Der polizeilichen Kriminalstatistik zufolge gab es im Jahr 2015 in Deutschland ca. 180.000 Gewaltdelikte. Die Zahl der polizeilich erfassten Gewaltdelikte war in den ersten Jahren des Jahrtausends etwas angestiegen, seit 2007 ist sie rückläufig und liegt jetzt in etwa wieder auf dem Niveau von vor 15 Jahren. 589 Menschen kamen 2015 durch Mord oder Totschlag ums Leben, etwa 40 % weniger als vor 15 Jahren. Anders als bei den Gewaltdelikten insgesamt ist hier ausweislich der polizeilichen Kriminalstatistik seit vielen Jahren ein kontinuierlicher Rückgang zu beobachten.
Tödliche Gewalt wird auch in der Todesursachenstatistik erfasst, in der Diagnosegruppe „X85-Y09 – Tätlicher Angriff“. Dort sind für das Jahr 2014 in Deutschland 368 Sterbefälle verzeichnet. Die polizeiliche Kriminalstatistik weist für das Jahr 2014 allerdings 624 Fälle von Mord und Totschlag aus. Woher die Diskrepanz kommt, ob weiß ich nicht. Möglicherweise hat es u.a. damit zu tun, dass die endgültige Aufklärung der Straftaten manchmal länger als der Abschluss der Todesursachenstatistik dauert. Die Fälle können dann nicht mehr korrekt zugeordnet werden und finden sich unter dem ICD-Code „R99 – Sonstige ungenau oder nicht näher bezeichnete Todesursachen“ oder, falls dem Arzt bei der Leichenschau noch gar kein Hinweis auf eine unnatürliche Todesursache aufgefallen war, mitunter auch unter ganz anderen Diagnosen. Vielleicht gibt es auch noch ganz andere Erklärungen, ich habe mich mit diesen Daten bisher nicht näher beschäftigt.
Auch die Todesursachenstatistik zeigt den deutlichen Rückgang der tödlichen Gewalttaten – und zwar in einer ähnlichen Größenordnung wie die polizeiliche Kriminalstatistik: 2014 wurden fast 50 % weniger tödliche Gewalttaten dokumentiert als vor 15 Jahren. Die meisten Gewaltopfer kamen durch „tätliche Angriffe durch scharfe Gegenstände“ ums Leben, 2014 waren das fast 40 % aller Fälle. Auf Schusswaffen, Strangulierung und stumpfe Gegenstände entfielen je ca. 10 %, der Rest verteilt sich auf seltenere Tötungsarten. Die tödlichen Gewalttaten durch Schusswaffen sind in den letzten 15 Jahren übrigens sogar um ca. 70 % zurückgegangen.
Interessant ist die Altersverteilung der Opfer. Absolut gesehen waren die meisten zwischen 50 und 55 Jahre alt, aber bezogen auf die Bevölkerung nach Alter ist das Risiko, durch Gewalt zu sterben, vor allem bei Säuglingen deutlich erhöht – und bei den Hochaltrigen etwas. Man muss hier zwar berücksichtigen, dass es in beiden Altersgruppen um sehr kleine Fallzahlen geht: Im Jahr 2014 wies die Todesursachenstatistik 13 Opfer unter den Säuglingen aus und 8 in der Altersgruppe 90 und mehr – aber die Risikoerhöhung zeigt sich auch im langjährigen Mittel. Dabei kommen bei den Säuglingen etwas mehr Jungen als Mädchen durch Gewalt ums Leben. Ob Mädchen ruhiger sind und z.B. nicht so oft geschüttelt werden? Oder sind sie stabiler und überleben Gewalt öfter? Der Trend scheint auch hier leicht rückläufig zu sein, ist aber aufgrund der kleinen Fallzahlen durch starke Zufallsschwankungen geprägt.
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