Der Mensch ist ein Herdentier, noch dazu ein bequemes, das seine grundlegenden Weltanschauungen nicht gerne ändert, weil diese oft konstitutiv für die personale Identität sind. Nebenan hat Jürgen gerade interessante Ergebnisse einer kleinen Untersuchung der Washington Post vorgestellt. 41 % der Trumpanhänger halten das Luftbild von der Amtseinführung Obamas für das von Trumps Amtseinführung, weil darauf mehr Leute zu sehen sind. Trump hatte ja festgestellt, dass bei ihm mehr Leute waren, also muss das die Aufnahme von seiner Show sein. Außerdem sagen 15 % der Trumpanhänger, die wissen, welches Foto was zeigt, auf dem Foto von Trumps Amtseinführung seien mehr Leute zu sehen, obwohl ganz klar ist, dass weniger darauf sind als auf dem Foto von Obamas Amtseinführung. Es ist eben das von Trump, also müssen darauf mehr Leute zu sehen sein.
Dass Menschen manchmal dazu neigen, die Dinge wie ihre peer group zu sehen und sich dabei großzügig über die wahren Sachverhalte hinwegsetzen, auch wenn diese recht offensichtlich sind, ist seit langem bekannt. Vor fast 70 Jahren hat Salomon Asch seine berühmten „Konformitätsexperimente“ durchgeführt. Damals ging es darum, wie Studenten die Länge von Linien in Abhängigkeit des Urteils Anderer beurteilen. Die Ergebnisse sind beunruhigend, weil sie zeigen, dass Menschen unter bestimmten Bedingungen Fakten lieber danach beurteilen, was man von ihnen erwartet, als danach, was sie mit eigenen Augen sehen. Auch keine Neuigkeit ist, dass das nicht nur dafür gilt, was man sieht, sondern auch dafür, was man tut. Das berühmteste Experiment dieser Art ist das „Milgram-Experiment“, bei dem Studenten allein durch autoritäre Anweisungen dazu gebracht wurden, gegen ihre eigentliche Überzeugung einer Versuchsperson (scheinbar) schmerzhafte Stromstöße zuzufügen.
Trump und seine Anhänger führen gerade vor, wie alltagsnah und politisch relevant Sozialpsychologie sein kann. Und wohlgemerkt: Bei Asch wie bei Milgram waren es nicht gehirngewaschene Mitglieder einer Sekte oder anderweitig geistig abgeschotteten Gruppe, sondern ganz normale Menschen.
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