Walforscher (Cetologen), die das Verhalten lebender Wale im Freiland untersuchen, müssen möglichst viele Tiere individuell erkennen können. Nur so können sie Daten erheben, welcher Wal was und mit welchem anderen Wal so treibt. Die Basis für solche Walbeobachtung ist ein Katalog mit Photos der Individuen – der Photo-ID-Katalog. Aber wie funktioniert das eigentlich genau?
Die Northern Indian Ocean Killer Whale Alliance (NIOKWA) hat gerade einen Photo-ID-Katalog veröffentlicht: NIO Killer Whale ID Catalogue.

Wie funktioniert Photo-Identifikation?

Alle Walarten haben spezifische Artmerkmale und daneben noch individuelle Merkmale.
Die individuellen Erkennungszeichen sind Farbvarianten oder Markierungen an Rückenflosse (Finne) und Schwanzflosse (Fluke). Vor allem bei Buckelwalen, Orcas und Pottwalen klappt diese Form der Identifizierung ausgezeichnet.
Der NIO Killer Whale ID Catalogue ist ein ausgezeichnetes Beispiel, um diese Methode detailliert vorzustellen. Und für jedermann und jederfrau online zugänglich.

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Photo-ID “Karteikarte” aus dem Nord-Indik

Alle Orcas haben eine schwarze Finne, die vom Schiff aus gut sichtbar ist.
Weibchen und Jungtiere haben eine kleinere Finne, bei erwachsenen Männchen ragt sie bis zu 2 Metern hoch auf, wie ein Schwert. Daher kommt auch ihr Name „Schwertwal“.
Die Finne und Fluke der Orcas sind vom Schiff aus gut zu sehen und haben individuelle Formen und Zeichen.
Manche Finnen sind gerader, andere sind stärker gebogen – die Neigungswinkel können recht unterschiedlich sein. Die Kontur der Flosse kann gerade, gewellt oder natürlich gekerbt sein. Je älter ein Tier ist, desto häufiger trägt es nicht natürliche Einkerbungen und Narben. Solche Kerben an den Flossen entstehen durch Unfälle, Reibereien unter den Orcas oder Parasiten.
Dazu kommen noch Narben, die hell auf schwarz gut erkennbar sind. Runde Narben können von Cookie Cutter-Haien stammen, die kreisrunde Stücke aus der Orca-Oberfläche herausstanzen. Mehrere parallele Streifen mit gleichem Abstand stammen meist von den Zähnen anderer Orcas. Auch Schiffskollisionen oder –propeller können Verletzungen hinterlassen.

Hier geht es zum Katalog.

Orcas im Nördlichen Indischen Ozean – Forschung ganz am Anfang

Fast die gesamte Forschung über den „Panda der Meere“ basiert auf den freundlichen Walen vor British Columbia. Nach und nach gibt es auch mehr Informationen über Tiere, die weit vor den Küsten leben oder nur gelegentlich vor den Küsten auftauchen.
Über die Orcas der tropischen Gewässer des Nördlichen Indischen Ozeans – ihre Ökologe, Population und ihre Wanderungen – ist noch sehr wenig bekannt.

Die Tiere leben in einem riesigen Gebiet im offenen Ozean und meist fernab der Küsten, sie sind eine Offshore-Population. Solche Wal-Forschung auf See kann nur in Kooperation mit vielen Personen und Institutionen erfolgen. Darum haben das Orca Project Sri Lanka (a Citizen Science study of killer whales seen off Sri Lanka) und der Wildlife Conservation Society-Biologe Tim Collins die The Northern Indian Ocean Killer Whale Alliance gegründet. Mit dabei sind sehr viele Kooperationspartner aus der Wissenschaft und Tourismus-Branche aus Sri Lanka, Indonesien, Oman, Kenia und anderen Anliegern des Indiks. So sind, wie es auf der NIOKWA-Seite steht, viele “Augen” und “Ohren” unterwegs, die Sichtungen machen, dokumentieren, den Photo-ID-Katalog ergänzen und alle Informationen sammeln.

Bis jetzt haben sie 51 Individuen erfaßt, die in 15 pods (Familiengruppen leben, 4 Tiere sind Einzelgänger. Sie haben die ersten jahreszeitlichen Rhythmen der Schwertwale erfaßt und auch die ersten Wanderer, nachgewiesen, die fast den ganzen Indik durchquert haben, schreibt Georgina Gemmell (Lead Administrator, Orca Project Sri Lanka) in ihrer Mail an das marmam-Netzwerk bei Ihrer Vorstellung des Photo-ID-Katalogs. Der Katalog wird jetzt stetig weiter ergänzt. In diesen Projekten, z. B. dem Orca Project Sri Lanka, sind rührige Biologen, die Naturschutz auf wissenschaftlicher Basis betreiben. D. h., sie veröffentlichen u. a. auch Fach-Publikationen und stellen ihre Methoden und Ergebnisse vor bzw. diskutieren sie mit anderen Walforschern.

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OM005 Titan (right) attacking two sperm whales (sri-lankan-orca.tumblr.com)

Bis jetzt haben sie schon einige grundlegende Beobachtungen publiziert:
Die Orcas vor Sri Lanka jagen und fressen unter anderem Zweizahnwale (Mesoplodon). Das war sogar der erste direkte Nachweis weltweit dafür gewesen, dass Orcas Schnabelwale jagen. Bisher hatte man dies nur aufgrund der Narben auf einem gestrandeten Blainville-Schnabelwal angenommen. Außerdem haben die Orcas vor Sri Lanka haben auch keine Angst vor noch größeren Walen: Sie wurden bei Angriffen auf eine Herde Pottwale und einen Blauwal beobachtet (Gemmell, G. L. et al, 2015) (das hatte ich bereits 2015 in „Schnabelwale in tropischen Gewässern” beschrieben).

Whale watching im Nördlichen Indischen Ozean

https://global-goose.com/wp-content/uploads/2013/07/rules-for-approaching-whales.jpg

Beispeil für Guidelines beim Whale-watching

An verschiedenen Stellen des Indischen Ozeans, der viele Urlaubsparadiese für sonnenhungrige Europäer bereithält, gibt es mittlerweile die Möglichkeit zum Whale Watching. Vom Delphin bis zum Blauwal sind alle Wal-Größen im Angebot, viele der Projekte geben an, walverträglichen Tourismus zu betreiben. Das kann ich leider nicht beurteilen. Allerdings deutet einiges darauf hin, dass zumindest einige Anbieter das Wohl der Wale und die Wissensvermittlung ernst nehmen.
Vor einer Buchung empfiehlt sich ein Gespräch mit dem Anbieter: Wenn viele Informationen zur Biologie vorliegen, liegt die Vermutung nahe, dass dort tatsächlich Biologen involviert sind. Dann kann man nachfragen, ob es „regulations“ gibt, etwa, wie dicht die Boote an die Wale heranfahren bzw. heranfahren dürfen. Oder wie viele Boote gleichzeitig unterwegs sind. Ein walfreundliches und auch den Touristen gegenüber verantwortungsbewusstes Unternehmen gibt den Gästen eine Menge Verhaltensregeln. Und erklärt auch gleich, dass die Gäste Verständnis haben sollen, wenn die Guides nicht zu dicht an den Wal heranfahren.

Nach meinen bisherigen Erfahrungen sind dann auch die Guides Experten und können viel zu den Walen und anderen Tieren erklären. Dann hat man nicht nur einen Wal vorbeischwimmen sehen, sondern lernt auch, welche Arten es sind und einiges über die Lebensumstände der Tiere. Außerdem sollten sie einen Photo-ID-Katalog ihrer Tiere an Bord haben.
Wenn ein Whale-Watching-Unternehmen mir einfach nur ein Ticket verkaufen will und keine oder wenig weitere Informationen gibt, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass dem Unternehmen die Wale und Touristen eigentlich egal sind.

Leider war ich noch nie im Indik und kann keine persönlichen Empfehlungen geben, wo es sich lohnt, nach Walen Ausschau zu halten. Aber es gibt einige Bücher und Internet-Ressourcen, die wertvolle Empfehlungen geben, wann wo welche Walarten zu sehen sind. Dabei sollte man unbedingt auf Aktualität achten, denn solche Vorkommen können sich über die Jahre ändern. Falls jemand dort eine Whale-Watching-Tour mitgemacht hat, würde mich eine persönliche Einschätzung sehr interessieren. Solche Berichte sind mir als Mail oder Kommentar hoch willkommen.

Kommentare (8)

  1. #1 Uli schubert
    Bielefeld
    14. März 2016

    Seltsam und nicht ganz sachgerecht scheint es mir zu sein, gut 10 m lange Orca-Bullen als “Männchen” zu bezeichnen. Genau so seltsam und nicht sachgerecht erscheint es mir, wenn selbsternannte scheinbar professionelle Walbeobachter, also einschlägig vorgebildete Biologen, Zoologen etc., meinen, uns normale Touristen davon abhalten zu müssen, den Tieren zu dicht auf den “Pelz” zu rücken. Die gleichen Profis gehen aber her und scheuen sich nicht, mit Armbrüsten auf die Tiere zu schießen, um Gewebeproben zu gewinnen. Natürlich in ehrenhafter wissenschaftlicher Absicht, zu welchem Zweck, außer um Material für die eigene Doktorarbeit zu gewinnen, das auch immer gut sein soll. Ich selber habe schon in den frühen 1990er Jahren als begeisterter Tourist die kanadische Pazifikküste bereist, um dort Orcas zu erleben und zu fotografieren. Einmal habe ich meine Bilder einem singhalesischen Freund, von Beruf Fischer, gezeigt. Er behauptete steif und fest, was ich zunächst für eine Verwechselung mit den kleineren Pseudo-Orcas der tropischen Gewässer hielt, genau diese Tiere in den heimischen Gewässern Sri Lankas auch schon gesehen zu haben. Inzwischen weiß ich, dass seine Angaben zutreffend waren und habe mich entschlossen, dank meiner langjährigen Bindung an Sri Lanka und guten Beziehungen zu einigen dort lebenden Fischern, mein Rentnerdasein diesen Tieren zu widmen und sie zu erforschen: fotografisch aus gebotenem Abstand aber ohne Armbrust!

  2. #2 Bettina Wurche
    16. März 2016

    @uli@schubert: Sehr geehrter Herr Schubert,
    ich freue mich über Ihre Begeisterung für die Orcas!
    „Männchen“ ist wie „Weibchen“ ein gebräuchlicher Fach-Begriff für ein männliches bzw. weibliches Tier und altersunabhängig. Und damit sachgerecht.
    Das Sri Lanca-Orca-Projekt arbeitet, soweit ich es sehen kann, sauber auf der Basis der wissenschaftlich akzeptierten Methoden. Die regelmäßig in den Publikationen und auf Konferenzen auch kritisch diskutiert und hinterfragt werden.
    “Genau so seltsam und nicht sachgerecht erscheint es mir, wenn selbsternannte scheinbar professionelle Walbeobachter, also einschlägig vorgebildete Biologen, Zoologen etc., meinen, uns normale Touristen davon abhalten zu müssen, den Tieren zu dicht auf den “Pelz” zu rücken.“
    Dieser Satz ist unlogisch: Wenn die professionellen Walbeobachter einschlägig vorgebildet sind (z. B. durch einen Abschluß, Trainings, etc) sind sie nicht mehr selbst ernannt. Und dass sie nun beginnen, guiding rules in den Gewässern zu etablieren, halte ich für eine sehr gute Idee.
    Und Biologen haben dann aufgrund ihrer Ausbildung und ihrer Forschungs- und Artenschutzziele das Privileg, sich näher an Tieren aufzuhalten, als normale Touristen. Ich gehe mal davon aus, dass es nur ein paar Biologen gibt und sie die Wale nicht ständig belagern und beproben.

    Dass die Fischer vor Sri Lanka immer wußten, dass die Orcas dort sind, ist nicht verwunderlich. Sie waren bloß bisher nur regional bekannt und nicht erforscht. Durch die wissenschaftliche Erkundung werden sie jetzt international bekannt. Nur so kann letztendlich ein Schutz dieser Orcas in Gange gebracht werden, da Regierungen oft erst auf nachweisbares, hieb- und stichfestes Zahlenmaterial reagieren (müssen). Die Biologen liefern mit ihrer Forschung die Datenbasis dafür, die durch die Fach-Publikationen international bekannt wird/ist. Die überregionale Kooperation, wie sie durch das genannte Netzwerk jetzt stattfindet, ist ein starker Schutz für die Wale.
    Auch wenn das Biopsy-Sampling den einzelnen Wal vielleicht etwas stört, ist es ein kleines Opfer. Der Pfeil stanzt nur ein sehr kleines Stückchen Haut aus dem Tier, ermöglicht aber wichtige Aussagen zum Verwandtschaftsverhältnis und zur Schadstoff-Belastung und zu ihrer Ernährung. Dafür brauchen wir hier die Isotopenuntersuchung, da eine Mageninhaltsanalyse nicht in Frage kommt.
    Hier sind die Methoden der Orca-Forschung am Beispiel der norwegischen Population gut erklärt:
    https://www.norwegianorcasurvey.no/#!how-to-study-orcas/c24us
    All diese Parameter sind sehr wichtige Eckpunkte für den Schutz dieser Wale in diesen Gewässern. Der Artenschutz steht hier über dem Schutz des individuellen Wals, der kleine Eingriff des Biopsy-Sampling ist vertretbar.

    Wenn Sie Einwände gegen das Vorgehen der Biologen haben, sollten Sie die begründen.
    Haben sie denn beobachtet, dass Orcas auf das Sampling negativ reagiert haben? Wann, bei welcher Gelegenheit, wie oft und in welcher Weise?
    Außerdem sollte das Sampling ja keine dauerhaft eingesetzte Methode sein, sondern nur die Verwandtschaftsverhältnisse zeigen. Mit dem Photo-ID-Katalog ist ja gut zuzuordnen, welche Tiere beprobt worden sind.

    Und: Haben Sie das Gespräch mit den Biologen gesucht, um so etwas zu klären?
    Wenn Sie mit denen so gesprochen haben, wie Sie mir schreiben, könnte ich mir vorstellen, dass die Kommunikation möglicherweise nicht konstruktiv war. Begriffe wie „selbsternannt“ und einiges mehr kommen bei mir etwas unverschämt an. Möglicherweise bei anderen Leuten auch.
    Dass Sie die Orcas weiterhin mit der Kamera verfolgen und Kontakte zu Fischern haben, ist doch wunderbar! Ihre ehrenamtliche Tätigkeit könnte ein wichtiger Beitrag zur Erforschung und zum Schutz der Sri Lanca-Schwertwale sein. Warum sprechen Sie die Orca-Arbeitsgruppe nicht noch einmal sachlich an und werden ehrenamtlicher Orca-Botschafter/Orca-Ranger? Ihre Sichtungen und deutschen Sprachkenntnisse könnten bestimmt hilfreich sein, z. B. auch bei der Aufklärung anderer Touristen.

  3. #3 Uli Schubert
    Bielefeld
    17. März 2016

    Guten Tag Frau Wurche,
    vielen Dank für Ihre Antwort auf meinen Beitrag zu Ihrem Blog.
    Zunächst: einen männlichen Elefanten bezeichnen Sie doch auch nicht als Elefantenmännchen. Das Wort Nashornmännchen habe ich auch noch nie gehört, oder Giraffenmännchen…. Blauwalmännchen… für ein 30 m langes Tier? Finden Sie es nicht völlig absurd, ein derart riesiges Tier so zu bezeichnen? Also ich finde es absurd, oder eben als nicht sachgerecht.
    Ansonsten: Eben, genau das ist es: die Biopsie an lebenden Walen wird völlig zu Recht kritisch hinterfragt. Ein Teil der Fachwissenschaftler (und die an Walen interessierten Nicht-Fachwissenschaftler wie Fotografen, Naturliebhaber, Touristen…) beantworten es mit „Nein“. Einem anderem Teil (aus meiner Sicht diejenigen, die den Wal nur als Objekt sehen, als Forschungsgegenstand, der eine wissenschaftliche Karriere ermöglicht) macht es nichts aus, solche Biopsien zu befürworten und gar selber durchzuführen.
    Deren Rechtfertigung lautet stereotyp: Es ist nur ein kleiner Eingriff, der dem Wal nichts ausmacht und ihm keine Schmerzen zufügt. Sie, Frau Wurche, äußern sich im Prinzip genau so.
    Ein Vorschlag: Lassen Sie sich bitte aus einigen Metern Entfernung einen maßstäblich verkleinerten Pfeil in den Rücken schießen, der Ihnen anschließend sofort wieder herausgerissen wird, unter Mitnahme einer gewissen Menge Körpergewebe durch eine geeignete an dem Pfeil angebrachte Vorrichtung, z.B. einem hohl ausgeformten Widerhacken. Vermutlich werden Sie schon beim Auftreffen des Pfeils einen massiven Schock erleiden, sodann werden Sie erhebliche Schmerzen haben, wahrscheinlich tagelang. Unbehandelt wird sich die Wunde womöglich entzünden.
    Haben Sie irgendeinen Anlass zu glauben, dass es bei einem Wal anders ist?
    Die norwegische Situation kenne ich nicht. Aber Norwegen jagt Wale bis heute soweit ich weiß. Von daher ist Misstrauen gegen die norwegischen Regierung und die wissenschaftlichen Institutionen, die ihr, wie Sie zutreffend andeuten, zuarbeiten, angebracht. Die Tiere, auch Orcas, sind dort nicht wirklich geschützt. Dem norwegischen Botschafter in Deutschland habe ich vor Jahren einen Brief geschrieben, in dem ich ihm mitteilte, dass ich Norwegen erst bereisen werde, wenn Wale dort nicht mehr gejagt würden. Mein Brief blieb unbeantwortet.
    Völlig anders die Situation in Kanada. Die pazifischen Orcas, zumal die etwa 300 „Residents“ die im Norden von Vancouver Island leben, sind gut geschützt . Dank einiger Wissenschaftler, wie Michael Biggs (+) , Alexandra Morton, Paul Spong und anderen. Ich habe das Glück gehabt, einige dieser Wissenschaftler persönlich kennenlernen zu dürfen. Leider nicht Michael Biggs, der die Foto-Identfikationsmethode für Orcas entwickelt hat und leider viel zu früh verstorben ist. Heute ist ein kleines Schutzgebiet im Norden von Vancouver Island nach ihm benannt, die Robson-Bight, in das niemand hinein darf. Ich war dort in der Nähe auf einem kleinen Segelboot, habe aber die Grenzen des Schutzgebietes respektiert.
    Biopsien an lebenden Walen werden, soweit es mir bekannt ist, dort nicht durchgeführt und sind auch nie (zumindest nicht im großen Stil) durchgeführt worden. Alexandra Morton, die immer noch in der Gegend lebt und sehr aktiv in allen möglichen Naturschutzthemen ist, würde, so wie ich es sehe, Himmel und Hölle in Bewegung setzen, wenn auf ihre Wale zum Zweck der Gewebeentnahme geschossen würde.
    Meine Zukunft wird in Sri Lanka liegen, wobei die Wale vor der Küste und insbesondere die Orcas eine große Rolle spielen werden. Ich bin schon vor 20 Jahren, lange bevor es dort in Mirissa im Süden Sri Lankas und womöglich auch anderswo eine touristische Whale-Watching-Infrastruktur gab, mit einheimischen Fischern weit auf den offenen Indischen Ozean hinausgefahren, um die Wale dort zu sehen. Durchaus auch inspiriert von Wissenschaftlern, die auch schon damals dort forschten (z.B. Hal Whitehead, Universität Halifax, womöglich aber heute bereits emeritiert).

    Sollte sich für mich die Gelegenheit zur Zusammenarbeit mit einheimischen singhalesischen Forschern ergeben (die Singhalesin Anouk Illangakoon hat einen hervorragenden internationalen Ruf), natürlich gerne, gar keine Frage, sofort! Ich habe mir beispielsweise vorgenommen zu klären, ob die Orcas des nördlichen indischen Ozeans akustisch miteinander kommunizieren: intensiv, weniger intensiv … gar nicht! Die akustische Kommunikation der pazifischen Orcas in Kanada war jahrelang das Arbeitsgebiet von Paul Spong in seinem Orca-Lab auf Hanson Island. Insofern stellt jetzt Paul Spong für mich die Inspiration dar.
    Aber definitiv keine Zusammenarbeit mit Biopsisten.

  4. #4 Bettina Wurche
    18. März 2016

    Sehr geehrter Herr Schubert,

    die erste Frage habe ich bereits beantwortet.

    Ihre Bemerkung zu dem Norwegischen Orca-Projekt ist Blödsinn. Die Norwegische Regierung ist weder involviert noch Geldgeber, da Orcas nicht in den Bereich “Fischerei” fallen. Auf der Webpage steht deutlich: “Norwegian Orca Survey is an independent, scientific, non-profit organization that aims at improving our knowledge about killer whales inhabiting the Norwegian Sea.” Zufälligerweise kenne ich die Gegegebenheiten vor Ort udn weiß, wie sehr die Wal-Forscher dort ums Überleben kämpfen müssen.
    Norwegische Whale-watcher haben übrigens bereits in den 90-er Jahren strenge Guidelines für die Walbeobachtung eingehalten (IFAW-Rules). Norweger und norwegische Gruppen generell als Walhasser unter Generalverdacht zu stellen, ist wirklich absurd.

    Ihre Bemerkung zur Biopsie: Ich habe Ihnen deutlich genug erklärt, warum Gewebeproben wichtig sind. Die Biopsie-Pfeile sind mit Veterinären entwikelt worden und stanzen nur ein Stückchen Epidermis und Blubber aus, nach dem Aufprall fallen sie selbst ab. Da gibt es keine Widerhaken oder gar ein Blutbad.
    Wale haben eine verhältnismäßig wesentlich dickere “Außenhülle” als wir (ich habe selbst Walhaut von toten Tieren untersucht) das ist nicht 1:1 vergleichbar. Wunden entzünden sich in Salzwasser sehr selten, es wirkt stark desinfizierend. Außerdem haben Wildtiere wirklich ein anderes Immunsystem als verwöhnte Menschen.
    Es gibt für Biopsien strenge Vorschriften, darüber ist hier mehr zu erfahren:
    https://www.tethys.org/tethys/wp-content/uploads/2013/01/Biopsy-Guidelines1.pdf
    Möglicherweise hat das SriLanka-Orca-Projekt auch solche Vorschriften, das weiß ich nicht.

    Selbstverständlich sind die Orcas vor British Columbia Biopsie-beprobt worden, dadurch ist ja ihre hohe Schadstoffbelastung, ihre Verwandtschaftsstruktur und problematische Nahrungssituation nachgewiesen worden:
    https://www.cbc.ca/news/canada/british-columbia/resident-orca-whales-suffer-triple-threat-of-pollution-noise-and-lack-of-food-u-s-study-1.2692785
    https://www.zoology.ubc.ca/~barrett/documents/LBLPhDThesis.pdf

    Hal Whitehead ist aktiv wie eh und je und hat den Kopf voller Pläne, ich habe ihn im November interviewt – für einen Beitrag in der April-Ausgabe von Bild der Wissenschaft.
    Selbstverständlich kommunizieren die Orcas im Indik. Die Frage ist nur, welche kulturellen Linien es dort gibt, wie viele unterschiedliche Populationen und wer von denen etwas mit wem zu tun haben möchte oder wer wem eher ausweicht. Diese Populationen sind genetisch und akustisch unterscheidbar, da steht die Forschung ganz am Anfang. Die Biopsie-Fragen geben Auskunft über Verwandtschaft, ggf. unterschiedliche Ernährung und Schadstoffgehalt. Das könnte sonst nur an toten Tieren untersucht werden, die in der Wärme aber sehr schnell zu stark verwest sein dürften.

  5. #5 Uli Schubert
    24. März 2016

    Sehr geehrte Frau Wurche,
    Ihre Argumentation empfinde ich in großen Teilen schlichtweg als zynisch:
    https://www.firmm.org/de/news/artikel/items/invasive-forschung-teil-1
    Mit freundliche Grüßen
    Uli Schubert

  6. #6 Bettina Wurche
    24. März 2016

    @Uli Schubert: Ich bin nicht zynisch. Sondern sachlich. Dazu hatte ich bereits in der ersten Antwort Stellung genommen.

  7. #7 uli.schubert
    Bielefeld
    31. Mai 2016

    Schade, dass mein Hinweis auf die alle staatlichen Auflagen überschreitende Biopsie-Orgie von Bord des Walforschungsbootes Odyssey in 2003 vor Sri Lanka ganz offensichtlich der Zensur zum Opfer gefallen ist. Hier ein Schopenhauer-Zitat zu Thema (entnommen dem Buch “Pottwale: Im dunklen Blau des Meeres” von Andrea und Wilfried Steffen, Seite 117 – s. Literaturhinweis unter der Überschrift “Mehr zum Thema” in “Bild der Wissenschaft” 4.2016, Seite 15):
    “Die vermeintliche Rechtlosigkeit der Tiere, der Wahn, dass unser Handeln gegen sie ohne moralische Bedenken sei, ist eine geradezu empörende Barbarei des Abendlandes. Die Tiere sind kein Fabrikat zu unserem Gebrauch. Nicht Erbarmen, sondern Gerechtigkeit ist man den Tieren schuldig.”

  8. #8 Bettina Wurche
    31. Mai 2016

    Sehr geehrter Herr Schubert, Ihre Beiträge waren unsachlich, unreflektiert und Sie haben einfach ein grob verallgemeinerndes Wissenschaftsbashing betrieben. Und das nahm von Beirag zu Beitrag zu, obwohl ich mich wirklich noch mehrmals um eine sachliche Auseinandersetzung bemhüht habe. So etwas schalte ich nicht frei. Und jetzt produzieren Sie sich auch noch als armes Zensur-Opfer. Auf diesem Niveau kommuniziere ich nicht.