62 threepoints...
    8. Dezember 2012

    @ Donny vs. Noddy

    7. Dezember 2012

    -> Ein Verdacht muß sich ja auch irgendwie begründen lassen. Wenn nicht, wäre das ein Anlass, mal über den Beweggrund deines Verdachtes zu sinnieren. Gefühle haben wir alle (mehr oder weniger). Uns kann schon mal auch die Wahrheit unangenehm sein. Das ist sogar der Normalfall. Aber das Gefühl ist eben nur eine unerklärte Tendenz – eine, wie du sie mir und meinen Aussagen vorwirfst. Um herrauszufinden, ob meine Aussagen Gefühlstendenziös sind, bedarf es schon noch ein paar Fragestellungen. Solange steht der Schwachkopf im Raum.

    sicher ist ein Kommentar kaum dazu geeignet, “es” zu erklären. Aber ich stelle mich trotzdem hin und sage aus. Widerspruch möge mit Argumenten angedeutet werden, nicht mit Unterstellungen. Der Eindruck der Tendenziösität kommt mal auch daher, dass ich natürlich einseitig aussage und kein gutes Haar am Gegenstand lasse (obwohl es das auch gibt). Aber ich will die Psychiatrie und die damit verbundenen gesellschaftlchen Abläufe nicht loben, sondern kritisieren, wo es mir notwendig erscheint.

  63. #63 threepoints...
    8. Dezember 2012

    @ Ponder

    8. Dezember 2012 @ threepoints:

    >> Warum genau verdiene ich deine Anteilnahme? < Weil das so üblich ist – emphatisch versteht sich. Ich nehme auch an, dass du durchaus das ganze nicht unbedingt begrüsst und genossen hast. Das Glück im Unglück besteht aber darin, davon nichts gewusst zu haben. Zufriedenheit in der Gegenwart ist auch und gerade Kontextabhängig. Und ist der Kontext “ich bin krank”, dann schmälert es. Im Rückblick sieht die Sache etwas anders aus. Darüber zu urteilen, lasse ich lieber – zumindest, was deine problematik betrifft.

    >> Wie war das mit ADHS und Bindungsstörung? < Bindungsstörungen sind ja keine unbekannte Größe. Wer sich mit Emotion, Gefühl und deren neuronalen Bedingungen und Folgen auseinandersetzt, stößt auf höchst unerwartetes. Die Zusammenhänge aber sprengen erst das zumutbare.
    Es ist in der Folge nicht ausschlesslich auf ADHS beschränkt, wenn Bindungsstörungen vorliegen. Es liegen für 100 psychische Störungen in der ICD 10 nicht 100 Ursachen vor, sondern mutmaßlich weniger, sodass die individuelle Lebensbiografie hier den differenzierenden Einfluß darstellt. Gleiche Primärbedingungen (als Belastung) werden unterschiedliche Störungen hervorrufen.
    vergleichsweise auffällig sind die möglichen Differenzialdiagnosen der verschiedenen Störungen, die sich kreuz und queer durch die ICD 10 vernetzen, sodass eine (kleinste Anzahl) gleiche Grundbedingung zwangsläufig angenommen werden muß, die durch individuelle Lebenbiografien und deren Einflüsse zu anderen Symptomen/Diagnosen führt.
    Eine weitere mutmaßliche Folge von Bindungsstörungen ist (u.a.) Autismus.
    Und die Aussage: “Aber es sei doch auch genetisch…” ist bis auf Weiteres noch totaler Nonnsens. Korellationen sind keine Beweise, sondern nur Indizien.

    Bezüglich: ADHS-Syndrom, pathologisierung, (anti-)autoritäre Erziehung, Gewalt, Gegengewalt…

    Mir ist gerade noch unklar, was hier unklar sein könnte. Vielleicht stellst du eine Frage, die man auch etwas direkter beantworten kann?
    Liess und interpretiere diese Aussage, wie sie geschrieben ist.

    Der Vorwurf der Pathologisierung entsteht daher, weil entwicklungsbedingt bestimmte Folgen zwangsläufig zu entstehen scheinen. Diese nachträglich zu pathologisieren, ist im Kern eine Anmaßung an eine trotz allem überstandene und bewältigte Lebensleistung. Die Idee, nun von Krankheit zu sprechen, ist wie ein Dolchstoß in den Rücken. Aber die kultur und Zivilisation scheint keine andere Möglichkeit zu sehen, mit extremer Individualität umzugehen.
    Die ganze Welt (scheinbar) propagiert Prävention, aber versagt dann wohl doch ständig. Es ist das “werden lassen” und das Ergebnis doch zu sanktionieren. Leidensdruck mag vielleicht vorhanden sein. Das vorwerfen von Mangel und Einreden von Leidensdruck ist aber mehr die Tagesordnung.

  64. #64 Noddy
    8. Dezember 2012

    Ein Bsp.: “Und die Aussage: “Aber es sei doch auch genetisch…” ist bis auf Weiteres noch totaler Nonnsens. Korellationen sind keine Beweise, sondern nur Indizien.” (3…)

    Das ist einfach nicht state-of-the-art. Deine Herleitung – weil dich vielleicht das ICD10 beeindruckt – klingt ja nicht unplausibel, würde ich aber nicht so stehen lassen wollen. Man mag darüber streiten, und es ist klar, dass viele Diagnosen schwierig sind und die Ursachen nicht immer klar sind. Dafür gibt es einen Konsens:

    “Die aktuell gebräuchlichste Arbeitshypothese ist das Vulnerabilitäts-Stress-Modell, das bei vorhandener (genetischer oder vorgeburtlich entstandener) Disposition aktuellen Stress als Auslöser annimmt.” https://de.wikipedia.org/wiki/Psychose

    In deiner Vorlesung hier stellst du Zusammenhänge her, für die es keine wiss. Belege gibt und blendest vorhandenes Wissen einfach aus. Bsp. ADHS… da legst du dich mit Ponder genau mit dem richtigen an.

    Ansonsten fehlt mir die Energie, mich mit deinen Textwänden dezidiert auseinanderzusetzen, sorry. Dann muss ich wohl der Schwachkopf bleiben…

  65. #65 Ponder
    8. Dezember 2012

    @ threepoints:

    Dir ist aber klar, dass wir uns hier in einer Diskussion auf einem Science Blog befinden? – Damit will ich sagen: auf welche wissenschaftliche Grundlage stützt du deine Mutmaßungen, präziser: deine allgemein gehaltenen, äußerst vagen Spekulationen?

    Zu dem Punkt:

    threepoints, 7.Dezember:

    …Das ADHS-Syndrom ist eine besondere pathologisierung – die mit der antiautoritären Erziehungstendenz zu tun hat. Grob gesagt erfordert Gewalt Gegengewalt. Die aber ist nicht mehr erlaubt….

    Verstehe ich dich richtig, dass du mit dieser Formulierung aussagen willst, dass ADHS auf einen antiautoritären Erziehungsstil zurückzuführen sei? – Dass weiterhin “Gewalt” ein Merkmal von ADHS sei und dass dieser “Gewalt” mit einem entsprechend gewaltsamen Erziehungsstil (“Gegengewalt”) begegnet werden müsse, was leider heutzutage nicht mehr erlaubt ist?

    Und wenn das alles sich tatsächlich so verhielte (was eine hanebüchene Unterstellung ist !):
    was hätte ein autoritärer, gewaltsamer Erziehungsstil für Folgen auf eine stabile Bindungsbeziehung?

    Meiner Meinung nach faselst du Halb- und Unverstandenes vor dich hin und bleibst bei konkreter Nachfrage die Antwort schuldig. Du betreibst Küchenpsychologie a la “Fragen Sie Frau Brigitte”

    Übrigens: jeder Mediziner bzw Psychologe (und nur diese Berufsgruppen sind berechtigt, eine Diagnose zu stellen) weiß, dass man “Pubertät” schreibt und nicht “Pupertät”:

    threepoints…, 7.Dezember:
    …Und emotionale Bindungen haben eine ganz besondere Funktion dabei.
    Wir erinnern uns: In der Pupertät soll sich das Kind von dieser Bindung (etwas) befreien. Was, wenn aber bis dahin keine stabile Bindung bestand?…

  66. #66 threepoints...
    8. Dezember 2012

    Gewalt erzeugt die nötigen emotionalen Erregungen zur Fixierung und Synchronisation. Bindung kann also mit GEwalt hergestellt werden – vermutlich jedoch nur temporär.

    Nicht verkennen, dass Gewalt auch ohne physische Anwendung vorhanden ist oder angewendet werden kann. Anschreien ist ebenso Gewalt. Ignoranz und Abbruch von Kommunikation auch. verboten sei hingegen derzeit nur die körperliche Züchtigung etwa durch Schläge.

    ADHS sei eine mögliche Folge von unterlassener Verfügbarmachung externer Reize. Physische Gewalt ist ein externer Reiz. Andere Gewalt, so sie den Empfänger (emotional) erreicht auch. Externe Reize focussieren/determinieren Wahrnehmung und Bewusstsein, je aufdringlicher/übergriffiger der Reiz ist. In diesem Sinne sei ADHS-Symptomatik eine Art Gewalt für Außenstehende, der (irgend)etwas enntgegen gebracht werden muß – Externe Reize nämlich, die Wahrnehmung focussieren und binden. (physische) Gewalt war ein (unleugbar) effektives Mittel – freilich mit gewissen Folgeerscheinungen für die Bildung und Entwicklung des Empfängers.
    Ich bedauere nicht das Verbot von physischer Gewaltanwendung, sondern erkläre eine mögliche Folgeerscheinung aus dem Verbot (nämlich die fehlende Kulturtechnik, um diese Strategie erfüllend zu ersetzen).

    Geil, … ein Rechtschreibfehler… zum Glück hat er ihn gefunden. Relativierend hat er damit das Zeichen gegeben, dass der Begriff verstanden wurde.
    Ebenso nämlich, wie mich “State-of-the-art” angeht und tangiert (wenn es nicht der Realität nahe kommt, sondern Realität schafft), tangiert mich auch nicht irgendeine (vorgeschriebene) Rechtschreibung (vor allem anderen – also als erstrangige Priorität).

    Übrigens:
    Ich darf jeder Zeit meine Diagnose in den Äther scheixxen. Welches Gesetz verbietet es mir?
    Es ist nicht die Berechtigung dazu, sondern die Anerkennung derer, worin offizielle Relevanz gelegt wird. Man hat sich nämlich “quasi-demokratisch” darauf geeinigt, dass es “Fachärzte” sein müssen. Das verbietet mir jedoch nicht das Denken und die resultierende Kritik darüber. Und die ist überfällig.

    Ich bleibe dir nicht die Antwort schuldig. Ob du sie erkennst, liegt leider nur sehr bedingt in meinen Möglichkeiten durch das Kommentarfenster. Vielem vorran jedoch behindert das Priming auf der Universität ein Verständnis meiner Aussagen. Meine wissenschaftliche Grundlage ist die von mir höchstselbst getätigte lebenslange Beobachtung. Eine bessere findet sich nicht. Vor allem im Gegensatz zum Glauben an die “Brigitte” etwa oder auch nur an die Disziplin.

    Oben war der Hinweis, dass ich mich gerade mit “Ponder” anlegte. sei er denn zu meinem Glücke ein Facharzt?
    Dann möchte ich mich dafür entschuldigen, dass ich zuweilen seine Lebensleistung untergrabe. Aber es ist unvermeidlich. Und der gescheite Fachspezialist wird es verstehen daraus anreichernde Erkenntnis im Sinne des Betroffenen zu erlangen. Andernsfalls muß man ihm das “Denken können” absprechen.

  67. #67 Noddy
    8. Dezember 2012

    “Ebenso nämlich, wie mich “State-of-the-art” angeht und tangiert (wenn es nicht der Realität nahe kommt, sondern Realität schafft)” – Deswegen bastelst du dir eine, die du dann als wasserdicht verkaufen kannst?

    “Ich darf jeder Zeit meine Diagnose in den Äther scheixxen.” – Ja, genau.

  68. #68 Ponder
    8. Dezember 2012

    @ threepoints…:

    Vielen Dank für die überaus stringenten und erhellenden Darlegungen!

    Mir wurde wieder einmal deutlich vor Augen geführt, wie untrennbar Wunschvorstellung (Ich-Ideal) und Wahn sich mischen können. Das war sehr wertvoll.

  69. #69 threepoints...
    8. Dezember 2012

    @ Noddy

    Wir können die Stichellei weiterführen, stillschweigen oder argumentieren.

    Meine beobachtung ist Wasserdicht. Und die Interpretation daraus auch, solange kein Wasser in die Nähe kommt. Und Wasser (also Argumente) ist von euch noch nicht geflossen.

    …”nur ein Facharzt darf das” ist kein Argument.
    …”allgemein gehaltenen, äußerst vagen Spekulationen” auch nicht.

    Und ich blende vorhandenes Wissen nicht aus… halte es aber grundsätzlich nur dann für Einflußreich, wenn es Realität nicht erschafft, sonder der nahe kommt. Das ist ein defiziler Unterschied.
    Auch schaue ich mir die Problematik nicht aus sozialpolitischer Perspektive an, die erklärt, dass scheinbar unkontrollierbare Individuen selbstredent ruhiggestellt werden müssen – weil Sicherheit aller vorrang hätte.
    Ich orientiere mich auch nicht am bestehenden System, sondern daran, wie es angewendet wird und was es für das Individuum bedeutet.
    Zugegeben … ein wenig tendenziel. Das macht aber keinen Unterschied im Inhalt.

    Übrigens der von dir erwähnte “aktuelle Stress” bei (irgend gelagerter) Vorbelastung als Auslöser ist selbstredent Realität. Aber ich würde es nicht Auslöser nennen – ich störe mich daran, weil “Stress” für jeden an der Tagesordnung sein kann (so er als solcher empfunden wird) und weil viele vorbelastet sind und aber keine Problematik focussierend wahrnehmen. Kausal gedeutet: alle sind Krank, nur bei einigen brechen Symptome zu deutlich hervor.
    Zudem ist Stress eine Empfindung, kein eindeutiges Reiz-Reaktionssystem, welches man vermessen und bewerten kann. Fehlinterpretationen sind fast zwingend Tagesordnung.

    @ Ponder

    “Dir ist aber klar, dass wir uns hier in einer Diskussion auf einem Science Blog befinden?”

    -> Ohohooooho, … Scienceblogs. Die Herren haben Höhenluft im Kortex und im lymbischen System.

    Der Wissenschaftsburgfried wird euch zukünftig nix mehr nutzen.

  70. #70 Ralph
    Eppstein
    8. Dezember 2012

    @ponder
    Wie genau ist ADHs definiert bzw versgtanden?

    @threepoints
    wenn ich dich richtig verstehe würden die Erfolge von Erziehungscamps (bei ansonsten hoffnungslosen Fällen) zu deiner These passen?

  71. #71 threepoints...
    9. Dezember 2012

    @ Ralph

    Eppstein
    8. Dezember 2012

    -> Möglicherweise. Grundsätzlich ist alle Beschäftigung mit pädagogisch bestem Gewissen mit und um das Zielobjekt sinnvoll.
    Erfolgsgarantien gibt es eher nicht.

    “hoffnungslose Fälle” … man neigt ja dazu irgendwie systematisch solcherart zu selektieren. Das ist unbedingt problematisch zu betrachten. Auch, wenn man an beispielhaften Extremen scheinbar erklären kann, wo hier der Vorteil stecke. Die Perspektive der Organisation ist aber nicht die Perspektive des Betroffenen. Gäbe man ein Recht auf soziale/gesellschaftliche Teilhabe und nähme man es ernst, dann sei Selektion ein Rechtsbruch/beugung.

    Den “hoffnungslosen Fall” darf es ideologisch nicht geben. Auch darf man die “Hoffnungen” nicht zu sehr ans Individuum anpassen und doch bedarf es individuelle Orientierung.

  72. #72 Noddy
    9. Dezember 2012

    @3…
    “Zudem ist Stress eine Empfindung, kein eindeutiges Reiz-Reaktionssystem, welches man vermessen und bewerten kann. Fehlinterpretationen sind fast zwingend Tagesordnung.”

    Du redest nur Unsinn. Vielleicht solltest du dich mal mit den basics beschäftigen, dann ist vielleicht auch mal eine tiefere Betrachtung für dich möglich.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Stress

  73. #73 threepoints...
    9. Dezember 2012

    @ Noddy

    “Du redest nur Unsinn. Vielleicht solltest du dich mal mit den basics beschäftigen, dann ist vielleicht auch mal eine tiefere Betrachtung für dich möglich.”

    -> Diese Aussage gehörte an dich gerichtet. Die “tiefere Betrachtung” hast wahrscheinlich gerade du nötig. Ich und meine These sind immer noch nicht nass gemacht worden. Vorwerfen von Unsinn ist kein Argument über welches abgewägt und verhandelt werden kann. Es ist Feststellung nach Schnauze. Lösst denn meine Aussage irgend Stress aus, dass der so reagieren tut?

    Dass hier Relevanz und Ignoranz seit jahrzehnten nebenherexistierten, beweist zum Beispiel dieser Artikel:

    https://www.sciencedaily.com/releases/2012/11/121129143537.htm

    Frei übersetzt:
    “Autismus Ausprägung dürfte aus Angst entstammen können.”

    Angst ist Stress pur. Schaut man sich Autisten aber einfach nur an der Oberfläche an, käme man nur schwer auf eine permanente Angsterregung, welche sich erfahrungsgemäß in einer Gegenüberstellung mit Menschen noch einmal verstärkt.

    Das ist selbstredent einer wünschenswerten emotionalen Bindungsfähigkeit im Weg und behindert erheblich die Kommunikation und Interaktion mit anderen Menschen.

    Freilich ist damit die Frage nicht geklärt, was zuerst war; Angst oder (autistische) Entwicklungsstörung. Aber ich tippe auf die mental “eindämmende” Erregung, die Entwicklung be-/verhindert.
    Erregungsfähigkeit nämlich ist schon vor der höheren (kognitiven / neuronalen) Entwicklung vorhanden und somit primär einflußreich.

  74. #74 Dagda
    9. Dezember 2012

    @ Threepoints
    Sie haben keine Ahnung wovon sie reden.

    Aus dem Abstract Reversal learning in the ASD group was significantly negatively correlated with everyday symptoms of behavioral inflexibility but not with everyday anxiety.

    Das geht um eine Korrelation. Korrelationen und Kausation da gab es doch was?
    Exakt die sind nicht identisch.

  75. #75 threepoints...
    9. Dezember 2012

    @ der Mob

    Wer zuerst sich selbst reflektiert, hat verloren.

  76. #76 threepoints...
    9. Dezember 2012

    Oh schit… ich bin nicht bei der Sache. Ein Fake… ein Zombie kann nicht Reflektieren.
    Es spiegelt nur reaktiv das Gegenüber.

  77. #77 Shorty
    9. Dezember 2012

    Noch ‘ne andere Sache: Angenommen Mollath ist tatsächlich krank, müsste man ihn nicht trotzdem endlich entlassen? Sieben Jahre im Krankenhaus und angeblich immer noch krank. Die Psychiater können offensichtlich nichts für den Mann tun. Die “Behandlung” ist fehl geschlagen. Soweit ich weis, wird man entlassen, wenn Ärzte aus irgendeinem Grund nicht helfen können.

  78. #78 Dagda
    10. Dezember 2012

    Da sich Herr Mollath nicht nur zur Therapie in einem Krankenhaus befindet sondern im Maßregelvollzug und die anforderungen an eine Entlassung relativ hoch sind, ist dass nicht so ungewöhnlich.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Ma%C3%9Fregelvollzug

  79. #79 demolog
    10. Dezember 2012

    Meine Vermutung hinsichtlich vorgesehener Entlassungen aus psychiatrischen Behandlungssituationen:

    Man wird entlassen, wenn man therapeutisch emotional (hinsichtl. Neuronalintensität) passiv eingestellt ist. Darauf zielen nahezu alle Neuroleptiker ab.

    Wie das mit dem Mollath zusammengeht, ist unklar. Sieben Jahre ist eine heute unnötig lange Zeit, um dieses Ziel zu erreichen. Allerdings auch nicht unmöglich, dass sich dies so lange hinziehen könnte.

    Faktisch ist hier folgendes Relevant:
    Eine bestehende Kontaminierung mit einer elektrosensitiven Subtstanz und seine Anreicherung zwischen dem Gehirn und des Schädels. Das EEG wird dann im Zweifel den Zugang in den Gehirnbereich brennen, der neuronal am intensivsten Aktivität zeigt und die Substanz verringert oder unterbindet dann diese Neuroaktivität.
    Sollte aber das Zielobjekt keinen Gebrauch seiner neuronalen Aktivität/Intensität machen (auch über Jahre hinweg), besteht keine Möglichkeit, den relevanten Gehirnbereich zu erreichen, sondern es verteilt sich diese Substanz ohne Konzentration im ganzen Gehrin.

    Der Gehirnbereich, der dabei angesteuert wird, ist für emotionale und gefühlsmäßige Empfindung notwendig. Darüber hinnaus wird über diesen Bereich in beide Richtungen mental manipoliert. Die Besitzer dieser hochaktiven Bereiche verhalten sich normalerweise passiv und demütig und zurückhaltend. Es kann aber auch dazu kommen, dass das Zeilobjekt unerwartete Souveränität entwickelt/erlangt, die dann den manipulierenden Effekt umkehrt. In diesem Falle wird der gesteuerte zum steuernden – der manipulierte zum Manipulator. Das ist selten so gewünscht und wird deswegen mit einer vorsätzlich ausgelösten “Krankheit” (vergiftung) zur Therapie gezwungen – in welcher zum gegebenen Zeitpunkt dann das EEG dem “Voodoo-Spuk” ein Ende setzt.

    Einige Kommentatoren ignorieren oder defamieren hier durchaus plausible Aussagen über unser aller möglicher Existenz. Das man euch daraufhin zum Narren hält, ist kein Wunder. Wissen und Glauben scheinen hier welche nicht auseinander halten zu können. Reaktive Verleumdungen und Defamierungen seien tatsächlich keine angebrachte äußerung auf die Aussagen von möglicherweise aus betroffener Erfahrung redender.
    Hier ist Glaube an die schnöde naive Harmlosigkeit (State-of-the-art) und falsche Gefahr (die Irren) im Spiele – eine tendenzielle Verweigerung aus ästhetischer Erwägung, die eure Verzweiflung am Thema transportiert, wie ein Blatt Papier den gedruckten Text.

    Aber ihr möget dabei glücklich sein (oder bleiben). Die Welt ist Wille und Vorstellung – euer gutes Recht es euch einzubilden. Bei notwendiger Konsistenz wird es auch so eintreten.

  80. #80 Ponder
    11. Dezember 2012

    @ Joseph Kuhn:
    Schade, dass dieser Blogbeitrag so unmoderiert bleibt und daher von abstrusen Kommentaren zugemüllt wird.
    Die wichtigen Fragen nach der Sinnhaftigkeit des Maßregelvollzugs bei Wahnkranken, des Jugendstrafvollzugs bei unbehandelten ADHSlern, die Schwierigkeiten des Gutachters bei der Einschätzung der Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen psychisch kranker Menschen – etwa auch schwer traumatisierter Gewaltopfer… :
    all das sind gesellschaftlich relevante Themen, die eine ernsthafte Diskussion verdienen.
    Danke, dass Sie mit Ihrem Blog dazu Gedankenanstöße gegeben haben!

  81. #81 Ludger
    11. Dezember 2012

    @ Ponder
    Ich find den Beitrag von demolog vom 10. Dezember 2012 wichtig und aus seiner Sicht gut dargestellt, wenn er schreibt:

    Faktisch ist hier folgendes Relevant:
    Eine bestehende Kontaminierung mit einer elektrosensitiven Subtstanz und seine Anreicherung zwischen dem Gehirn und des Schädels. Das EEG wird dann im Zweifel den Zugang in den Gehirnbereich brennen, der neuronal am intensivsten Aktivität zeigt und die Substanz verringert oder unterbindet dann diese Neuroaktivität.
    Sollte aber das Zielobjekt keinen Gebrauch seiner neuronalen Aktivität/Intensität machen (auch über Jahre hinweg), besteht keine Möglichkeit, den relevanten Gehirnbereich zu erreichen, sondern es verteilt sich diese Substanz ohne Konzentration im ganzen Gehrin.

  82. #82 Ludger
    11. Dezember 2012

    @ Ponder
    Ansonsten stimme ich Dir voll zu.

  83. #83 threepoints...
    11. Dezember 2012

    Dem Danke schliesse ich mich natürlich an. Viele Dinge sind wichtig – nur wenige davon erkennt man als solche.

    Aber das Obskure an Einsteins RT hätte Newton auch erkannt.

  84. #84 Adent
    12. Dezember 2012

    @threepoints

    Aber das Obskure an Einsteins RT hätte Newton auch erkannt.

    Was meinen sie denn damit?

  85. #85 threepoints...
    12. Dezember 2012

    @ adent

    Das ist ein Gleichnis auf Ponders Aussage:
    —–
    Ponder

    11. Dezember 2012 @ Joseph Kuhn:
    Schade, dass dieser Blogbeitrag so unmoderiert bleibt und daher von abstrusen Kommentaren zugemüllt wird.
    —–
    … abstruse kommentare ….

    ich schrieb “obskur”. kleine Unaufmerksamkeit.

    Einsteins RT als abstrusität in Newtons Bewusstsein.

  86. #86 Joseph Kuhn
    12. Dezember 2012

    @ Ponder: Ich verstehe Dein Anliegen, aber in einem Thread, in dem es um den richtigen Umgang mit “merkwürdigen” Menschen geht, fällt mir eine rational “normalisierende” Moderation schwer.

  87. #87 Ralph
    Eppstein
    13. Dezember 2012

    Das jüngste Interview mit Gustl Mollath macht sehr nachdenklich.
    https://www.br.de/fernsehen/bayerisches-fernsehen/sendungen/kontrovers/mollath-interview-komplett-100.html

    Unabhängig aller Ungereimtheiten im Fall Mollath gibt es u.A. folgende Kritikpunkte an der in Deutschland gängigen Praxis:
    – ein einziges Gutachten reicht zur Überweisung in die Psychiatrie
    – frühestens (wenn überhaupt) nach fünf Jahren kann ein weiteres externes Gutachten angefordert werden

    Wie kommt es eigentlich, dass es in Deutschland einen “explosionsartigen” Trend zur Überweisung in die Psychiatrie gibt, wie Rechtsanwalt Franz Schindler in der Münchner Runde des BR vom 12.12.2012 formulierte?

  88. #88 threepoints...
    13. Dezember 2012

    “Wie kommt es eigentlich, dass es in Deutschland einen “explosionsartigen” Trend zur Überweisung in die Psychiatrie gibt, wie Rechtsanwalt Franz Schindler ….meinte?”

    -> Gleichzeitig scheint auch die/der Pathologisierungstendenz/hang von uns empörenden Straftätern eine Evolution durch zu machen. Tendenzen sieen ja schon immer da, aber dass sie ins Rechtssystem einziehen und mehr Gewicht bekommen, ist eine neue Qualität.
    Wo früher die Verteidigung auf “mildere” Beurteilungen der Bedingungen und Urteile hoffte, wird heute schon aus Richtung der Staatsanwaltschaften psychologische Gutachten angefordert, das einem dies schon verdächtig vorkommt. Eine Veränderung ist hier sicher vorhanden.

    @ Joseph Kuhn_12. Dezember 2012

    -> Es ist natürlich so, das psychiatrisch diagniostizierte darum kämpfen, dass die Situationen “merkwürdig” sind und nicht die Menschen.

    Des Aufmerkens würdig. Denkwürdig. Aber “Nachdenken” ist leider nicht erkennbar. Das derzeitige System lässt dies nicht zu und verurteilt Betroffene ohne “objektive” Anhörung.

  89. #89 threepoints...
    13. Dezember 2012

    Es ist übrigens kein Widerspruch in meiner Ausage, dass mehr Gewicht auf psychologische Bedingungen gelegt wird, aber weniger auf die Bedingungen der individuellen Situationen aufgemerkt wird. Das hat ein “System” nämlich so an sich.

  90. #90 Ponder
    13. Dezember 2012
  91. #91 Ponder
    13. Dezember 2012

    Treffend finde ich auch diese Einschätzung:

    https://www.recht-politik.de/?p=126

    …Das Skandalöse, das die aktuellen Medienberichte beschwören – und das macht die rechtspolitische Dimension der Thematik aus –, liegt vielmehr darin, ein konspiratives Zusammenwirken von Justiz, Regierung und Finanzinstitut zur Vertuschung von Schwarzgeldgeschäften zu suggerieren, eine Verschwörungstheorie, die eine Reihe geradezu klassischer Klischees bedient und so überzogen ist, dass ihre Abseitigkeit kaum mehr wahrgenommen wird. Belastbare Anhaltspunkte für gravierende Straftaten im Amt wie Rechtsbeugung, Strafvereitelung, Verfolgung Unschuldiger oder Bestechung, die einen Skandal hergeben könnten, gibt es nicht, aber darum geht es auch gar nicht, sondern um die Instrumentalisierung einer vermeintlichen gerichtlichen Fehlentscheidung, um daraus politisches Kapital zu schlagen. Als Kollateralschaden wird dabei die Verunglimpfung eines ganzen Berufsstandes in Kauf genommen…

  92. #92 Ralph
    13. Dezember 2012

    @ponder
    dank Internet und Google nicht wirklich ‘neue’ Informationen , aber schön im Zusammenhang dargestellt.
    Was halten Sie von Mollaths Idee, einer Bild und Ton- Aufzeichnung künftiger Untersuchungen, im Sinne der Nachvollziehbarkeit einer Diagnose?

    Man darf gespannt auf den Fortgang der Ereignisse und Ergebnisse sein. Ich wage mal eine optimistische Prognose: Das ‘System’ hat im Fall Mollath nicht grundsätzlich versagt, was aber nicht heißt, das bezüglich der dauerhaften Gefährlichkeit des Delinquenten auch eine andere Bewertung möglich war und ist. Damit erwiese sich das System als lernfähig. (Der Umkehrschluss gilt natürlich nicht zwingend!) Wir werden sehen.

    Ein wirklich facettenreicher vielschichtiger Fall. Er reflektiert unter anderem auch gängige Ängste und Vorurteile. Man darf in Analogie zum Michael Kohlhaas auf gelungene literarische Rezeptionen gespannt sein. Im Gegensatz zu Kleist stehen einem Autor immerhin alle ‘Untersuchungsakten’ zur Verfügung.

  93. #93 Ralph
    13. Dezember 2012

    @all
    bin zwar kein Pedant, aber ein Uhrzeitstempel im Kommentarkopf hat was 🙂

  94. #94 rolak
    13. Dezember 2012

    Wer ist hier schon pedantisch, Ralph. Andernfalls wäre ja schon längst angemerkt worden, daß die Datumsinformation in der Datenbank (zwei Datumse unter sich) sehr wohl vorhanden ist, nur bei der Seitengenese nicht durchgereicht wird, wie die Erfahrung flüstert und der feed verrät.

    Es wird erwartungsvoll in Richtung der heiligen Hallen mit den leider nicht ganz eiligen Server-Gurus geschaut. Welche Farbe hat der Rauch?
    Wie Du am (immerhin) vorhandenen post-Datumsstempel sehen kannst, zieht sich das bereits eine Weile, also nicht auf morgen mittag warten!

  95. #95 Ponder
    13. Dezember 2012

    @ Andreas:

    Nachtrag zu deiner Frage bezügl. Antipsychiatrie + KVPM:
    Die Psychiatrische Klinik der LMU hat auf ihrer Homepage einiges an Info-Material zusammengestellt.
    Darunter befindet sich auch folgendes Dokument:

    https://www.klinikum.uni-muenchen.de/Klinik-und-Poliklinik-fuer-Psychiatrie-und-Psychotherapie/download/inhalt/aktuelles/obliteratingpsychiatry.pdf
    …our Mental Health Budget Adjustment Kit which essentially works like a smart bomb in that it sniffs out psych fuel lines and blows the funding mechanism.
    And in that way, to put it bluntly, we booby trap the whole psychiatric ecosystem.
    [Standing ovation]
    So while only 9 weeks have passed since global activation, here’s the preliminary action report. CCHR Central has a tracking board designed to measure collateral damage from our campaign roll-out. It monitors both incoming complaints of psych abuse and outgoing psych alerts to state and federal prosecutors.
    And while it’s sometimes tricky to determine just whose bomb hit the ammo dump, this much is blazingly clear.
    While it takes a psych 8 years to earn his license, we’ve already yanked 21 in the last 4 weeks.
    (Chuckles)
    [Standing ovation]
    Then there’s all our campaign represents as a high-pressure system for an anti-psych climate of which the best barometer is the anti-psych media index.
    And while CCHR trackers describe the last 4 weeks as highest ever, the psychs themselves have a somewhat more descriptive name for it: Apocalypse now!
    [Audience laughter]
    And here the satelite view. The first of 4 plagues to visit psychiatrists in the wake of our campaign was a veritable storm of British press- more than 800 column-inches mushrooming up from our launch site in England.
    Then came the 2,600 newspaper, magazine, and e-news articles like a cloud of locusts from elsewhere around the world, followed by a third swarm of newsclips, documentaries and televised forums.
    Then, just when the psychs thought the seas had parted, and they thought they could safely enjoy this holiday season, it all rained down.
    Because what with CCHR-inspired hearings on the menace of new generation psych drugs, the age-old secrets of how psychs cut deals with the FDA have finally come to light.
    And since the FDA can’t get the toothpaste back in the tube, they just agreed to smear new black box warnings all over the anti-depressant lineup. Which in turn, fueled an anti-psych media fest like something out of Revelations. And it looks like this: the Washington Post, the Washington Times, the New York Times, Chicago
    Tribune, Herald Tribune, USA Today, Associated Press and all over network news until as of tonight —
    Well, let me put it like this:
    At our IAS Anniversary celebration, I told you psychs were about to believe in the Divine Wrath of God. And sure enough, they now know that wrath is swift and certain because in just the last 8 weeks came 37,824 column-inches of anti-psych press to mess them up but good.
    And that’s our 2006 campaign for the Global Obliteration of Psychiatry!
    [Standing ovation]

  96. #96 Ponder
    13. Dezember 2012

    Ach so:

    Das war David Miscavige, Scientology-Chef, in einer Neujahrsansprache…

  97. #97 Ponder
    13. Dezember 2012

    @ Ralph:

    Was halten Sie von Mollaths Idee, einer Bild und Ton- Aufzeichnung künftiger Untersuchungen, im Sinne der Nachvollziehbarkeit einer Diagnose?

    Videoaufzeichnungen sind durchaus schon üblich, z.B. wenn man Kindern, die Opfer einer Gewalttat waren, eine Zeugenaussage vor Gericht ersparen will.

    Problem im Fall Mollath war ja wohl – und ich habe das Urteil gründlich studiert – , dass er sich damals überhaupt jedweder Untersuchung und Begutachtung immer wieder verweigert hatte.
    Und im Fall einer schubweise verkaufenden Erkrankung etwa kann man ja nicht den gesamten Beobachtungszeitraum per Video festhalten.

  98. #98 demolog
    13. Dezember 2012

    [Standing ovation]

    Erinnert mich irgendwie an ein Drehbuch für eine Sitcom oder commedyshow, wo dann einer seitlich der Kamera steht und das Publikum auffordert zu jubeln und klatschen…oder noch einfacher eben: Beifall nachträglich vom Tonträger einspielt.

    Anti-Psychiatrie-Presse für den Messie!? Wer druckt so´n Zeugs? Und was ist der Inhalt?
    Das Bestehen solcher Druckerzeugnsisse mit solchen Überschriften ist kein Gegenstand einer Kritik. Oposition auch nicht.

    Es ist nicht so, dass man beiAblehnung einer Partei gleich im Gegenteil seine Bestätigung sucht – geschweige denn auch findet. Dann könnte jeder bei diesemThema auch zur Scientology gehen. Nette Menschen. Mal jemand da gewesen?
    Dass die da aber nichts anderes machen, als dem normalen Menschen in freier Wildbahn und in der Psychiatrie passiert, erkennt man nur, wenn man sich damit auch tiefgreifender beschäftigt und nicht immer nur Schlagzeilen und Überschriften liesst und ans ästhetische Mainstreamideal glaubt. Das ganze Sektengeschwafel ist die Show der öffentlichkeit, die die Show der Sekte ihren Wahrheitsgehalt suggeriert, aber die reale Show dahinter verbirgt. Menschliche Konditionierung funtkioniert technologisch überall gleich. Kleines Schmankerl bei der Scientologie: Es gibt eine suggeriert kleinere Gruppenzugehörigkeit und damit verbundene Orientierungsmöglichkeit für den “Klienten”…oder wie der bei denen heisst.

    Ihr scheint alle leider immerzu dem Scheinbaren aufzusitzen und im rechten Glauben der besten Strategie zu sein – eben das ästhetisch und gewohnheitsmäßig einfachst annehmbare Ideal. Zustimung von allen Seiten aller “Normalen”, aber ungetrübt der Wahrscheinlichkeit, selbst in diesem System zwangseingebunden und betroffen zu sein.
    Diagnostizierte Patienten sind nur die Spitze des Eisberges einer ganz besonderen Systemstruktur im Hintergrund. Früher war der offensichtliche Zwang von Extern die Alltäglichkeit und später geächtet. Heute ist es Technologie, dem Individuum den Zwang derart zu suggerieren, dass er ihn empfindet, sobald Schlüsselbedeutungen sich ihm erschliessen. Er erkennt keinen externen Zwang mehr, aber der ist nach wie vor noch vorhanden. In der Disziplin wird man dann von Zwangs- und sonstigen psychischen Störungen sprechen, die aber ihren Ursprung in besonderen Bedingungen haben, die dem Individuum nicht erkenntlich sind und auch nicht Ursachenlos aus ihm herraus entstehen. Die psychische Störung ist eine “künstliche Krankheit”. Dessen Verlauf beim Individuum unterschiedlich therapiert und unterschiedlich verlaufen kann. Unter anderem ist die oben beschriebene selektive Manipulation/Zerstörung des Gehirns (EEG-Messung) eine mögliche Folge der ganzen Strategie, die nicht bei jedem Patienten so angewendet wird (“Schwehrefall”?).

    Trotz medizinisch systematisierter und Rechtlicher Absicherung ist die Anwendung der Psychiatrie-Methoden weitgehenst ein verbrechen gegen das Individuum und seine Rechte der körperlichen Unversehrtheit – wenngleich wie gesagt, die Ursachen schon viel früher und ausserhalb der psychiatrischen Einrichtungen auf das Individuum einwirken und selbstredent im verlaufe tatsächlich ein erhebliches Problem im Individuum und in Konfrontation mit Gesellschaft vorhanden ist.

    Nach allen meinen Erkenntnissen und Erfahrungen ist es schlichtweg so, dass aufgrund drohender Verhaltensweisen und mentaler Erregungsfähigkeit eine grundsätzliche neuronale Manipulation stattfindet. Extremsituationen werden auchmit extremen Maßnahmen begegnet – was zur neuronalen “Kastration” führt. Es scheint beinahe so zu sein, dass Faschismus eine neuronale Grundlage hat, die dadurch unterbunden wird. Der Normalfall in dieser Strategie ist der aus eigenem Anstoß und Empfinden sich demütig und passiv (ver)haltene Mensch in Gesellschaft. Multikausale und auch bestimmte Bedingungen können jedoch diese “Normalität” unterlaufen und individuelle Abweichungen entstehen lassen.

    Da bei meinen Aufklärungsversuchen das Interesse an entscheidener Stelle (Gesundheitssystem und klinische Einrichtungen; Mediziner) aber weder erweckt, sondern gar vollends ignoriert wird; und ein Diagnosegerät im System (EEG) auffällige Unregelmäßigkeiten erzeugte, kann man also tatsächlich annehmen, es sei eine vom Gesundheitssystem gedeckte Normalität, welche durch das System durch Listendiagnosen vernebelt und verdeckt wird. Die auffällige Ignoranz sei schon mal ein Mangel besonderer Art. Die Ausrede, es gäbe keine diagnostische Möglichkeiten (im System) ist ebenso ein Mangel. Also alles kein Grund zum stolz sein auf unser Gesundheitssystem.

    In der Schlußfolgerung zeigt sich eigendlich nur, dass das System nicht dem Individuum helfen soll, sondern der Allgemeinheit, die vor solchen Extremen geschützt werden solle. Diese Scheinheiligkeit aber macht es um einen weiteren Faktor anmaßend und verbrecherisch gegen das Individuum handelnd.

    Irgendwelche Fragen? Ich bin ganz Ohr und willig, sie zu beantworten.

  99. #99 demolog
    13. Dezember 2012

    @Ponder 13. Dezember 2012
    Ach so:

    Das war David Miscavige, Scientology-Chef, in einer Neujahrsansprache…

    >> Mir kam das schon so spanisch vor.

    Die “netten Menschen” bei Scientology sind natürlich keine Besonderheit, sondern überall vorhanden (nicht nur dort). Mir ist nur aufgefallen, dass die Leute, mit denen ich geredet habe (inkl. Frau Weber) ganz normale MEnschen waren. Nicht netter oder böser, als überall. Aber immer mit dem Hintergedanken, es wären arme Schweine – was aber eben durch das mediale Echo verursacht einem Mitleidreflex entspreicht – den ich auch für jeden Psychiatrie-Patienten empfinde oder gelegendlich auch für sogenannte “normale” (undiagnostizierte).

  100. #100 Joseph Kuhn
    13. Dezember 2012

    @ Ralph: Der Fall Mollath ist in der Tat facettenreich und mobilisiert Phantasien aller Art. Ich bin gespannt, wie die Sache ausgeht, auch angesichts von immer neuen offenen Fragen, wie sie z.B. der von “Ponder” verlinkte SPON-Beitrag aufwirft.

    @ andromed/demolog: Sie hatten hier bisher freien Auslauf, aber Scientology-Sympathiebekundungen bitte ich zu unterlassen. Ich glaube, das kriegen Sie hin.

  101. #101 Andreas
    14. Dezember 2012

    Danke Ponder, aber googeln kann ich selber. 🙂 Über diesen Text bin ich auch schon gestolpert und natürlich ist das soweit Abseits jeder seriösen, differenzierten Kritik, dass man wirklich nicht drüber reden braucht. Es klang so, als hättest Du eigene Erfahrungen gemacht. Was mich interessieren würde (wenn die Frage nicht zu sehr Deine Privatsphäre angreift): Wie bist Du zu der “Spätdiagnose” ADHS gekommen?

    Ich hab selber schon Erfahrungen mit dem System Psychiatrie machen müssen – bin mal unfreiwillig für fünf Tage darin gelandet, bis ich mich mit anwaltlicher und einiger anderer Hilfe da wieder rausgewunden hatte. Mein “Fall” ist dem von Mollath garnicht so unähnlich: Firma weg, Frau weg. Wenn auch in viel kleinerem Maßstab und ohne jegliche vermeintliche oder tatsächliche Verschwörungen. Ich geh inzwischen sehr offen damit um. Interessiert das jemand? Soll ich Details erzählen?

  102. #102 Ponder
    15. Dezember 2012

    @Andreas:

    Danke Ponder, aber googeln kann ich selber.

    Meinst du den Link zur Neujahrsrede von Miscavige?
    Offen gestanden: die Info-Seiten der Psychiatrischen Klinik der LMU zu Scio kannte ich zwar, aber dieses Pamphlet ist mir erst kürzlich in die Hände gefallen – obwohl ich mich schon seit einigen Jahren mit der Thematik beschäftige. Daher auch die Formulierung “nach meiner Erfahrung”.
    Als spät diagnostizierter AD(H)Sler stieß ich während meiner Informationssuche im Web immer wieder auf extreme, teilweise verwirrende und Besorgnis erregende Infos zu ADHS und Methylphenidat, die sich in krassem Widerspruch zum aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand befinden. Dem bin ich nachgegangen und musste u.a. feststellen, dass sowohl Scio als auch die Vertreter der “Indigo-Kinder”-Ideologie gezielt die Selbsthilfearbeit sowie die online-Betroffenenforen infiltrieren.
    Näheres zur Anti-Ritalinkampagne von Scio hier:
    https://www.ingo-heinemann.de/Ritalin.htm

    Was mich interessieren würde (wenn die Frage nicht zu sehr Deine Privatsphäre angreift): Wie bist Du zu der “Spätdiagnose” ADHS gekommen?

    Damit ich – aus guten Gründen – nicht zu viel über mich verrate:
    ADHS kommt gemeinsam mit Hochbegabung in meinem familiären Umfeld häufig vor und wurde in dieser Kombination leider bei allen Betroffenen zu spät erkannt – mit gravierenden Folgen für die persönliche und schulische/berufliche Entwicklung. Im Zuge der notwendigen Diagnostik und wegen eigener zunehmender Beschwerden (u.a. chronische Erschöpfung) habe ich mich dann auch abklären lassen, da mir die ausgeprägte genetische Komponente dieser Disposition bekannt ist. Ich habe eine ADS, also unaufmerksamer Typ ohne Hyperakrivität, die ich zumindest zeitweise durch übermäßige Anstrengung kompensieren konnte.

  103. #103 demolog
    16. Dezember 2012

    herr Kuhn, werden sie nicht Spitzfindig und tendenziel, nur weil ich von netten Menschen in einer Sekte spreche. Oder andere Besonderheiten emittiere und anderweitig preisgebe.

    Ich hege keine ausgesprochenen Symphatien für die Scientologie. Es ging um die Eigenschaften etwa auf Bewerbung dressierte Angehörige. Darin unterscheiden sich Sektenmitglieder und anderes Funktionspersonal nicht.

    Sie erwecken auch den Eindruck, dass hier natürlich nur leicht kenntlich negativ über Scientology berichtet werden darf. Wichtig aber zu erkennen, dass sich diese Sekte tatsächlich kaum vom allgemeinen Volk unterscheidet. Das ist es dann eben auch, die sie als wirklich gefährlich einstufen lässt. hochmoderne Organisationsstrukturen und Methoden, wie sie in jedem modernen Staat dieser Welt Alltag sind. Über Ideologie rede ich hier nicht. Sowas ist wiederum immer das andere Thema als Zuckerbrot zum kosten.
    Ich habe nichts dagegen, dass man sie verbietet. Ich wundere mich aber, dass es noch nicht geschehen ist. Man muß also Motivation und Zielsetzung bezweifeln. Ähnliches gilt übrigens für die NPD etwa. Immer große Empörung, dem effektiv nichts folgt. Wenn “wir” etwa das Volk sind, warum also geschieht nichts? Diese interessante Frage ergibt eine noch interessantere Antwort, so sie richtig betrachtet wird. Bereinigt um ihre unwichtigen Aspekte steht am Ende: Es ist machtpolitisch (soziologisch) ist es erwünscht, dass sie weiterbestehen. Schlechte Beispiele sind medial inzwischen rar und die Antipode ist aber notwendig zur Immunisierung von Bewusstsein und Weltbild einer wünschenswert entwickelten (konditionierten) Bevölkerung. Ausserdem benötigt eine stabile Volksstruktur die Oppositionsalternative. diese hat möglichst stabil zu sein (beständig) damit sich der Kontrollaufwand lohnt und rechtfertigt. Fehlende Oppositionskapazität führt zu unkontrollierter Bildung von Oppositionsstrukturen und Ideologien.
    Never change a running system… because new system requires re-organisation expense.

  104. #104 threepoints...
    16. Dezember 2012

    @ Ponder

    ” Ich habe eine ADS, also unaufmerksamer Typ ohne Hyperakrivität, die ich zumindest zeitweise durch übermäßige Anstrengung kompensieren konnte.”

    -> Wie meinst du das? Etwa so, dass es dich volle Leistungsfähigkeit und Konzentration gekostet hat, auf jeweilige externe Reize konstruktiv zu reagieren? Also im Sinne der Reize zu kooperieren – etwa in der Schule dem Schulstoff zu folgen und auch sonst alle Interaktion zu bestehen?

  105. #105 Ponder
    17. Dezember 2012

    @threepoints… :

    Ich meine es genau so, wie ich es geschrieben habe.
    D.h., dass auch bei maximalem Bemühen und mit hohen Reibungsverlusten die Störung in bestimmten Bereichen irgendwann nicht mehr kompensierbar war ( und auch davor hauptsächlich wegen meiner guten Begabung nicht so auffiel …)

  106. #106 Dr. Webbaer
    17. Dezember 2012

    @Ponder

    Ich habe eine ADS, also unaufmerksamer Typ ohne Hyperakrivität, die ich zumindest zeitweise durch übermäßige Anstrengung kompensieren konnte.

    Sie glauben doch wohl nicht ernsthaft, dass das eine Krankheit ist? – Zudem scheint eine hier oft herangezogene Hochbegabung ebenfalls konstruiert. Klüger scheint es hier auf Normalität zu erkennen, was auch für Mollath gelten könnte, hätte er von Bedrohungen abgesehen und konformeres Verhalten gezeigt, zumindest unter juristischem Druck.

    MFG
    Dr. W

  107. #107 Ponder
    17. Dezember 2012

    @ Webbaer:
    Betätigen Sie sich jetzt schon als Fern-Differenzialdiagnostiker?

  108. #108 Dr. Webbaer
    17. Dezember 2012

    @Ponder
    Ihr alter Kommentatorenfreund erlaubt sich einzuordnen. Zumal auch aus einer Zeit stammend in der Asperger und Burn-Out schlichtweg normal waren.

    Ansonsten liegt er auch I.E. richtig, Mollaths Renitenz und sozial ungeschicktes Verhalten betreffend?!

    MFG
    Dr. W

  109. #109 Ponder
    17. Dezember 2012

    @Webbaer:

    “…erlaubt sich einzuordnen” ist dann wohl so eine Art Euphemismus:
    die Selbstoffenbarung des Gegenübers schlichtweg zurückweisen, um sich die eigene simplifizierende Weltsicht schön geordnet zu erhalten.
    Viel Vergnügen weiterhin beim Denialismus!

    Es gab übrigens auch schon Zeiten, als Gehörlose einfach als”doof” galten und Linkshänder um jeden Preis auf Rechtshändigkeit umtrainiert werden sollten. Zum Glück ist da die kollektive Erkenntnis doch im Laufe der Zeit fortgeschritten…

    ADHS kam von meiner Seite nur ins Spiel, weil diejenigen, die diese neurobiologische Störung am lautesten bestreiten, zufällig auch diejenigen sind, die Gustl Mollath als armes Justizopfer sehen möchten.

  110. #110 Ludger
    17. Dezember 2012

    WB.: “[…] Mollaths Renitenz und sozial ungeschicktes Verhalten […]

    Der Angriff auf die Frau – so heftig, dass Hauteinblutungen (Würgemale) zurückblieben, und Reifenstechereien einer besonders hinterhältigen Art ( im Urteil objektiviert) sind sozial außerordentlich ungeschickt, da helfen weder WB noch Idi Amin.

  111. #111 Dr. Webbaer
    17. Dezember 2012

    @Ludger
    Schauen Sie einfach mal auf die Data oder Zeitangaben.
    Die wirken disharmonisch.

    Sie dürfen auch gerne Ihre Behauptungen hier belegen:
    https://www.gustl-for-help.de/download/2006-08-08-Mollath-Urteil-Landgericht.pdf

    Dass eine Dame in zweifelhafter beruflicher Position, das zumindest scheint klar zu sein, sie wurde ja entlassen, bei neuer Gefährtenfindung ihren sozial schwachen Gatten abstößt, dürfte ja nicht erstmalig geschehen sein.

    Dass Mollath in der Klapse ist, scheint allerdings auch verdient, aber eben ganz bevorzugt wegen den oben genannten Spezifika, eben wegen der Renitenz.

    MFG
    Dr. W

  112. #112 threepoints...
    17. Dezember 2012

    @ Ponder

    17. Dezember 2012 @threepoints… :

    Ich meine es genau so, wie ich es geschrieben habe.

    -> Dann haben wir dieses gemeinsam.
    Aber … Dr. W´s Bemerkung bezüglich einer möglichen Normalität ist damit nicht aus dem Rennen. Diese Frage stelle ich mir zur Sicherheit immer noch parallel zu jeder These.

    und wie gesagt: Was einem trotz siggeriert hochmoderner Diagnostik als Störung angedichtet wird, hat eben mindestens ideologischen Wert – aber bedeutet nicht, dass auch Realität …geschweige denn ernsthafte Bedingungen darin enthalten sind. Das Konstrukt der psychischen Störung ist mir einfach zu aufgesetzt. Die Methadiagnose bedeutet, dass das Individuum nicht integrationsfähig sei, was bei genauerer Deutung auch einmal für den Juden, Zigeuner und sonstigen nichtdeutschen galt. Das nur als Beispiel – viele andere finden sich unzählige in der Historie.
    Und wärest du tatsächlich gescheit hochbegabt, würde dir das auffallen. Anstatt sieht es so aus, als ob du mit deiner Krankheit geradezu zufrieden und Glücklich bist – man kann auch sagen, die Krankheit ist dein Zuckerbrot. Es sucht sich jeder seine Krankheit aus (aus der Liste). Darüber nachdenken und am eigenen Beispiel vergleichen … ist dann ja nicht mehr nötig.
    Anstrengungsempfinden, Aufmerksamkeitsstörungen, …. finden sich als mögliche Symptome auch wieder in vielen anderen Diagnosen.
    Wobei die Überforderung (im Sinne erheblicher Anstrengung) schon nicht mehr als ein Symptom bewertet wird, sondern kausal und logisch eine resultierende Begebenheit darstellt. Erwähnung deswegen unnötig. Wer wegen Fieber etwa geschwächt ist, dem ist es auch zu anstrengend, einen Alltag zu gestalten.

    Du hast aber trotzdem meine Anteilnahme. Denn meine Alternativersion der “Krankheiten” solcher Symptomatiken und deren Ursachen erkennt die (zuweilen subjektiven) Belastungen trotzdem an und interpretiert/erklärt sie aber nur anders.

    @ Dr. W:

    Aha, sie erklären also die Ebene Hochbegabung als Normalität … und denunzieren den Rest der Welt für minderbemittelt (und also quasi-Krank)?

    Überspitzt formuliert entspricht es einer meiner gelegendlich vorgebrachten Grundthese. Krank ist immer nur der andere – vor allem der “Normale”. In einem Augenblick uneingeschränkter Tiefsinnigkeit und Radikalität behauptete ich auch schon mal, dass das Bewusstsein = Krankheit bedeutete – also darin nur gefunden werden kann. Und es ist auch irgendwie einleuchtend, dass man ohne Reflexionsmöglichkeit auch keine Krankheit haben kann, da man sie nicht reflektieren kann. Und wovon man keine (Er)Kenntnis hat, das existiert auch nicht. Solcherart Argumentation aber ist der Strick, den die vermeintlich “Normalen” eben den vermeindlich “kranken” aufhängen.
    Dabei ist eben die Reflexion Ursache von (möglicherweise diagnostizierbarer) Krankheit und somit Konditionierungsstrategie für das System bezüglich desintegrierte Individuen.
    Diese These gilt bis auf Weiteres nur für psychischen Störungen.

    Korrekt Herr Dr….?

  113. #113 Ponder
    17. Dezember 2012

    @ Webbaer: das haben wir alles schon mehrfach durch.

    <blockquote<https://www.spiegel.de/panorama/justiz/fall-gustl-mollath-zweifel-an-opferrolle-a-872632.html

    …Doch es gibt eine einfache Erklärung für die fehlende Erinnerung der Ärztin: Laut Attest findet sich Gustl Mollaths Frau Petra am 14. August 2001 zur Untersuchung ein. Aber nicht Madeleine R. führt diese durch, sondern ihr Sohn Markus, ebenfalls Arzt, der zu der Zeit als Assistent in der Praxis arbeitet. Das Attest trägt deshalb den Stempel der Praxis mit seiner Unterschrift.
    Er erinnert sich an die Patientin, ihre Angaben und die Verletzungen hat er dokumentiert. Noch heute sind sie in der Praxis-EDV nachzuvollziehen: Demnach gab Petra Mollath an, ihr Mann habe sie zwei Tage zuvor mehrfach mit der flachen Hand geschlagen, bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und sie gebissen. Sie sei in diesem Jahr schon zweimal von ihm misshandelt worden.

    Als Petra Mollath sich ein Jahr später im Zuge der Trennung entschließt, ihren Mann wegen Körperverletzung anzuzeigen und den Arzt um ein entsprechendes Attest bittet, stützt er sich auf seine Aufzeichnungen: "Die bei uns durchgeführte Untersuchung am 14.08.01 um 11:30 zeigte folgende Befunde: Prellmarke und Hämatom der rechten Schläfe von 3×5 cm Durchmesser, handbreite Hämatome an beiden Oberarmen, Hämatome an beiden Unterschenkeln, am linken Oberschenkel, Würgemale am Hals unterhalb des Kehlkopfes, Bisswunde am rechten Ellenbogen mit Abdruck von Unter- und Oberkiefer (…). Die erhobenen Befunde und Verletzungsmuster decken sich mit der Anamnese, die Schilderungen der Patientin sind durchaus glaubhaft."

    Es sei nicht ungewöhnlich, sagt der Arzt dem SPIEGEL, dass Frauen, die von ihren Männern geschlagen werden, erst nach längerer Zeit Anzeige erstatten und dann um ein Attest bitten. Auch in diesem Fall sei es so gewesen, er könne dies vor Gericht bezeugen…

    Das Attest wurde anhand der ärztlichen Aufzeichnungen erstellt, nachdem die Frau zum zweiten Mal die Praxis aufsuchte, weil sie wieder drangsaliert worden war.

  114. #114 Dr. Webbaer
    17. Dezember 2012

    @threepoints…
    Machen wir uns nichts vor, und der Webbaer wird das auch nur einmal so ausdrücken:

    Aha, sie erklären also die Ebene Hochbegabung als Normalität … und denunzieren den Rest der Welt für minderbemittelt (und also quasi-Krank)?
    (…)
    Korrekt Herr Dr….?

    Ganz frisch in der Tüte sind Sie erkennbar auch nicht; aber sicherlich im erweiterten Sinne: normal.

    MFG
    Dr. W

  115. #115 Dr. Webbaer
    17. Dezember 2012

    @Ponder
    Bitte immer schön am oben verlinkten Urteil bleiben, außergerichtlich fällt viel unter Meinungsfreiheit.

  116. #116 Ponder
    17. Dezember 2012

    Ja, das Urteil habe u.a. ich selbst hier eingestellt und habe es mehrfach sorgfältig studiert.
    Da steht nichts anderes drin – und die Tatsache, dass das Attest ein Jahr später ausgestellt wurde, deckt sich durchaus mit dem, was der SPIEGEL schreibt:
    So lange die Aufzeichnungen in der Krankenakte der Ex-Ehefrau in der Arztpraxis nachvollziehbar sind, besteht kein Grund, an der Richtigkeit des Attests zu zweifeln.
    Wie gesagt, das ist leider eher der Normalfall, dass sich Frauen von ihren gewalttätigen Männern viel gefallen lassen, bevor sie Anzeige erstatten.

  117. #117 threepoints...
    17. Dezember 2012

    @ Weihnachtsbär:

    “Ganz frisch in der Tüte sind Sie erkennbar auch nicht; aber sicherlich im erweiterten Sinne: normal.”

    -> Sie erkennen gut ihre Jünger am Deutungsmuster.
    Wissen sie, man hat ja schon vor über 2000 Jahren demokratisch Wahrheiten geleugnet … und damit der Überlieferung nach etwa Sokrates das Ableben ermöglicht.

    Der Zwang seine Krankheit zu reflektieren steht natürlich unter der Maßgabe, die richtige ideologische Perspektive einzunehmen und zu verfolgen. Das gilt auch für andere Themen. Bei Zuwiderhandlung darf man dann keine Gnade erwarten – bzw. nur die gerade übliche.
    Selten aber passiert es, dass man dem Überbringer einer Wahrheit dafür auch dankbar sei. Psychologensprech benennt solcherart implizite Funktion (reaktive) Projektion (freilich in umgekehrter Richtung).

  118. #118 Ponder
    17. Dezember 2012

    @ threepoints…:

    …Anstatt sieht es so aus, als ob du mit deiner Krankheit geradezu zufrieden und Glücklich bist – man kann auch sagen, die Krankheit ist dein Zuckerbrot…

    Wie kommst du denn darauf? – Habe ich mich in irgendeiner Weise dazu überhaupt geäußert?

  119. #119 threepoints...
    17. Dezember 2012

    @ Ponder:

    Äußerungen des Betroffenen sind nicht (Haupt)Bestandteil einer realistischen Deutung der Bedingungen
    -> Heterophänomenologie.

    Anerkennung einer Krankheit kann einem auch dadurch erleichtert werden, dass man das Symptom “Hochbegabung” einbaut. Das ist keine Bewertung deines Zu-/Umstandes. Aber es ist die Warnung vor dem Zuckerbrot. Sieh es kritisch. Einer ist immer schlauer. Und Begabung ist relativ und zuweilen Tagesformabhängig. Und universelle “Hochbegabung” scheint es nur bedingt zu geben. Allerdings habe ich die Vermutung, dass es eine tatsächliche Bedingung daran gibt, die wiederum eh niemand je wirklich wissen will. Das hat auch etwas mit der “Bindungsproblematik” zu tun.
    Wie lange ist deine Diagnose her? Und hast du Veränderungen an dir entdecken können?

    Was bisher in den Intelligenzdebatten völlig unbeleuchtet bleibt ist, dass Potentiale ideologisch ausgefüllt werden müssen – anderfalls sich Begabung seine Themen selber sucht.
    Suchte man nun nach den bisher nbekannten “Hochbegabten” etwa auch in den Minderleistern, hat man das Problem, dass man sie nicht einfach so dazu überreden kann, dass sie plötzlich zu “Überleistern” werden, die man gesamtgesellschaftlich viel mehr brauchen kann. Es würde auch bedeuten, dass man Intelligenzpotenzial vernichten muß, damit Leistungspotnzial ausgeschöpft werden kann.
    Wir beachten: die meisten Nobelpreisträger waren “Überleister”. Und Überleister bedeutet, dass sie statistisch gesehen mehr aus ihrer Intelligenz machen können/wollen, als dies die ermittelte Intelligenz erwartbar zuliesse.
    Es sind schlichtweg die “Macher”, die man haben will – nicht die “Neunmalklugen” “Minderleister”. Und “Überleister” sind in der Regel nicht “hochbegabt”. Ihr Potenzial besteht einzig darin, dass sie es einfach machen und das mit viel Energie … und zuweilen ohne zu hinterfragen. … also ohne zu reflektieren.

    Kreisschluß:
    Tatsächliche Hochbegabte neigen zu überkritischen Reflexion. Ihr möglicher Überblick auf thematik ist um Faktoren breiter, als im Durchschnitt, was ihm leicht davon abhält, es einfach zu “machen”, anstatt unendlich gegenüber zu stellen.
    Freilich mag man erklären, dass es auch intelligenz sei, wenn man Relevanzen erkennt und entsprechend selektiert. Aber hier würde es zu Konflikten mit Ideologie kommen. Und Ideologie funktioniert beim Hochbegabten nicht besonders gut.

  120. #120 threepoints...
    17. Dezember 2012

    Das also Intelligenz viel mehr eine Gefahr für die Gesellschaft sei, ist an einigen Beispielen immer wieder zu erkennen. Herr Alan Turing etwa hat reichlich intelligenz/Begabung besessen, aber deswegen in der Psychiatrie eine Zeit lang verbringen müssen. Im Endeffekt hat man ihm sogar mit Hormonen diese zerstört. Damals per Gerichtsurteil erzwungene Therapie gegen Homosexualität und sonstigen Unregelmässigkeiten undso. Er hatte die Wahl: Knast oder Psychiatrie. Ich hätte wohl den Knast gewählt – aus heutiger Sicht.

  121. #121 Ponder
    17. Dezember 2012

    @ threepoints… :

    Ist dir aufgefallen, dass ich selbst den Begriff “Krankheit” im Zusammenhang mit ADHS gar nicht verwendet habe? – Ich sprach von einer “neurobiologischen Disposition”, auch um damit deutlich zu machen, dass es eben nicht “den” Normalmenschen gibt, sondern – wie wir erst seit einiger Zeit genauer wissen – Menschen mit unterschiedlichen neurobiologischen / neuropsychologischen Veranlagungen, die sich – je nach Umfeld, aber auch gemäß eigener Kompensationsmöglichkeiten – zu einer mehr oder weniger behindernden Störung auswachsen können.
    So ist im übrigen ADHS auch definiert: es muss in mindestens zwei Lebensbereichen eine beeinträchtigende Behinderung vorliegen
    Jemand, der mit einem deutlich zu kurzen Bein auf die Welt kam, zieht daraus auch keinen Krankheitsgewinn, sondern muss sich, wenn der daraus resultierende Beckenschiefstand nicht irgendwie ausgeglichen wird, in der Lebensperspektive mit heftigen daraus resultierenden Beschwerden und Abnützungserscheinungen plagen.

    ADHS als potentiell behindernde Störung (NICHT: Krankheit) zu leugnen, bedeutet, vielen Menschen entgegen dem bekannten medizinischen Wissen (!) eine benötigte therapeutische Unterstützung vorzuenthalten und sie an der vollen Teilhabe (z.B. in Schule, Ausbildung, Arbeitsleben oder im Straßenverkehr!) zu hindern. DAS ist dann das “Verbrechen” – nicht die manchmal notwendige Behandlung mit Methylphenidat.

    Aber zurück zum eigentlichen Thema:
    Du hast Alan Turing erwähnt – man könnte passender zum Fall Mollath John Nash erwähnen. Der hat zu den Zeiten der schweren wahnhaften Schübe seiner Erkrankung auch keine Selbstreflektion üben können. Allerdings hatte er, wenn ich es recht erinnere, ein außerordentlich wohlwollendes unterstützendes System: seine Kollegen an der Uni, die selbst in den schlimmsten Zeiten seiner Krankheit – und hier spreche ich von Krankheit – zu ihm hielten.
    Auch nach seiner Wiederherstellung ist Nash ein auf erschütternde Weise fragiler und gezeichneter Mensch, wie dieses Interview zeigt:

  122. #122 threepoints...
    17. Dezember 2012

    Dass ich Krankheit schreibe, ist ein Entgegenkommen (und Gewohntheit) an Umgangssprache. Es ist nicht gemeint, wie zu verstehen. Ich will auch nicht derart pedantisch unterscheiden. Der Volksmund tut es auch nicht.

    Angesichts der ICD 10, deren Überschrifft tatsächlich “Störungen” ist und nicht Krankheiten, ist mir durchaus bewusst, wie die Problematik ideologisch eingeordnet wird.

    Das man als Betroffener also Hilfe nicht vorenthalten bekommen sollte, ist auch gut und richtig. Aber meine Kritik geht eben dahin, wie diese Hilfe aussieht. Alan Turing war da nur bedingt ein gutes Beispiel, weil es um Homosexualität (und wohl auch andere Strafrechtlich relevante Dinge) ging, Homosexualität aber kein Problem der Gesellschaft mehr ist. Aber Methode und Strategie ist noch immer zu kritisieren.
    Mollath ist wie lange schon ununterbrichen in der Pychiatrie? Das wirft fragen auf, ob der Strategie und Methode – und gar ob der intendierten Ursache. Er ist nun schon länger in “Behandlung” als er im Knast gewesen wäre.

    Faktisch aber wird einem ziemlich sicher das eigendlich ausmachende an einer Hochbegabung oder Intelligenz durch psychiatrische Therapien erst einmal vernichtet. Ob davon später noch mal etwas auftaucht, ist nicht sicher.

    John Nash … Nobelpreisträger. Eine Widerlegung meiner Aussage – die ich so etwa der Wikipedia entnahm. Also nicht alle Nobelpreisträger seien von der Psychiatrie verschont. Dunkelziffer darin noch nicht mal hinzugeschätzt. Ausgeagt war jedoch nur, dass überdurchschnittlich viele Nobelpreisträger “Überleister” gewesen seien. Vom Gegenteil oder anderen Bedingungen war nicht die Rede.

    Angesichts der Aussage: “Verbrechen” in Bezug auf die Strategie, ist es natürlich richtig, dass es eines sei, wenn Hilfe nicht geleistet wird.

    Aus meiner Sicht aber wird in der Psychiatrie nicht im absoluten Sinne der Betroffenen geholfen, sondern aus Sicht der GEsellschaft im Sinne dieser zur Anpassung therapiert. Bedeutet: Wer auch immer kommt, es wird ohne Rücksicht auf das Individuum drauflos-therapiert. Das System interessiert sich nicht für individuelle Problematiken. Auch, wenn es scheinbar hundert Störungen zur Auswahl gibt, psychiatrische Therapiemethoden und Strategien sind im Kern alle nahezu gleich und relativieren viel Diferenzierung hinter den Schlüsselcodes.

    Der begabte Irre kommt dann sehr schnell darauf, dass es nicht um ihn geht und ihm also nicht zweifelsfrei gutes wiederfährt.

    John Nash hat anscheinend viel Glück im Unglück gehabt. Es haben ihm viele (einflußreiche und fähige) Menschen beigestanden.
    Das wiederfährt den allermeisten betroffenen Menschen nicht – allein aus der ideologischen perspekive ist der mit psychischen Störungen behaftete ja der Mangelhafte und deswegen der vermeindlich gesunde Angehörige oder dessen Bekanntschaft/Freunde die Deutungshoheit inne hat. So kommt man dann natürlich niemals auf einen grünen Zweig…es entsteht nämlich keine Kommunikationssituation, die von gleicher Augenhöhe geprägt ist.
    Zu unterschieden seien natürlich die schweren Schübe etwa einer Psychose. Aber da hat sich auchdas gesundheitsamt und alle Gutachter nicht mit Ruhm und Ehre besegnet. Der Eindruck entsteht, dass man als Diagnostizierter Psycho im Zweifel Null Rechte zur verfügung hat, sich gegen Willkür zu erwähren. Hat jemand schon irgendeine einflußreiche Lobby für Psychiatriepatienten ausfindig gemacht?

    Die oben genannten Flugblätter einschlägiger Institutionen stellen keine Lobby dar. Eine “Lobby” existiert nur, wenn eindeutig Einfluß besteht.
    Aber die Lobby ist auf der Seite der absoluten Sicherheit für die Gesellschaft, weswegen ein unbequemes Individuum schnell der reaktiven Projektion zum Opfer fällt und darunter leiden wird.

    Hartz 4 Empfänger haben auch keine Lobby. Und das obwohl im gegenwärtigem System erwartbar irgendwer einer sein MUß. Um das zu verschleiern, gibt es heute auch die 1-Euro Jobs und sonstige Sublimierungsbeschäftigungen. Man ist der Meinung, dass es nur eine Frage des Lohndumpings sei, bis auch der letzte “versager” irgendeine Beschäftigung bekommt (und damit aus der Statistik ist). Das ist natürlich nur eine populäre Wahrheit. Die Wahrheit im Kern ist: Es ist pädagogisch wertvoll, wenn alle beschäftigt sind.
    Das Herabschauen auf den “Versager” ist aber eine leugnerische Übersprungshandlung. Leistungsanspruch und deren Etablierung ist vor hundert jahren wie in hundert jahren gleich, weswegen es immer eine Anzahl Individuen gibt, die das System nicht nur nicht will, sondern auch nicht braucht. Das verschleiert die Ideologie.
    Und die Ideologie der Hilfsbereitschaft verschleiert eben die Arroganz der vermeindlich “Normalen” gegenüber den von ihnen stigmatisierten psychisch Gestörten. Denn Hilfe gibt es nur im Sinne der lobby. Und die besteht darin, ihnen dahin zu helfen, wo die “Normalen” sein sollen und nicht, wie der Diagnostizierte vielleicht selbst es gerne hätte.

    Der Mangel an Möglichkeiten ist ebenso aus der Prämisse entstanden, der psychisch Gestörte sei ja Abnorm. Also existieren nur Methoden, die erwünschte Norm herzustellen. Individuelle Strategien existieren nicht.

  123. #123 threepoints...
    17. Dezember 2012

    Mit “Leistungsanspruch” meine ichwettbewerbsrelevante Arbeitsleistung, nicht Hartz4 leistungen.

  124. #124 Dagda
    17. Dezember 2012

    @ Threepoints
    Sie sind ein Dummschwätzer.
    Es gibt auch für psychisch Kranke Lobbygruppen. Diese haben auch Einfluss.
    Gegen den Willen eines Patienten darf auch in der Psychiatrie nur in sehr engen Grenzen überhaupt etwas gemacht werden, am ehesten noch die Unterbringung, an die aber auch hohe Anforderungen gestellt werden. Eine Therapie gegen den Willen der Betroffenen ist fast gar nicht möglich und der gesetzliche Rahmen wird und wurde gerade noch enger gesteckt. Das wurde meines Erachtens auch hier in diesem Thread schon angesprochen.

  125. #125 threepoints...
    17. Dezember 2012

    @ Dagda

    17. Dezember 2012

    -> Dass das Problem derzeit etwas “unregelmässig” bestehen muß, ist bekannt. Aber daran wird sich sehr wahrscheinlich bald wieder was ändern. Und die neue Regelung wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit effektiv nicht von der alten unterscheiden.

    Die “engen Grenzen” sind auch bekannt. Aber diese werden schon vor aller Wirksamkeit durch strategische Feinheiten außer kraft gesetzt und ein Betroffener rasselt mit Hochgeschwindigkeit trotzdem ins klinische Misshandlungszentrum des Bezirkes. Und mit der Unterbringung istgenau das Problem angesprochen, um welches es normalerweise immer geht – und nur dadurch geht. Freiwilligkeit als Alternative sei hier nicht vorrangig im Focus. Zudem werden viele Freiwillige gar nicht erst aufgenommen. Sie werden nicht als bedürftige Härtefälle (an-)erkannt. Der Psychiatrische Härtefall ist landläufig jener mit gerichtlichem Beschluß. Und den wird auch kein Recht mehr helfen können, weil er keine mehr hat, die ihm vor der Therapie schützen. (bis auf die derzeitige Lage natürlich, di ebald wohl wieder eindeutiger geregelt sein wird).

    Denn Dummschwätzer werde ich mal nicht so ernst nehmen. Der kommt aus der Verzweiflung ob des Themas und seiner angsterregenden Folgen. Stattdessen zitiere ich erneut das Gleichnis:

    Einsteins RT als Abstrusität in Newtons Bewusstsein.

    Soll etwa heissen, dass, wenn du selbst einmal untergebracht bist, die Lage anders erkennen wirst oder nicht zu dir stehst, also dich aufgegeben hast.

  126. #126 threepoints...
    17. Dezember 2012

    “der gesetzliche Rahmen wird und wurde gerade noch enger gesteckt.”

    _> Das ist so immer die verirrung des Beobachters ohne eigenen Bezug zum Thema.
    Es wurde gerade nicht enger gesteckt, sondern es wurde per Gericht aufgefordert, eine gleichwertige Alternative neu zu regeln. Die Tendenz im Glauben, es würde damit ein unrecht gegen Patienten/Individuen nun verhindert…entdeckt und unmöglich gemacht, ist eine Ilusion und naive Hoffnung.

    Gleiches passiert gerade mit einem Gesetz zur Regellung von Datenzugriffen durch Ermittlungsbehörden. Per Gerichtsurteil ist eine Regelung wegen unangemessenheit und unrechten Datenmissbrauch privater Telefonanschlüsse seiner Gültigkeit aberkannt worden. Die Neuregelung aber ist in vielen Teilen laut Medien in ihrem Umfang noch Invasiver und ermöglicht wesendlich mehr und ungeregelte Datenabrufe. Der Bundesrat hat es inzwischen durchgewunken. Man muß sich also fragen, was der Anlass war…und warum das keiner mitkriegt, was da abgeht.
    Mir scheint es Symptomatisch zu sein, dass der naive Beobachter einen Sieg erreicht sieht, wenn ein Gesetz per Gerichtsurteil ausser Kraft gesetzt wird. Das ist defakto aber nur die halbe Miete, aber zuviel Balsam für die Seele, um noch den Rest der Formalität zu beobachten. Prinzip Hoffnung…. danke für die Offenbarung.

  127. #127 threepoints...
    17. Dezember 2012

    Wegen der gerade nicht umfänglichen Regellung der Zwangsmedikation bei Betreuten Patienten eine kleine Episode aus dem Alltag der Geschlossenen:

    ich war neulich zu Besuch und musste ansehen, wie das Personal den Patienten mit Haldol in der Hand hinterherrennen und die Patienten wenig lust verspühren es einzunehmen. Es ist kötlich anzusehen.
    Früher wurden solche kurzerhand einfach festgeschnallt und ins Koma gespritzt. Beschluß war eben Beschluß. Der ist derzeit aber nicht vollumfänglich gültig, wie erwünscht.

  128. #128 threepoints...
    17. Dezember 2012

    Andere Episode und Zeichen der alltäglichen Praxis:

    Ein Patient gerät mit einem anderen aneinander und es funkt Fäuste.
    Es wurde beobachtet und umgehend geriet einer der beiden ins Visir, weil er offenichtlich die Konfrontation für sich entschieden hat.
    Der andere wurde dann wohl bemitleidet.
    Jedenfalls wurde ihm erklärt, dass er nun entweder freiwillig sich fixieren lassen kann, oder zwangsweise fixiert wird. Es spielte keine Rolle, das der Betroffene ruhig und besonnen und – auch wichtig – ansprechbar war. Die Fixierung wurde durchgeführt. Es sei vorschrift für mindestens eine Stunde nach dem Vorfall dafür zu sorgen, dass keine Eskalation mehr stattfinden kann.
    Faktisch sieht es mehr nach einer Strafaktion aus, wenn man einen ruhigen, gesprächsbereiten und ansprechbaren Patienten vorfindet, ihn aber trotzdem fixiert.
    Das zum Thema Rechte haben in einer Psychiatrie. Standgericht nennt man solcherart Verurteilungen (und Bestrafungen).

  129. #129 threepoints...
    17. Dezember 2012

    Und zum Thema Zwangsmedikation:

    Es werden Patienten per Erpressung genötigt schwere Neuroleptiker zu nehmen. Alternativ können sie ja auch entlassen werden. Bedeutet: Entweder der Patient schluckt das Zeug oder er wird entlassen. Die Hilfebedürftigkeit wird also am freiwilligen Medikamentenkonsum ermittelt.
    Im Falle meiner Beobachtung war es eine Diagnose auf Depression. Aber der Stimmungsaufheller hat innerhalb einer Woche keinen sichtbaren Erfolg gezeigt, weswegen der göttliche Arzt das Ultimatum aussprach und ihn gegen den Willen des Patienten zwei Tage drauf entliess. Nebenher aber schwehlte noch ein kleines Symphatieproblem zwischen Ärzte und Patient, sodass ein strategisches Rausmobben nicht ausgeschlossen ist.

    Das übrigens zum Thema ich hätte keinen Einblick in klinische Psychiatrtie und redete vom Pferd. Mein Episodenschatz ist voll bis oben hin. Und sie sind reichlich absurd zuweilen.

  130. #130 Dagda
    18. Dezember 2012

    @ Threepoints
    Da immer noch die Psychiater entscheiden ob ein Patient stationär behandlungsbedürftig ist, ist für die Einweisung/Aufnahme eines Patienten neben der Freiwilligkeit natürlich auch die Indikation für eine stationäre Behandlung wichtig. Psychiatrische Krankenhäuser sind keine Notunterkünfte.
    Und auch Zwangseingewiesene dürfen nicht so einfach gegen ihren willen Medikamente verabreicht werden. Der einzige Grund wäre ein akut lebensbedrohlicher Zustand in dem der Patient seinen Willen nicht mehr kund tun kann, das ist es denn aber auch.
    Und auch noch zur Zwangsmedikation. Den Willen eines Patienten ernst zu nehmen heißt auch ihm die Konsequenzen seiner Entscheidungen aufzuzeigen. Ich kann einen Einzelfall den ich nicht kenne natürlich nicht kommentieren, aber wenn ein Patient die Behandlung verweigert und er nicht desorientiert ist und in der Lage ist seine Situation einzuschatzen welchen Sinn hat es dann dass er im Krankenhaus bleibt? Weitere Diagnostik möglicherweise, aber wenn die abgeschlossen ist?

  131. #131 Dr. Webbaer
    18. Dezember 2012

    @Ponder

    So lange die Aufzeichnungen in der Krankenakte der Ex-Ehefrau in der Arztpraxis nachvollziehbar sind, besteht kein Grund, an der Richtigkeit des Attests zu zweifeln.

    Für Sie vielleicht nicht, für andere schon. – Wenn sich eine angeblich verletzte Person zum Arzt bemüht und keine Anzeige erstattet, aber später die Sache gerichtlich verwertet, gibt es das Problem für die Verteidigung, dass die Verletzungen nicht mehr neutral begutachtet werden können, auch deren Schwere betreffend. – Und genau das war womöglich gewollt, es sieht aus der Ferne nach Munitionierung für eine spätere gerichtliche Auseinandersetzung aus; angeblich habe die Frau ja auch gedroht “fertigzumachen”. – Sie können sich auf Angaben von Ehestreitenden nicht verlassen, deshalb ist das weitere Verhalten von Mollath viel interessanter, und hier hat er eben sehr viel getan sich selbst bei der Klapse abzuliefern. – Krank muss der Kollege aber nicht sein, lol.

  132. #132 Ponder
    18. Dezember 2012

    @ Webbaer:

    Wenn sich eine angeblich verletzte Person zum Arzt bemüht und keine Anzeige erstattet, aber später die Sache gerichtlich verwertet, gibt es das Problem für die Verteidigung, dass die Verletzungen nicht mehr neutral begutachtet werden können, auch deren Schwere betreffend

    Sie unterschätzen die Bedeutung und den Umfang der ärztlichen Dokumentationspflicht:

    https://www.kassenarztrecht.net/behandlungsfehler/50122295a8113ba01.html

    Auch wenn das Attest rückwirkend aus Anlass einer zweiten aggressiven Handlung erstellt wurde, muss es sich auf eine mit Datum zuordenbare und im einzelnen inhaltlich nachprüfbare detaillierte Dokumentation des ursprünglichen Befundes (1.Vorfall) gestützt haben.
    Der ganze Vorgang ist ja nicht nur über die Praxisdokumentation, sondern grundsätzlich immer auch über die Quartals-Abrechnung überprüfbar. Der im SPIEGEL veröffentlichte Wortlaut des dokumentierten Befundes zeigt, dass der Arzt den ersten Vorfall zeitnah und gewissenhaft dokumentiert hat. Daran gibt es – ohne zwingenden Grund – erst einmal nichts zu rütteln.
    Zur gerichtstauglichen Dokumentation im Verdacht häuslicher Gewalt gibt es darüber hinaus Empfehlungen wie diese:

    https://www.aerztekammer-koblenz.de/startseite/aktuelles.html?tx_ttnews%5Btt_news%5D=41&tx_ttnews%5BbackPid%5D=10&cHash=0e38985d92bba5a11dfbf5cbecac96b8

    …Auch sind Ärztinnen und Ärzte in vielen Fällen die einzigen „Zeugen“ der Gewalthandlungen. Daher sollte nicht nur die Untersuchung, sondern auch die Dokumentation der Anamnese, der körperlichen und psychischen Symptome und sämtlicher Untersuchungsbefunde so exakt und nachvollziehbar wie möglich erfolgen. In einem zivil- oder strafrechtlichen Verfahren kann die ärztliche Dokumentation von Verletzungen auch zurückliegender Gewalttaten ein entscheidendes Beweismittel zugunsten der Betroffenen sein. ..

    Ich finde alarmierend, wie in dieser Angelegenheit Verschwörungstheoretiker zur Stützung ihrer Ideen notfalls öffentlich im Web mit Betrugs- und Fälschungsunterstellungen hausieren gehen und auf diese Weise unbescholtene Mitmenschen ratz-fatz als korrupte Kollaborateure erscheinen lassen. Alles ohne stichhaltige Gründe, nur auf der Basis von realitätsfernen Spekulationen.

    Schon aus diesem Grund ist es notwendig, den Fall noch einmal systematisch aufzuarbeiten.

  133. #133 Dr. Webbaer
    18. Dezember 2012

    Der im SPIEGEL veröffentlichte Wortlaut des dokumentierten Befundes zeigt, dass der Arzt den ersten Vorfall zeitnah und gewissenhaft dokumentiert hat. Daran gibt es – ohne zwingenden Grund – erst einmal nichts zu rütteln.

    Natürlich gibt es hier zu ‘rütteln’. Wenn die Zeitnähe und Anfechtbarkeit eines Attestes umgangen wird, das oder der Attest hätte ja auch sofort angefordert werden können, muss man sich in der Richterschaft und allgemein ein paar Gedanken machen, welchem Motivationsimperativ die Dame gefolgt sein könnte.

    Und wenn der Nebenbuhler in den Startlöchern sozusagen bereit stand, muss von der Richterschaft gewichtet werden, und zwar downgradend, so würden das viele zumindest erwarten.

    Was glauben Sie, wie Scheidungsprozesse in D begleitet werden? Also juristisch relevante Vorhalte betreffend.
    Insgesamt hat man nicht viel gegen Mollath außer eben seiner Renitenz. Und Renitenz, draußen laufen viele Bekloppte herum, sogar hier im Kommentarbereich (s.o.), ist nur normal.

    MFG
    Dr. W

  134. #134 Ponder
    18. Dezember 2012

    @ Webbaer:

    Bevor Sie lospoltern, sollten Sie erst mal lesen – vor allem die von mir verlinkten Texte. Einen Satz habe ich sogar markiert.
    Oder leiden Sie an einer unerkannten Impuls-Kontrollstörung?
    Warum sollte sich in diesem Fall der behandelnde Arzt einer Straftat schuldig machen und riskieren, seine Approbation zu verlieren? – Das wäre nämlich die Folge.
    So wichtig ist Herr Mollath und die Schwarzgeldaffäre nun auch nicht, dass das jemand leichtfertig auf sich nimmt – schon gar nicht die Urlaubsvertretung oder Praxisassistenz wie in diesem Fall.

  135. #135 Dr. Webbaer
    18. Dezember 2012

    Was denn genau lesen, Ponder?

    MFG
    Dr. W (der sich vorweihnachtszeitlich auch gerne mal ausklinkt, ein persönliches Interesse an der doitschen Besonderheit Mollath besteht ja nicht)

  136. #136 Ponder
    18. Dezember 2012

    @ Webbaer:

    Was genau?
    Das hier:

    https://www.aerztekammer-koblenz.de/startseite/aktuelles.html?tx_ttnewstt_news=41&tx_ttnewsbackPid=10&cHash=0e38985d92bba5a11dfbf5cbecac96b8

    …Auch sind Ärztinnen und Ärzte in vielen Fällen die einzigen „Zeugen“ der Gewalthandlungen. Daher sollte nicht nur die Untersuchung, sondern auch die Dokumentation der Anamnese, der körperlichen und psychischen Symptome und sämtlicher Untersuchungsbefunde so exakt und nachvollziehbar wie möglich erfolgen. In einem zivil- oder strafrechtlichen Verfahren kann die ärztliche Dokumentation von Verletzungen, auch zurückliegender Gewalttaten ein entscheidendes Beweismittel zugunsten der Betroffenen sein. ..

    Ähnlich hier:
    https://www.signal-intervention.de/download/A4_Infoblatt_Dokumentation_farbig

    Oft ist es sogar so, dass die Opfer beim Arztbesuch zunächst verschweigen, wie es zu den Verletzungen kam bzw dass häusliche Gewalt die Ursache war.
    Der Arzt ist gehalten, selbst im Verdachtsfall sorgfältig und umfangreich zu untersuchen und zu entsprechend zu protokollieren. Medizinrecht ist Gegenstand der ärztlichen Ausbildung – dies sind praxisrelevante Fragen und keine Raritäten.

  137. #137 Dr. Webbaer
    18. Dezember 2012

    In einem zivil- oder strafrechtlichen Verfahren kann die ärztliche Dokumentation von Verletzungen, auch zurückliegender Gewalttaten ein entscheidendes Beweismittel zugunsten der Betroffenen sein.

    So ist anscheinend die in D vorgenommene Praxis, wie bereits weiter oben zK genommen: Sie gibt zu denken.

    Es darf in Prozessen oder bei der sogenannte Wahrheitsfindung aber auch bemerkt werden, wenn Zeugen oder Opfer/Kläger taktisch handeln.

    Zählen Sie doch einfach mal auf, was Mollath nachgewiesenermaßen verbrochen hat. Dass er auffällig wurde bis zur mehr oder weniger gerechtfertigten Einweisung wird hier nicht in Frage gestellt.

    Ergänzend zum politischen Hintergrund vielleicht noch: Seehofer oder die Politik allgemein haben mittlerweile wegen der dünnen Beweislage und wegen des möglicherweise Anklägerischen gegen Banken ein Auge auf die Sache geworfen.

    Es macht politischerseits Sinn Mollath zu nutzen um Banken anzuklagen, wir erinnern uns: Es soll ja eine Bankenkrise geben, es ist aber eine von Politikern verursachte Staatsschuldenkrise.

    Genau hier wird Mollath [1] nützlich.

    MFG
    Dr. W

    [1] dem Dr. W nach mittlerweile erfoigter umfangreicher Würdigung der Sachlage ein Herauskommen aus der Klapse durchaus wünscht, auch wenn er in der Folge ein Werkzeug werden könnte

  138. #138 Ponder
    18. Dezember 2012

    Zählen Sie doch einfach mal auf, was Mollath nachgewiesenermaßen verbrochen hat.

    Das ist nicht meine Aufgabe.
    Das Gericht hilt es – unter Berücksichtigung aller Umstände – für nachgewiesen, dass er derjenige war, der die Reifen aller derer zerstochen hat, die er namentlich in einem Schreiben an einen Anwalt Monate zuvor gelistet hatte – und zwar auf eine Weise zerstochen, dass man die beschädigung nicht mit bloßem Auge erkennen konnte.
    Er war u.a. auch gewalttätig gegen seinen Pflichtverteidiger, den er in seiner Kanzlei festsetzte.

  139. #139 Dr. Webbaer
    18. Dezember 2012

    @Ponder
    Gut möglich, dass das Urteil bzw. die Zwangseinweisung noch sozusagen rechtzeitig vor den nächsten Provinzwahlen zermahlen wird, Old Seehofer hat bereits ein Auge drauf.

    Besonders gefährlich scheint der Kollege ja nicht, wenn berücksichtigt wird, was heutzutage alles auf Bewährung draußen herumspringt.

    MFG
    Dr. W (der sich nun mit weihnachtlichen Wünschen verabschiedet)

  140. #140 threepoints...
    18. Dezember 2012

    Hey Dr. W

    ich fühle mich angesprochen

    Erklären sie sich bezüglich:
    Bekloppte im Kommentarbereich …

    Es klingt so, als ob nur einige solcher Art wären…

  141. #141 Andreas
    20. Dezember 2012

    @Ponder

    In die Schublade “hochbegabt” werd ich auch gern gesteckt und das, was man als Konzentrationsstörungen bezeichnet, kenn ich ebenfalls nur zu gut. Dennoch reicht mein hochbegabtes, konzentrationsgestörtes Hirn aus, um im Alltag gut klar zu kommen und insofern sind diese beiden… nennen wirs mal Anomalien in ihrer Beschreibung für mich weder erklärend noch sonstwie nützlich. Ich brauche diese Etiketten nicht für mein Selbstbild, aber natürlich hilft es anderen, mich einzuordnen, wenn da Bedarf besteht. Ich selbst lass nur eine Beschreibung für mich zu: Ich. (bzw. Du oder Sie). Und wenn ich hinterm Pult steh bin ich halt der DJ und wenn ich in der Redaktion sitz der Redaktionsleiter und in meinem Büro der Marketingleiter und daheim der Hausmann oder Faulpelz. Das sind zum einen Rollen, aber auch Aspekte von mir, aber nie das ganze Bild. Genauso verhält es sich mit psychologischen Etiketten: Wenn ich heul (was nicht so selten ist weil ich nunmal nah am Wasser gebaut bin) bin ich vielleicht depressiv oder Histrioniker, wenn ich grundlos vor mich hin kicher (was noch öfter vorkommt) vielleicht Maniker, wenn beides zusammenfällt vielleicht sogar Bipolar und wenn ich nichts fühl… Psychopath oder Autist oder was weiß ich noch alles. (Letztes Jahr hatte ich das dringende Bedürfnis, mich zu spüren – aber statt selbst zum Messer zu greifen bin ich einfach Blut spenden gegangen. 🙂 ) Ansonsten koch ich total hochbegabt mit Wasser und geh konzentrationsgestört zu Fuß aufs Klo, wenn ich muss. So f**king what. Selbst den Sinn meines Lebens lass ich als nicht näher definierte Mischung aus Hedonismus, Verantwortung und Altruismus weitgehend offen – auch “Nonsens” kann sehr viel Spaß machen.

    Aus meiner Sicht – und ich will beileibe niemanden von dieser Meinung überzeugen – sind diese ganzen psychologischen Konstrukte gut geeignet, die Konzentration aufs Wesentliche erst recht zu behindern und führen, wenn man nicht fähig ist sich davon ausreichend zu distanzieren, zu einer Art zwanghaften Inversion. Mit dem Effekt dass man sehr viel Zeit darauf aufwendet, sich selbst im Weg zu stehn, was Freudianer aber als (Selbst-)Analyse bezeichnen und irgendwie gut finden.

    Vielleicht lässt es sich auch so ausdrücken: Von allen Gedankengebäuden, die ich bisher betreten habe, ist die Psychologie mit Abstand das hässlichste und zugleich banalste. Ein (in bestimmten Bereichen) monströs aufgeblähter Zweckbau aus Sichtbeton, weitgehend fensterlos. Ich war da drin, er hat mich abgestoßen und jetzt betrachte ich diesen höchstens noch von außen. Natürlich ist es geradezu verführerisch bequem, sich von den Hütern dieser Institution vereinnahmen zu lassen, sich für krank oder zumindest abnormal erklären zu lassen und dann darin gehalten zu werden als Patient genanntes Nutzvieh. (Natürlich übertreib ich hier maßlos zur Darstellung.)

    Mit dieser langen Vorrede möchte ich auf folgendes hindeuten: Wenn schon ich selbst, als nachweislich zu kritischem, analytischem und rationalen Denken fähiger Mensch nicht dazu in der Lage bin, mir mich zu erklären, wie soll das dann jemals einem anderen Menschen, und sei er noch so gut geschult, gelingen? Und was soll mir diese Pseudo-Erklärung NÜTZLICHES geben? Mein Unternehmensberater ist nützlich für mich, genauso wie meine Anwälte, mein Steuerberater, meine Assistentin und viele andere. Psychologen/Psychiater sind es nicht. Ich gehe sogar soweit zu sagen, dass dieses System in weiten Bereichen Krankheitsentitäten erfindet oder ohne empirische Grundlage aufrecht erhält, um sich selbst zu erhalten – ganz so, wie ein Bürokrat wohl niemals eine obsolet gewordene Vorschrift abschaffen würde, wenn das dazu führt, dass mit der Überwachung der Einhaltung auch sein Arbeitsplatz entfällt.

    Zurück zum Fall Mollath. Abgesehn von der Rechtssprechung in der Vergangenheit in diesem Fall muss die Frage doch erlaubt sein, ob es angemessen ist, einem Menschen für so lange Zeit die Freiheit zu entziehen und mit vielfältigsten Repressalien zu belegen für Verbrechen, die er vielleicht begehen KÖNNTE – und dies mit den Mitteln der Psychologie zu legitimieren. Logischerweise hat unser Staatssystem ein großes Interesse an öffentlicher Sicherheit und Ordnung und daran ist ja auch erstmal nichts verkehrt. Geht es aber um die Vorwegnahme möglicher Verletzungen dieser Sicherheit in der Zukunft, muss dieses System sich selbst beschränken, will es nicht ins totalitäre Abgleiten. Und genau hier seh ich den Bogen – gesamtgesellschaftlich, nicht nur staatlich – längst überspannt. Wie viele Menschen ich kenn, die ihre psychologische Schublade genauso selbstverständlich als Teil ihrer Identität akzeptiert haben wie ihren Beruf oder ihren Familienstand, ist wirklich unglaublich, aber wahr. Diese ganz allgemein akzeptierte Überhöhung, Überbewertung des psychischen – das niemals Zustand ist, sondern immer Prozess, somit teils gravierenden Veränderungen unterworfen und nicht zuletzt über alle Maßen BANAL – führt zu allerlei seltsamen zwischenmenschlichen Rückkoppelungen, die… alles mögliche sind, aber seltenst nützlich*. Vielleicht hat Mollath seine eigene Sicht der Dinge – letztlich hat die doch jeder – und in der Vergangenheit, einfach ausgedrückt, Mist gebaut. Jedoch ist der Schluss daraus, dass er das wiederholen wird, ebenso wenig logisch wie die Annahme, dass Du oder ich jemals ein Verbrechen begehen werden, “nur” weil das in der Vergangenheit bisher nicht passiert ist. Zudem muss auch ein gewisses Maß an Renitenz erlaubt bleiben – der Umkehrschluss würde ja bedeuten, dass jeder von uns wie Jesus immer auch die andere Wange hinhalten und sich auch sonst alles gefallen lassen müsste, auch von institutionell entsprechend ermächtigten Personen. Es muss einem vermeintlich psychisch Kranken auch zugestanden werden, wenn er schon nicht über Diagnose und Behandlung selbst bestimmen darf, wenigstens nicht auf dieses Etikett reduziert zu werden. Genau das aber ist der REGELFALL in der Psychiatrie.

    Natürlich kann in einem Rechtstaat keine Form von Selbstjustiz erlaubt sein. Einem Menschen, der in einer so krassen Situation wie Mollath sie erleben musste sich nicht völlig Gesetzeskonform verhält, dann aber über so lange Zeit so krass in seinen Rechten einzuschränken ist aber einfach keine angemessene Reaktion und deutet auf Bestrebungen in Richtung totale Sicherheit hin, die immer Fiktion, Utopie ist und bleiben wird. Sieg heile Welt.

    *Insbesondere die schonmal angesprochenen “Bindungsstörungen” sind ausgemachter Schwachsinn. Bindung, verstanden als der Umgang mit anderen Menschen sowie die dazugehörigen Gefühle, die eigenen wie die des anderen, muss genauso erlernt werden wie der Umgang mit Tieren, Maschinen oder sonstwas… komplexem. Passiert das nicht in der Kindheit/Jugend, wirds später eben schwerer zu lernen, ist aber dennoch möglich. Es ist also keine festgefügte “Störung”, sondern eher eine Art “Bildungslücke”, die durch praktisches Training – und nicht durch Blafasel und Pillen – am besten behoben werden kann. Vielleicht kämen wir viel besser mit Querulanten zurecht, wenn wir den Focus im Umgang mit diesen von der Psychotherapie auf eine Soziotherapie verschieben würden. Da ist das mit der Compliance auch deutlich einfacher: Viele Menschen begeben sich ja ganz freiwillig dahin – für Studenten heißt die entsprechende Einrichtung z.B. “Wohnheim” bzw. “WG” 😉

  142. #142 Dr. Webbaer
    20. Dezember 2012

    Abgesehn von der Rechtssprechung in der Vergangenheit in diesem Fall muss die Frage doch erlaubt sein, ob es angemessen ist, einem Menschen für so lange Zeit die Freiheit zu entziehen und mit vielfältigsten Repressalien zu belegen für Verbrechen, die er vielleicht begehen KÖNNTE – und dies mit den Mitteln der Psychologie zu legitimieren.

    Klar, die Frage lautet: Ist Mollath gefährlich?

    Und da gibt das Gerichtsurteil nicht viel her: Ehestreitigkeiten, die Reifengeschichte, Verschwörungstheorien und vielleicht Drohungen.

    Wenn man bedenkt was alles draußen herumspringen darf in D, auf Beispiele soll hier verzichtet werden, es gibt da aber ganz üble Täterfälle, muss Mollath eigentlich raus.
    Man könnte ihn ja anfänglich an harte Auflagen binden und ein wenig beobachten.

    Die Politik scheint’s nicht viel anders zu sehen, siehe oben.

    MFG
    Dr. W

  143. #143 Ralph
    20. Dezember 2012

    @Andreas
    iGuGsiDz

    @Ponder ADHS
    Aus purer Neugierde und Unwissen frag mal ganz dumm . Man hat gelegentlich oder permanent ein Ungleichgewicht an Botenstoffen im Gehirn, was dazu führt, dass man sich schlecht auf eine Sache konzentrieren kann?
    Man bringt in Erfahrung, welche Substanzen man einwerfen kann um dieses Gleichgewicht zu ‘normalisieren’?

  144. #144 Ponder
    20. Dezember 2012

    @ Ralph:

    Auf eine dumme Frage kriegst du eine – oberflächlich – dumme Antwort:
    Eine diesbezüglich sehr wirksame Substanz, die noch dazu rezeptfrei an jeder Ladenkasse zu haben ist, ist Nikotin. 😀

    Mich wundert ehrlich gesagt, warum Tabak nicht mittlerweile unter BTM fällt.

  145. #145 threepoints...
    20. Dezember 2012

    @ Andreas

    Zitat:

    “Mit dem Effekt dass man sehr viel Zeit darauf aufwendet, sich selbst im Weg zu stehn, was Freudianer aber als (Selbst-)Analyse bezeichnen und irgendwie gut finden.”

    -> Der Spruch ist so geil, das er mit dem “Scienceblogs-Nobelpreis” Kategorie Kommentare ausgezeichnet gehört.

    Du weist aber schon, wie wichtig das Priming ist? (bezüglich der Hochbegabung – auch, wenn du dir im Alltag keinen Reim drauf machst…).
    Einem frisch diagnostizierten die metabotschaft des “Schwachinns” mit auf den Weg zu geben, ist nämlich sowas von kontraproduktiv, wenn man begriffen hat, was psychische Krankheiten (sorry: Störungen) eigendlich bedeuten – aber auch sonst ist es unterste Schublade.

    und Selbstanalyse ist bei den meisten psychischen Störungen ein wichtiges Ziel und notwendig, tritt aber aufgrund der Problematik und Situation fast immer ohne den festen Willen dazu sowieso auf. Mehr oder weniger – wenn nicht… dann … scheint nichts zu retten.

    “Bindungsstörung” in meiner Intention war nicht gemeint, was den sozialen Umgang angeht. Es bezog sich auf emotioneler Ebene auf emphatische Wechselwirkungen. Da ist leider nicht viel populär und überhaupt Gegenstand. Betrifft aber natürlich in der Folge einer Problematik auch die Sozialkompetenz und den Umgang mit Mitmenschen. Und da meine ich, dass es natürlich Übungssache sei, aber auf emotionaler Ebene eine ganz andere Art Vorraussetzung zur Übung sei, die ungleich (un)überwindbar ist, als das Schreiben lernen.

    Angesichts der naivität bezüglich der Gefühle … und das alle immer denken, sie hätten selbst welche, also haben andere auch welche – und auch noch genau die gleichen, wie einer selbst, muß man sich eingestehen, dass man über Gefühle weniger weiß, als man sich zugesteht. Das fängt schon damit an, dass die Ursache der Gefühle nicht hinreichend bekannt/populär ist. Gefühle sind nur scheinbar deswegen da, weil wir über unsere 5 Standartsinne Stimuliert werden können. Aber das Eis im wunsche des Kindes ist es nicht, dass das Gefühl überhaupt entstehen lässt – oder meinetwegen allein entstehen lässt. Die funktionale Grundlage der Gefühle und Empfindung muß dazu noch geliefert werden.
    Es schneit ja auch nicht, nur weil es nur kalt genug ist. Es ist auch noch genügend Wasser in der Atmosphäre enthalten (und weitere Bedingungen).

    Es scheint wohl niemanden bewusst zu sein, wie relevant Gefühle/Empfindungen bezüglich sozialer Interaktion sind. Hier also nur von reiner Übungssache zu sprechen, ist fast Blasphemie. Die Übung allerdings ist eben das mindeste daran, was das Individuum dazu leisten kann – nur deswegen ist diese Aussage auch richhtig – aber eben nicht vollständig erklärend.

    Zu hoffen ist, dass auch genug Gelegenheit besteht.

  146. #146 Andreas
    21. Dezember 2012

    Achtung… kaum Inhalt zum Thema, nur (hoff ich) Unterhaltungswert! 😉

    Noch n Bonmot aus meiner Feder gefällig?

    “Den selben Vorgang, den Buddhisten als “Erleuchtung” bezeichnen und mit tiefem Respekt und Ehrfurcht behandeln, bezeichnen Psychiater als “Frontallappenepilepsie” …und behandeln ihn mit Neuroleptika.” 😛

    Naja, ich will weder irgendwas nehmen, noch mein Leben im Schneidersitz veratmen.

    Klar kann das Etikett Hochbegabung auch schnell zur sich selbst erfüllenden Prophezeihung werden. Ich geh größtenteils davon aus, dass das mit allen psychologischen Schubladen so ist und seh genau darin die äußerst fragwürdige Manipulation. Es gelingt halt längst nicht jedem, sich von aufgedrückten Stempeln zu emanzipiern. Im Alltag spielt dieses Wörtchen absolut keine Rolle für mich. Ich geh damit nicht hausiern, außer mir wissen nur meine Eltern und ein paar (hochbegabte) Freunde davon. Und das schöne ist ja: Wenn man schlau ist, kann man sich leicht dumm stellen. Umgekehrt… wirds da schon schwieriger. 😉 Letztlich kann ich mir aber vom Label hochbegabt weder was kaufen noch einen Blumentopf damit gewinnen. Es ist eine Feststellung, aus der einfach kaum was folgt.

    Das sich meine Gefühlswelt ganz anders abspielt als die anderer, erleb ich tagtäglich. Z.B. bin ichseit ca. 16 Jahren viel in der Gothic-Szene unterwegs und dort wird melancholische Resignation (psych: Depression), düstere, kafkaeske Romantik (psych: Psychopathie) und misantrophisches, einsames Schwelgen in Gedankenwelten (psych: Realitätsflucht) hochgehalten wie eine Monstranz. Hinzu kommt eine Vorliebe für alles verbotene, sündige, kranke, verwerfliche. Aber es bleibt in dieser Szene weitgehend ein (Schau)spiel und das bizarre Aussehn dient im wesentlichen der Abschreckung, um die zarte Seele dahinter vor “Normalo”-Einflüssen zu schützen. Oben drauf kommt aber noch eine gradezu pornografisch offen zur Schau getragene Egomanie, die sich vor allem in äußerst kreativer, indivudueller und detailverliebter Maskerade manifestiert, in Kleidung, Schmuck, Accessoires und Schminke. Zudem gehört Bi- oder Pansexualität zu den üblichen Gepflogenheiten und bei entsprechender Neigung wird auch mit SM-Elementen kokettiert. Gender-mainstreaming und freie Liebe gehen hier teils Hand in Hand. Die durchschnittliche Goth-Disco gleicht denn auch einer Mischung aus Swingerclub-Abend und barockem Ball, viktorianische Strenge trifft auf Punk-Attitüde. Getanzt wird in komplizierten, reigenartigen Schritten zu Trauermusik und wirklich niemand ist besoffen, aggressiv oder sonstwie daneben. Normal gekleideten wird der Zutritt verwehrt, mit einem Smoking könnte man aber evtl. noch durchkommen. Alles in allem… immer wieder ein Fest für Sinne und Sinnlichkeit, ein schaurig-schönes wahres Märchen, die gelebte, dunkel-lustvolle Fantasie. Die aber nach wirklich ganz eigenen, subtilen Regeln funktioniert, für die man ein paar Jahre braucht, um sie zu begreifen und zu adaptieren. Eine Freundin hat das neulich “Eskapistizid” genannt. Wundervolles Wort.

    Tja, und nachdem ichs mal wieder geschafft hab mich völlig ins off-topic-aus zu schießen schließ ich mal damit, dass das eben auch ein (mir nicht ganz unwichtiger) Teil von mir ist. Der durchschnittliche Psychiater dürfte in dieser Szene allerdings schwer traumatisiert werden, wird dort doch ausgelebt, was er normalerweise zu entfernen versucht.

    Natürlich muss ich zwischen den Regeln dieser Welt und der “normalen” Umschalten können… und auch sonst, da ich viele Rolle ausfüll und viele Aspekte ausleb. Auch deshalb wirken Schubladen auf mich immer einengend und ich reibe mich einfach beständig daran, dass ausgerechnet die psychologischen ein so hohes Gewicht bekommen haben. Ich analysier mich also ziemlich oft, vermeid dabei aber soweit wie möglich psych. Kategorien. Wahlweise zieh ich dazu mein Rechte und Pflichten als Staatsbürger, Konsument, Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Familienmitglied, Business Punk (Attitüde: Work hard, play harder), Liebhaber oder sonstwas ran… und pfeiff wirklich auf die Werkzeuge der Seelenklempnerei. Kurz gefasst: Wo früher meine Seele war, ist heute alles wunderbar! 🙂

    Hier mal der Soundtrack zum ADS (engl. ADD):
    https://www.youtube.com/watch?v=B4EZzGCHEY8

    Das hat alles nur sehr am Rand mit dem Thema zu tun, soll nur zeigen, dass es auch Menschen gibt, für die die United States of Disneyland, in der jeder satt, sauber, sicher, friedlich und glücklich-dümmlich vor sich hin grinsend ist nicht jedermanns Idealvorstellung vom Staat ist. Ab und zu will ich Risiko, Hunger, Krieg und wütend-traurig sein. Und sei es nur zum Abgleich. Den Rahmen dafür steckt das Gesetz, und die Verbrechen die ich begeh sind entweder gesellschaftlich/rechtlich akzeptiert oder hinterlassen keine Spuren. Soviel zu meiner dunklen Seite… die ich nicht loswerden will, nicht darunter leide.

    @threepoints: Ich versteh Dein Geschwurbel ganz gut. Problem ist: Daraus lassen sich fein Religionen oder Ideologien stricken, aber keine Wissenschaften. Ich halt das Qualia-Problem diesbezüglich für nicht lösbar. Insbesondere aber lassen sich die mit Erlebnissen und Erfahrungen verknüpften Gefühle nicht übertragen, prinzipiell nicht. Was aber recht leicht gelingt, ist Menschen Traumata einreden, negative Erlebnisse zu verstärken. In der Schule wurd ich heftigst gemobbt. So what, habs überlebt, kratzt mich nicht mehr. Auch da weicht meine Sicht erheblich von den Psycho-Pfuschern ab: Ich glaube, dass es eine ganz gute, natürliche Sache ist, dass das Hirn Dinge verdrängen kann. Ist es wirklich sinnvoll, künstlich wieder darin rumzustochern? Ich denke nicht. Auch reden Pseudologen gern von Filtern, die jeder Mensch im Alltag braucht. Ich nenn diese Filter aber Mauern und mach mir einen Spaß daraus, diese einzureißen, bei mir oder anderen. Die Ergebnisse dieses Selbstversuchs sind zum einen, dass ich für manche recht unbequem bin und zum anderen, dass ich mit immer offeneren Augen durch die Welt geh und viele alltägliche, oberflächlich selbstverständliche Begebenheiten intensiver wahrnehm. Seitdem… ist mein Leben ne bunte Party, wirklich.

    @ Ralph: Was bedeutet iGuGsiDz?

    @Ponder: Die Auswirkung von Nikotin auf hochbegabte Hirne fänd ich auch mal interessant zu erforschen… 😉

  147. #147 Ponder
    21. Dezember 2012

    @ Andreas:

    “Den selben Vorgang, den Buddhisten als “Erleuchtung” bezeichnen und mit tiefem Respekt und Ehrfurcht behandeln, bezeichnen Psychiater als “Frontallappenepilepsie”

    Du meinst eher den Parietallappen, vermute ich, und spielst auf diesen umstrittenen Wissenschaftler an:

    https://www.psychservices.psychiatryonline.org/article.aspx?articleid=101550&RelatedWidgetArticles=true

  148. #148 Andreas
    21. Dezember 2012

    Da hast Du recht. Aber eigentlich gehts um die Absurdität, dass dasselbe Phänomen in der einen Gesellschaft erstrebenswert, in der anderen krank ist. Z.B. ist ja Nicht-Wollen für Buddhisten auch ein Ziel, in einer konsum- und leistungsbezogenen Gesellschaft aber ein so großes Unding, dass ein solches Individuum als krank betrachtet werden muss. Wir dürfen machen was wir wollen… aber Nicht-Wollen, dass ist Blasphemie. 😉

  149. #149 Andreas
    21. Dezember 2012

    @Ralph: Never mind, inzwischen hab ichs mir zusammen gereimt.

  150. #150 threepoints...
    21. Dezember 2012

    @ Andreas

    21. Dezember 2012

    “Wir dürfen machen was wir wollen… aber Nicht-Wollen,..”

    -> Korrektur: “…aber nicht Nicht-wollen” jeweils im Kultur(ziel)kontext gemessen.
    zudem muß noch erklärt werden, warum wir machen können, was wir wollen – also nur wollen können, was wir machen “dürfen”.

    —-

    -> Das mit den Traumata ist bedrückend. Am einfachsten bekommt man ein Trauma der Vergangenheit aus dem Bewusstsein, wenn ein neues geschaffen wird. Sonderbar: Gleiches mit Gleichem zu bekämpfen? Das kennen wir doch irgendwo her? (Homöophatie).
    Und das neue Trauma kann man ja mit zivilisatorischen Kontexten eines Rechtstaates und seinen Grundbedingungen fundamentalisieren. Ganz im Sinne der Volksgemeinschaft. So wird also jedes Kind irgendwann strukturell traumatisierter Staatsbürger. Ist ja nur zum Besten aller und demnach auch des einen. Die umgekehrte Perspektive existiert jedoch trotzdem noch. Es relativiert aber auch den Begriff und die Bedeutung “Trauma” auf das Detail im Bewusstsein, welches dort am representativsten vorhanden ist – es könnte also auch ein Trauma darin bestehen, dass einer sehr hochbegabt Mathematik betreibt oder ein Musikinstrument beherrscht. Das Problem besteht also in der persönlichen Konotation des dominanten Inhaltes.

    zum Thema “fragwürdige Manipulation” ist zu sagen, dass natürlich alle externen Reize “Manipulation” seien. Für den Psychotiker im Wahn ist diese Erkenntnis wohl bekannt und Realität. Zu Glauben aber, dass psychische Störungen multikausale Bedingungen zugrunde liegen, die just vom Himmel fallen, ist man dadurch noch nicht zwingend. Erfahrungsgemäß ist jeder Mensch scheinbar stabil, bis das Maß voll ist. Vorrausschauenderweise könnte es Sinn machen, das Maß vorfristig voll zu machen und kontrolliert überlaufen zu lassen. Auf neuronaler Ebene ergeben sich dabei ein paar besondere Ereignisse, die sich logisch folgend psychisch und emotional auswirken.
    Die fragwürdige Manipulation liegt also mutmaßlich in einer Manipulation der Psyche per Funktion im neuronalen System.
    Es ist eben doch nicht so schwer, Indizien zu folgen – aber ein Beweis bleibt damit noch nicht erstellbar. Niemand widerlegt seine vorgegebene Redlichkeit, indem er Strukturen zur Beweisführung gegen sich gestattet und ermöglicht. Die Indizienkette wird mit Illosionen gespickt, dass sich ein Geist daran zermürben kann (und vielfach wird). Zur Auswahl stehen tausende Jahre Kulturgeschichte und darin suggerierte Seins- und Werdensbekundungen ala Nietzsches “Übermensch” und andere …

    Angeichts “Hochbegabung” und seine Bedeutungsherleitung muß man sogar davon ausgehen, dass kognitive Leistungsfähigkeit keine natürlich mehr oder wenig zwingend erfüllende Ursache zugrunde liegt, sondern technologisch konstruiert werden kann.

    Begabung -> Gabe -> gegeben bekommen … und nicht entstanden aus dem Nichts.

    Eigendlich verwundert oder widerspricht es mit nahezu nichts. Kultur muß konstruiert werden, damit sie besteht (wie erwünscht). Alles andere mündet doch – wie wir “wissen” – als wilde Buschmenschen mit Sper und Barfuß und ohne Tischmanieren und so…

    Naja, ich habe die Frechheit besessen zu behaupten, das Wissenschaft sich natürlich auch an Ideologie orientieren muß, damit beides erwünscht existieren kann. Solche Hinweise sind natürlich ganz besonders unpopulär und erregen Widerwillen und bewussten Widerstand. Wenn du mir vorhälst, es sei “nur” Ideologie und Religion damit zu machen, muß ich fragen, wer denn dazu berechtigt ist, “es” zu machen, denn gemacht werden muß es scheinbar sowieso. Und in letzter Instanz ist natürlich keine Ideologie der Sieger aus der Auseinandersetzung, sondern die größere Macht (und ihre Mittel).

    Interessant auch – Zitat:

    “Ab und zu will ich Risiko, Hunger, Krieg und wütend-traurig sein.”

    -> Was meinst du denn, warum sich da Menschen bewusst verletzten? (Ritzen – die Haut aufschneiden).
    Es gibt in jedem Menschen das eigene Errgungspotential. Die Ungerechtigkeit liegt darin, wenn dieses Potential schon von Kindestagen an derart ausgereizt ist, dass das (alltags-er-)Leben keine Erregung mehr bereithält/verursacht, die irgend motiviert. Das ist übrigens Kernursache einer Depression etwa. Das Zufügen von Schmerzen ist dann ein tägliches Highlight, dass diese fehlende Erregung im Leben besorgt. Ich kann diese Menschen verstehen (inzwischen). In der Rückschau meines Lebens habe ich mir diese Erregung auch selbst herbeigeführt – in vielen möglichen Strategien, nur nicht direkt. Eine war, dass ich mich in meinem Beruf wenig um kleine Gefahren für Haut und Knochen kümmerte und so inzwischen eine besonders große Anzahl Narben auf meiner Haut davon zeugen. Konflikte mit dem sozialen Umfeld können ebenso dafür verwendet werden … und zu einem Teil also mehr oder weniger bewusste Konstruktion sein.

    In diesem Sinne ist deine Aussage der “Übungssache” für einen Desensibilisierten (bezüglich Erregungsfähigkeit) ein unüberwindbares Problem. Wenn in der Übung keine Emotion mehr steckt, bringt die Übung gar nicts, ausser Abneigung. Übungsinhalte kommen nicht nahe genug ans Individuum herran. Und ich setze also “Angst” hier als Kulturtechnik, die erforderliche Erregung erzeugt.

    Angesichts “Geschwurbel” nehme ich an, dass du einen anderen Blog gefolgt bist? Und gar nicht den Inhalt unter diesem Blog meintest.

  151. #151 Ralph
    21. Dezember 2012

    @Andreas
    🙂
    Ich kann deine Gedanken gut nachvollziehen, fasse mich aber gerne kurz.
    @Ponder
    danke, das mit dem Nikotin, Koffein, sportliche Betätigung etc. konnte ich mir schon denken. Aber falls es nicht zu viel verlangt ist hätte mich deine persönliche Sicht und Erfahrung interessiert, die ja über das hinausgeht was man in Wikipedia nachlesen kann. Aber auch nur dann wenn du es in drei bis vier Sätzen sagen könntest oder wolltest.

  152. #152 Ralph
    21. Dezember 2012

    @…
    ‘Geschwurbel’?
    Na, das sagt ja gerade mal der Richtige.

  153. #153 threepoints...
    21. Dezember 2012

    Mit der vermeindlichen “Rücksichtslosigkeit” in der Selbstverletzung gegen sich selbst steckt aber eben auch die Strategie eine latente Erregungsstimmung zu durchbrechen. Mag also diese Praktik nicht aus Erregungslosigkeit angewendet sein, sondern wohl wegen der fehlenden Dynamik der latenten Erregungsstimmung. (?) Wie gesagt: Die Qualia ist eben nicht einfach einzuordnen. Wesegen sie aber auch nicht einfach ignoriert werden darf – weil ein System darauf strukturell keine Rücksicht nehmen kann oder letztendlich darf.

  154. #154 threepoints...
    21. Dezember 2012

    @ Ralph

    21. Dezember 2012 @…
    ‘Geschwurbel’?
    Na, das sagt ja gerade mal der Richtige.

    -> … sagt ein Richtiger. Auf jeden Fall hat er wohl vollumfänglich durchgeblickt – Respekt.

  155. #155 Andreas
    21. Dezember 2012

    @threepoints

    strukturell traumatisierter Staatsbürger

    Das ist aber auch eine preiswürdige Formulierung!

    Angesichts “Hochbegabung” und seine Bedeutungsherleitung muß man sogar davon ausgehen, dass kognitive Leistungsfähigkeit keine natürlich mehr oder wenig zwingend erfüllende Ursache zugrunde liegt, sondern technologisch konstruiert werden kann.

    Das ist sicher ein Teil der Wahrheit, das entsprechende Umfeld, die Möglichkeiten müssen gegeben sein, aber es gibt ebenso deutliche Hinweise darauf, dass Hochbegabung AUCH eine Metabolismus-Anomalie ist. Ich find das köstlich… ich verdau Informationen anders, weil ich Nahrung anders verdau. 🙂 Letztlich lässt sich das wohl weder metaphysisch noch physisch vollständig beschreiben und hat damit mit der Quantenphysik gemeinsam, dass es ein sicheres Zeichen ist, es nicht verstanden zu haben, wenn man meint, es verstanden zu haben.

    Vehement widersprechen würd ich der Aussage, dass Kultur konstruiert werden muss. (Wobei der Begriff ja an sich schon problematisch ist, darunter kann man ja alles vom Feuerrad über Museumshöhlenkathedralenmalereien bis hin zur Zahnzusatzversicherung subsumiern.) Kultur folgt annähernd vollständig evolutionären Prinzipien, entsteht an vielen Stellen eher zufällig und es setzt sich durch, was “gut” ist. Wobei “gut” hier aber sehr viel weniger klar definierbar ist als bei der biologischen Evolution, wo “Überleben” und “Reproduzieren/Vermehren” einer Entität (Spezies) die wesentlichen Marker sind. “Gut” kann im kulturellen Sinn ja z.B. “unterhaltsam”, “gemeinschaftsbildend”, “sinnstiftend” und vieles mehr bedeuten. Der Punkt ist aber, dass das zumindest heutzutage kaum noch kulturell (top-down) konstruiert werden kann. (Oktroyieren dagegen schon.) So bescheuert das “Duckface” z.B. zur Darstellung der eigenen Person auch ist, aus irgendeinem Grund hat es weite Verbreitung gefunden. Daran ist sicher nichts konstruiert. Ebenso sind vermeintlich “höherwertige” (im Grunde verbietet sich hier weitgehend jede Wertung) Kulturleistungen eher evolviert als konstruiert. Aufs Individuum runtergebrochen liegt hierin ein grundlegendes Dilemma der psychotherapeutischen Manipulation: Um zu anwendbaren Methoden zu kommen, braucht es zwingend ein festgefügtes und somit immer konstruiertes Menschenbild. Und das halte ich für eine vergleichbar großen Fehler wie die Vorgaben von Religionen für die Eintrittskarte zu Himmel, Nirvana oder ähnlichem. Den Gegenpol dazu stellt für mich Coaching dar: Statt vermeintliche Krankheitskonstruktionen zu “heilen” – was im Grund bedeutet, Schwächen und als Nebenwirkung Stärken so lange auszubügeln, bis ein durch und durch rundgelutschtes, angepasstes, normiertes und über alle Maßen mittelmäßig-langweiliges Individuum heraus kommt – wird hier auf die vorhandenen Potentiale abgestellt: Stärken stärken, Schwächen managen. Ich fordere Coaching als Kassenleistung!

    Hier sind wir auch sofort wieder beim ursprünglichen Thema: Mollath hat nachweislich die Fähigkeit, eine Firma zu führen, wenn auch nicht unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entwickeln. Würde man ihm die Möglichkeit verschaffen, die operative Führung einer vergleichbaren Firma zu übernehmen, wobei jemand anderes der das besser kann die wirtschaftlichen Aufgaben übernimmt, bin ich mir recht sicher, er würde seine Version von “Erfolg” leben können… wenn er das Firmenführen nicht dank jahrelanger “Therapie” verlernt hat. Das zumindest erscheint mir deutlich wahrscheinlicher als weitere Straftaten von ihm.

    Nach der Insolvenz meiner Firma (und einiger Zeit fast völliger Lethargie zum Verdauen des ganzen) hab ich genau diesen Weg gewählt, bin zu meinem besten Kunden gegangen, hab mir ein entsprechend ausgestattetes Büro hinstellen lassen und kann jetzt im gestalterischen/kommunikativen glänzen, ohne mich ums wirtschaftliche kümmern zu müssen, was ich nie so gut konnte (sonst wär meine Firma ja auch kaum insolvent gegangen). Und… ich bin verdammt glücklich damit, auch wenn es mir etwas fehlt, vollständig mein eigener Chef zu sein. Aber da ich nebenher noch freiberuflich tätig bin, ergeben sich hier noch genügend Möglichkeiten für mich, alle meine Neurosen und Psychosen wirtschaftlich zu verwerten. Ich lebe ja tatsächlich von dem Kram, der meinem Hirn entspringt, und das kann auch schonmal was so herzzerreißend eloquentes wie “Schalalala” sein… wenn jemand ne gute Melodie dazu macht, kann man es trotzdem verscherbeln. 😉 In diesem Zusammenhang hat “Psychohygiene” einen graduell noch etwas ekelhafteren Beigeschmack für mich als “Rassenhygiene”. Ich achte meine dreckigen, düsteren Gedanken und Gefühle ebenso wie meine sauberen hellen und liebe es, in völliger Abgeschiedenheit in der chaotischen Müllhalde meines Kopfs zu wühlen. Ob die Fundstücke von dort irgendeinen Wert haben, hab ich letztlich garnicht zu entscheiden, das übernimmt dann der Kunde, Vorgesetzte, Markt. Zum Glück. (Umgekehrt funktionierts natürlich auch, die Vorgaben kommen von außen und ich such dann was passendes raus.)

    Insofern lautet die Antwort auf Deine Frage, wer denn dazu berechtigt ist, Ideologie zu machen: Jeder! Jedenfalls, wenn wir weiterhin evolvieren und nicht zu einem totalitären Totpunkt gelangen wollen.

    Bei der Depression bin ich ganz bei Dir – es gibt zwei Dramen im Leben: Träume/Ziele nicht zu verwirklichen und Träume/Ziele zu verwirklichen. Außerhalb psychologischen Vokabulars kann man diese “Volkskrankheit” größtenteils widerspruchsfrei auch Dekadenz nennen. Neulich sagte eine Bekannte zu mir, ders eigentlich ganz gut geht: “Ich muss mal wieder zum Psychologen… ich möcht mal wieder so richtig von Herzen heulen.” Das Problem dabei: Man primed sich allzu leicht auf die leicht zu erreichenden Erregungen wie Ritzen, Psychotherapie, Frustshoppen oder (legale oder illegale) Drogen und gerät in die psychische Abhängigkeit – man braucht diese Art Kick immer wieder und letztlich wird es doch unbefriedigend, weil Gewohnheit. Es gibt dafür aber auch verschiedenste andere Bewältigungsstrategien. Aus meiner Sicht ist z.B. eine gute Strategie dagegen, auf alle Inversion zu pfeifen und sich selbst herausfordernde extrinsische, demnach reale Aufgaben zu stellen, idealerweise welche, die man sich selbst von vorn herein nicht zutraut. Eben dahin gehen, wo’s weh tut. Natürlich ist das auch etwas gefährlich. Wenn man sich selbst nicht zutraut, ein Haus anzuzünden, könnte man ja auf die Idee kommen… wenn der hauseigene gesunde Menschenverstand nicht ausreicht, das zu verhindern, kann man ja auf das Ergebnis abstellen. Baut man dabei was auf, erzeugt, erschafft man was? Oder wird etwas oder jemand geschädigt, zerstört? Oder aber man akzeptiert den eigenen Hedonismus und gibt sich dem Spaß hin. Ein Nebenprojekt von mir ist z.B., mal wieder Sex mit zwei Frauen zu haben, ohne dafür zu bezahlen (einvernehmlichen, natürlich). Einfach, weil das so furchtbar schwierig zu bekommen ist, insbesondere weil ich nicht gerade ausseh wie George Clooney.
    Natürlich gibts solche Ansätze auch im Rahmen mancher Therapie… nur seh ich nicht, welchen Nutzen der Therapeut dabei hat, außer die Rolle des Schulterklopf-Monkeys zu übernehmen.

    Eine andere Möglichkeit ist etwas, was ich “memetische Überlagerung” nenn (Bestimmt gibts dafür einen anderen Psycho-Fachausdruck). Die bewusst induzierte Psychose in Verbindung mit einem realen Erlebnis, sozusagen. Kurz vor dem ersten Schnee war bei einem befreundeten Unternehmer, der einen Schrottplatz hat, und hab mit einer Brechstange nach Herzenslust Autos kaputt geschlagen. Dabei hab ich aber ausgeblendet, dass ich vorher um Erlaubnis gefragt hab, sondern mir vorgestellt wir würden durch eine normale Straße marodiern. Und DESHALB hat es riesen Spaß gemacht. Natürlich muss man aufpassen, wie weit man solche Spiele treibt. Sicher wärs unverfänglicher gewesen, einfach GTA oder vergleichbares zu zocken. Offiziell hätte mir das mein Kumpel aus Sicherheitsgründen jedenfalls nicht erlauben dürfen. Ist man zu ungeschickt dafür, den richtigen Rahmen zu wählen, gerät man zwangsläufig mit dem Gesetz und/oder Mitmenschen in Konflikt. Hier genügend Realitätssinn zu beweisen trübt den Spaß aber nur geringfügig… es sei denn, der Reiz des Verbotenen ist der einzige, der verbleibt. Zum Glück reizt mich (sinnvollerweise) Verbotenes nicht und ich bin noch nicht mal wirklich in der Lage, diesen Reiz nachzuvollziehn. Im wesentlichen leb ich meinen Jagdtrieb z.B. geschäftlich aus: Ich jage und “erlege” Kunden/Aufträge. An all dem… verdienen die Psychologen nur leider keinen Cent.

    Ich geb Dir recht, dass ein System auf Gefühle (Qualia) letztlich keine Rücksicht nehmen kann. Dennoch sollte es Platz dafür lassen, und zwar nicht nur die Gummizelle. Vor allem aber sollten wir von diesem um sich greifenden und (aus meiner Sicht) aus den USA importierten Glücks-Terror wegkommen. Das Leben wird ätzend dumpf und erregungslos, wenn alle Tage Sonntag ist. Da hilft dann auch kein Konsum mehr. Andererseits… kann man es schon auch als Fortschritt sehn, wenn das Leiden unter der unerträglichen Leichtigkeit des Seins einen so wesentlichen Platz in einer Gesellschaft hat. 😉

    Mein wesentliches echtes Problem derzeit ist Disziplin. Seit ich meine Firma los bin und ein viertel Jahr “Staatsangestellter” war, mangelt es mir daran ziemlich und das steht mir ein ums andere mal im Weg. Hier würd ich mir ein waschechtes Bootcamp wünschen. Ohne Pillen und Psycho-Blafasel, aber mit hartem, auch körperlichem Drill. Ist jemand sowas als private Einrichtung bekannt? Wenn nicht, wär das ja mal ein Ansatz für meine nächste Unternehmung… kenn eine ganze Reihe nerdiger, verzogener Wohlstandsbengel im Alter von 20 – 40, die sich das wirklich sehnlich wünschen. 🙂 (Mir graut auch vor der Generation, die weder Wehr- noch Zivildienst kennt. Hätt ich keinen Zivildienst machen müssen… meine soziale Inkompetenz wäre wohl noch ein Stück grotesker als die von Sheldon Cooper.)

    @ Ralph: Natürlich schwurbel ich! Ich übertreib, verkürz, zisellier, verbräm oder verbildliche, wie’s mir grade passt und meine fröhlich vor mich hin. Ich bin weder Wissenschaftler, noch will ich irgend jemand missionieren oder therapieren… ich darf das, glaub ich. 😉 Außer der Bloginhaber hat was dagegen. Außerhalb der gestrengen Regeln der (meist eher selbsternannten) Hüter des Scienceblogs-Kodex lautet das Synonym für Schwurbeln sowieso “Reden/Schreiben, wie einem der Schnabel gewachsen ist” und ich finde nichts falsch daran. Wenn Du kürzere, emotions- und meinungsbefreite Texte willst, weniger Pharaphrasen und Metaphern, mehr Inhalt und weniger Verpackung für gleiches Geld, les halt wen anders. 😉

  156. #156 threepoints...
    22. Dezember 2012

    @ Andreas
    Zitat:
    “Kultur folgt annähernd vollständig evolutionären Prinzipien, entsteht an vielen Stellen eher zufällig und es setzt sich durch, was “gut” ist.”

    Nein, wenn du dem Leben freien Lauf liessest, ergäbe sich Kaos. Hochkultur folgt einer quasidemokratischen Tendenz, die entscheidet, was “gut” ist und also konstruiert wird. Ganze Kulturinhalte sind natürlich an ihren Grundbedingungen orientiert, aber nicht ohne Anlass und Vorsatz entstanden. Eine Evolution möge man vielleicht ausmachen wollen. Aber es bleibt die Tatsache, dass sie konstruiert und erhalten werden muß, sie sonst nicht entstünde. Des Menschen Freude daran sei dann ein erhaltender Faktor. Gefallen aber kann dem Menschen auch etwas völlig anderes, was aber nicht kulturell tradiert wurde.

    kulturtechniken sind m.E. bottom-up konstruiert. Allerdings muß wohl eingeschränkt werden, dass inzwischen auch andersrum sozusagen “auferlegt” werden kann – medialer Macht wegen, die uns das Weltbild nahe bringt. Zu Unterscheiden sei hier eine Lebensnotwendigkeit des Gegenstandes oder alles darüber Hinausgehende. “Es” aber est herstellen zu müssen, damit es besteht, betrifft alle.

    Dass du deine eigene “kultur” quasi simmulierst (Schrottplatz vs. Strassenschlacht), ist ein Beweis, wie sehr konstruiert wird in aller Kultur. Sublimierung an allen Ecken – was es also zum Konstrukt macht. Schützenfeste könnte man leicht dahinein stecken.

    “Glücksterror” ergibt sich aus der Tatsache, dass man mehr Glück empfinden kann, wenn man anderen nicht zuwider ist oder sich verhält. Das Ergebnis solcher Systematik sei dann ein glückliches Volk, so alle sich gegenseitig dem anderen Unterwerfen – es kann also niemand glücklich werden, so er anderen unangenehmes antut. Kants KI an allen Fronten (nicht an allen…). Hier steckt allerdings viel selbstprophezeíung drinnen, weil die kausalen Bedingungen nicht homogenisiert sind.

    Sheldon Cooper ist der funktional und auch anderweitig Prototyp der erwünschten Funktionseinheit des zukünftigen Menschens. Der ideale Autist, wie wir ihn uns alle unbewusst vorstellen, wie alle anderen um uns herum sein sollten. Es mit uns selbst zu verbinden, fällt uns aus bestimmten Gründen schwer. Reflexartig sind wir ja immer nie betroffen und beteiligt. Aber wir würden es auch nicht bemerken, wenn wir es irgendwann erfüllen könnten und so seien.

    Und Ralph wird wohl mich meinen mit Geschwurbel… Dieser running gag entwickelte sich in einem anderen Blog.

  157. #157 Andreas
    23. Dezember 2012

    Uh. Also abseits von allem bottom-up, top-down, left-right, kreuz-quer Konstruktivismus… Alter, geh doch mal wieder raus unter normale Leute und lausch normalen Gesprächen. Nur um die kleine kognitive Dissonanz loszuwerden, sheldoneskes Verhalten wär in irgend einer Form erstrebenswert. Das ist eine Witzfigur, eine Karikatur, nichts weiter.

    Oder geh mal auf den Kiez und erfahr am eigenen LEIB, dass die Bezeichnung “Dschungel” durchaus passend ist und sich Deine psychosozialen Kontakte auf einen Schlag in die Fresse beschränken werden, wenn Du es mit Deinem Geschwurbel ungefragt übertreibst.

    (Pseudo-)Intellektualität passt vielleicht prima hier in diesen virtuellen Science-Slam, ist aber längst nicht für jeden überhaupt erstrebenswert oder zielführend. Und letztlich ist der Bauer oder Schreiner auch nicht unbedeutender oder weniger nützlich für unsere Gesellschaft als ein Quantenphysiker oder IT-ler (nur hat der halt kaum die Zeit zu bloggen). Das wird sich auch solange nicht ändern, solang wir es nicht schaffen uns per transhumanstischer Werkzeuge von Metabolismus u.ä. zu empanzipieren und unsere geistige (zeitliche) Begrenztheit mit unserer körperlichen verknüpft bleib. Und das kann dauern und darüber hinaus stellt sich natürlich sofort die Frage, ob das wiederum wirklich erstrebenswert ist und wohin das führt. Eine Welt, in der sich Google neue Nutzer per copy und paste selber macht, kommt mir jedenfalls reichlich absurd vor.

    Siehe hierzu auch diesen unglaublich putzigen, weil viel zu weit gedachten TED-Vortrag: https://www.ted.com/talks/susan_blackmore_on_memes_and_temes.html

    (Moment… meine Katze springt grad auf meinen Schultern rum)

    Was Du mit “idealer Autist” im Bezug auf die Menschen um uns rum meinst, hat aber widerum viel mit dem zu tun, was dem Fall Mollath zugrunde liegt: Den Anspruch, den wir an unsere Mitmenschen stellen, ist vor allem Berechenbarkeit. Jedes Individuum, das nicht nach für uns begreifbaren Regeln “funktioniert” und agiert, ist uns mindestens suspekt. Und das ist ja der eigentliche Anspruch an die Psychiatrie: Mach den bitte mal so wie wir, stell die Spur bei ihm ein, bring ihn auf Linie. Als Metapher dazu fällt mir die Flurbereinigung ein. Die Gedankenfelder und -flüsse sollen zum maximalen Nutzen aller Beteiligten umgestaltet werden. Auf Kosten der Bio- (Psycho-)diversität. Deshalb lassen wir Andersdenkende mit Gedankenschädlingsbekämpfungsmitteln behandeln. Lieber einen Holzkopf als einen mit Borkenkäfern darin. (Sozialismus wurde ja eine Zeit lang in den USA auch als Krankheit gesehn.)

    Bei einer organischen Betrachtungsweise des Gebildes Gesellschaft – die ich für nicht zutreffend, aber zur Veranschaulichung mitunter geeignet halt – könnte man auch sagen, Menschen mit quer- bzw. freidenkerischen Tendenzen verhalten sich wie freie Radikale, erzeugen oxidativen Stress, wirken zersetzend und u.U. sogar cancerogen. Andererseits ist aus der Biologie auch bekannt, dass etwas oxidativer Stress für einen Organismus durchaus förderlich ist. Vielleicht sollten wir einfach mal darüber nachdenken, wie viel freie Radikale wir unserer Gesellschaft zumuten können und in welchem Rahmen, ohne sie tatsächlich zu destabilisiern. Man kommt dabei zu der Erkenntnis, dass wir eigentlich ganz schön viel vertragen, auch wenn es… stresst.

    Es kommt mir so vor, als würde hier eine parallele Entwicklung stattfinden: Weil wir, gesellschaftlich gesehn, uns an immer weniger Gefahren messen müssen, ertragen wir auch immer weniger davon und schreien in der Folge immer früher “krank” und nach einem eingebildeten Arzt für die jeweilig eingebildete Krankheit. Und da auch immer mehr Menschen entsprechend geschult sind… vielleicht entwickeln wir uns ja von der Agrar- über die Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft zur Krankheitsgesellschaft, in der wir uns alle fröhlich gegenseitig therapieren. (Wertschöpfung ist ja sowieso schon lang irgendwie bäh.)

    Aus meiner Erfahrung heraus kann ich jedenfalls sagen, dass die tatsächlich verrücktesten Leute, die ich getroffen hab zumeist Unternehmer waren – Stresser, Firestarter, getrieben von einer Vision, die sie wahr werden lassen (wollen). Etwas neues machen oder etwas bestehendes anders und vor der Gefahr, ultimativ zu scheitern, nicht zurückschrecken. Und dadurch manchmal – eigentlich eher selten, aber dennoch – in einer Garage anfangen, Computer mit angebissenen Äpfeln zu bekleben und nachher kommt ein Imperium dabei raus. (Wenn man sich mit ihm beschäftigt, merkt man dass Jobs ein durch und durch extremer Mensch war).

    Aber gerade D ist ja seit Jahren ziemlich gut darin, aus Angst vor destruktivem Querulantentum das konstruktive gleich mit zu ersticken. Im Lauf des nächsten Jahres werden wohl aus drei der Projekte, in die ich gerade involviert bin, Firmen entstehen. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine dieser Firmen ihren Sitz in D haben wird, geht gegen 0. Es sieht hier ganz ähnlich aus wie in der Wissenschaft, wobei ich da viel weniger direkten Einblick hab.

    Jedenfalls… merk ich mehr und mehr, dass mir das Zeug zum anständigen deutschen strukturell traumatisierten Staatsbürger (gleich mal einüben 😉 ) fehlt, weil ich mit der german Angst viel zu sehr fremdel.

    In diesem Sinn… frohes Konsumgütertauschfest.

  158. #158 threepoints...
    23. Dezember 2012

    “…aus Angst vor destruktivem Querulantentum das konstruktive gleich mit zu ersticken.”

    -> Früher war hier vor allem Angst die Strategie der Wahl. Aber das bestreitet man natürlich reaktiv. Gleiches aber ist noch immer mit Gleichem entgegen zutreten – die derzeit realistischste Konsequenz gibt noch immer nichts besseres her – außer eine davorgeschaltete Inszenierung einer Krankheit. Etwa Krebs als tendenziel Todesandrohend, aber potenziel Heilsbringend – weil es einem die Möglichkeit bietet, demütig zu seinem Leben hinauf zu schauen.

    Und so schwurbel ich von Angst und deren Motivation. Depression sei hingegen der Verlust der Angst. Und sowas ist schlimmer, als Stimmen zu hören – ideologisch betrachtet. Ebenso, wie es schlimmer sei, im Affekt zu handeln, als seinen Amoklauf zu planen – ideologisch gesehen. Ungeachtet dessen, dass ein geplanter Amok-Terrorlauf natürlich logischerweise mehr Opfer fordert. Wir machen uns die Ästhetik daran nur nicht bewusst und sind anstatt aus Verzweiflung abgrundtief empört und bestürzt. Es ist Anwiderung der eigenen Gefühle zur Tatstruktur – schlichtweg Übersprungsverhalten. Ich erinnere daran, das der Begriff aus der (Tier)Verhaltensforschung stammt und eine Reaktion aus absoluter Verzweiflung beschreibt – die Ersatzimpulsentladung aus einem von Extern aus verbotenen Verhaltensmuster.

    Ich glaube, ich muß mir ein anderes Buch nebens Kopfkissen legen…(dort liegt gerade Kierkegaard – Der Begriff Angst / Die Krankheit zum Tode).

    Und wo einige zu ihrem Gott im Nirgendwo beten, tun andere das selbe gen abstracts und alle aber ignorieren ihre Existenz dabei, als ob sie nicht sei. Was der Sinn daran sei und die Krankheit am “Linkssein”… Verzweiflung eben.

  159. #159 Andreas
    23. Dezember 2012

    Hm… also ich finde es auch ohne Krebserkrankung nicht sonderlich schwer zu begreifen, dass das eigene Leben nur aufgrund der eigenen Endlichkeit überhaupt Sinn macht. Würde man ewig leben… würde man sich wohl auch für alles ewig Zeit lassen. Oder es gleich bleiben lassen. Nur wenn ich das eigene Leben als – endlichen! – Prozess begreif, versuch ich doch ernsthaft, die Fotosafari in Afrika möglichst bald unterzubringen. Und damit sofort der Tourismusbranche nützlich zu werden. Oder Kinder zu haben.

    Von Demut halt ich nicht allzu viel. Von Mut schon eher.

    Hm… also wenn Depression der Verlust von Angst ist, dann bin ich aber mal schwerst depressiv. 🙂 Ok, den Antrieb, das maximal Mögliche aus meinem Leben herauszuholen, könnte man schon Angst nennen. Ich bevorzug aber den Begriff Lebenslust. Die Ironie, über die ich immer wieder stolper ist ja, dass vermeintlich depressive Menschen oftmals nur einfach wunsch- (und dadurch auch antriebs-)los glücklich sind – ohne das zu erkennen. Ansonsten geb ich Dir aber recht, wir haben gefälligst zu wollen, Lust zu haben (natürlich nur auf die sozialwirtschaftlich nützlichen Sachen!) und uns gegen Ver-Lust zu ver-sichern. Alles andere wär ja nicht wirtschaftlich.

    Mit Deinem letzten Absatz könntest Du tosenden Beifall in jedem Gothic-Forum ernten, das ist recht genau die Grundlage der zu dieser Szene gehörenden Lebenseinstellung. Ein beliebter, geflügelter Satz lautet: Die beste Nation ist die Resignation.

    @Ponder: Falls Du noch mitliest… hast Du’s schonmal mit Glutamin versucht? Lustiges Zeug. Damit schreiben Apotheker ihre Staatsexamen (und man sollte ja meinen, das gerade diese wissen was sie tun) und unter Schauspielern ist es der Geheimtipp, um 90-minütige Mono- oder Dialoge auswendig zu lernen. Fühlt sich auch echt strange an, wenn sich der ganze Gedankennebel 10 – 15 Minuten nach Einnahme zu etwas viel kompakteren, konkreteren verdichtet… (Das Sätzchen mit den Risiken und Nebenwirkungen werd ich Dir ja nicht sagen brauchen… ist eh ein relativ harmloser Stoff, mit Koffein kann man leicht schlimmeres anstellen.)

  160. #160 threepoints...
    24. Dezember 2012

    Andreas

    23. Dezember 2012

    Was Depressionen betrifft, bin ich mi rnicht mehr sosicher. Es möge auch was anderes sein, die Angst völlig egal erscheinen lässt. Wenns gegenwärtig kein Ding im Leben gibt, dass irgend motiviert, tuts auch ansgst natürlich nicht und ist dann auch nebensächlich. Depressionen wirft man einem ja schon mal hinterher. Ob ich je eine hatte?

    Manche meinen, es sei die Vorfreude auf eine erreichbare Sache. ich meine aber auch, es ist die Angst davor, es nicht zu erreichen. Sofort scheint dann nämlich auch klar zu sein, welch versager man ist.

    Eben habe ich noch was gelesen über Fritz Rieman und seine These über Grundformen der Angst. Ich meine nicht, dass es Sinn macht, diese Erregung zu unterteilen. Angst ist Angst – nur psychotherapeutisch möge das noch Sinn machen, wenn man die Situationen reduziert.

    Also schnell mal assoziiert bedeutet Demut die Akzeptanz, dass dich deine Angst beherrscht. Dieser Zustand sei dann die Grundkondition. Dann ist natürlich Gelegenheit gegeben, jederzeit die Angst zu überwinden. Das fällt leichter, wenn du einen Arbeitsvertrag abschliesst und erfüllst. Schwerer schon, wenn du eine Bank überfallen oder amok laufen willst. Wenn das mal nicht so gewollt ist…aber was steckt organisch für eine Systematik dahinter? Ich hätte eine ganz besondere Erklärung dafür.

    ich täte also rein inhaltlich in die Gothic-szene passen…!? Na Prima, ein neues Teil meines Weltbildes beginnt damit zu entstehen. Ich dachte dabei immer an Todeskult undso…

  161. #161 threepoints...
    24. Dezember 2012

    Demut ist also eine Art Freiwilligkeit. Sollte das nicht so geschehen (freiwillig), bekommt man rein logisch in komplexen Gesellschafte Probleme. Nützen dann auch alle Hilfeleistungen zur erneuten Akzeptanz und Annahme der Demut nicht, folgt die vorsätzlich herbeigeführte Neurodegeneration der betreffenden Bereiche im Gehirn – per Vergiftung. Aus dieser geht hervor, dass ein Gehirnbereich zerstört wird. Das Ergebnis ist, dass Angst, wie alle anderen Erregungsarten nicht mehr empfunden werden können. Zudem treten erhebliche Kopfschmerzen auf.

    Das ist kein blöder Scherz. Sondern reale Tatsache.

  162. #162 threepoints...
    24. Dezember 2012

    Vielleicht ist dass dann ja die perfekte Version der Depression…?

  163. #163 Andreas
    24. Dezember 2012

    Also ob Du in die Szene passt, weiß ich nicht – Deine oben gemachte Aussage würde es. Insgesamt ist die Szene viel zu vielschichtig und heterogen, als das irgendwer NICHT da reinpassen würde. Falls Du Dich näher damit befassen willst, sind die beiden Wikipedia-Artikel zu “Gothic (Kultur)” und “Schwarze Szene” garkein so schlechter Anfang. Aus meiner Sicht fasst dieses Lied die stille, edle, romantische und melancholische Grundstimmung, die das Fundament der Szene bildet – so es denn überhaupt eines gibt – zusammen: https://www.youtube.com/watch?v=Fq_YVbWo_48 Ein Klassiker auf Goth-Tanzflächen.

    Totenkult ist sicher ein Thema in der Szene, aber kein besonders entscheidendes. Das ist eher der Aufhänger für Berichte in Medien außerhalb der Szene.

    Naja, ansonsten sind Goths auch nur Menschen. 🙂

    Grundsätzlich stimm ich Deinen Aussagen zur Depression zu und leb daher immer auch ein wenig nach einer Phrase, die aus einem Madonna-Lied stammt: “Express yourself, don’t depress yourself”. Auch wenn das beileibe nicht immer jedem passt und ich damit mitunter ziemlich aneck.

    Gut, jetzt bekomm ich entgültig die Kurve zum eigentlichen Thema nicht mehr und lass es dann dabei bewenden.

  164. #164 threepoints...
    25. Dezember 2012

    “Express yourself, don’t depress yourself”.

    -> Das dürfte rein theoretisch auch Mollaths Prämisse gewesen sein, als er Unregelmässigkeiten erkannte. Zugestanden scheint ihm diese “Tour” ein wenig zu kopf gestiegen zu sein – oder er ist eben absolut nicht angekommen, mit seiner Entdeckung. Abrupte Vertrauensbrüche können wohl auch schon mal erprobte Gefährten ihre Weltbilder gegeneinander in Stellung bringen lassen. Der längere Hebel war spätestens dann auszumachen, als Mollath in der Psychiatrie landete.

    “Anecken” tun sie alle… ViPs tendenziel positiv, Rebellen zuweilen negativ. Das Problem mit den Rebellen aus der 4. Reihe sei wohl, dass sie niemand bestellt hat und so wie selbstverständlich nicht geduldet werden. Aller schöner Schein ist ihnen ihr Liebstes und wehe dem, der´s stört. Das Rechts- und Gesundheitssystem aber wird dabei nur funktioniert haben – höchstens etwas übererfüllend. Die Sache stinkt aus dem Hintergrund.

  165. #165 threepoints...
    27. Dezember 2012

    Für das, was ich in die “strukturelle Traumatisierung” (strukturell traumatisierten Staatsbürger) intendierte, gibt es in etwa einen anwendbaren Fachbegriff. Der nennt sich “Sequenzielle Traumatisierung” und erklärt das eigendliche erregende und belastende Erlebnis nicht zum Hauptproblem, sondern den sozialem Umgang mit der Person in der Zeit nach diesem Ereignis.

  166. #166 threepoints...
    27. Dezember 2012

    Und zum Thema diverse Medikationsmöglichkeiten:

    Trauma werden medikamentös therapiert wie Angsstörungen, Panikstörungen, Phobien und sonstige Erregungsfehlsymptome anderer psychischer Störungen auch.

    Viele psychische Störungen zur Auswahl, aber eine kleine Handvoll effektiv unterschiedlicher Medikamente.

    Grundsätzlich ist Zielsetzung:

    Ruhigstellung. Angesichts der Verabreichung von Benzodiazepine in Extremfällen ist zu erklären, dass diese eine (temporäre) Amesie erzeugen, die also durch zwangsweise Vergessen Abstand zum Trauma erzeugt. Offenbar ist es Usus, dass man annimmt, es benötige zur Aufrechterhaltung von (traumatisierenden) Erlebniserinnerungen und deren Gedanken- und Erregungsmuster eine regelmässige Erneuerung der Empfindung, damit sich das Muster immer wieder neu speichert und dadurch erhält.

    Das geht auch mit Meinung so zu machen. Erregende Meinung kann ebenso per Betäubungsmittel in Vergessenheit gezwungen werden.

    Nichts aber deutet darauf hin, das dazu etwa 7 Jahre nötig währen.

  167. […] Wochen im Licht der Öffentlichkeit steht: die Justizministerin Merk wegen ihres Umgangs mit der Affäre Mollath, Landwirtschaftsminister Brunner wegen der Verwandtenaffäre, Sozialministerin Haderthauer wegen […]