In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom 23.12.2011 wurde der Hirnforscher Wolf Singer gefragt, ob er an einen Gott glaubt.

Wolf Singers Antwort: “Nicht an den, der mir als Kind präsentiert wurde: einer der auf uns alle aufpasst und alles steuert. Ein personifizierter Gott ist für einen Naturwissenschaftler nicht denkbar, glaube ich.” Und auf die Nachfrage der SZ, was denkbar sei: “Dass es über die naturwissenschaftlich erfassbaren Vorgänge hinaus Bereiche und Prinzipien geben muss, die uns nicht vorstellbar sind, und auf denen alles gründet. An dieser Vermutung kommt auch, nein: gerade ein Naturwissenschaftler nicht vorbei. Diesen Bereich will ich aber nicht benennen, weil jedem Begriff etwas Vorstellbares anhaftet.”

Bei dieser Antwort aus Wolf Singers Mund kommt man ins Grübeln. Wolf Singer hat immer wieder verneint, dass bei geistigen Vorgängen etwas anderes als das Gehirn zu Gange ist und begründet das mit den Befunden der Hirnforschung – und dann sagt er, es gibt etwas, was über die naturwissenschaftlich erfassbaren Vorgänge hinaus geht und dass darauf alles gründet. Sind diese Aussagen konsistent, und wenn ja, was mag er meinen? Dass es etwas gibt, was über die naturwissenschaftlich erfassbaren Vorgänge hinausgeht, ist trivial. Die Mathematik ist z.B. so etwas. Aber gründet alles auf Mathematik? Oder meint er so was wie das Kantsche “Ding an sich”, oder das Heideggersche “Sein”? Das würde erklären, warum es etwas “Unvorstellbares” sein soll, nur betritt man damit den Boden der Metaphysik. Und dass Singer dieses “etwas” nicht benennen will, weil damit etwas Vorstellbares einhergehe, erinnert daran, dass man sich von Gott (oder dem, worauf alles gründet) kein Bild machen soll. Aber kann Wolf Singer das so gemeint haben?

Esoterik-Spamprophylaxe: Dieser Blogbeitrag argumentiert nicht für Geistheilung, die Erinnerungsfähigkeit des Wassers oder andere esoterische Erfindungen.

Kommentare (96)

  1. #1 Dr. Weihnachtswebbaer
    23. Dezember 2011

    Aber gründet alles auf Mathematik?

    Sicherlich nicht, denn Mathematik ist das Mittel der Wahl des Erkenntnissubjekts.

    Und dass Singer dieses “etwas” nicht benennen will, weil damit etwas Vorstellbares einhergehe, erinnert daran, dass man sich von Gott (oder dem, worauf alles gründet) kein Bild machen soll. Aber kann Wolf Singer das so gemeint haben?

    Vermutung: Eher so wie Einstein, Spinoza & Küng, die die Welt selbst als göttlich sehen *irgendwie* – was ja auch nicht verkehrt ist. Andere Stichwörter: Einsteins Gott, Pantheismus

    Allen schöne Weihnachtstage!
    Dr. Wwb

  2. #2 Joseph Kuhn
    23. Dezember 2011

    Mathematik ist das Mittel der Wahl des Erkenntnissubjekts

    Das sehe ich anders, siehe Husserls Einrede gegen einen Psychologismus in Mathematik und Logik. 2 plus 2 ist nicht 4, weil wir das so denken, sondern weil das, die natürlichen Zahlen gesetzt, so ist. Wenn wir 2 plus 2 gleich 5 denken, stimmt etwas mit unserem Denken nicht.

  3. #3 Dr. Weihnachtswebbaer
    23. Dezember 2011

    2 plus 2 ist nicht 4, weil wir das so denken, sondern weil das, die natürlichen Zahlen gesetzt, so ist.

    Eben nicht, aber Überlegungen zu einer anderen Mathematik haben Dr. Wwb hier auf den doitschsprachigen SB schon Ärger gebracht, deshalb nur die sanften Hinweise auf das Höhlengleichnis, auf die Wissenschaftlichkeit als kulturelles Konstrukt und darauf dass ‘Mathematik’ in etwa ‘Kunst des Lernens’ bedeutet.

    LG
    Wwb

  4. #4 Thilo
    23. Dezember 2011

    Ein Journalist (ich glaube Christian Dries) erzählte mal auf einer Podiumsdiskussion der Frankfurter Buchmesse über ein Hintergrundgespräch, das er mit zwei bekannten Hirnforschern (er nannte keine Namen) geführt hätte: die hätten sinngemäß gesagt, sie würden immer die jeweils genau entgegengesetzten Meinungen vertreten, weil sie so am besten in die Medien kommen, und sie wüßten natürlich selbst, daß das was sie jeweils in den Medien vertreten teilweise absurd und völlig übertrieben sei, aber so laufe nunmal gute Medienarbeit. Er nannte keine Namen, aber jedenfalls kann man sich gut vorstellen, wer gemeint sein könnte.

  5. #5 Maxim
    23. Dezember 2011

    @Joseph Kuhn
    “und dann sagt er, [b]es gibt etwas[/b], was über die naturwissenschaftlich erfassbaren”

    Das ist eine Verzerrung des Zitats. Singer sagt nicht, dass es etwas übernatürliches gibt, sondern er glaubt es bzw. hält es für denkbar. Das ist eine komplett andere Aussage.

    “Dass es etwas gibt, was über die naturwissenschaftlich erfassbaren Vorgänge hinausgeht, ist trivial. Die Mathematik ist z.B. so etwas.”
    Ich finde es nicht trivial, dass es etwas Übernatürliches gibt (naturwissenschaftlich nicht greifbar) und das Beispiel mit der Mathematik ist total deplatziert, wie ich finde.

  6. #6 Dr. Weihnachtswebbaer
    23. Dezember 2011

    Die ‘Mathematik’ findet in der Welt des Erkenntnissubjekts statt, also in einer anderen Welt (oder Realität oder Sachlichkeit oder Physik oder Natur oder Wirklichkeit) als in derjenigen, die naturwissenschaftlich zu erfassen ist. So könnte es jedenfalls gemeint gewesen sein.

  7. #7 Thomas J
    23. Dezember 2011

    @Thilo

    entgegengsetzt ihrer Meinung oder entgegengesetzt der Meinung des Mainstreams?

    Ist so ein Verhalten auch von anderen Personen des “öffentlichen Lebens” bekannt?

    Jedenfalls vielen Dank für den Hinweis.

  8. #8 Gustav
    23. Dezember 2011

    Naja ma könnts so interpretieren, wie ich das von manchen NaturwissenschaftlerInnen (tatsächlich schon von mehreren) schon gehört habe:

    Am Beispiel:
    *Gleiches ist gleich* und
    *Ungleiches ist ungleich*

    zeigt sich schon eine (scheinbare) “tiefsitzendere” “Wahrheit” über die Beschaffenheit der Welt. KonstruktivistInnen werden natürlich argumentieren, dass das kein Wunder sei, ist doch unser Gehirn so beschaffen, um genau dies als “tiefsitzendere” “Wahrheit” zu erkennen. Aber in dem Fall ist der Konstruktivismus eine ontologische Sicht der Dinge. Andere Sichtweisen, die annehmen diese Gesetzmäßigkeit ist tatsächlich so etwas wie ein Universalgesetz des Universums, würden vielleicht dann Sätze formulieren wie. Dass es über die naturwissenschaftlich erfassbaren Vorgänge hinaus Bereiche und Prinzipien geben muss, die uns nicht vorstellbar sind, und auf denen alles gründet. An dieser Vermutung kommt auch, nein: gerade ein Naturwissenschaftler nicht vorbei. Diesen Bereich will ich aber nicht benennen, weil jedem Begriff etwas Vorstellbares anhaftet.

    Ich muß zugeben, dass ich dieses “beachtliche” Gefühl vor dieser (scheinbaren) Gesetzmäßigkeit *Gleiches ist gleich* und *Ungleiches ist ungleich* kenne und dem durhaus etwas abgewinnen kann. Nur muß ich mir auch eingestehen, dass vielleicht schlicht meine Gehirnstruktur so beschaffen ist, das zu glauben und dem eben keine “tiefsitzendere” “Wahrheit” des Universums gibt.

  9. #9 Christoph Moder
    23. Dezember 2011

    Dass es über die naturwissenschaftlich erfassbaren Vorgänge hinaus Bereiche und Prinzipien geben muss, die uns nicht vorstellbar sind, und auf denen alles gründet.

    Ich denke, er meint damit einen Gott als Schöpfer. Naturwissenschaft kann die Welt beschreiben, macht Beobachtungen, findet darin Muster, erschafft Modelle, kann quantifizieren und Vorhersagen treffen – aber nicht, was der Sinn hinter der Welt ist. Ob und was für ein Plan dahinter steckt, warum die Naturgesetze so sind wie sie sind usw. Als Mensch handelt man zielorientiert, und erwartet dann, dass so ein “Plan” auch hinter der Struktur der Welt steht. Selbst wenn es so einen Plan oder Schöpfer gäbe, es ist prinzipiell nicht möglich, alleine aus der Betrachtung der Welt den dahinter steckenden Sinn herauszufinden, wenn man gleichzeitig nichts über die Schöpfermacht weiß.

  10. #10 Dr. Weihnachtswebbaer
    23. Dezember 2011

    Tja, das Interview ist noch nicht hochgeladen, aber man kann sich vermutlich an anderen Äußerungen Singers festhalten, bspw. an dieser:

    Q: Bleibt für den Naturwissenschaftler Prof. Wolf Singer noch Raum für Gott?

    A – Singer: Es bleibt sicher Raum für eine sehr abstrakte Fassung des Unerklärlichen. Wenn sie die Naturwissenschaften durchforsten, dann sehen sie, dass überall Warum-Fragen unbeantwortet bleiben. Wir wissen nicht in welche Unendlichkeit hinein sich das Weltall ausdehnt, wenn es sich nun ausdehen sollte. Wir wissen nicht, was vor dem Urknall war, wenn er nun wirklich stattgefunden hat. Wir wissen nicht, warum das alles so ist, wie es ist. Wir können das alles nicht begreifen. Und für das Unbegreifliche haben wir immer schon die Projektionen gehabt, die die Welt kohärent machen. Alle Weltreligionen haben sich die Götter erschaffen, um Unerklärliches kausal abzuleiten. Der Blitz war lange Zeit nicht herleitbar, also hat man einen Gott erfunden, der Blitze warf. (Quelle)

    Was dann in etwa bedeuten würde, dass er Gott dort sucht, wo Unerklärliches geschieht. Dr. Wwb lag also weiter oben mit der Vermutung “Einsteinscher Gott” falsch, W. Singer sieht den Gott im jeweils Unerklärlichen…

    Keine Ahnung, wie nennt sich das? Gibt’s dafür ein Fachwort? Gott der Lücke?

    MFG + GN8
    Dr. Wwb

  11. #11 Thilo
    23. Dezember 2011

    @ Thomas J:
    gemeint war, daß die beiden gegensätzliche Meinungen vertreten, um eine Kontroverse zu erzeugen, die sie dann zum Beispiel bei öffentlichen Diskussionsveranstaltungen oder als Streitgespräche in Zeitschriften verkaufen können – eine Kontroverse zwischen zweien ist halt spannender und mediengerechter als ein Interview mit nur einem Gesprächspartner.

  12. #12 BreitSide
    23. Dezember 2011

    xxx

  13. #13 Joseph Kuhn
    23. Dezember 2011

    @ Maxim:

    1. Die Frage, ob es etwas “Übernatürliches” gibt, finde ich auch nicht trivial. Vor allem deswegen nicht, weil man dazu erst einmal wissen müsste, was damit gemeint ist. Der Begriff des “Übernatürlichen” sieht wie eine Übersetzung von “Metaphysik” aus, assoziiert aber etwas anderes. Siehe die Esoterik-Spamprophylaxe am Ende des Blogs.

    2. Was Wolf Singer wirklich glaubt, ist die Frage dieses Blogs. Ich weiß es nicht. Vielleicht weiß er es auch nicht. Das ist der Verdacht dieses Blogs. Thilo Kuessner bietet noch eine andere Erklärung an.

    3. Was die Mathematik und ihr Verhältnis zur Empirie angeht: Siehe dazu die Position des “Webbären”. Er sieht die Mathematik in der Psychologie bzw. Kultur begründet, also empirisch fundiert. Auch der Beitrag von “Gustav” scheint mir in diese Richtung zu gehen, hier eher mit einer biologistischen Perspektive (nach dem Motto, ich denke, was meine Gehirnstruktur vorgibt). Ich sehe die Mathematik dagegen als etwas, was zwar in der Menschheitsgeschichte kulturell erworben wurde und in jedem individuellen Leben durch Lernen neu erworben werden muss, aber in seiner Geltung nicht in “Denkgesetzen” o.ä. begründet ist. Genese und Geltung der Mathematik sind zu unterscheiden. Daher ist das Beispiel der Mathematik hier, zumindest von dieser Position aus, nicht deplaziert. Ich räume aber gerne ein, dass man über die Ontologie der Mathematik kontrovers diskutieren kann, das müssen allerdings die tun, die davon mehr verstehen als ich. Dieses Thema ist für die Interpretation des Singer-Interviews auch nicht essentiell.

  14. #14 Joseph Kuhn
    23. Dezember 2011

    @ Christoph Moder:

    Ich denke, er meint damit einen Gott als Schöpfer

    Wenn Wolf Singer das meinen würde, wäre das eine pikante Position, vor allem, wenn man das mit seinen Ansichten über den freien Willen zusammenbringt. Dann glaubt er an einen Gott, der Automaten geschaffen hat. Aber ich verstehe ihn so, dass er sich von solchen Gottesvorstellungen distanziert. Nur was er mit der Alternative meint, dass es über die “naturwissenschaftlich erfassbaren Vorgänge hinaus Bereiche und Prinzipien geben muss, die uns nicht vorstellbar sind, und auf denen alles gründet”, das erschließt sich mir nicht.

  15. #15 Dr. Weihnachtswebbaer
    23. Dezember 2011

    Das ist der Verdacht dieses Blogs.

    Der sich aufdrängt, Singer ist dem Weihnachtswebbaeren schon mehrfach aufgefallen, nicht immer günstig, zu ärgern gab es sich bspw. über die Sache mit dem freien Willen bzw. über den Determinismus der Veranstaltung, beides wie eigentlich leicht zu erkennen weder falsi- noch verifizierbare Konzepte oder Theorien.

  16. #16 WolfgangK
    24. Dezember 2011

    Dass es über die naturwissenschaftlich erfassbaren Vorgänge hinaus Bereiche und Prinzipien geben muss, die uns nicht vorstellbar sind, und auf denen alles gründet

    Nicht vorstellbare Bereiche gibt es ja noch viele, aber ich bin der Ansicht, dass wir alles irgendwann erforscht und vorstellbar gemacht haben werden, und sei es der Sinn der Existenz des Universums bzw. unsere eigenen Existenz. Letztendlich begründet sich m.E. alles auf (irgendwann) erklärbaren Grundlagen. Von “nicht vorstellbaren” Bereichen zu reden ist für mich nichts anderes als religiöser oder esoterischer (Kinder-)Kram und gehört eigentlich nicht zu den nachdenkenswerten Aussagen. Ich frage mich immer wieder, warum manche Wissenschaftler irgendwann plötzlich auf die Idee kommen, hinter der universellen Natur irgendwelche unvorstellbaren Strukturen zu vermuten. Vielleicht liegt´s ja am Alter und/oder an der Erkenntnis, die Welträtsel doch nicht in seinem Leben gelöst zu haben.

    @Webbaer

    Keine Ahnung, wie nennt sich das? Gibt’s dafür ein Fachwort? Gott der Lücke?

    Hoimar v. Ditfurth nannte diese Leute in einem seiner Bücher “Vitalisten”, die recht vital Gott immer dahin schieben, wo die Wissenschaft noch nicht vorgedrungen ist…

  17. #17 beka
    24. Dezember 2011

    So ein Interview gab es schon im Mai 2005 in der Zeit https://www.zeit.de/2005/20/Glauben-Singer/komplettansicht

  18. #18 Gustav
    24. Dezember 2011

    Auch der Beitrag von “Gustav” scheint mir in diese Richtung zu gehen, hier eher mit einer biologistischen Perspektive (nach dem Motto, ich denke, was meine Gehirnstruktur vorgibt).

    Biologisch und durch Umwelteinflüße geprägte determinitere Perspektive, “biologistisch” klingt so fürchterlich – das aber nur als simpler Gedanke über die Begrifflichkeiten. 😉

    Ich sehe die Mathematik dagegen als etwas, was zwar in der Menschheitsgeschichte kulturell erworben wurde und in jedem individuellen Leben durch Lernen neu erworben werden muss, aber in seiner Geltung nicht in “Denkgesetzen” o.ä. begründet ist. Genese und Geltung der Mathematik sind zu unterscheiden.

    Ich sehe das ähnlich, die Logik der Mathematik, die Geltung der Mathematik unterliegt, so mein unmittelbare Wahrnehmung, nicht den Gehirnstrukturen. Aber ich kann das Argument der KonstruktivistInnen nicht von der Hand weisen, dass unser ganzer Erfassungsapperat so konstruiert ist, dass wir unmittelbar wahrnehmen wie wir wahrnehmen – und dass uns einfache logische Sätze wie *Gleiches ist gleich* so tiefgründig “wahr” vorkommen.
    Schlußendlich muß die Frage auf Grund des ontologsichen Charakters unbeantwortbar bleiben. Es ist nicht beantwortbar ob unser Gehirn die Dinge tatsächlich so wahrnimmt wie sie sind oder aus einenm wahrnehmbaren Teilbereich der “wWirklichkeit” das konstruiert was wir wahrnehmen. Um das zu klären müssten wir eine 3. Position einnehmen, also anders denken als wir denken – und das wird schwer werden. 😉

    Ich meinte nur, dass Singer das ähnlich sehen könnte wie in dem Beispiel von mir, dass Sätze wie *Gleiches ist gleich* für uns einen tieferen Sinn ergeben, wir diese Aussage aber nicht wissenschaftlich formulieren können (Genauer: der Eindruck der Sinnhaftigkeit dieser erwähnten Aussage ist nicht als falsifizierbare Aussage formulierbar). Und so gibt es “über die naturwissenschaftlich erfassbaren Vorgänge hinaus Bereiche und Prinzipien”, die “uns nicht vorstellbar sind, und auf denen alles gründet”, wie Singer das formulierte. Gerade die Formulierung “Prinzipien” erinnert mich an das Prinzip *Gleiches ist gleich*, dass eben für uns ein sinnvolles Prinzip ist, aber eben nicht naturwissenschaftlich erfassbar ist.

    Aber eigentlich interpretiere ich da – ohne das Interview Singers zu kennen und ohne mehr Hintergrundinformationen zu besitzen – in den kurzen Sätzen Singers viel zu viel hinein. Aber es ist die eine Möglichkeit einer metaphysischen Vorstellung, die in dem Sinne nichts mit Gott oder Esoterik zu tun hat. Deswegen vielleicht seine vorsichtige Formulierung: “Diesen Bereich will ich aber nicht benennen, weil jedem Begriff etwas Vorstellbares anhaftet”, im Gegensatz zu Personen deren Geschäft die Metaphysik ist (zb Gottesbeweisern), weiss Singer als Wissenschaftler was sinnvoll formulierbar ist und was nicht. Aussagen die nicht hinterfragbar, falsifizierbar sind, sind keine sinnvolle Aussagen, da sie einen unhinterfragbaren Wahrheitsanspruch besitzen.

  19. #19 Dr. Weihnachtswebbaer
    24. Dezember 2011

    Ich sehe das ähnlich, die Logik der Mathematik, die Geltung der Mathematik unterliegt, so mein unmittelbare Wahrnehmung, nicht den Gehirnstrukturen.

    Offensichtlich schon, die Mathematik (“Kunst des Lernens”) ist vom Erkenntnissubjekt und von der Welt abhängig. – Welche Strukturen die Welt selbst aufweist, sie ist ja erkennbar nicht chaotisch, folgt also Regelmengen, jo mei!; diese Regelmengen aber als selbst mathematisch (“als nur gedacht”) aufzufassen, würde einerseits dem Universum Leben zusprechen (why not), aber andererseits eben wie auch bestimmte Überlegungen die Determiniertheit des Universums betreffend (eine Singer-Hypothese) in jedem Fall falsi- und verifikationslos bleiben müssen. BTW: Zum Wesen des Universums ist vielleicht noch die Tegmark-Hypothese zu beachten…

    Schöne Weihnachtstage,
    bald geht’s lo-os, bald geht’s lo-os,
    Rudi schon ganz spitz,
    MFG
    Dr. Weihnachtswebbaer

  20. #20 Joseph Kuhn
    24. Dezember 2011

    @ beka: Danke für den Link. Interessant ist, dass Wolf Singer in dem Zeit-Interview 2005 teilweise wörtlich die gleichen Formulierungen gebraucht, was eine mißverständiche Wiedergabe seiner Ansichten durch die Süddeutsche ausschließt.

    @ WolfgangK: Hat v.Ditfurth den Begriff Vitalismus wirklich so verwendet? Eigentlich bezeichnet dieser Begriff eine Denkrichtung, die von einer besonderen “Lebenskraft” in lebenden Wesen ausgeht.

    Der “Lückengott” hat seine wohl bekannteste Formulierung in der Antwort von Laplace auf die Frage Napoleons gefunden, wo in seinem Weltbild Gott vorkomme: “Diese Hypothese habe ich nicht benötigt”.

    Allen schöne Feiertage!

  21. #21 arabiki
    24. Dezember 2011

    @Weihnachtswebbaer

    Koennen sie sich vorstellen , dass unser Universum im Regal eines Kinderzimmers einer anderen Welt steht? Einer Welt in der es Universen wie Unseres in Spielzeuglaeden zu kaufen gibt? Je nach Preis mit oder ohne Urknall, mit einer Haltbarkeit von 15 – 35 Milliarden Jahren, etwa. Programmierte Naturgesetze inklusive – siehe Zubehoer..

    Wahrheit ist fuer uns das, was wir von der Wirklichkeit nicht unterscheiden koennen.

  22. #22 Dr. Weihnachtswebbaer
    24. Dezember 2011

    Koennen sie sich vorstellen , dass unser Universum im Regal eines Kinderzimmers einer anderen Welt steht?

    Das Men In Black-Konzept, sicherlich. Bringt uns aber gerade zu Weihnachten nicht weiter, aber immer noch deutlich anspruchsvoller als das was uns Herr Wolf Singer zu sagen hat.

    In diesem Sinne:
    HO HO HO!
    Bald geht’s lo-os,
    Dr. Weihnachtswebbaer

  23. #23 WolfgangK
    24. Dezember 2011

    @webbaer

    Hat v.Ditfurth den Begriff Vitalismus wirklich so verwendet?

    Ja, hat er. So läßt er sich in seinem Buch:”Wir sind nicht nur von dieser Welt” in dem Kapitel “Die Frage der Lebensentstehung” (S.60ff) über Vitalisten (hier in Bezug auf biologische Erkenntnisse) aus: “Die Praxis zeigt, dass sich ein überzeugter Vitalist nur millimeterweise und immer erst dann zurückzieht, wenn die Fakten schliesslich unabweisbar auf dem Tisch liegen”(S64Abs2). In diesem Zusammenhang sprach er auch von den vitalen Gottesrückzügen durch die Vitalisten in unerforschte Bereiche, aber das suche ich jetzt nicht heraus, alldieweil ich nicht das ganze Buch noch einmal lesen möchte.

    Wissenschaftler wie Wolf Singer machen das umgekehrt; sie füllen den unerforschten Raum mit unvorstellbaren Begebenheiten erst auf, wenn sie an die Grenzen ihres Denkvermögens stossen. Wenn das Kant wüsste…

  24. #24 Andrea N.D.
    24. Dezember 2011

    Ich zitiere einmal aus einem anderen Interview, dann wird es vielleicht klarer:

    “Wir müssen uns als in die Welt geworfene Wesen betrachten, die wissen, dass sie immer wieder Illusionen erliegen und keine wirklich stimmigen Erklärungen über ihr Sein, über ihre Herkunft und noch viel weniger über ihre Zukunft abgeben können. …
    Akzkeptiert man aber, dass unsere Weltbilder Hirnkonstrukte sind, dann erscheint der Konflikt zwischen dem reduktionsistischen Ansatz der modernen Hirnforschung und den geisteswissenschaftlichen Positionen lösbar …”

    (aus Roth/Grün, Das Gehirn und seine Freiheit 2009)

    Wolf Singer hat sich in dem im Artikel genannten Interview etwas ungeschickt ausgedrückt, wenn man mit seinen Schriften nicht vertraut ist, und so vielleicht Missverständnisse provoziert. Wenn ihm das bewusst war, dann greift Thilos Vermutung. Aber: “Nicht vorstellbare Prinzipien” würde wohl kaum jemand bestreiten wollen und dass diese niemals vollständig ergründet sein werden wohl auch nicht. Ich sehe da den Widerspruch zu Kant nicht – im Gegenteil. An eben diese Grenze ist Kant ja gestoßen und hat hinten herum die Tür für eine Gottesvorstellung wieder aufgemacht. Dass Singer den Bereich nicht benennen will, halte ich für sehr konsequent: dann wäre er ja wieder bei irgendeiner gearteten metapyhsischen oder Gottes-Vorstellung. Und diese wiederum ist eine sehr persönliche Sache jedes einzelnen “Gehirns”. Wobei ich das, was Singer mit Gott meint, einfach als alles, was über unser Erkenntnis- und Verstehensvermögen Hinausgehende ist. Und die Existenz dieses “Nichtwissens” oder “Nichtwissenkönnens” möchte doch niemand ernsthaft bestreiten?

  25. #25 Dr. Weihnachtswebbaer
    24. Dezember 2011

    Wobei [ich] das, was Singer mit Gott meint, einfach [als] alles, was über unser Erkenntnis- und Verstehensvermögen Hinausgehende ist. Und die Existenz dieses “Nichtwissens” oder “Nichtwissenkönnens” möchte doch niemand ernsthaft bestreiten?

    Yup!, so war Wolf Singer womöglich zu verstehen.

    Soll zur Weihnachtszeit nicht weiter ausgebaut werden,
    hoffentlich haben alle Ihre Weihnachtsgeschenke goutieren können,
    vielleicht sogar im wörtlichen Sinne, rülps,
    schöne Weihnachtstage noch!
    Dr. Weihnachtswebbaer

  26. #26 Mathophil
    24. Dezember 2011

    Natürlich ist die Mathematik die Grundlage von ALLEM.

  27. #27 Dr. Weihnachtswebbaer
    24. Dezember 2011

    Natürlich ist die Mathematik die Grundlage von ALLEM.

    Für wen und in Bezug auf was?

    Hierzu noch kurz: ‘Wahrheit ist fuer uns das, was wir von der Wirklichkeit nicht unterscheiden koennen.’

    Gemeint wohl: Stimmt die Theoretisierung (= Betrachtung, Theorie = Sicht) des Einzelnen mit den Geschehnissen überein, diese empirische Adäquatheit nutzbringend und die Theorie somit i.p. Erklärung, Beschreibung und Prädiktion der Anforderungslage entsprechend, wird diese Theorie(tisierung) vom Einzelnen womöglich weiterhin verwendet werden. – Lässt sich auch auf Gruppen erweitern.

    Der Wahrheitsbegriff ist für die Tautologien nützlich, also bspw. für die Philosophie und die herausgelöste Mathematik. Die N-Wissenschaften kennen den Wahrheitsbegriff bezogen auf Sachverhalte der Wirklichkeit (vs. Realität, Sachlichkeit) eigentlich nicht.

  28. #28 WolfgangK
    25. Dezember 2011

    @Joseph Kuhn

    Ich sehe gerade, dass ich versehentlich der Ansicht war, Webbaer hätte mir die Frage nach Ditfurths Vitalistenaussage gestellt. Selbstverständlich ist die Antwort für den tatsächlichen Fragesteller gedacht. Ich bitte um Nachsicht.

    Es scheint im Übrigen so, das v. Ditfurth auf die Vitalisten nicht sonderlich gut zu sprechen war und er zudem diese in dem Buch oft in einem Atemzug mit religiösen Fundamentalisten erwähnte. In der Tat schien v. Ditfurth die den Vitalisten zueigene Denkweise nicht nur wegen der Gottesverschübe abzulehnen, sondern gerade wegen deren Vorstellung, dass die Lebensentstehung bzw. der Wille zur Lebensentstehung etwas eigenständiges sei und somit das Leben ansich etwas “unvorstellbar” Besonderes.

  29. #29 Joseph Kuhn
    25. Dezember 2011

    @ Gustav: Sie fragen sich, ob die Tatsache, dass wir Gleiches als gleich wahrnehmen, vielleicht nur eine Folge unserer Gehirnstruktur ist. Eine Frage, die viel voraussetzt. Geht es hier überhaupt um ein Problem der “Wahrnehmung”? De facto nehmen wir oft Gleiches nicht als gleich wahr, einfach weil wir uns täuschen. “Gleiches ist gleich” als wahre Aussage anzuerkennen, bringt zunächst eine Voraussetzung vernünftigen Sprechens zum Ausdruck, die unabhängig davon gilt, wie Denken materiell realisiert wird. Auch für Computer gilt diese Voraussetzung. Ob es in der Natur dann wirklich “Gleiches” gibt und ob wir das wahrnehmen können (und welche Rolle dabei unsere Hirnstruktur spielt), ist eine andere Frage. Vielleicht muss man sich, was letzteres angeht, mit dem oben angeführten schönen Satz von “arabiki” begnügen, dass Wahrheit für uns das ist, was wir nicht von der Wirklichkeit unterscheiden können. Diese Unterscheidungsfähigkeit könnte in der Tat Grenzen haben, so dass nach aller Wissenschaft ein ununterscheidbarer und unbeschreibbarer Rest bliebe – und vielleicht meint Singer das. Aber erstens ist das Spekulation, und zweitens: Warum muss in diesem Rest “alles gründen”? Warum muss dieser unerkennbare Rest als eine Art Urgrund allen Seins wichtiger und fundamentaler sein als das, was wir erkennen? Das scheint mir genau die Stelle zu sein, die traditionell vom Gottesbegriff besetzt wird.

    @Mathophil

    Natürlich ist die Mathematik die Grundlage von ALLEM.

    In welchem Verhältnis steht dieser Satz zur Mathematik? Ist das selbst ein mathematischer Satz? Oder ein metamathematischer Satz – und was folgt aus der Existenz metamathematischer Sätze für Ihre Aussage?

  30. #30 Dr. Weihnachtswebbaer
    26. Dezember 2011

    Warum muss dieser unerkennbare Rest als eine Art Urgrund allen Seins wichtiger und fundamentaler sein als das, was wir erkennen?

    Zudem hätte man dann das Rumsfeld-Problem [1], die Unterscheidung zwischen dem Known Unknown und dem Unknown Unknown würde womöglich die Existenz zweier Götter nahelegen. Wenn man nicht Gott direkt vom menschlichen Unwissen abhängig machen will, btw: Was wäre das denn für ein Gott?

    SCNR + LG
    Dr. Wwb

    [1] fälschlicherweise anscheinend mit dem Ziel der Diffamierung von linken Medien oft so wiedergegeben: ‘Berichte über Ereignisse, die nicht eingetreten sind, interessieren mich immer. Wie wir wissen, gibt es bekanntes Wissen und Dinge, von denen wir wissen, dass wir sie wissen. Wie wir auch wissen, gibt es bekanntes Unwissen. Soll heißen: Wir wissen, es gibt Dinge, die wir nicht wissen. Aber es gibt auch Unwissen, von dem wir nichts wissen. Die Dinge, die wir nicht wissen – wir wissen sie nicht.’ (Quelle) – der philosophisch höchst werthaltige Originaltext lautete: ‘There are known knowns; there are things we know we know. We also know there are known unknowns; that is to say we know there are some things we do not know. But there are also unknown unknowns – there are things we do not know we don’t know.’

  31. #31 Joseph Kuhn
    26. Dezember 2011

    @ Webbär:

    Zum Nichtwissen bei Rumsfeld: Gutmütig interpretiert, beschreibt Rumsfeld eine Weichenstellung unterschiedlicher Positionen des Realismus, aber ich fürchte, er war nur im gleichen Rhetorikkurs wie Herr Stoiber 😉

    Zum Nichtwissen bei Wolf Singer: Was er zum unerkennbaren, aber tragenden Grund sagt, scheint, wie gesagt, vor allem auch Lücken in die Geschlossenheit seiner Thesen zum Verhältnis Hirn – Denken bzw. Hirn – Willensfreiheit zu reißen. Denn hinter der Hirnphysiologie gibt es dann auch einen unerkennbaren, aber tragenden Grund und Singer müsste folgerichtig der Ignorabimus-Position von Emil du Bois-Reymond aus dessen Vortrag „Über die Grenzen des Naturerkennens” zustimmen.

  32. #32 Dr. Weihnachtswebbaer
    26. Dezember 2011

    Zum Nichtwissen bei Rumsfeld: Gutmütig interpretiert, beschreibt Rumsfeld eine Weichenstellung unterschiedlicher Positionen des Realismus, aber ich fürchte, er war nur im gleichen Rhetorikkurs wie Herr Stoiber 😉

    Sowas kommt halt raus, wenn man als Politiker, Rumsfeld gilt ja als geistig potent, komplexe, also wirklich komplexe, Sachverhalte versucht zu erläutern.

    Rummie hat einfach stringent erklärt, warum ihn auch Nachrichten interessieren, die sozusagen leer sind, also wenn wider Erwartens nicht passiert ist. – Onkel Weihnachtswebbaer kann sich noch gut an das Gejaule in ihm (Rumsfeld) nicht wohlgesonnene Medien (SZ, SPOn, ZEIT und was da noch so rumfleucht bei Euch in D) erinnern, ca. 2005, das auch noch auf einer Falschübersetzung basierte!

    Was Kollege Emil Heinrich du Bois-Reymond zu Zeiten der Newtonschen Physik absetzte, würde heutzutage vielleicht als antirealistische Sicht, vgl. auch den Konstruktiven Empirismus (van Fraassen), durchgehen, außerordentlich vernünftig basierend auf den jetzigen Statusmeldungen aus dem NW-Bereich btw. – Aber konfrontieren Sie bloß nicht hartgesottene heutige Physiker auf den SB.de mit diesen Positionen!

    Die Hirnforschung mit ihren Determinismus-Thesen (und den angedeuteten köstlichen Folgen für den Strafvollzug) hält Dr. Wwb für Quatsch, btw.
    Und wie Küssner weiter oben schon andeutete, könnte das idT verfehltes Marketing sein.

    MFG + schöne Weihnachtstage noch!
    Dr. Weihnachtswebbaer

  33. #33 Andrea N.D.
    27. Dezember 2011

    @Joseph Kuhn:
    “Zum Nichtwissen bei Wolf Singer: Was er zum unerkennbaren, aber tragenden Grund sagt, scheint, wie gesagt, vor allem auch Lücken in die Geschlossenheit seiner Thesen zum Verhältnis Hirn – Denken bzw. Hirn – Willensfreiheit zu reißen.”

    Vor weiteren wilden Spekulationen würde ich Herrn Wolf Singer einfach anschreiben und nachfragen. Wenn er es so gemeint hat, kann er sicherlich seine “lückenhaften Thesen” erläutern; wenn er es nicht so gemeint hat, ist es müßig, ihm dieses zu unterstellen.

  34. #34 Joseph Kuhn
    27. Dezember 2011

    @ Andrea N.D.: Anregung ist aufgegriffen, habe Herrn Singer eine Mail geschickt.

  35. #35 abo
    27. Dezember 2011

    Bei neuen Kommentaren benachrichtigen? Ja, bitte!

  36. #36 roel
    19. Januar 2012

    @Joseph Kuhn komme gerade von https://www.scienceblogs.de/evolvimus/2012/01/wenn-evolutionsbiologen-uber-freien-willen-plaudern.php . Gab es bereits eine Reaktion von Singer?

  37. #37 Joseph Kuhn
    19. Januar 2012

    @ roel: Leider nein, ich vermute, da wird auch nichts mehr kommen.

  38. #38 Andrea N.D.
    20. Januar 2012

    @Joseph Kuhn:
    Schade.
    Aus gegebenen Anlass greife ich es noch einmal auf:
    “Dass es über die naturwissenschaftlich erfassbaren Vorgänge hinaus Bereiche und Prinzipien geben muss, die uns nicht vorstellbar sind, und auf denen alles gründet. An dieser Vermutung kommt auch, nein: gerade ein Naturwissenschaftler nicht vorbei. Diesen Bereich will ich aber nicht benennen, weil jedem Begriff etwas Vorstellbares anhaftet.”

    Wer sich mit Erkenntnis im weitesten Sinn beschäftigt, kommt irgendwann an den Punkt, an dem er feststellt, dass der Mensch nun einmal nicht alles erkennen kann. Er kann dies stehen lassen, quasi als Endlosschleife, und sagen, wir werden immer mehr erkennen, aber vermutlich oder besser: ganz sicher nie alles – wozu auch? Daran haben alle großen Philosophien gearbeitet und es bestand (spätestens seit dem Tod Gottes, aber durchaus auch vorher schon) auch kein Zweifel mehr daran, dass wir nicht alles erkennen können. Wie erkennen wir? Durch Naturgesetze, durch Physik. Aber hier haben wir die Erfahrung gemacht, dass Erkenntnisse oder besser Wissen revidiert werden können/kann, d.h. dass es immer nur vorläufig sein kann (logisch – durch unsere beschränkte Erkenntnisfähigkeit gibt es kein absolutes Wissen, keine absolute Wahrheit).

    Die Frage ist jetzt: Wie gehen wir damit um? Vorläufigkeit akzeptieren und weiterforschen ist der Weg der Naturwissenschaften, und das ist gewiss nicht der schlechteste Weg. Darüber hinaus nagt aber an vielen Menschen noch etwas, dieses Darüberhinaus, die Vorläufigkeit, das Wissen um die endliche und nie endende Erkenntnis, zu benennen. Der allgemeinste Name dafür lautet: Meta-Physik (über die Physik hinausgehend, jenseits der Physik, jenseits des Körperlichen, Erkennbaren, im weitesten Sinne). Und mit der Bennennung, dem Begriff bekommt das Ganze dann irgendwann einen irgendwie gearteten Seinsstatus: Aus dem Nichtgewussten, aus dem Nicht-zu-Wissenden, also eigentlich aus dem Nichts wird ein Etwas:

    “Diesen Bereich will ich aber nicht benennen, weil jedem Begriff etwas Vorstellbares anhaftet.”

    Ein großartiger Satz von Singer.

    Und die unterschiedlichen “Vorstellungen” der Menschen beispielsweise der letzten 2000 Jahre sind hinlänglich bekannt. Aber es bleiben eben metaphysische Vorstellungen – mehr nicht.

    PS. Im anderen Thread hatte ich genau die Punkte, die jetzt so nach und nach entwickelt wurden angesprochen: Im Zusammenhang mit der Willensfreiheit muss überlegt werden, ob eine durchgehende Kausalität in der Welt angenommen wird, ob ein Subjekt/Bewusstsein/Ich-Identität angenommen wird, welchen Status (Ereignis, Erkenntnis, vor allem aber des Seins/Seinsstatus/ontologischer Status) von Dingen wie Kunst, Ästhetik, Gedankenergebnisse oder auch 2+2=4 oder der unterschiedlichen metaphysischen Vorstellungen der Menschen angenommen wird. Es ist sehr schwierig, diese Fragen in einem Kommentarbereich abzuhandeln, deshalb halte ich mich da mittlerweile auch heraus.

  39. #39 roel
    20. Januar 2012

    @Andrea N.D. Die Meinung von Singer: “Dass es über die naturwissenschaftlich erfassbaren Vorgänge hinaus Bereiche und Prinzipien geben muss, die uns nicht vorstellbar sind, und auf denen alles gründet” ist ein Trugschluss. Denn diese Bereiche und Prinzipien verändern sich. Dass was vor 100 Jahren noch unentdeckt und undenkbar war, ist heute Allgemeinwissen.

    “Wie erkennen wir? Durch Naturgesetze, durch Physik. Aber hier haben wir die Erfahrung gemacht, dass Erkenntnisse oder besser Wissen revidiert werden können/kann, d.h. dass es immer nur vorläufig sein kann.” Das bedeutet das der Bereich des Unwissens auch immer nur vorläufig sein kann.

    “Aus dem Nichtgewussten, aus dem Nicht-zu-Wissenden, also eigentlich aus dem Nichts wird ein Etwas:” Das ist nicht richtig. Das Etwas war bereits da, nur wurde es nicht erkannt, das Erkennen macht es also nicht zu etwas.

    “Diesen Bereich will ich aber nicht benennen, weil jedem Begriff etwas Vorstellbares anhaftet.” Ihrer Meinung nach “Ein großartiger Satz von Singer.” Wo ist das Problem diesen Bereich als Unwissen zu bezeichnen? Denn was anderes ist es nicht.

  40. #40 WolfgangK
    20. Januar 2012

    “Dass es über die naturwissenschaftlich erfassbaren Vorgänge hinaus Bereiche und Prinzipien geben muss, die uns nicht vorstellbar sind, und auf denen alles gründet.”

    Kann mir denn mal jemand erklären, wo hier der Unterschied zu einer Religion liegt? Ich werde das Gefühl nicht los, dass die Vorstellung von einer naturwissenschaftlichen Basis auf “nicht vorstellbare Bereiche und Prinzipien gründend” eine billige Umschiffung einer atheistischen Einstellung und letztendlich nichts weiter als die Suche nach einem übergeordneten (und damit göttlichem) Grund ist.

  41. #41 roel
    20. Januar 2012

    @WolfgangK das war doch auch die Antwort von Singer auf die Frage, ob er an einen Gott glaubt.

  42. #42 Andrea N.D.
    20. Januar 2012

    @roel:
    Was Du so alles sicher weißt … Es gibt einen Namen für so jemanden: Gott. Dieser vermittelt angeblich absolutes Wissen. Du eigentlich eher nicht. Und das ist nicht persönlich gemeint, es betrifft Deine apodiktischen Aussagen zum Thema.

    Was uns nicht vorstellbar ist, verändert sich? Aha. Wie kann sich etwas nicht Vorstellbares verändern? und vor allem: Woher weißt Du das? Für den Bereich der Naturwissenschaft, der erkannt werden kann trifft das zu, aber für Bereiche, die NICHT erkannt wurden/werden können? Gähn. Das erinnert mit an die Diskussionen um Gott. Ich sehe was was Du nicht siehst. Und diese Diskussion ist sooo langweilig und hat sooo einen Bart. Vielleicht überdenkst Du auch Dein Konzept von “Trugschluss” bevor Du Dich an Singer heranwagst.

    Der Bereich des Unwissens ist vorläufig. Was ist denn das für eine grandiose Erkenntnis? Definiere doch einmal so als Ganzes den Bereich des Unwissens. Ist der absolut, so als Einheit? Und wir beißen dann immer wieder Stückchen weg und führen sie dem Wissen zu? Wächst dann der Bereich des Unwissens weiter oder nicht? Wenn er immer kleiner wird, der Kuchen, dann muss er ja irgendwann aufgegessen sein? Woher weißt Du das eigentlich? Bist Du doch Gott?
    Für Dich: Hier ging es um nicht erkennbares Nichtwissen, nicht um Dein Verhaftetsein in der Naturwissenschaftschiene.

    “Das Etwas war bereits da, nur wurde es nicht erkannt, das Erkennen macht es also nicht zu etwas.”
    Noch einmal für Dich: Hier ging es um nicht erkennbares Nichtwissen, nicht um Dein Verhaftetsein in der Naturwissenschaftschiene oder in der Ontologie.

    “Wo ist das Problem diesen Bereich als Unwissen zu bezeichnen? Denn was anderes ist es nicht.”
    Klar, wenn Du das sagst, ist das natürlich so. Und selbstverständlich hat es einen ontologischen Status und selbstverständlich war es vorher schon da. Äh, vor was eigentlich? Vor Entwicklung Deines Gehirns? Wie soll ich jemanden so Simpelgemütigen wie Dir die gesamte Sprachphilosophie u.a. erklären? (vielleicht so: Du wirst Dich über Simpelgemütig tierisch aufregen; warum? Weil ich Dich so benannt habe; eine Benennung schafft Realitäten und vielleicht sogar einen ontologischen Status). Wie gesagt: Lies und denk selber und lass mich in Ruhe (das bedeutet übrigens, dass Du keine Kommenare an mich richtest – das wäre doch nur eine kleine Bitte gegenüber dem großen Thema der grenzenlosen Unwissenheit).

    Ich weiß, dass Du mir jetzt gleich wieder das Wort verdrehst und hier einen ganz tollen Kommentar dazu abgeben wirst. Aber ich bin glücklicherweise weg. Alternativ könnten wir ja Deine Aktion mit den Behindertenverbänden einkopieren oder Dein Nichtwissen um zwei verschiedene Medien wie Print oder SPON, bevor Du jetzt hier wieder zur Höchstform aufläufst.

  43. #43 Andrea N.D.
    20. Januar 2012

    @Wolfgang K:
    Ich knabbere auch an dem “muss”. Ein “kann” würde ich in diesem Zusammenhang viel besser verstehen. Dahingehen ging auch meine Bitte an Joseph Kuhn nachzufragen. Dass er ignoriert wird, finde ich sehr schade.

  44. #44 roel
    20. Januar 2012

    @Andrea N.D. Sie kommen nicht ohne Beleidigungen, Herabsetzungen, infamen Unterstellungen etc. aus. Es lohnt sich eigentlich nicht, Ihnen zu antworten. Sie haben arge Verständnisprobleme, daher nur zu dem einzigen bemerkenswerten Bestandteil Ihres Kommentars, in dem Sie Ihren eigenen Argumentationsversuch ad absurdum führen.

    Sie werfen mir vor, ich nenne diesen ‘nicht zu benennenden Bereich’ Unwissen. Sie versuchen dagegen zu argumentieren und merken gar nicht, dass Sie diesen Bereich plötzlich selber mit “nicht erkennbares Nichtwissen” bezeichnen.

  45. #45 Joseph Kuhn
    20. Januar 2012

    @ WolfgangK: Die “Gottesnähe” der Formulierung Singers ist in der Tat irritierend. Es hat natürlich etwas, den Grund allen Seienden in etwas hineinzulegen, das wir nicht erkennen können, zumindest nicht in dem Sinn, dass es sich in die Sätze fügt, mit denen wir wissenschaftlich die Welt beschreiben. Man muss dabei auch nicht unbedingt bei Gott herauskommen, daher die Anspielungen im Blog auf Heideggers “Sein” oder Kants “Ding an sich”. Auch das “was sich nur zeigt” und “worüber man nicht sprechen kann” des frühen Wittgenstein passt vielleicht hierher. Aber um all diese Sachen gibt es eine Art “Tabu”, man kann ihren Erfindern zufolge nicht (wissenschaftlich) darüber sprechen und daher weiß man auch nichts darüber. Und in welche Richtung Singer gedacht hat, weiß man erst recht nicht. Meine Vermutung bleibt, dass es eher so dahingesagt war – weil es nicht zu seinen sonst so vehement vertretenen Thesen zur Willensfreiheit passt. Wer einerseits eine unerklärliche Lücke in unserem Weltverständnis postuliert, kann nicht anderseits behaupten, alles am Willen/Bewusstsein hirnphysiologisch (also wissenschaftlich) erklären zu können. Zumindest verstehe ich das nicht.

  46. #46 BreitSide
    20. Januar 2012

    @Andrea: Es wäre gut für uns alle, wenn Du ein wenig an Deiner Roelfobie arbeiten würdest. Dann müsstest Du nicht solchen Unsinn schreiben über Dinge, die schon da sind, obwohl man sie noch nicht erkannt hat:

    Und selbstverständlich hat es einen ontologischen Status und selbstverständlich war es vorher schon da. Äh, vor was eigentlich?

    Stell Dich mal nicht absichtlich dumm.Es ging um vor der Beobachtung bzw vor der Erkenntnis des Zusammenhangs.

    Und dann kommen Deine Beleidigungen.

    Es nervt, dass Du, egal, was roel schreibt, Du alles sofort persönlich nimmst und sofort auf der untersten Ebene losschießt.

    Und mein Gott, in welcher WWWWelt lebst Du? Meinst Du, SB sei ein Platz für Deine persönliche Zensur? Du bist nix Besseres als wir anderen auch. Also verhalte Dich doch bitte erwachsen, Du kannst es.

  47. #47 WolfgangK
    21. Januar 2012

    @Joseph Kuhn

    Der Wunsch nach Erklärung für das Seiende verführt über kurz oder lang jeden dazu, sich eine ausserhalb seiner eigenen Erkenntnismöglichkeit liegenden Begründung für das eigene Dasein zu basteln. Ob das nun wie bei den Philosophen als unerklärliches Sein oder Ding an sich oder wie bei Singer in naturwissenschaftlich nicht erfassbare Bereiche und Prinzipien mündet dürfte eigentlich keine Rolle spielen. Es ist den Religionen ähnlich, auch wenn als Daseinsgrund nicht unbedingt Gott benötigt wird. Deshalb hätte ich auch mit dem von Andrea erwähnten “kann” ein paar Probleme. Das würde nämlich die Möglichkeit eines Endpunktes offenlassen, an dem wir naturwissenschaftlich und verstandesgemäß endgültig scheitern und die Regeln nicht mehr naturwissenschaftlich wären. Das aber glaube ich nicht, auch wenn viele Philosophen was anderes sagen. Die Grenze zwischen Wissen und Spekulation ist bisher lediglich immer weiter verschoben worden und es gibt bisher keinen Punkt (und hat es nie gegeben), an dem es nicht weiter gehen könnte. Aus diesen Gründen empfinde ich Singers Aussage entweder als religiös oder als vorläufiges Scheitern seines Vertrauens in die Naturwissenschaft. Und wenn er es nur einfach so dahergesagt hat, umso schlimmer bezüglich der damit aufkommenden Widersprüche in seinen eigenen Aussagen.

    In einem anderen Punkt stimme ich jedoch zu. Natürlich mag es etwas haben, den Grund dür das Seiende in den nicht erklärbaren Bereich zu legen. Das mag für den Verstand ein handliches Brückenglied und evolutionär sogar nützlich sein, aber mehr ist es wohl eher nicht.

  48. #48 Joseph Kuhn
    21. Januar 2012

    @ WolfgangK: Das sehe ich weitgehend auch so. Einen Punkt, an dem wir “verstandesgemäß endgültig scheitern”, sollte man jedenfalls nicht voreilig postulieren (zumal unklar ist, woran wir ihn erkennen können), und solange wir nicht an diesem Punkt sind, sollten wir ihn auch nicht zum Grund als Seienden erklären. Bei der Reichweite der Naturwissenschaften habe ich vermutlich eine andere Position als Sie, mit den Naturwissenschaften ist m.E. nicht alles gesagt, siehe z.B. das 2×2=4-Beispiel.

  49. #49 Joseph Kuhn
    21. Januar 2012

    … drüben im sehr interessanten themenverwandten Blogbeitrag von Nils Cordes wurde gerade ein Interview von Singer mit Nida-Rümelin verlinkt, lesenswert im Zusammenhang mit seinem hier thematisierten Weihnachtsinterview.

  50. #50 Stefan W.
    21. Januar 2012

    Mir dagegen beliebt es die Mathematik umstandslos den Naturwissenschaften zuzuschlagen, und ungläubig zu schauen, falls es jemand bezweifelt.

    Wenn ich zwei Bananen habe, und dann kommt noch eine dazu, dann habe ich 3 Bananen. Das läßt sich empirisch zeigen.

    Jetzt kommt der Einwurf, die Mathematik befasse sich aber nicht mit Bananen, sondern mit den Zahlen 1, 2 und 3 an sich.

    Gut – nehmen wir Kohlen. Wir nehmen 3 Kohlen, verbrennen eine, und es bleiben noch 2. Wie lustig! 🙂 Vor allem wird es schön warm. Hier, in Berlin geruht es halbherzig zu schneien. Aber das ist nicht der Grund, mit den Kohlen hereinzuschneien. Wo ist jetzt aber der Unterschied zu den Bananen? Die Mathematik abstrahiert von den Kohlen, spricht der Naturwissenschaftler, und kennt wieder nur die Zahlen – die physische Welt aber kenne nun eben Bananen und Kohlen, aber nicht die Zahl 2 ohne etwas stoffliches, von dem es zwei gibt.

    Und nun habe ich den Naturwissenschaftler bei seinen Eiern. Wir haben einen Brikett verbrannt, und für die jüngeren: Nein, das war keine Händiemarke der 80er. Der Chemiker kennt Kohlenstoff der oxidiert, aber in der Realität ist es nicht Kohlenstoff als Abstraktum, welcher oxidiert, sondern es sind 347,42g Kohlenstoff die oxidieren. Es ist immer eine Menge, aber wie die Chemie die Natur betrachtet, und oft von den Mengen abstrahiert, so befasst sich die Mathematik mit den Mengen, und abstrahiert von den Stoffen.

    PI ist das Verhältnis des Umfangs eines Kreises zum Durchmesser, und Kreise gibt es wirklich. Man werfe einen Stein in den See und beobachte beispielsweise die Wellen.

    Und wenn man sich die Elemente anschaut, ein wichtiges Konzept der Chemie, so sind diese doch ganz wesentlich mathematisch definiert, als Verhältnis von Atomkernen und Elektronen, oder nicht?

    Wenn die Mathematik eine kulturelle Definition wäre, dann wäre sie wie die Rechtswissenschaft, wie die Sprachwissenschaften, wie die Theologie von Gesellschaft zu Gesellschaft verschieden. Die Mathematik ist aber universell, und ich meine wirklich, dass sie nicht bloß international, sondern wirklich universell ist.

  51. #51 Joseph Kuhn
    21. Januar 2012

    @ Stefan W.:

    1. Bananen werden naturwissenschaftlich untersucht, durch empirische Studien. Aber Zahlen? Und Kreise? Pi ist auch nicht das Verhältnis von Umfang und Durchmesser von wirklich beobachteten Kreisen, sondern eines mathematisch idealisierten Kreises, sonst wäre es bei der Bestimmung von Pi nach ein paar Nachkommastellen vermutlich vorbei. Bestimmte mathematische Sätze sind durch konstruktive Verfahren gar nicht zu gewinnen – ein Punkt, warum viele Mathematiker Ansätze in der Folge von Lorenzen ablehnen, wenn ich diese Diskussion richtig verstehe.
    2. Die Elemente des Periodensystems sind nicht mathematisch definiert, sondern die naturwissenschaftlichen Sätze, mit denen sie beschrieben werden, bedienen sich der Mathematik. Das ist wie beim tatsächlichen Zählen von Bananen.
    3. Die Mathematik ist “universell”, aber das bedeutet nur, dass sie nicht von subjektiven oder kulturellen Prägungen abhängt. Zur Naturwissenschaft wird sie dadurch noch nicht. Naturwissenschaft ist, was empirisch (an der Natur) scheitern kann. Wie mathematische Sätze im Experiment scheitern sollen, sehe ich nicht.
    4. Sind Sprachwissenschaften oder die Rechtswissenschaft wirklich “von Gesellschaft zu Gesellschaft verschieden”, in dem Sinne, dass die Geltung ihrer Aussagen grundsätzlich und unaufhebbar auf bestimmte Gesellschaften eingeschränkt ist? Damit würde man bestreiten, dass es dort um objektive Erkenntnis geht, vielleicht sogar, dass es sich hier überhaupt um Wissenschaften und nicht um “Ansichtssachen” handelt. Das kann man zwar tun, aber das ist eine grundsätzlichere Frage, keine der Abgrenzung zur Naturwissenschaft.
    5. Könnte es sein, dass Sie “Naturwissenschaften” so definieren, dass sie alles umfassen, was man nachprüfen kann, empirisch, oder durch Beweis oder durch andere Verfahren? Das wäre eine Definition, die eher zwischen wissenschaftlich und nichtwissenschaftlich unterscheidet und alle Unterschiede innerhalb der Wissenschaften einebnet.

  52. #52 Stefan W.
    22. Januar 2012

    1.: So wie Pi das Verhältnis eines idealisierten Kreises ist, so ist der freie Fall im Vakuum ein idealisierter Fall, der in der realen Welt so auch nie beobachtet wird.

    2.: Ein Proton und ein Elektron – definiert das nicht Wasserstoff? Ich bin nicht gut in Chemie, aber dann habe ich das mit dem Periodensystem vielleicht falsch verstanden. Gibt es ein weiteres Element, das aus einem Proton und einem Elektron besteht?

    3. A+B = B+A. Das kann nun nicht scheitern, weil es stimmt. Oder A > B und B > C => A > C. Wenn Du eine Kombination A, B, C findest, für die es nicht stimmt, dann sag Bescheid. 🙂 A > B und B > C => A < C wäre ein Satz, der im Experiment auch scheitert. 4. Die Germanistik beschäftigt sich mit Goethe, aber nicht mit Shakespear oder Balzac. Aber sicher gibt es auch sprachübergreifenden Austausch zwischen den Wissenschaften unterschiedlicher Sprachen. Ebenso gibt es sicher, je mehr Ähnlichkeiten i.d. Rechtssystemen es gibt, auch umso mehr Austausch. IANAL, aber einen Blick über den Tellerrand des eigenen Systems gibt es sicher auch in jedem Studium. Aber ein Großteil des Jurastudiums beschäftigt man sich doch mit den lokalen und aktuellen Gesetzen, und nur wenig mit Rechtsphilosophie, Rechtsgeschichte und dass man in Deutschland irgendwo das Recht Thailands lernen kann würde mich überraschen. Dennoch geht es nicht um Ansichtssachen. Das aktuelle Recht existiert ja, und jeder Jurist lernt Teile des Katalogs dessen kennen, was sein hier und jetzt ist. Die Gesetze sind aber menschengemacht und der Jurist interessiert sich nur sehr begrenzt dafür, wie Gesetze entstehen, sondern mehr, wie sie angewendet werden können. Wenn ich sage "von Gesellschaft zu Gesellschaft verschieden" sage ich nicht 'dass die Geltung ihrer Aussagen grundsätzlich und unaufhebbar auf bestimmte Gesellschaften eingeschränkt ist'. 5. Nein. Ich habe ja extra den Begriff der Kultur ins Spiel gebracht. Das Recht ist vom Menschen erst geschaffen worden - da braucht man nicht zu erforschen, wo Paragraph 203c StgB herkommt - das ist trivial. Der Mensch ist zwar selbst ein physisches Wesen, und somit Natur, aber Musikwissenschaft, Theaterwissenschaft und all diese Dinge von Chemie, Biologie, Mathematik usw. zu unterscheiden erscheint mir schon sinnig.

  53. #53 Joseph Kuhn
    22. Januar 2012

    @ Stefan W.:

    1.: So wie Pi das Verhältnis eines idealisierten Kreises ist, so ist der freie Fall im Vakuum ein idealisierter Fall, der in der realen Welt so auch nie beobachtet wird.

    Genau. Dazu gab es vor kurzem bei “Hier wohnen Drachen” einen ausführlichen Beitrag. Aber getestet wird der freie Fall trotzdem empirisch, unter Berücksichtigung von Störgrößen, die seine perfekte Verwirklichung verhindern. Wenn Experimente gezeigt hätten, dass Abweichungen nicht nur durch erklärbare Störgrößen zustande kommen, wäre das Fallgesetz aufgegeben worden. Das gibt es in der Mathematik nicht.

    Was die Beispiele unter Punkt 2 und 3 hier zeigen sollen, verstehe ich nicht. Davon abgesehen: Ist “Wasserstoff” durch “ein Proton und ein Elektron” defniert? Oder hat man herausgefunden, dass das, was man als Wasserstoff kennt, in der Regel ein Proton und ein Elektron hat (sofern es nicht um seine Isotope oder um das Ion geht)?

    Zur Argumentation unter Punkt 4: Die “Universalität” der Germanistik wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass sie sich mit Goethe beschäftigt, sie würde beeinträchtigt, wenn sie dies mit Methoden tun würde, die in der Anglistik bei der Beschäftigung mit Shakespeare prinzipiell ungeeignet sind. Ich vermute, die Geowissenschaften in Deutschland haben manchmal auch andere Forschungsgegenstände als die Geowissenschaften in Taiwan. Selbst die physikalische Forschung in Deutschland hat sicher andere Schwerpunkte als die in Taiwan, aber dadurch haben wir noch keine “deutsche Physik” (die in unseeligen Zeiten ja einmal angestrebt wurde).

  54. #54 Stefan W.
    22. Januar 2012

    1.: Du kannst eine Schnur entlang eines Kreiseumfangs legen, und nachmessen, ob das qua Beweisführung ermittelte Pi richtig ist – wo ist das Problem?

    2.:

    Oder hat man herausgefunden, dass das, was man als Wasserstoff kennt, in der Regel ein Proton und ein Elektron hat

    Das hat man wohl rausgefunden, und jetzt definiert man damit, was Wasserstoff ist. Wie würdest Du Wasserstoff definieren?

    3: Empirisch scheitern kann Mathematik folgendermaßen: Du nimmst einen Korb Bananen A, in dem mehr sind als in einem Korb B. Und einen Korb C, in dem noch weniger sind. Wenn aber in C gleichzeitig mehr als in A wäre die Mathematik empirisch gescheitert. Dass sie das nicht tut – überrascht Dich das? Hast Du die Mathematik für eine unverbindliche Spielerei gehalten?

    Oder Du findest einen Kreis, bei dem der Umfang 5x dem Durchdesser ist. Du wirst berühmt!

    Wo ist der Unterschied zum Wasserstoffatom mit 3 Atomkernen?

    4. Ich schätze dt. Geologen befassen sich häufiger mit Gesteinsformationen die in Deutschland gängig sind als Südamerikanische Geologen, ja. Aber zu Germanistik/Anglistik ist das doch ein großer Unterschied. Neben den Methoden, die weitgehend ähnlich sind, aber sich beispielsweise beim Geschlecht (der/die/das vs. the) doch unterscheiden, gehört enzyklopädisches Wissen doch auch wesentlich zum Studium. Und da lernt der dt. Student Goethe, Schiller, Kleist und Bernhard kennen, und beschäftigt sich kaum mit Shakespear, Albee oder Beckett.

  55. #55 Joseph Kuhn
    22. Januar 2012

    @ Stefan W.:

    ad 1: Wie schon gesagt, wie viele Stellen von Pi wird man mit dem Ausmessen von real existierenden Kreisen wohl bestimmen können? Ab der wievielten Nachkommastelle würde man bei dieser Methode darüber streiten, wie groß Pi wirklich ist, oder ob es überhaupt ein Pi gibt und nicht jeder Kreis sein eigenes Pi hat?

    ad 2: Das ginge z.B. auch so: Wasserstoff ist das, was bei der Elektrolyse von Wasser an der Kathode aufsteigt.

    ad 3: Glauben Sie das wirklich? Meinen Sie wirklich, wer behauptet, einen solchen Kreis gefunden zu haben, würde berühmt? Oder würde er nicht eher belächelt, weil es einen solchen Kreis aus mathematischen Gründen schlicht nicht geben kann und das, was er vermessen hat, somit kein Kreis war, sondern etwas Ellipsenförmiges?

    ad 4: Wie gesagt, lokale Forschungsschwerpunkte sprechen weder für oder gegen die Universalität/Objektivität der jeweiligen Disziplin.

    Vorschlag: Wir sollten diese Diskussion hier beenden, die Argumente sind ausgetauscht, zu den einzelnen Punkten ist alles Wesentliche im oben verlinkten Blogbeitrag von Martin Bäker gesagt und zur Lösung des Problems aus Wolf Singers Weihnachtsinterview trägt diese Diskussion auch nichts mehr bei.

  56. #56 Gustav
    22. Januar 2012

    @3: Matehamtik ist _keine_ empirische Wissenschaft, sie untersucht selbstgeschaffene Strukturen mittels der Logik auf ihre Eigenschaften und Muster.

    Mit den entsprechenden Vorannahmen, kann die Mathematik aber ein gutes Werkzeug für die Beschreibung in der Physik sein. Aber ebenso kann ich mathematische Modelle entwickeln, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben.

    @Joseph Kuhn: @ad1: Der euklidische geometische Kreis ist genau definiert und daraus ergibt sich Pi. Kreise die wir in den Sand zeichnen, sind keine euklidische geometrische Kreise und haben daher natürlich andere Werte.

  57. #57 Joseph Kuhn
    22. Januar 2012

    @ Gustav: Abgesehen von der “Matehamatik” hätte ich es nicht besser sagen können.

  58. #58 Gustav
    22. Januar 2012

    @Joseph Kuhn: Matehamatik ist die Wissenschaft, welche die Formen und Strukturen des Mate-Tee untersucht… okay, der Rechtschreibfehler wird auch so nicht besser. 😉

  59. #59 Stefan W.
    22. Januar 2012

    @Gustav:

    Mit den entsprechenden Vorannahmen, kann die Mathematik aber ein gutes Werkzeug für die Beschreibung in der Physik sein. Aber ebenso kann ich mathematische Modelle entwickeln, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben.

    Darf ich dann einen Satz natürlicher Zahlen ohne Primzahlen bestellen? Oder ein alternatives Mengenkonzept, bei dem die Vereinigung zweier nichtleerer Mengen eine leere Menge ergibt? Eine winkelfreie Geometrie hätte es auch langsam mal nötig.

  60. #60 Gustav
    23. Januar 2012

    @Stefan W.: Das ist mir ehrlich gesagt zu anstregend, daher nur kurz: Das ist natürlich Definitionssache. Sehr wohl kann ich definieren, dass zwei nichtleere Mengen vereint eine leere ergeben .

    Sie verwechseln da nämlich etwas: Sie geben Beispiele vor, die unserer Alltagslogik widersprechen und wollen damit zeigen, dass solche Beispiele unmöglich sind.

    Aber ich kann Aussagen erstellen, die logisch wahr sind und trotzdem unserer wirklichen Welt widersprechen:

    Prämisse: Alle Menschen haben drei Tentakeln;
    Aussage: Alice ist ein Mensch;
    Schlußfolgerung: Alice hat drei Tentakeln.

    Das ist natürlich Unsinn und widerspricht unserer wirklichen Welt. Trotzdem ist die Schulßfolgerung wahr.

    Mit etwas mehr Engagment, kann ich ganze Strukturen schaffen, die gemäss der Logik wahr sind, die aber unserem Alltagsverständnis widersprechen.
    Siehe die nichteuklidische Geometrie, die Anfangs bloss als mathematisches Konstrukt angesehen wurde, ohne jeglichen Wert, weil es den Alltagserfahrungen widersprach (und von manchen wegen ihren unwahren Charakter sogar verteufelt wurde).

  61. #61 Joseph Kuhn
    23. Januar 2012

    @ Stefan W.:

    Darf ich dann einen Satz natürlicher Zahlen ohne Primzahlen bestellen

    Das ist ein Widerspruch in sich selbst, weil Sie mit den “natürlichen Zahlen” hier auf den kommutativen Halbring der natürlichen Zahlen mit seinen bekannten Eigenschaften abheben. Dazu gehört die Existenz von Primzahlen. Sie bestellen somit eine Zahlenmenge mit Primzahlen, die keine Primzahlen enthält. Das scheitert nicht an der physikalischen Wirklichkeit, sondern an der Logik (bzw. an der Definition der natürlichen Zahlen).

    Ansonsten kann ich Ihrer Bestellung nachkommen: Wenn Sie an einer Zahlenmenge interessiert sind, mit denen man Bananen zählen kann (Ihr Beispiel für die Naturwissenschaftlichkeit der Mathematik), die aber keine Primzahlen enthält, nehmen Sie einfach die Menge der geraden Zahlen. Sie können damit beliebige Bananenmengen abzählen, ohne Primzahlen. Die Menge der geraden Zahlen nennen Sie dann “Natürliche Stefan W.-Zahlen” – fertig. Sie dürfen damit nur viele andere Rechenoperationen nicht durchführen, sonst brauchen Sie wieder die normalen natürlichen Zahlen.

    Die Bananen sind in gewisser Weise ein “Modell” für die mathematische Struktur der natürlichen Zahlen (allerdings nur im kleineren endlichen Bereich). An ihnen lassen sich Eigenschaften der natürlichen Zahlen anschaulich demonstrieren. Käme es zu Widersprüchen, würde das zeigen, dass sie kein gutes Modell für die natürlichen Zahlen sind, aber die Mathematik der natürlichen Zahlen wäre davon nicht betroffen.

    Bei der Gelegenheit: Schon die Menge der natürlichen Zahlen ist nicht “natürlich”, weil es eine Menge mit unendlich vielen Elementen ist. Das gibt es, wenn ich es recht sehe, in der Natur nicht, weil alles was in der Natur abzählbar ist, endlich ist, sogar die Zahl der Elementarteilchen im Universum.

    Und damit noch einmal der Vorschlag, diese Diskussion hier zu beenden.

  62. #62 roel
    23. Januar 2012

    Zurück von den Bananen zu Wolf Singer:

    Aus dem Interview mit Ulrich Schnabel in der Zeit-Online https://www.zeit.de/2008/44/P-Singer :

    “Zeit: Sind Sie Christ, Buddhist oder Atheist?

    Singer: Ich bin zwar tatsächlich in manchen intuitiven Auffassungen, etwa darüber, wie die Welt strukturiert ist, gewissen Interpretationen des Buddhismus nahe. Allerdings würde ich mich nicht als Buddhist bezeichnen. Denn ich bin natürlich als integriertes Mitglied dieser abendländischen Gesellschaft massiv geprägt von christlichen Glaubens- und Wertevorstellungen.

    ZEIT: Glauben Sie an einen persönlichen Gott?

    Singer: Als Naturwissenschaftler kann ich die konkreten Ausformungen dieses Glaubenssystems oft nicht nachvollziehen. Zwar halte ich es für möglich, dass ich etwa durch das Beten eine Selffulfilling Prophecy in Gang setze und mich in einen Zustand bringe, in dem ich das Gewünschte tatsächlich irgendwann erreiche. Aber ich habe erhebliche Schwierigkeiten mit dem Gedanken, dass eine wie auch immer geartete, für mich unsichtbare Gottheit alles durchdringt, das Geschehen auf der Erde steuert und sich auch noch um mich persönlich kümmert.

    ZEIT: Also sind Sie Atheist?

    Singer: Nein, auch nicht. Denn ich weiß natürlich, dass es jenseits des Begreifbaren noch Dimensionen gibt, für die ich keinen Namen habe.”

    Das ist nur ein Ausschnitt aus dem interessanten Interview.

  63. #63 Stefan W.
    23. Januar 2012

    @Gustav:
    Prämisse: Alle Menschen haben drei Tentakeln;

    Aussage: Alice ist ein Mensch;

    Schlußfolgerung: Alice hat drei Tentakeln.

    Das ist natürlich Unsinn und widerspricht unserer wirklichen Welt. Trotzdem ist die Schulßfolgerung wahr.

    Die Schlußfolgerung ist nicht wahr, weil die Prämisse nicht wahr ist, und die verwendete Logik ist die stinknormale Logik die wir ständig verwenden. Gezeigt wurde hier gar nichts.

  64. #64 Stefan W.
    23. Januar 2012

    @Joseph Kuhn:

    Ansonsten kann ich Ihrer Bestellung nachkommen: Wenn Sie an einer Zahlenmenge interessiert sind, mit denen man Bananen zählen kann (Ihr Beispiel für die Naturwissenschaftlichkeit der Mathematik), die aber keine Primzahlen enthält, nehmen Sie einfach die Menge der geraden Zahlen. Sie können damit beliebige Bananenmengen abzählen, ohne Primzahlen. … Sie dürfen damit nur viele andere Rechenoperationen nicht durchführen, sonst brauchen Sie wieder die normalen natürlichen Zahlen.

    Das letzte Mal als ich gekuckt habe war 2 noch eine Primzahl, und auch gerade, aber davon ab: Entweder der Vorschlag ist, dass ich neue Namen für die Zahlen verwende, und die alten Namen, die für Primzahlen standen, überspringe – dann habe ich neue Namen, die früher nicht für Primzahlen standen, aber es fortan tun.

    Denn Zählen bedeutet ja nichts anderes als durchzunummerieren, und auf 2 folgt nunmal 3, ob man es jetzt Drei nennt, three oder zur Verwirrung der Audience Vier.

    Sie dürfen damit nur viele andere Rechenoperationen nicht durchführen, sonst brauchen Sie wieder die normalen natürlichen Zahlen

    Ich darf damit überhaupt keine Rechenaufgaben durchführen, denn die Zahlen sind mit Zählen und mit den auf ihnen definierten Rechenoperationen hoffnungslos verschränkt.

    Es ist geschichtslos wenn man leugnen will, dass der Ursprung der Zahlen vom Bananen- oder Viehzählen stammt. Ich kann das Bedürfnis, sich eine astrale Mathematik die aus dem Nichts kommt, oder dem reinen Geist, nicht nachvollziehen. Es ist falsch, und stinkt nach Religion.

    “Unendlich” ist auch keine natürliche Zahl, aber dass man darüber nachdenkt ist eine Folge des Abstraktionsvorgangs von natürlichen Begebenheiten – das bestreitet ja niemand.

  65. #65 Stefan W.
    23. Januar 2012

    @roel· 20.01.12 · 10:48 Uhr

    “Diesen Bereich will ich aber nicht benennen, weil jedem Begriff etwas Vorstellbares anhaftet.” Ihrer Meinung nach “Ein großartiger Satz von Singer.” Wo ist das Problem diesen Bereich als Unwissen zu bezeichnen? Denn was anderes ist es nicht.

    Dem stimme ich zu. Die Vergangenheit hat immer wieder gezeigt, dass da, wo Nichtwissen herrschte, und Gott gesetzt wurde (als Blitzeschleuderer, als Erdbebenhampel- und trampel) kein Gott ist. Nach 1000 Versuchen und Ausreden, dass er dann also hinter dem jeweils noch nicht Gewußten Sonstigem stecken müsse wurde wieder und wieder frustriert – wie oft will man sich das noch geben?

    Selbst die Idee, dass es einen unerschöpflichen Pool an Noch-Nicht-Gewußtem gibt, dass die Menge des Wissbaren letztlich unendlich ist, halte ich in dieser Absolutheit für Dogmatismus.

    Richtig ist, dass schon die Menge dessen, was heute von verschiedenen Leuten gewusst wird, größer ist, als was ein Einzelner wissen kann. Aber wenn ich mich mit 2 Käfersorten etwas auskenne, und es gibt Zehntausende oder mehr, sind diese mir unbekannten ja nicht eine neue Dimension.

    Und extraterrestriche Lebensformen könnten auch in der Erkenntnis schon deutlich weiter sein als wir.

    Ein Job für Gott springt dabei aber m.E. nicht heraus.

  66. #66 WolfgangK
    23. Januar 2012

    “Singer: Nein, auch nicht. Denn ich weiß natürlich, dass es jenseits des Begreifbaren noch Dimensionen gibt, für die ich keinen Namen habe.”

    Ja, was denn nun? Irgendwie sind das so halbgare Aussagen ohne wirklichen Sinn, zumal er von “Wissen” spricht. Zwar muss man sich nicht eindeutig zu irgendetwas bekennen, aber immer von nebulösen Bereichen oder Dimensionen zu reden, denen man jegliche physikalische Grundlagen durch die vermutete menschliche Nichterfassbarkeit von vorne herein entzieht, scheint mir eher eine unausgegorene Aussage zu unausgegorenen Gedanken zu sein. Ich denke, Singer sollte erst einmal genauer formulieren, bevor man sich über den Sinn seiner Aussagen weitere Gedanken macht…

  67. #67 roel
    23. Januar 2012

    @WolfgangK ” Ich denke, Singer sollte erst einmal genauer formulieren, bevor man sich über den Sinn seiner Aussagen weitere Gedanken macht…” und ich denke er kann das nicht genauer formulieren. Er gibt in einigen Interviews dazu immer ähnliche schwammige Aussagen, aber er liefert auch immer die Antwort darauf, warum er schwammig bleibt. In diesem Fall “für die ich keine Namen habe” oder oben im Eingangstext “Diesen Bereich will ich aber nicht benennen, weil jedem Begriff etwas Vorstellbares anhaftet.” Es ist also etwas, was für ihn unvorstellbar und nicht benennbar ist. Nach eigener Aussage ist er kein Atheist. Folglich kann er seinen Glauben aufgrund der Unvorstellbarkeit nicht ausformulieren.

  68. #68 Gustav
    23. Januar 2012

    @Stefan W.· 23.01.12 · 10:51 Uhr

    @Gustav: Prämisse: Alle Menschen haben drei Tentakeln;
    Aussage: Alice ist ein Mensch;
    Schlußfolgerung: Alice hat drei Tentakeln.

    Das ist natürlich Unsinn und widerspricht unserer wirklichen Welt. Trotzdem ist die Schulßfolgerung wahr.

    Die Schlußfolgerung ist nicht wahr, weil die Prämisse nicht wahr ist, und die verwendete Logik ist die stinknormale Logik die wir ständig verwenden. Gezeigt wurde hier gar nichts.

    Natürlich ist sie war. Die Prämisse kann falsch sein und trotzdem ist die Schlußfolgerung war. Das war ja der Streitpunkt an der Scholastik, dass ihre Aussagen, wenn auch vollständig wahr geschlußfolgert, nur so aussagekräftig sind, wie die Prämisse.

    Trotzdem ist der Satz wahr. Wie es als solches auch überall so gelehrt wird, bitte, es reicht dazu ein Einführungsbuch in Logik. Und was damit gezeigt wurde, dass ich wahre Aussagen machen kann, die unserer erlebten Wirklichkeit widersprechen.

  69. #69 roel
    23. Januar 2012

    @Stefan W siehe vorhergehenden Kommentar von mir. Und das zeigt, dass der Satz “Diesen Bereich will ich aber nicht benennen, weil jedem Begriff etwas Vorstellbares anhaftet” nur ein Eingeständnis ist, es nicht zu können.

  70. #70 roel
    23. Januar 2012

    @Gustav “Und was damit gezeigt wurde, dass ich wahre Aussagen machen kann, die unserer erlebten Wirklichkeit widersprechen.” Aber nur wenn falsche Prämissen angenommen werden.

  71. #71 WolfgangK
    23. Januar 2012

    @roel

    Ja, schon klar, allerdings ist Singers Kernaussage in dieser schwammigen Darlegung nichts anderes als das Festhalten an einer wie auch immer gearteten höheren Instanz, die sich unserem Erkenntnisvermögen entzieht. Also sozusagen ein Bereich neben der eigentlichen Naturwissenschaft als Erklärungsgrundlage für den Sinn des Lebens. Und das ist meines Erachtens typisch religiös, beeinflusst von den Resten einer religiösen Erziehung. Insofern sind seine Aussagen nichts weiter als ein “Herumeiern” zwischen Religiösität und Atheismus.

  72. #72 Gustav
    23. Januar 2012

    Sorry (wiedereinmal), für das Quote-Massaker… was ein slash so alles für Auswirkungen hat. 🙂

  73. #73 Gustav
    23. Januar 2012

    @roel

    @Gustav “Und was damit gezeigt wurde, dass ich wahre Aussagen machen kann, die unserer erlebten Wirklichkeit widersprechen.” Aber nur wenn falsche Prämissen angenommen werden.

    Ja, natürlich. Wie die nichteuklidische Geometrie entwickelt wurde, dachte auch niemand an eine reale Umsetzung. Sie war nur eine Möglichkeit, fernab von der Realität.

    Es besteht keinerlei Anspruch, dass diese Strukturen mit unserer Wirklichkeit übereinstimmen oder hat schon mal wer einen 34589-dimensionalen würfel gesehen? Entspricht der etwa unserer Alltagserfahrung?
    Bei der Logik ist es nicht anders, ich kann Strukturen schaffen, die nicht mit unserem Alltagsverständnis übereinstimmen und kann sie mit Hilfe der Logik untersuchen. Die macht dann keine Aussagen über die wirkliche Welt, dass ist aber nicht Grundbedingung an Logik und Mathematik.

    Mathematik ist nun mal keine empirische Wissenschaft, Mathematik ist die Untersuchung von selbstgeschaffenen Strukturen und Figuren.
    Und Logik ist das kombinatorisches Studium syntaktische und semantische Inhalte.
    Es gibt bei beiden keine Anforderung, dass ihre Aussagen mit der Wirklichkeit übereinstimmen müssen.

    Beispiel: Das Gödel Universum, ein schön ausformuliertes rotierendes Universum. Ein nichtexistentes Universum, damit ein mathematisches Modell, dass nicht mit unseren Vorstellungen übereinstimmt.
    Sinn hatte es aber doch, weil es interessante Phänomene beinhaltete (Zeitschleifen), nur hat es nie etwas mit unserer Realität zu tun gehabt.

    Mathematik und Logik sind keine empirischen Wissenschaften, sie können aber dazu verwendet werden, empirische Wissenschaft korrekt und formal zu formulieren, so dass sie mit unserem Anspruch von Logik in unserer Alltagserfahrung übereinstimmen.

  74. #74 roel
    23. Januar 2012

    @WolfgangK In wie weit eine religiöse Erziehung da mit reinspielt, weiß ich nicht. Herumeiern als Wort mag ich nicht – aber klar so scheint es zu sein.

    Den Bereich neben der Wissenschaft braucht er, um nicht von der Wissenenschaft widersprochen zu werden. Daher muß dieser Bereich auch unbegreifbar sein, denn was begreifbar ist, läßt sich wissenschaftlich ausdrücken.

    @Gustav Ja, so hatte ich das auch verstanden.

  75. #75 Stefan W.
    23. Januar 2012

    Dass sich die Mathematik nur mit empirischen Tatsachen beschäftigt, oder die Logik, behaupte ich gar nicht. Ich behaupte lediglich, dass sie sich auch mit empirischen Tatsachen beschäftigt, und dass v.a. ihre Wurzeln empirisch sind.

    Man kann eben 4 Bananen gerecht an 2 Kinder verteilen ohne eine davon durchschneiden zu müssen, und das ist keine zufällige Koinzidenz mit der Teilbarkeit der Zahl 2.

    Man kann auch einen Kreisumfang im Sand bestimmen, und wenn es genauer sein muss, dann vielleicht einen per Diamant in Glas geritzten Umfang, aber zweifellos wird irgendwann die Formel die Messgenauigkeit ausstechen, genauso wie man die Atome in einem kg Sauerstoff nicht praktisch zählen kann, aber berechnen.

  76. #76 Joseph Kuhn
    23. Januar 2012

    @ Stefan W.: Primzahl 2 – Plattschuss, der Punkt geht an Sie.

    @ alle: Je mehr Interviewpassagen Singers zusammengetragen werden, desto mehr irritiert die Beharrlichkeit, mit der er fast wortgleich in den Interviews immer wieder etwas jenseits des naturwissenschaftlich Beschreibbaren ins Spiel bringt, und dass er mit der gleichen Beharrlichkeit beim menschlichen Geist/Denken/Willen nichts jenseits dieses naturwissenschaftlich Beschreibbaren gelten lässt. Wie das zusammengehen soll, müsste er wohl wirklich selbst aufklären.

  77. #77 WolfgangK
    23. Januar 2012

    @Joseph Kuhn

    Da müssen wir die Widersprüchlichkeit Singers wohl so stehen lassen. Was ich aber nicht unwidersprochen hinnehmen kann ist der primzahlmäßig platte Schuss in das Schulterplatt… 😉

  78. #78 roel
    23. Januar 2012

    @Joseph Kuhn Des Rätsels Lösung ist das Unbeschreibbare, das unserem Denken/Willen/Geist nicht Erfassbare.

  79. #79 Joseph Kuhn
    23. Januar 2012

    @ WolfgangK: Seltsam, ich dachte bisher, das passiert uns Franken nur beim Sprechen. Vermutlich war ich einfach platt. Es könnte natürlich auch ein Einfluss aus jenen Bereichen gewesen sein, “die uns nicht vorstellbar sind, und auf denen alles gründet”. Man kennt sie nicht, alles ist möglich, vielleicht machen sie uns manchmal ein P für ein B vor.

  80. #80 Gustav
    23. Januar 2012

    @Stefan W.:

    Dass sich die Mathematik nur mit empirischen Tatsachen beschäftigt, oder die Logik, behaupte ich gar nicht. Ich behaupte lediglich, dass sie sich auch mit empirischen Tatsachen beschäftigt, und dass v.a. ihre Wurzeln empirisch sind.

    Ja, okay, darauf können wir uns einigen. Die moderne Logik wurde auch versucht auf “realistische” Beine zu stellen. Es wurden also Aussagen abstrakt formuliert, die mit unserer Alltagslogik übereinstimmen (“Wenn Hand in Rsenmäher -> Hand weg. Will Hand behalten -> Hand nicht in Rasenmäher”, nun gut, sie werden andere Beispiele genommen haben, aber nur um es zu verdeutlichen ;-))

    Trotzdem kann ich Strukturen schaffen, die eben nichts mit unseren Alltagsverständndis zu tun haben und oftmals interessante Ergebnisse liefern.

    Die angesprochenen geraden Zahlen sind durchaus interessant. gehen wir nur von der Menge der geraden Zahlen aus, dann ist 2 keine Primzahl! Denn was sollen die Primteiler sein? 2, okay, aber 1 gibts in unseren Beispiel der Menge der geraden Zahlen nicht.

    Wir können innerhalb der geraden Zahlen ganz normal rechnen. Sowohl die Summe als auch das Produkt ist wieder gerade und damit ergibt sich keine Unterbrechung (dagegen, wenn ich nur mit Ungeraden rechne, komme ich irgendwann in Bereiche die nicht mehr Ungerade sind). Die Struktur der Menge der geraden Zahlen unterscheidet sich nur wenig von der Struktur der Menge der natürlichen Zahlen.

    Und auch hier gibt es “Primzahlen”. Nehmen wir die Definition von Primzahlen und wenden wir sie an der Menge der geraden Zahlen an: Eine gerade Zahl ist dann Prim(G), wenn es keine geraden Zahlen m und n gibt, so dass z=m*n gilt.
    Prim(G) ist dann: 2, 6, 10, 14, 18, 22, 26, 30, 34, 28, 42, 46, 50, 54, 58, 62, 66, usw (2 ist als Prim(G) aber nciht Prim in der ausschließlichen menge der geraden Zahlen).

    Das interessante an dieser Struktur: eine Prim(G) ist das doppelte einer ungeraden Zahl. Eine gerade Zahl die keine Prim(G) ist, ist stets als Produkt von Prim(G)-Zahlen (Wie bei den echten Primzahlen). So kann ich schreiben: 60=6*10; Aber es ist nicht mehr eindeutig, ich kann auch schreiben: 60=2*30. Denn das vierfache des Produkts zweier von 1 unterschiedlicher ungerader Zahlen, hat immer mindestens zwei verschiedene Zerlegungen in Prim(G).

    Nun hat die ausschließlich Menge der geraden Zahlen wenig mit unserer Wirklichkeit zu tun, aber interessant ist diese Struktur allemal.

  81. #81 Joseph Kuhn
    23. Januar 2012

    @ roel: Meinen Sie damit die Lösung für das P-B-Rätsel? Oder die Erklärung für Singers Widerspruch? Ersteres halte ich für durchaus denkbar, siehe Kommentar vorher.

  82. #82 WolfgangK
    23. Januar 2012

    @Joseph Kuhn
    Aus dem unvorstellbarem Bereich, auf denen sich alles gründet, stammt in jedem Falle die hier in Franken oft zu hörende und für mich als Exil-NRWler immer wieder überraschende Frage: “Mit hartem oder weichem B?”
    Und deshalb muss ich mal ganz platt (mit hartem B!) @roel fragen, was

    “Des Rätsels Lösung ist das Unbeschreibbare, das unserem Denken/Willen/Geist nicht Erfassbare.”

    das denn sein soll?

  83. #83 roel
    23. Januar 2012

    @Joseph Kuhn Für Singers Widerspruch. Der nichterfassbare Bereich ist zwar irgendwie vorhanden und auf ihn basiert irgendwie alles aber es kommt zu keiner für uns wahrnembaren Interaktion. Das einzige was Singer von diesem Bereich zu wissen meint ist, dass er existiert, nicht vorstellbar ist und das Fundament für den vorstellbaren Bereich bildet. Da es aber keine Interaktion gibt, die wir feststellen können, hat dieser Bereich auch keinen Einfluß auf uns in welcher Form auch immer.

  84. #84 WolfgangK
    23. Januar 2012

    @roel

    “Da es aber keine Interaktion gibt, die wir feststellen können, hat dieser Bereich auch keinen Einfluß auf uns in welcher Form auch immer.

    Dann ist der Bereich ja nicht nur völlig überflüssig, sondern könnte genausogut gar nicht existieren – was bedeuten würde, dass er tatsächlich nur ein Hirngespinst ist. Also heisst das, dass solche nicht erfassbaren Bereiche nur deshalb existieren, weil der Mensch nicht bereit dazu ist den Gedanken daran aufzugeben. Man macht sich die Welt selbst mystisch…

  85. #85 Joseph Kuhn
    23. Januar 2012

    Was “keinen Einfluss auf uns in welcher Form auch immer” hat, ist in der Tat ein völlig spekulativer Bereich, wie “WolfgangK” schreibt. Wenn Singer das so gemeint hätte, ergäbe sich immerhin kein Widerspruch zu seinen Thesen über die Willensfreiheit. Aber so meint er es sicher nicht, bei ihm “gründet” ja sogar alles auf diesem geheimnisvollen Jenseits.

  86. #86 Stefan W.
    23. Januar 2012

    Trotzdem kann ich Strukturen schaffen, die eben nichts mit unseren Alltagsverständndis zu tun haben und oftmals interessante Ergebnisse liefern.

    Tja, irgendwie sieht diese Struktur wie die Menge der geraden Zahlen aus. Auch die Operationen Addition und Multiplikation sehen aus, wie bei den natürlichen Zahlen abgeschaut, auch wenn es nicht ganz überzeugend geklappt hat.

    Die wievielte Zahl, von der zwei aus gesehen, ist denn die 4? Die 1.? Die gibt es ja angeblich nicht. Also die zweite Zahl? Das läuft ja auf ein Umbenennen hinaus, und ist lame, das haben die Briten auch schon geschafft. 🙂

    Außerdem gab es bei Bounty den Doppelpack, da waren immer zwei Riegel Süßes drin. Damit kann man perfekt die Menge G veranschaulichen, so lange man die Packungen intakt läßt. Da hat man also 2, 4, 6 … Riegel, je nach dem wieviel Packungen man hat.

    QED 😉

  87. #87 Gustav
    23. Januar 2012

    @Stefan W.: Ja, schaut gleich aus, ist fast gleich, aber nur fast. Hat aber natürlich auch interessante Eigenschaften. Ist ein sehr einfaches Beispiel.

    Und natürlich kann ich mit meinen bekannten Strukturen andere konstruierte Strukturen beschreiben. Trotzdem ist die Struktur der geraden Zahlen nicht gleich zu der Struktur der natürlichen Zahlen, somit ist es kein simples Umbenennen.

    Ich kann Strukturen entwickeln, wo das Kommutativgesetz nicht mehr gilt, das Assoziativgesetz aber sehr wohl.
    In der Logik kann ich intuitionistische Logikkalküle aufstellen, in denen der Satz vom ausgeschlossenen Dritten nicht ableitbar ist.

    Und bei Bounty gibts noch immer den Doppelpack. 🙂

  88. #88 roel
    23. Januar 2012

    @Joseph Kuhn “Aber so meint er es sicher nicht, bei ihm “gründet” ja sogar alles auf diesem geheimnisvollen Jenseits” Aber nur so macht es Sinn. Vielleicht kann ich das anhand eines Buchs erklären. Die Geschichte die es beinhaltet ist unabhängig von dem Papier auf dem es geschrieben ist.

  89. #89 roel
    23. Januar 2012

    @Joseph Kuhn Ups, bevor jemand anfängt Worte zu drehen. Nur so macht es unter den Prämissen, die Wolf Singer gesetzt hat, Sinn.

  90. #90 Joseph Kuhn
    23. Januar 2012

    @ roel: Vielleicht müsste man die Worte doch noch mal drehen. Ich verstehe nicht.

  91. #91 roel
    24. Januar 2012

    @Joseph Kuhn

    Annahme 1: Es existiert ein Bereich ausserhalb unserer Wahrnehmungsfähigkeit.
    Annahme 2: Dieser Bereich bildet das Funament für den uns wahrnehmbaren Bereich.

    Ja doch, man kann es als Jenseits bezeichnen. Er meint ja den Bereich jenseits unserer Wahrnehmungsmöglichkeiten.

  92. #92 roel
    24. Januar 2012

    Wolf Singer ist Berater im vatikanischen Kulturrat. Seit längerem ist er Mitglied der antireligiösen Giordano-Bruno-Stiftung. Er vereint widersprüchliche Positionen in sich.

    Aus https://www.pro-medienmagazin.de/nachrichten.html?&news%5Baction%5D=detail&news%5Bid%5D=4816

    “Vatikan holt sich Religionskritiker als Berater
    Einerseits ist er Mitglied in der antireligiösen “Giordano Bruno-Stiftung”, andererseits berät er nun auch den Vatikan. Der deutsche Hirnforscher Wolf Joachim Singer, Professor für Neurologie und Direktor des Max Planck Instituts für Hirnforschung in Frankfurt am Main, ist vom Papst zum Berater im vatikanischen Kulturrat ernannt worden.”

  93. #93 Stefan W.
    24. Januar 2012

    @roel: Ein scheinbarer Widerspruch, aber für den Vatikan ist es natürlich ein tolle Sache einen Kritiker zu verpflichten; das zeigt wie offen man ist, und die Elite der Kirche hat sowieso noch nie so recht an Gott geglaubt – da passt er dann doppelt.

    Dass man dem einfachen Plebs gegenüber anders auftritt ist ja Tradition der Kirche, und kann nicht mehr hinterfragt werden, da sich das System immer wieder reproduziert.

  94. #94 Joseph Kuhn
    24. Januar 2012

    Der merkwürdige Widerspruch zwischen seinen “Da-ist-noch-was-Interviews” und seiner sonstigen “Da-ist-nichts-weiter-Position” wird ja hoffentlich nicht nur sozialer Rücksichtnahme auf den vatikanischen Kulturrat einerseits und Gruppierungen wie der GB-Stiftung andererseits geschuldet sein. Das wäre eine intellektuell etwas enttäuschende Erklärung.

  95. #95 Stefan W.
    28. November 2012

    “Dass es über die naturwissenschaftlich erfassbaren Vorgänge hinaus Bereiche und Prinzipien geben muss, die uns nicht vorstellbar sind, und auf denen alles gründet. An dieser Vermutung kommt auch, nein: gerade ein Naturwissenschaftler nicht vorbei.

    Zum Ende des Jahres will ich diese Aussage dann nochmal so zusammenfassen, dass Herr Singer damit sagt, dass er Unerkennbares erkennen kann, also selbst so eine Art Gott ist. Da ist er nicht der erste, aber sympathisch macht es ihn nicht.

    Jedenfalls ist es ein Widerspruch zu sagen, er könne sich etwas Unvorstellbares vorstellen. Man kann dass so sagen, um mit Herrn Lesch eine Flasche Rotwein zu leeren, aber man kann den Rotwein auch so leeren.

  96. #96 Wilhelm Leonhard Schuster
    25. Februar 2013

    Der Standpunkt ist immer sehr wichtig .
    Eindeutig zu sehen bei der Zahl 96.
    Wenn ich mich auf den Kopf stelle ,wird einiges anders , in der Summe bleibt aber die …96…!
    Ein Schoppen Rotwein täte mir jetzt gut -wenn ich den auf den Kopf stelle tut er mir gut!
    Naja einkleiner Unterschied ist da schon, denn das Glas will langsam und vorsichtig gekippt werden.
    Prösterchen!
    Leider habe ich nicht die Chance mit Herrn Dr. Lesch anzustoßen!