Zusammenhänge haben es uns angetan. Wer Zusammenhänge versteht, kann vielleicht Einfluss auf den Lauf der Dinge nehmen. Und viele Dinge sehen aus, als ob sie zusammenhängen. Spielcasinos leben zu einem Teil davon, dass ihre Gäste glauben, das System hinter den scheinbar zufälligen Ereignissen erkennen zu können. Religionen bieten umkehrt als Service unsichtbare Zusammenhänge als Deutungen für oft zufällige Schicksalserfahrungen an. Und in der Esoterik weiß man sogar, dass alles mit allem zusammenhängt. Irgendwie. Vor ein paar Wochen hat Harald Walach, früher Professor an der Viadrina in Frankfurt/Oder, einen Artikel positiv kommentiert, der Glyphosat als Erklärung für die Entwicklung vieler Erkrankungen anbietet, weil der Trend bei der Glyphosatanwendung mit dem der Häufigkeit der Diagnosen parallel läuft. Jetzt präsentiert er eine eigene Studie, die die internationalen PISA-Ergebnisse mit dem Fischverzehr erklärt.
Vielleicht ist da ja was dran, schließlich gibt es viele Hinweise aus Beobachtungsstudien* auf einen Zusammenhang zwischen Omega-3-Fettsäuren und Intelligenzentwicklung. Aber kann man, um dem nachzugehen, so vorgehen wie es die Autoren tun? Die Studie selbst steckt hinter der Paywall. Soweit man es aus Walachs Beschreibung nachvollziehen kann, haben die Autoren einige wenige Merkmale, die sie für alle Länder hatten, mit den PISA-Ergebnissen korreliert und kommen zu dem Ergebnis:
„Der mittlere PISA-Wert korreliert signifikant mit r = .85 mit der Verbreitung des Internets, mit r = .76 mit dem Bruttosozialprodukt, mit r = .28 mit dem Stillen und mit r = .57 mit dem Fischkonsum eines Landes.“
Dann rechnen die Autoren mit den Variablen ein Regressionsmodell. Glauben wir mal, dass sie das korrekt gemacht haben (z.B. was eine mögliche Kollinearität zwischen BIP und Internetverbreitung angeht), und heraus kommt:
„Die beiden einzigen Variablen aus unserer Sammlung, die die Schwankung in den PISA-Werten aufklären, sind die Internetverbreitung und zusätzlich der Fischkonsum.“
Der Fischkonsum spiele dabei „eine signifikante Rolle und erklärt nochmals 5% der Schwankung“, oder, so im abstract der Studie, „an additional 4% of the variance“. Vielleicht auch nur 3 %, 2 % oder gar nichts?
Um die Schulergebnisse von Kindern zu verbessern, sollte man also sicher etwas anders machen, als sie mit Fischöl zu quälen. Ich frage ich mich, womit wohl die Sehnsucht nach geheimnisvollen Zusammenhängen zusammenhängt. Ich glaube, es gibt da einen geheimnisvollen Zusammenhangs-Zusammenhang. Dass es dem Erstautor die Fische und die Omega-3-Fettsäuren schon länger angetan haben, könnte durchaus 5 % oder 4 % der Sache erklären. Oder auch nicht.
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* Nachtrag 2.12.2017: Gerade mal geschaut, es gibt auch interventionelle Studien. Wozu dann überhaupt diese Studie?
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