Die Impfpflicht scheint zum Loch Ness-Thema der Gesundheitspolitik zu werden. In schöner Regelmäßigkeit taucht sie auf und verschwindet wieder. Nun hat vor ein paar Tagen der CDU-Parteitag in Karlsruhe eine gesetzliche Impfpflicht für Kleinkinder gefordert, – unter anderem für Diphtherie, Tetanus, Kinderlähmung, Keuchhusten, Mumps, Masern und Röteln und Windpocken.
Meine Position zur Impfpflicht habe ich hier auf Gesundheits-Check schon dargestellt, ich will das nicht wiederholen. Auch eine Sammlung von Argumenten Pro & Contra habe ich hier schon angelegt, und was die ganz spezielle Geschichte einer Impfpflicht gegen Windpocken angeht, habe ich mich auch schon geäußert. Insofern ist das Thema für mich mit diesen Webverweisen durch und ich bleibe dabei: keine Impfpflicht, zumindest solange die Hausaufgaben, die man auch nach Meinung des STIKO-Vorsitzenden Jan Leidel zuerst erledigen müsste, nicht erledigt sind. Man könnte z.B. damit anfangen, den Öffentlichen Gesundheitsdienst wieder fit zu machen, damit er eine gute Impfaufklärung machen kann. Und schon gar nicht kann ich mich für eine pauschale Impfpflicht wie im CDU-Vorschlag erwärmen: Was um Himmels Willen soll z.B. eine Impfpflicht für Kinder gegen Tetanus, bei Impfraten von über 95 %, keiner Mensch-zu-Mensch-Übertragbarkeit und keiner Option auf Ausrottung des Erregers? Da wäre ich eher für eine gesetzliche Nachdenkpflicht für Politiker.
Was ich aber gerne zum Besten gebe, ist eine Mail von Martin Hirte, einem der Wortführer der „Ärzte für individuelle Impfentscheidung“, die mich heute morgen erreicht hat:
„Dr. med. Martin Hirte
Kinder- und Jugendarzt
Tal 14
80331 MünchenSehr geehrter Herr Kuhn,
als Kinderarzt bin ich sehr besorgt wegen der Pläne der Großen Koalition, eine Impfpflicht einzuführen. Ich weiß um die Nöte der Eltern, wenn sie ihre gesunden Babys einer präventiven Maßnahme unterziehen sollen, die nicht immer frei von Nebenwirkungen ist. Da ich in meiner Praxis umfassende Impfberatungen durchführe, aber keinen Druck auf die Eltern ausübe, betreue ich relativ viele Kinder, die nicht komplett nach den STIKO-Empfehlungen “durchgeimpft” sind. Dennoch sind fast alle von mir betreuten Kinder zumindest gegen Tetaus, Diphtherie, Polio und Masern geimpft. Die Kinder von “Impfverweigerern” fallen im Übrigen durch eine außerordentlich robuste Gesundheit auf (analog wohl der geringeren Sterblichkeit ungeimpfter Kinder in Entwicklugsländern). Unser Verein “Ärzte für individuelle Impfentscheidung” (www.individuelle-impfentscheidung.de) plädiert für informierte Einwilligung und gegen Impfzwang und beruft sich dabei u.a. auf die Ottawa-Charta der UN: “„Gesundheit entsteht dadurch, dass man sich um sich selbst und für andere sorgt, dass man in die Lage versetzt ist, selber Entscheidungen zu fällen und eine Kontrolle über die eigenen Lebensumstände auszuüben, sowie dadurch, dass die Gesellschaft, in der man lebt, Bedingungen herstellt, die all ihren Bürgern Gesundheit ermöglichen“. Wir sind k e i n e Impfgeger. Wir möchten auch aber öffentlich über die geplante Impfpflicht informieren und dagegen argumentieren. Würden Sie uns hierbei mit Argumenten bzw. Links aus der Pubik Health Perspektive unterstützen?
Vielen Dank, schöne Feiertage und einen herzlichen Gruß
Martin Hirte“
Die Frage von Herrn Hirte kann ich auch ganz schnell beantworten: Ich bin zwar gegen eine Impfpflicht, wie sie die CDU und inzwischen auch Herr Lauterbach von der SPD fordert, aber ich möchte diesen Verein nicht mit Argumenten bzw. Links aus der Publik Health Perspektive unterstützen. Auch nicht den Zentralverein der homöopathischen Ärzte, falls der auch noch anfragen sollte, und erst recht nicht Herrn Lanka, obwohl der auch gegen eine Impfpflicht ist. Aber irgendwie sind die alle anders dagegen.
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