Deutschland leidet gerade unter einer ungewöhnlich starken Welle von Erkältungskrankheiten. Darunter sind viele Infektionen mit dem RS-Virus, und auch viele Influenza-Infektionen. Influenza, das ist landläufig die Grippe. Dem RKI zufolge gab es in der laufenden Saison bisher schon mehr als 40.000 Influenza-Erkrankungen und 126 laborbestätigte Todesfälle. Die der Influenza und den vor allem bei älteren Menschen nicht selten darauf folgenden Lungenentzündungen zuzurechnenden Sterbefälle dürften aber weitaus höher liegen. Sie lassen sich erst mit Verzögerung berechnen, je nach Saison können das mehrere tausend Sterbefälle sein.
Gegen die Influenza kann man sich impfen lassen. Dummerweise weiß man zu dem Zeitpunkt, an dem die Impfstoffproduktion festgelegt werden muss (im Februar vor der Saison) noch nicht verlässlich, gegen welche Viren genau der Impfstoff wirken muss. Die WHO trifft daher gezwungenermaßen eine Entscheidung unter Unsicherheit, etwas gemildert dadurch, dass bei der Impfstoffzusammensetzung auf mehrere Varianten der Influenza-Viren gleichzeitig gezielt wird. Influenza-Viren verändern sich genetisch aber recht schnell und man ist vor Überraschungen bei der Impfstoffwirksamkeit nie gefeit.
Bei den Influenza-Viren dominiert in dieser Saison der Subtyp A/H3N2. Solche Subtypen unterteilen sich weiter sog. „Kladen“, Abstammungslinien gewissermaßen. Genetische Analysen im Nationalen Referenzzentrums für Influenza haben ergeben, dass in dieser Saison „25 % der zirkulierenden Viren zum Clade 3C.2a gehören. Als Referenzvirus für dieses Clade fungiert der im trivalenten Impfstoff enthaltene Stamm A/Hong Kong/4801/2014. 75 % der genetisch analysierten Viren gehören zu einer neuen Untergruppe (Subclade 3C.2a1), die durch den Stamm A/Bolzano/7/2016 repräsentiert wird.“ (RKI: Epidemiologisches Bulletin 6/2017 vom 9. Februar 2017, S. 61).
Die Viren werden vergleichsweise gut, aber nicht perfekt vom aktuellen Impfstoff abgedeckt. Das Nationale Referenzzentrum hat eine vorläufige Impfstoffwirksamkeit in dieser Saison von 41 % berechnet, deutlich mehr als im Vorjahr. Bei älteren Menschen (die STIKO empfiehlt die Impfung ab 60 Jahren) liegt die Wirksamkeit gewöhnlich leider niedriger.
Dem RKI zufolge ist dennoch die Impfung der beste Schutz gegen die Influenza. Zum einen seien wenigstens 40 % der Geimpften geschützt, zum anderen verlaufe die Erkrankung auch sonst bei Geimpften leichter als bei Ungeimpften. Da die Influenzawelle noch vier bis acht Wochen anhalten könnte, würde sich die Impfung demnach auch jetzt noch lohnen. Nach zwei Wochen „steht“ der Impfschutz.
In der Süddeutschen Zeitung ist heute auf der Titelseite ein Kommentar von Werner Bartens, in dem er sich zwar nicht explizit kritisch zur Grippe-Impfung äußert, aber doch Zweifel am Sinn der Impfung anklingen lässt, weil Studien keine klaren Vorteile zeigen würden. Jetzt frage ich mich, wie verträgt sich das mit den Berechnungen zur Impfstoffwirksamkeit? Die könnte man doch gar nicht vornehmen, wenn praktisch kaum jemand von der Impfung profitieren würde. Oder sitze ich da einem Denkfehler auf?
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Disclaimer: Ich bin kein Virologe, mit Impfstoffen kenne ich mich auch nicht aus. Der Beitrag ist also nur mit gesundem Menschenverstand geschrieben. Ich hoffe, er enthält trotzdem keine gravierenden Fehler und mitlesende Fachleute müssen sich nicht die Haare raufen. Sollte das allerdings der Fall sein, bitte ich um Nachricht, damit ich Asche auf mein Haupt streuen und die Fehler berichtigen kann.
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