Vor kurzem gab es nebenan im Blog von Florian Freistetter einen Beitrag unter der provokanten Überschrift “Philosophie ist dumm“. Liest man das Buch „Hätten Sie mal Feuer?“, das der Wiener Philosoph Robert Pfaller und die Psychoanalytikerin Beate Hofstadler herausgegeben haben, ist man geneigt, diese Provokation als empirischen Befund zu akzeptieren.
Worum geht es in dem Buch? Für die Autor/innen ist das Rauchen ein Genuss und ein Kulturgut. Das kann man so sehen, das ist schließlich eine Seite der Medaille. Des Weiteren sprechen sie sich dagegen aus, das Verhalten der Menschen immer mehr durch Verbote oder moralische Normen zu regulieren. Auch das kann man tun. Niemand möchte unnötig in seiner Freiheit eingeschränkt werden, nicht durch Verbote und auch nicht durch sublimere Entwicklungen. Die Gesundheit war immer ein Feld für Ordnungslehren, in denen Moral, das „richtige“ Leben und Herrschaft eng verbunden waren. Das im Auge zu behalten, kann also nicht schaden.
Das Buch trägt den Untertitel „Intellektualismus, Begehren und Tabakkultur“. Philosophisch könnte man dazu sicher viel Kluges sagen. Herausgekommen ist aber, von ein paar wenigen lesenswerten Texten abgesehen, ein dümmliches Geschwafel über die Eleganz und Erhabenheit des Rauchens, zum Rauchen als sexueller Ersatzbefriedigung oder über Freuds („des Meisters“) wertvolle Worte zum Thema, gemischt mit billigster Polemik gegen die Wissenschaft. Anbei ein paar Auszüge, ich glaube, sie sprechen für sich:
„Bekanntlich ist die Tabakkultur ein unverzichtbarer Bestandteil dessen, was das Leben elegant, erotisch, liebens- und lesenswert macht.“
„Wie soll eine Welt aussehen, in der man nicht mehr rauchen darf? Wie viel Widerspruchsgeist, wie viel Glamour und Eleganz, wie viel rebellischen Intellektualismus wird diese Welt zulassen?“
„Warum können Menschen heute nicht mehr, wie vor 20 Jahren, sagen: ‚Oh bitte, rauchen Sie nur. Ich tue es zwar selbst nicht, aber ich rieche es so gerne und finde, dass es so elegant aussieht.‘“
Als szenisches Zitat: „In meinem ganzen Leben bin ich als Schwarzer niemals so unterdrückt worden wie jetzt als Raucher.“
Im Anschluss an das psychoanalytische Übertragungskonzept: „Im Diskurs über die Gefahren des Rauchens taucht genau jener Zusammenhang von Übertragung und Übertretung wieder auf. Übertragen werden gefährliche Feinstaubpartikel und eine Unzahl giftiger Stoffe.“
“Wissenschaftlich exaktes Zahlenmaterial gibt es, weil es das nicht geben kann, also nicht einmal über die gesundheitlichen Folgen des Rauchens, wie sollte es da seriöses Zahlenmaterial über die möglichen Todesfolgen des ‚Passivrauchens‘ geben! Da kann man nichts beweisen, nur etwas mit epidemiologischen und statistischen Methoden errechnen.“
“Längst geht es nicht mehr um Nichtraucherschutz, sondern um ein Totalverbot des Rauchens, um den Endsieg.“
„Rauchen bedeutete immer Freiheit.“
„Oh vergängliche Schönheit des Vergänglichen, Sirenengesang des augenblicklich Erhabenen.“
„Erhabenheit gewinnen wir, indem wir gerade im besseren Wissen um alles, was uns schaden kann, so tun, als würde uns all das nichts ausmachen.“
Die Werbeabteilung einer Tabakfirma hätte das nicht besser machen können. Ganz weit weg von der Wahrheit ist man damit wohl auch nicht: Der Druck des Buches wurde unterstützt von der Initiative „Rauchfrei(heit)!“ – und, da reibt man sich dann doch die Augen, der „Kulturabteilung der Stadt Wien (MA7), Wissenschafts- und Forschungsförderung“. Ob der Herr Professor, der das Referat Wissenschafts- und Forschungsförderung leitet, sich vorher einmal angesehen hat, was er da an Wissenschaft und Forschung fördert? Hoffentlich nicht.
Die Wiener Tabakphilosophie ist übrigens auch politisch ganz aktiv und hat eine Initiative namens “Mein Veto. Bürger gegen Bevormundung“ ins Leben gerufen – diesmal mit freundlicher Unterstützung durch British American Tobacco Austria und den Verband der Cigarren- und Pfeifenfachhändler. Das sind wenigstens klare Verhältnisse.
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