Deutschland leidet gerade unter einer ungewöhnlich starken Welle von Erkältungskrankheiten. Darunter sind viele Infektionen mit dem RS-Virus, und auch viele Influenza-Infektionen. Influenza, das ist landläufig die Grippe. Dem RKI zufolge gab es in der laufenden Saison bisher schon mehr als 40.000 Influenza-Erkrankungen und 126 laborbestätigte Todesfälle. Die der Influenza und den vor allem bei älteren Menschen nicht selten darauf folgenden Lungenentzündungen zuzurechnenden Sterbefälle dürften aber weitaus höher liegen. Sie lassen sich erst mit Verzögerung berechnen, je nach Saison können das mehrere tausend Sterbefälle sein.

Gegen die Influenza kann man sich impfen lassen. Dummerweise weiß man zu dem Zeitpunkt, an dem die Impfstoffproduktion festgelegt werden muss (im Februar vor der Saison) noch nicht verlässlich, gegen welche Viren genau der Impfstoff wirken muss. Die WHO trifft daher gezwungenermaßen eine Entscheidung unter Unsicherheit, etwas gemildert dadurch, dass bei der Impfstoffzusammensetzung auf mehrere Varianten der Influenza-Viren gleichzeitig gezielt wird. Influenza-Viren verändern sich genetisch aber recht schnell und man ist vor Überraschungen bei der Impfstoffwirksamkeit nie gefeit.

Bei den Influenza-Viren dominiert in dieser Saison der Subtyp A/H3N2. Solche Subtypen unterteilen sich weiter sog. „Kladen“, Abstammungslinien gewissermaßen. Genetische Analysen im Nationalen Referenzzentrums für Influenza haben ergeben, dass in dieser Saison „25 % der zirkulierenden Viren zum Clade 3C.2a gehören. Als Referenzvirus für dieses Clade fungiert der im trivalenten Impfstoff enthaltene Stamm A/Hong Kong/4801/2014. 75 % der genetisch analysierten Viren gehören zu einer neuen Untergruppe (Subclade 3C.2a1), die durch den Stamm A/Bolzano/7/2016 repräsentiert wird.“ (RKI: Epidemiologisches Bulletin 6/2017 vom 9. Februar 2017, S. 61).

Die Viren werden vergleichsweise gut, aber nicht perfekt vom aktuellen Impfstoff abgedeckt. Das Nationale Referenzzentrum hat eine vorläufige Impfstoffwirksamkeit in dieser Saison von 41 % berechnet, deutlich mehr als im Vorjahr. Bei älteren Menschen (die STIKO empfiehlt die Impfung ab 60 Jahren) liegt die Wirksamkeit gewöhnlich leider niedriger.

Dem RKI zufolge ist dennoch die Impfung der beste Schutz gegen die Influenza. Zum einen seien wenigstens 40 % der Geimpften geschützt, zum anderen verlaufe die Erkrankung auch sonst bei Geimpften leichter als bei Ungeimpften. Da die Influenzawelle noch vier bis acht Wochen anhalten könnte, würde sich die Impfung demnach auch jetzt noch lohnen. Nach zwei Wochen „steht“ der Impfschutz.

In der Süddeutschen Zeitung ist heute auf der Titelseite ein Kommentar von Werner Bartens, in dem er sich zwar nicht explizit kritisch zur Grippe-Impfung äußert, aber doch Zweifel am Sinn der Impfung anklingen lässt, weil Studien keine klaren Vorteile zeigen würden. Jetzt frage ich mich, wie verträgt sich das mit den Berechnungen zur Impfstoffwirksamkeit? Die könnte man doch gar nicht vornehmen, wenn praktisch kaum jemand von der Impfung profitieren würde. Oder sitze ich da einem Denkfehler auf?

——————-
Disclaimer: Ich bin kein Virologe, mit Impfstoffen kenne ich mich auch nicht aus. Der Beitrag ist also nur mit gesundem Menschenverstand geschrieben. Ich hoffe, er enthält trotzdem keine gravierenden Fehler und mitlesende Fachleute müssen sich nicht die Haare raufen. Sollte das allerdings der Fall sein, bitte ich um Nachricht, damit ich Asche auf mein Haupt streuen und die Fehler berichtigen kann.

Kommentare (64)

  1. #1 WolfgangM
    11. Februar 2017

    Geimpfte Personen über 65 Jhr sind weniger gut gegen Influenza geschützt als Jüngere. Das hat aber mit dem alternden Immunsystem zu tun (Immunoseneszenz) als mit dem Impfstoff. Es gibt eine adjuvierten (immunverstärkten) Impfstoff gegen Influenza (Handelsname Fluad), daher sollte das in Studien extra evaluiert werden, obs d aeine zusätzlichen Schutzeffekt gibt. Das ist das eine. Das Andere ist, impfen wir nicht die Falschen? In Japan waren etliche Jahre die Kinder geimpft worden. Die allgemeine Lebenserwartung stieg an. Dann wurde dies Impfung abgesetzt, die Lebenserwartung ist gesunken. Das ist das Problem, die jungen Kids (so etwa unter 8 Jhr) sind alle nicht natürlich immun, kaum geimpft unter ihnen kann sich Influenza leicht ausbreiten, und sie stecken ihre Grosseltern an, die falls geimpft nicht so gut geschützt sind, weil immunoseneszent.

    Zynisch kann man das auch als Erbschleicherkrankheit bezeichnen. Die Kids sind zu Hause. Die Eltern sind arbeiten, die Grosseltern betreuen die kranken Kinder und gehen dann selbst drauf. Die Eltern erben- funktioniert eigentlich ganz gut. 🙁

  2. #2 Olli
    11. Februar 2017

    Hallo Josef,

    danke für den Disclaimer. Wissenschaft eben :-). Ich bin jetzt 50 und überlege, ob ich mich auch gegen Grippe impfen lassen sollte, da ich ja in Richtung Risikogruppe gehe. Deswegen interessiert mich das Thema sehr.

    Lg,
    Olli

  3. #3 Joseph Kuhn
    11. Februar 2017

    @ WolfgangM:

    Der Freistaat Sachsen hat eine eigene Impfkommission. Dort ist die Grippeimpfung für Kinder ab dem 7. Lebensmonat im Impfkalender.

    Gibt es zum Zusammenhang der Impfung von Kindern in Japan und der Lebenserwartung eine Studie? Wäre interessant. Zumindest auf die Schnelle habe ich bei Pubmed nichts gefunden.

    @ Olli:

    Am besten besprechen Sie das mit einem guten Hausarzt, damit ihre individuelle Situation berücksichtigt werden kann. Wenn es aber diese Saison noch etwas nützen soll, müssen Sie sich beeilen 😉

  4. #4 Rainer Friebel
    12. Februar 2017

    Bis ich mit den Impfungen anfing hatte ich mehrmals im Jahr Erkältungen. Teilweise mit schwerer Bronchitis. Habe ich seither nicht mehr! Ich weiss das die Impfung nur gegen Viren schützen. Vielleicht ist das Immunsystem aber duch die Impfung so angeregt, dass es auch auf andere Herausforderungen besser reagiert. Gibt es da Untersuchungen?

  5. #5 rolak
    12. Februar 2017

    Impfung nur gegen Viren

    moin Rainer, einerseits wird zwar eine Erkältung von Viren verursacht, andererseits wirkt aber die Grippe-Impfung nur gegen einige der Influenza-Viren, die als Ganzes in keiner Weise an Erkältungen beteiligt sind.

    Immunsystem .. angeregt

    Das Immunsystem kann zwar bis zu ‘aus’ gedämpft werden, typischerweise durch irgendein Problem belastet, sollte allerdings nicht angeregt werden – und wird es im allgemeinen auch nicht. Typische Probleme der Fälle, wenn es doch mal ‘zu gut’ läuft, sind en gros unter ‘Autoimmunerkrankung‘ zu finden.

  6. #6 Andreas
    12. Februar 2017

    Das Problem bei Impfstoffen ist ja, dass du wenn du geimpft wurdest und nicht erkrankst dies nicht an der Impfung liegen muss. Wenn du geimpft wurdest und trotzdem erkrankst gibt es grundlegend auch zwei Möglichkeiten.

    Geimpft + keine Grippe: Impfung hilft
    Geimpft + keine Grippe: nicht angesteckt
    Geimpft + Grippe: abgemilderte Form
    Geimpft + Grippe: normaler Verlauf da kein Impfschutz

    Leider kann ich nicht einfach kontrollieren, bei welchen Personen mit einer Grippe und Impfung, die Impfung die Grippe abgemildert hat.

    Dieser “Halbschutz” kann aber auch Leben retten und müsste noch mitdazu gerechnet werden

    Ich kann jetzt die Geimpften darauf testen ob eine Grippe vorliegt oder nicht. Damit kann ich kontrollieren bei wievielen die Impfung garnicht geklappt hat.

    Die Berechnung der Effektivität erfolgt mit einer Test-negative Fall-Kontroll-Studie und einer logistischen Regressionsanalyse. Dabei wird nur binär geschaut hat er Grippe oder nicht. Dazu schaut man wieviel mal häufiger Leute, die keine Impfung haben eine Grippe bekommen, gegenüber einer Gruppe die eine Impfung hat und eine Grippe bekommt.

    Deshalb ist die Impfeffektivität schwer als absoluten Wert zu betrachten, da eben nicht alle Möglichkeiten in die Bewertung eingehen können. In diese Berechnung gehen auch die Daten von Bayern und Co, die eine eigene Impfsurveillance durchführen. Insofern sind die Daten des RKI, denen der Einzelorganisationen vorzuziehen.

  7. #7 Alisier
    12. Februar 2017

    Danke für den anregenden Post!
    Vielleicht melden sich ja ein paar Spezialisten, die noch mehr Licht ins Thema bringen.
    Auf jeden Fall bin ich jetzt schon informierter als noch zwei Sunden zuvor, obwohl ich mich erst gestern durch ein paar Artikel gewühlt hatte.

  8. #8 anderer Michael
    12. Februar 2017

    Näher beschrieben wird die Influenza -Impfaktivitätsschätzung hier:

    https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2012/Ausgaben/41_12.pdf?__blob=publicationFile

  9. #9 anderer Michael
    12. Februar 2017

    Und wahrscheinlich ist die Effektivität der Grippeschutzimpfung nicht ausreichend erwiesen.
    Älterer Artikel dazu
    https://www.arznei-telegramm.de/html/2004_11/0411120_02.html

  10. #10 Alisier
    12. Februar 2017

    Wie machst du es denn, anderer Michael?
    Empfiehlst du die Impfung oder nicht? Respektive wem empfiehlst sie, falls du sie empfiehlst?

  11. #11 rolak
    12. Februar 2017

    oder nicht?

    Wohl eher nicht, Alisier, andernfalls wäre es unerhört unglücklich formuliert. Was auch immer im vom arznei-telegramm 2004 interpretierten RKI-Text gestanden haben mag ist doch Schnee von vorgestern bis völlig wurscht, denn wie heißt es im zuerst verlinkten 2012-paper:

    Durch die Impfung kann jeder sein persönliches Risiko, an einer Influenza zu erkranken, erheblich verringern. Bei Geimpften verläuft eine Erkrankung in der Regel auch milder, d. h. ohne Komplikationen.

  12. #12 Andreas
    12. Februar 2017

    Alisier,

    Was genau willst du denn wissen?

    Generell ist ein Impfung immer anzuraten, da es keine bleibenden Nebenwirkungen gibt und du dich damit schützen kannst.

    Impfeffektivität ist halt eine einfache Berechnung:
    Nimm einfach mal an du hast insgesamt von 2002 untersuchten Personen 141 geimpfte Personen und 1861 umgeimpfte Personen. Du untersuchst alle ob Sie eine Grippe haben oder nicht. 1501 Personen, die keine Grippe hatten und 501 Personen die eine Grippe hatten.

    Die Impfeffektivität wird jetzt wie folgt berechnet
    a) umgeimpfte ohne Grippe = 1385 Personen
    b) umgeimpfte mit Grippe = 476 Personen
    c) geimpfte ohne Grippe = 116 Personen
    d) geimpfte mit Grippe = 25 Personen

    (a*d)/(b*c) = (1385*25)/(476*116)=0,627083.
    Danach nimmt man noch 1-odds ratio = 1-0,627083= 0,372917
    Das bedeutet die Impfung hat eine Impfeffektivität von 37%. Allerdings sind jetzt all die Personen, die zwar eine Grippe bekommen aber dank der Impfung nur einen milden Verlauf haben nicht mit einbezogen. Das bedeutet die Impfeffektivität wäre noch höher.

    Arisier falls du noch mehr Infos brauchst sag einfach kurz bescheid.

    Hoffe jetzt ist es klar.

  13. #13 Alisier
    12. Februar 2017

    @ rolak
    anderer Michael ist manchmal Spezialist was unglückliche Formulierungen anbelangt. Da er selbst Arzt ist, muss ich einfach nachfragen.
    @ Andreas
    Hier lesen viele mit. Ich selbst halte eine Impfung für sinnvoll, stelle aber fest, dass viele den Sinn anzweifeln. Es geht mir also mehr um hieb- und stichfeste Argumentationsmunition, da selbst manche Ärzte ambivalente Positionen vertreten.

  14. #14 Holger
    12. Februar 2017

    @rainer: aber etwa Tetanus-Impfung ist gegen Bakterien.

    mir ist aber unbekannt was der Hintergrund ist, weswegen gegen manche Krankheitserreger geimpft werden kann und gegen andere nicht.

  15. #15 Lemmie
    12. Februar 2017

    Eine Frage an die Mediziner und Gesundheitsexperten hier:
    Eine Bekannte von mir hat sich nach ihrem 60. Geburtstag gegen Lungenentzündung impfen lassen (gegen Grippe auch, das macht sie schon seit Jahren, ich übrigens auch).
    Ist das für einen älteren Menschen empfehlenswert?

  16. #16 rolak
    12. Februar 2017

    empfehlenswert?

    Ja, sagt dazu die STIKO, Lemmie.

  17. #17 anderer Michael
    12. Februar 2017

    Der nicht wissenschaftlich tätige Durchschnittsarzt hat kaum Chancen in strittigen Fragen eigene Meinungen selber fachlich begründet von sich zu geben. Ich verlasse mich auf zuverlässige Quellen, die ich versuche , kritisch zu werten. Das RKI,das Arzneimitteltelegramm, aber auch Deutsches Ärzteblatt sowie das Paul-Ehrlich-Institut sind für mich im Prinzip zuverlässige Quellen . Es gibt ganz andere Quellen, dort habe ich sofort die Seiten verlassen, weil die Grippeimpfung nur ein Aufhänger von Impfgegnern ( Masern , Polio usw.) war. Auch ein Artikel eines Prof. für Mikrobiologie, der wirtschaftliche Gründe für die Impfung angab und dann die Entwicklung eines jahrelangen wirksamen Impfstoffes forderte, sehe ich was den zweiten Teil betrifft mit großer Skepsis. (1)

    Im groben war mir die Materie bekannt. Ich wusste jedoch nicht, dass die Effektivität manchmal so gering ist und dass harte Belege für fassbare Vorteile fehlen. Mir war auch nicht bewusst, dass Tageszeitungen wie die “Süddeutsche Zeitung ” diese grundsätzliche Frage mehrfach thematisiert haben.Ich weiß nicht, ob die von Andreas sehr gut erläuterten Berechnungen , die auch das RKI vornimmt ,als Belege ausreichen. Zumindestens reichen sie ,um die Wirksamkeit der Impfung darzulegen.

    Aber schlägt sich dieses auch in “Benefits” nieder,also geringere Letalität, bessere Lebensqualität, weniger Krankenhausaufenthalte und Arztbesuche bei Risikogruppen (außer den im Arzneimittelgramm genannten Gruppen)oder der Allgemeinbevölkerung nieder? Wenn dem nicht so wäre ,muss man die Impfung in Zweifel ziehen. Allerdings stelle ich es mir sehr schwer vor, belastbare Daten sowohl für These oder Antithese zu gewinnen.Die Todesraten von alten Menschen im Winter sind multifaktoriell ( nicht in jedem Einzelfall natürlich), um ein Beispiel zu bringen.

    Eine Influenza ist kein Zuckerschlecken, sie kann eine große Belastung für den Körper darstellen und ist verantwortlich für viele Todesfälle. Auch wenn sie mich nicht tötet, ich sie mittels Impfung in 30 -40% ( oder mehr bzw manchmal weniger) Wahrscheinlichkeit vermeide und ansonsten in einigen Fällen den Verlauf mildere, ist die Grippeimpfung für mich persönlich eine Option. Das sage ich als Mensch, nicht als Arzt ( das eine schließt das andere nicht aus!) . Ausser bei der sogenannten”Schweinegrippeimpfung” ist und war das Profil der unerwünschten Wirkungen für den Durchschnittsmenschen vernachlässigbar.

    Es war nicht mein Ziel, den Eindruck zu erwecken, ich wolle mich der Reihe von esoterischen Impfgegnern dazugesellen.Alle meine drei Kinder sind gemäß der Stiko geimpft. Außer Windpocken ( diese war noch nicht empfohlen und die Krankheit bekamen sie als Kleinstkinder gleichzeitig),und bei der HPV – Impfung für Mädchen bin ich noch am Sichten der Literatur.

    1.Andreas. Du hast die größte Sachkenntnis hier aktuell . Geht das überhaupt? Ich denke an den Genshift.

  18. #18 hampel
    12. Februar 2017

    Die Werbung auf den Scienceblogs ist wirklich belustigend bis arg bizarr.

    “Kinderimpflan 2012 (!) Was Kinderärzte ihnen verschweigen” (“da gibt es immer auch etwas homöopathisches..”)via elternwissen.com
    Begeisternd ist schon der Einstieg in das verlinkte Video:

    “Achtung:

    Wenn sie NICHT (sic!) wissen möchten, welche Schutzimpfungen Ihr Kind wirklich braucht, sollten Sie dieses Video jetzt stoppen”

    Ist das Satire?

  19. #19 Andreas
    12. Februar 2017

    @Lemmie: Grund für solche Impfungen ist oft das schwächere Immunsystem, weshalb z.B. Immunsupprimierte ebenfalls solche Impfungen bekommen sollten. Man sagt allgemein ab 60 Jahren kann man da mal schauen und impfen.

    @anderer Michael: Zum Thema Schweinegrippe muss gesagt werden, nicht die Impfung an sich sondern das notwendige Fieber haben die Narkolepsie abgelöst und dies nur in einem sehr kleinen Teil der Geimpften, die leider einen bestimmten genetische Mutation hatten. Bei jedem anderen Fieber in der Zukunft wäre die Krankheit ebenfalls ausgebrochen. Insofern ist es unglücklich gewesen, dass man die jungen Kinder geimpft hatte und bei diesem Impfstoff stärkere Fieberreaktionen stattfanden als bei anderen vergleichbaren Impfstoffen für die Schweinegrippe.

    @anderer Michael: Beim Thema Gen-Shift ist mir gerade nicht klar auf welchen Aspekt du es beziehen möchtest mit der Aussage: ” geht das überhaupt?”. Bei der HPV-Impfung zeigt sich auf jedenfalls seit der Möglichkeit der Impfung und der verstärkten Impfung von vorpupertären Kindern, dass die Anzahl an Erkrankungen heruntergeht. Noch ist nichts eindeutiges zum Thema Krebs zu sagen, da die Latenz sehr lang ist. Jedoch zeigen sich keine bleibenden Nebenwirkungen und somit selbst wenn der Schutz geringer als 100% sein sollte empfiehlt sich die Impfung wobei ich sehr früh impfen würde, da sonst die Wahrscheinlichkeit eine HPV-Infektion stark steigt.

    Was das generelle Problem des Antigenshift und Drifts angeht muss man noch eine dritte Regel berücksichtigen die 68-er Regel. Alle 60-68 Jahre sorgen schon mal aufgetretenen Subtypen für erneute Influenzapandemien. Ursache scheint wohl das verschwinden der spezifischen Immunität in den Menschen zu sein.

    Der Antigen-Shift ist eher ein Problem bei Influenza A Viren. Das ist aber eben auch der Grund, warum man gegen manche Viren bessere Impfstoffe erhält, die man ewig einsetzen kann und bei Influenza jedes Jahr neue braucht. Ich gehe davon aus, dass der Antigen-Shift dabei durchaus besser vorherzusagen ist als der Antigen-Drift. Beim Shift müssen ja Wirte mit mehr als einem Virustypus infiziert sein. Von jedem Virustyp werden dann ja die Bestandteile in der Zelle hergestellt. Nur die Zusammensetzung der Viren erfolgt nicht gerichtet und deshalb können sich Bestandteile des einen Subtyps mit denen eines anderen kombinieren und man erhält neue Viren. Die Impfstoffherstellung basiert aber genau auf diesen ersten Fällen und versucht die wahrscheinlichsten Kombinationen vorherzusagen und dagegen Impfstoffe herzustellen. Ein Impfstoff ist oft eben ein Cocktail aus verschiedenen Subtypen damit man relativ sicher sein kann eine Wirkung zu erzielen.

    Antigen-Drift ist da viel interessanter finde ich.
    Jede DNA und RNA hat Bereiche, die man als hypervariable Bereiche bezeichnet. Beim Menschen z.B. sind das die Bereiche von Antikörpern, die ein Pathogen erkennen müssen. So kann der Organismus eine verbesserte Immunantwort generieren, sie lernt also (adaptive Immunantwort).
    Das Virus macht das gleiche um dem Immunsystem zu entkommen und es passiert sehr oft bei der Influenza. Das heißt Ich habe einen Subtypus, gegen den ich einen Impfstoff hergestellt habe und während der Epidemie kommt es zu Mutationen in dem einzelnen Subtyp. Da kann ich dann wenig machen.

    Es gibt Ansätze die nicht so variablen Regionen als Antigene zu nutzen. Leider kennt man bei der Influenza, die Bereiche die sich nicht so schnell verändern noch nicht gut genug um damit längerwirksame und für mehrere Influenza-Subtypen gültige Impfstoffe herzustellen.

    Generell darf man auch niemals die Problematik der Superinfektionen vergessen. Die Grippe kann den Körper für z.B. schwere bakterielle Atemwegserkrankungen empfänglich machen.

  20. #20 anderer Michael
    12. Februar 2017

    Danke und Entschuldigung Andreas.

    Meine Frage bezog sich die Äußerung des Professors für Mikrobiologie, der der Pharmazeutischen Industrie Gewinnstreben verwarf ( was zwar richtig ist, aber nachvollziehbar. Von Luft können die Löhne nicht bezahlt werden), und daher würde die Entwicklung von längerfristig wirksamen Grippeimpfstoffen nicht vorangetrieben. Die “1” ganz unten war eine Fußnote mit Frage bezogen zum Ende des ersten Absatzes.

    Hätte ich deutlicher machen sollen.

    So eine Vorstellung zu einem Grippeimpfstoff erschien mir gänzlich undurchführbar .

  21. #21 Alisier
    12. Februar 2017

    Danke Andreas für die wirklich präzisen Informationen!

  22. #22 Andreas
    12. Februar 2017

    Es ist extrem schwierig solch einen Impfstoff hinzubekommen, wie ich ja auch schon erwähnte. Allerdings sollte Deutschland selbst die Wissenschaft mehr fördern speziell in Bezug auf solche Erkrankungen. Die universitäre Forschung ist normalerweise der Bereich der an diesen Dingen forscht, um die Grundlagen zu liefern. Allerdings wird mittlerweile die Grundlagenforschung immer mehr ausgebremst. Hier würden wir jetzt aber in politisch/finanzielle Abgründe tauchen.

    Prinzipiell versucht man immer möglichst stabile Regionen eines Virus zu nutzen für die Entwicklung von Impfstoffen. Allerdings sind viele der stabilen Regionen nicht immer auf starke Antigene, die dann eine starke Immunogenität liefern, also das Virus auch bekämpfen und abtöten.

    Eine Übersicht zu dem Forschungstand der stabileren Epitope/Antigene findet ihr hier (frei zugänglich): https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4899887/

  23. #23 Andreas
    12. Februar 2017

    Apropos gute Infos bekommt man auch bei der CDC z.B. die hier zu den Vorteilen einer Impfung https://www.cdc.gov/flu/pdf/freeresources/general/flu-vaccine-benefits-update.pdf

  24. #24 RB
    13. Februar 2017

    Live aus einem bay. Gesundheitsamt: alle Zahlen und Daten zur Influenza sind aus verschiedenen Gründen mit großer Vorsicht zu interpretieren. Dennoch ein paar Beobachtungen ohne Anspruch auf wissenschaftliche Belastbarkeit: bei momentan ca. 500 laborbestätigten Influenzafällen Anteil der Geimpften 15%, Durchschnittsalter 77 Jahre (vs. 56 J. gesamt), spricht für schlechteres Ansprechen auf Impfung im Alter, siehe Kommentar 1.
    Immerhin aber 85% nicht geimpft.
    Laut jüngsten Studien in Finnland und Schweden Impfstoffwirksamkeit heuer dort bei über 65-Jährigen ca. 25-35%.

  25. #25 Andreas
    13. Februar 2017

    @RB
    Danke für die neueren Daten. Das Problem mit Impfungen in älteren Menschen ist ja bekannt. Wisst ihr auch ob bei den älteren Menschen eine stärkeres/mehr Adjuvants bzw. mehr Antigen genommen wurde oder waren es die normalen Standard-Impfungen.

    Problem ist das Bayern nur eine beschränkte Übersicht hat und damit die Daten verfälscht sein können. Wir sollten mal wieder warten bis die Deutschlandweiten oder vielleicht sogar weltweiten Daten vorliegen.

    Immerhin 25-35% Impfeffektivität ist einiges, da es ja nur die Personen beinhaltetet, die nicht erkrankten dank der Impfung. Die milden Verläufe und verhinderten Komplikationen, durch Personen mit schon vorhandenen Erkrankungen/Problemen, wie in meinem CDC Link angegeben sind in diesen Zahlen ja nicht enthalten. Es gibt aber auch hier Informationen zu möglichen Effekten. Siehe z.B.: https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1586/14760584.2016.1134328?src=recsys&journalCode=ierv20
    Dabei konnten die schwerwiegenden Infektionen bei >65 Jährigen um ca 25% reduziert werden, so dass kein Krankenhausaufenthalt notwendig war.

  26. #26 Andreas
    13. Februar 2017

    So und damit es wieder komplizierter wird zwei Arbeiten der CDC und einer Forschergruppe.

    CDC: https://www.cdc.gov/mmwr/preview/mmwrhtml/mm6249a2.htm

    zeigt wohl eine starke Reduzierung: Allerdings sind hier vornehmlich die ganz jungen und alten Betroffenen analysiert worden, welche häufiger Komplikationen haben.

    From October 2012 to May 2013, influenza vaccination resulted in an estimated 6.6 million (95% confidence interval [CI] = 4,011,725–10,551,756) fewer illnesses, 3.2 million (CI = 1,911,592−5,206,874) fewer medically attended illnesses, and 79,260 (CI = 39,530–136,744) fewer hospitalizations (Table 2). Overall, 17.3% (CI = 16.2%–18.0%) of adverse health outcomes associated with influenza were prevented.

    Die zweite Studie will zeigen, dass es bei einer Impfung trotzdem keine Verringerung der Krankenhausaufenthaltswahrscheinlichkeit gibt. (Wow was ein Wort).

    Leider ist die Studie problematisch und ich habe sie leider nie ganz durchgearbeitet. Was man allerdings erkennen kann ist, dass hier alle Altersgruppen verglichen wurden und speziell bei den geimpften Personen, die trotzdem im Krankenhaus landeten berücksichtigt werden muss ob diese schwere Vorerkrankungen haben, welche zu einer erhöhten Impfquote führten.

    Dann zeigt sich das bei den nicht geimpften 60-69 Jährigen nur 7% eine Grippe hatten und bei den geimpften 60-69 jährigen waren es 18%. Diese Daten sollten deshalb mit großer Vorsicht genossen werden, denn selbst wenn die Impfung nicht helfen sollte würde man gleiche prozentuale Anteile vermuten bei der Grippehäufigkeit.

    https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0264410X13015946

  27. #27 bombjack
    13. Februar 2017

    Fahre in der Schweiz mit der Tram regelmäßig zur Arbeit (Uni)…wäre es da nicht u.U. effektiver in den Trams da etwas zu machen, um dort die Ausbreitung von Viren zu verhindern?

    Z.B. UV-Licht oder stärkerer Zwangsluftaustausch bzw. Änderung der Belüftungsweise (Konstruktion)?

    Werde da nämlich das Gefühl nicht los, dass so öffentlicher Transport und Co. für die Verbreitung von Viren das ideale Medium ist….

    bombjack

  28. #28 Lemmie
    13. Februar 2017

    Danke für die Antworten auf meine Frage bzgl. der Impfung gegen Lungenentzündung, rolak und Andreas.

  29. #29 Andreas
    13. Februar 2017

    @bombjack: Das Hauptproblem ist eher die Tröpfcheninfektion dabei hilft der Luftaustausch nur wenig. Wichtiger ist saubere Oberflächen zu haben. Dies kann allerdings nicht mit UV-Licht stattfinden, denn man müsste ja nach jedem Berühren einer Oberfläche diese sofort mit UV-Licht bestrahlen.

    Allerdings wäre es sehr ratsam auch an öffentlichen Stellen Handdesinfektionsmöglichkeiten zu bieten und den Menschen beizubringen in die Ellenbeuge zu Husten und zu Niesen oder eben selbst öfter die Hände während der Grippesaison zu desinfizieren.

    Insofern liegst du richtig enger öffentlicher Kontakt beschleunigt die Ausbreitung.

  30. #30 JW
    13. Februar 2017

    @ bombjack: also einem UV-Licht welches Bakterien und Viren schnell abtöten möchte ich mich ohne Schutz auch nicht aussetzen

  31. #31 JW
    13. Februar 2017

    Da ich der perfekte Vektor für Grippeviren wäre, versuche ich mich jedes Jahr impfen zu lassen. Ich fahre im Außendienst in einem Drittel Deutschlands von medizinischem Labor zum Krankenhaus und umgekehrt.
    Viel Personenkontakt und im Grippewelle dann noch mit falschesten Personen. Wobei dort in der Regel Impfungen für das Personal angeboten werden

  32. #32 bombjack
    14. Februar 2017

    @Andreas

    Denke da z.B. an einen Luftstrom der von oben kommt und Aerosol-Tröpfchen dann nach unten drückt…jetzt ist es gerade in der Tram umgekehrt….die Luftauslässe sind unten d.h. Aerosole werden eher in Schwebe gehalten als zu Boden gedrückt…

    UV-Licht: Kann mich erinnern mal aufgeschnappt zu haben, dass eine Bar Schwarzlicht zur Effekt-Beleuchtung eingesetzt hat….die Mitarbeiter waren nicht so oft krank…ist allerdings mehr als 20 Jahre her….

    bombjack

  33. #33 Czentovic
    14. Februar 2017

    @#12 Andreas
    Die Logik deiner Formel

    (a*d)/(b*c) = (1385*25)/(476*116)=0,627083.
    Danach nimmt man noch 1-odds ratio = 1-0,627083= 0,372917
    Das bedeutet die Impfung hat eine Impfeffektivität von 37%.

    kann ich nicht nachvollziehen. Hier werden 4 Zahlen in einer willkürlichen Art und Weise verrechnet, dass ein Ergebnis < 1 rauskommt. Ich würde es verstehen, wenn man die Kosten einer Impfung und die Kosten einer Grippe zu Grunde legt (alles pro Person) und dann vergleicht, was kostet eine komplette Durchimpfung plus Krankheitskosten gegenüber der Nur-Grippe-Behandlung bei Nichtimpfung, alles natürlich Vollkosten. Dann kommt man sehr schnell auf ein Optimitätskriterium.

    • #34 Joseph Kuhn
      14. Februar 2017

      @ Czentovic:

      Der Kommentator “Andreas” hat nicht willkürlich vier Zahlen verrechnet, sondern das Odds Ratio für die Impfung als Risikofaktor der Erkrankung Grippe berechnet. Das sollte unter 1 liegen, sonst würde die Impfung die Erkrankungswahrscheinlichkeit erhöhen. Was ein Odds Ratio ist und wie es sich aus den vier Werten berechnet, können Sie z.B. bei Wikipedia nachlesen.

      Es geht dabei erst einmal nur um die biologische Wirksamkeit der Impfung, mit Kosten und Optimalitätskriterien hat das überhaupt nichts zu tun.

  34. #35 Imfo
    15. Februar 2017

    Auf jeden Fall impfen, was spricht dagegen. Man benutzt ja auch einen Virenscanner, der nicht ganz unähnlich wirkt. Impfen gegen eine Krankheit bedeutet ja, dass man dann gegen diese Krankheit geschützt ist. Wer sich nicht impfen läßt, muß sich schon fragen lassen, warum.

  35. #36 roel
    *******
    15. Februar 2017

    @Imfo “Auf jeden Fall impfen, was spricht dagegen.” Gegebenenfalls Kontraindikationen.

  36. #37 Andreas
    15. Februar 2017

    @33Czentovic

    Die Zahlen kommen von den vergleichen zwischen geimpften und umgeimpften. Jedes Jahr ändern sich die Zahlen, da die Impfstoffe immer wieder angepasst werden. Meine Zahlen stammen soweit ich mich erinnere von der Grippesaison 2012. Also wurden hier keine willkürlichen Zahlen gewählt. Die Reihenfolge ist klar geregelt bei der Odds Ratio.

    Natürlich darf man nicht einfach nur die direkten Behandlungskosten sehen sondern die Leben der Personen sind ebenfalls wichtig. Wenn die Grippeimpfungen Tote verhindern kann sollte dies das oberste Ziel sein. Es gibt Artikel, die vergleichen die Volkswirtschaftlichen Aspekte der Impfung, antivitaler Therapien und keine spezifischen Therapien mit einander. Impfung und antivitale Therapie ist immer finanziell gesehen günstiger als nur Symptome behandeln und abwarten. Bei größeren Impfraten übersteigt die Impfung finanziell die antivitale Therapie, da wir auch nie die Herdenimmunität vergessen dürfen und damit möglicherweise sogar eine Unterbrechung einer Epidemie.

    @roel: welche Kontraindikationen gibt es denn so ausser Immunsystem ausgeschaltet durch Autoimmuntherapie/Krebstherapie.Bei den Therapien gegen autoimmune Erkrankungen wird trotzdem geimpft, da nicht das gesamte Immunsystem total ausgeschaltet ist.

    • #38 Joseph Kuhn
      15. Februar 2017

      @ Andreas:

      “welche Kontraindikationen gibt es denn so ausser Immunsystem ausgeschaltet durch Autoimmuntherapie/Krebstherapie.”

      Naja, ein paar Sachen gibt es schon. Die Hühnereiweißallergie liest man überall als Kontraindikation*, eine manifeste Spritzenphobie müsste man wohl auch als (verhaltenstherapeutisch behandelbare) Kontraindikation sehen. Letzteres ist keine “eingebildete” Krankheit, das gibt es wirklich.

      ——-
      * Nachtrag 16.2.2016, siehe auch unten Kommentar #40 von Andreas. Zur Hühnereiweißallergie heißt es beim RKI: “Personen, die nur mit leichten Symptomen auf den Konsum von Hühner­ei­weiß reagieren, können mit allen zu­ge­lassenen Influenza-Impf­stoffen geimpft werden. Bei Personen, bei denen eine ärztlich diag­nos­ti­zierte schwere Allergie gegen Hühner­ei­weiß vor­liegt, ist die Indi­ka­tion zur Impfung mit Hühner­ei-basier­ten Influenza­impf­stoffen streng zu stellen. Diese Personen sollten in einem Setting geimpft werden, in dem eine klinische Über­wachung nach der Impfung und die Be­hand­lung einer ggf. auftretenden ana­phy­lak­tischen Reaktion möglich sind.” Quelle: https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Influenza/faq_ges.html

  37. #39 Andreas
    15. Februar 2017

    Hühnereiweißallergien sind damals eine Grund gewesen heutzutage allerdings nicht mehr. Auch wenn es dieses Jahr doch wieder der Fall ist: https://www.noz.de/deutschland-welt/gut-zu-wissen/artikel/779587/dieses-jahr-gibt-es-keine-grippeimpfstoffe-fuer-allergiker-1

    Impfstoffe brauchen eigentlich keine Hühnereier mehr. Ok das mit der Phobie mag ein Grund sein. Wir können jetzt noch weiter sehr spezielle Sonderformen finden, die dann in der Summe auf einen sehr kleinen Bevölkerungsteil zu trifft.

    lmfo meinte ja bestimmt auch nicht, dass sich Menschen, die wissen sie haben ein Problem, impfen lassen sollen. Es gibt für ≥90% der Bevölkerung keinen Grund sich nicht impfen zu lassen.

  38. #40 Andreas
    15. Februar 2017

    Übrigens zeigt sich wohl, keine Häufung von schweren allergischen Reaktionen bei Hühnereiweißallergikern noch ist ein signifikanten Unterschied zu Nichtallergikern zu erkennen. (RKI)

  39. #41 Joseph Kuhn
    16. Februar 2017

    @ Andreas: Danke für den Hinweis. Da scheint sich die Bewertung im Fluss zu befinden. Auf der Infoseite beim LGL steht noch: “Personen, bei denen eine Allergie gegen Hühnereiweiß oder einen anderen Bestandteil des Impfstoffs vorliegt, dürfen mit den üblichen Influenza-Impfstoffen nicht geimpft werden, weil diese produktionsbedingt Spuren von Hühnereiweiß enthalten.” (Quelle: https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/praevention/impfen/schutzimpfungen/sasionale_virus_grippe.htm, Abruf heute). Habe in Kommentar #38 noch hinzugefügt, was das RKI konkret zur Imfpung bei Hühnereiweißallergie schreibt.

  40. #42 ralph
    16. Februar 2017

    Sehr informativer und anregender Beitrag. Vielen Dank insbesondere an J. Kuhn und Andreas.

    Vieles spricht dafür, dass man das Immunsystem anregen und trainieren kann:
    „Grippale Infekte aktivieren das Immunsystem und halten es in Schuss“, erklärt Werner Solbach, Direktor des Instituts für medizinische Mikrobiologie und Hygiene am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck. „Ich nenne das Immun-Jogging.“

    Warum nicht auch durch regelmässiges Impfen?

    Schnell mal gegoogelt, erster Treffer:
    “Regelmäßige Grippe-Impfung verbessert vermutlich Schutz gegen H5N1-Virus”

  41. #43 DerStefan
    16. Februar 2017

    Ich bin zwar “erst” 45, mache aber seit 5-6 Jahren regelmäßig bei der Grippeschutzimpfung mit. Liegt villeicht auch daran, dass ich bei meinem Arbeitgeber u.a. für das Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz tätig bin und wir jährlich die Grippeschutzimpfung für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anbieten.

    Ich will und werde mich hier auch nciht aus dem Fenster lehnen und sagen, dass ich seit dem nie wieder richtig krank war. Auch mich erwischen die sogenannten “grippalen Infekte”, eine richtige Grippe habe ich aber schon lange nicht mehr gehabt. Wie das in de Jahren davor war, kann ich ehrlich gesagt nicht sagen, jedoch ich für meinen Teil hoffe darauf, durch die regelmäßige Impfung, einigermaßen gut gegen die Influenzia gewappnet zu sein.

    Im Endeffekt muss jeder für sich selber wissen, ob er sich impfen lässt oder nicht. Und nicht nur gegen Grippe, sondern auch die “üblichen” Schutzimpfungen.

    Ach, bevor ich es vergesse…. toller Beitrag.

  42. #44 roel
    *******
    16. Februar 2017

    @Andreas Mein Einwand ging gegen: “Auf jeden Fall impfen, was spricht dagegen.” … ” “Wer sich nicht impfen läßt, muß sich schon fragen lassen, warum.”

    Vor einiger Zeit gab es auf scienceblogs eine Diskussion, bei der von einer Person auch die Gründe für das Nichtimpfenwollens mit einer Kombiimpfung verlangt wurden. Ziemlich penetrant und mit vielen Unterstellungen. Die Impfwilligkeit war zwar da aber eben mit Einzelimpfstoffen. Wer sich etwas mit dem Thema beschäftigt könnte den Hintergrund verstehen. Es gab jedoch fast nur Misverständnis. Das im Vorfeld.

    Ich denke wenn es Kontraindikationen gibt und diese zutreffen, dann ist eine Impfung schädlich. Die Schädlichkeit kann gegen die Wirkung aufgerechnet werden, aber immer nur von den beteiligten Personen (z.B. Patient und Arzt) und nicht von anonymen Kommentatoren in einem Blog.

    Beispielsweise zu Fluenz Tetra:

    “4.3 Gegenanzeigen

    – Überempfindlichkeit gegen die Wirkstoffe, einen der in Abschnitt 6.1 genannten
    sonstigen Bestandteile (z. B. Gelatine) oder gegen Gentamicin (ein möglicher
    Rückstand).
    – Schwere allergische Reaktion (z. B. Anaphylaxie) gegen Eier oder Eiproteine (z. B.
    Ovalbumin).
    – Kinder und Jugendliche mit klinischer Immunschwäche aufgrund von Erkrankungen oder
    infolge einer Therapie mit Immunsuppressiva, zum Beispiel: akute und chronische
    Leukämie, Lymphom, symptomatische HIV-Infektion, zelluläre Immundefekte und hoch
    dosierte Kortikosteroid-Behandlung. Fluenz Tetra ist nicht kontraindiziert bei Personen
    mit asymptomatischer HIV-Infektion sowie bei Personen, die topische/inhalative
    Kortikosteroide oder niedrig dosierte systemische Kortikosteroide erhalten oder die
    Kortikosteroide als Ersatztherapie anwenden, z. B. bei Nebenniereninsuffizienz.
    – Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, die eine Salicylat-Therapie erhalten, da
    Salicylate und eine Wildtyp-Influenza-Infektion mit dem Reye-Syndrom in Verbindung
    gebracht wurden.”

    • #45 Joseph Kuhn
      16. Februar 2017

      @ roel:

      “wenn es Kontraindikationen gibt und diese zutreffen, dann ist eine Impfung schädlich”

      So ist es, und auch Ihr folgender Satz, dass dieses Thema ebenso wie die Aufklärung über Nutzen und Risiken der Impfung allgemein unumgänglicher Teil des Arzt-Patientengesprächs ist und man in Blogs mit pauschalen Ratschlägen vorsichtig sein sollte, ist völlig richtig. Ich gehe aber davon aus, dass “Andreas” das auch nicht infrage stellen wollte.

      Um noch einmal auf das eigentliche Thema des Blogbeitrags zu kommen: “Andreas” hatte ja mit seinem kleinen Rechenbeispiel das Grundprinzip der Bestimmung der Wirksamkeit der Impfung bei Patienten aus der Versorgungspraxis beschrieben, also im Kontext eines Fall-Kontroll-Studiendesigns. Solche Studiendesigns sind in gewissem Umfang anfällig für Confounder, also Störgrößen. RCTs sind der methodische Goldstandard, um damit bei Wirksamkeitsfragen fertigzuwerden. Ich nehme an, die sind bei der Grippeimpfung unter normalen Umständen aus ethischen Gründen nicht so einfach durchführbar, aber da kenne ich mich nicht aus.

      Das RKI hatte bei der Berechnung der 41 % die Möglichkeit einer Verzerrung durch Confounder natürlich auch vor Augen und hat nicht einfach ein Odds Ratio allein über eine Vierfeldertafel berechnet, sondern versucht, bekannte Confounder über ein multivariates Modell zu kontrollieren. Leider steht im oben verlinkten Epidemiologischen Bulletin nichts weiter dazu, welche Confounder man berücksichtigen konnte. Das Alter wird sicher dabei sein, vielleicht auch Vorerkrankungen. Studien zeigen z.B., dass man mit einem “healthy user effect” rechnen muss, d.h. dass sich gesündere Menschen, die ohnehin ein geringeres Erkrankungs- und Sterberisiko haben, eher impfen lassen.

  43. #46 Andreas
    16. Februar 2017

    @roel: Jetzt treffen leider mehrere Bereiche aufeinander. Das Vorsorgeprinzip, Herdenimmunität, persönliche Freiheiten, gesellschaftlich-finanzielle Aspekte sowie wissenschaftliches Verständnis.

    Gehe wir mal zu den etwas einfacheren Aspekten wie Wissenschaftlichkeit:
    Wenn irgendwo Nebenwirkungen/Gegenanzeigen aufgelistet werden müssen diese in Relation betrachtet werden. Weiterhin muss wie im Beispiel Allergie geschaut werden ob es diese Differenzierung überhaupt gibt. RKI verneint dies eher.

    Wenn ich jetzt sage ich finde bei einer Person eine unerwünschtes Auftreten eines Symptoms nach einer Impfung, wie definiere ich ob dieses durch die Impfung verursacht wurde?

    Hier beginnt das Problem der Nebenwirkungszuweisung. Ich muss Studien/Statistiken machen um beweisbar darzulegen, ob das Symptom durch die Impfung verursacht wurde oder nicht. Dies geht aber nicht innerhalb von zwei Tagen, vor allem wenn die Nebenwirkung nur selten auftritt, dafür gibt es dann die sogenannte Pharmakovigilanz. Als Unternehmen/Arzt/Heilpraktiker oder sonstiger Heilberufler muss ich das Symptom zunächst melden. Dann läuft ein sogenanntes Stufenplanverfahren ab. Wenn der Verdacht nicht ausgeräumt werden kann und das ist eher selten, dann muss der Beipackzettel angepasst werden. Dies bedeutet aber noch lange nicht, dass es wirklich eine Nebenwirkung durch das spezifische Medikament gibt sondern nur das man es nicht ausschließen kann. Wenn die Nebenwirkung sehr stark ist (lebensbedrohlich z.B.) wird das Produkt kurzfristig vom Markt genommen und wenn dann nach einer Untersuchung kein Zusammenhang gefunden wurde, kann es wieder zugelassen werden.

    Das beste Beispiel für die Problematik mit Gegenanzeigen und Nebenwirkungen ist die Schweinegrippe-Impfung. Dabei kam heraus, dass nicht die Impfung sondern ein Fieber die Ursache für die Narkolepsie ist (siehe einen meiner Kommentare oben). Jetzt müsste man mal die verschiedenen Gegenanzeigen durchgehen und schauen ob diese wirklich durch die Impfung verursacht werden. Die Überempfindlichkeiten und Allergien sind eher Gespenster, die oftmals keine wissenschaftliche Basis haben und aufgenommen wurden, weil niemand bei der Produktion irgendeiner Substanz zu 100% ausschließen kann, dass bestimmte Rückstände aus der Produktion noch im Endprodukt sind. Thema Hühnereiweiß ist hier generell nur ein sehr kleines bis gar kein Thema, wie in meinem letzten Post schon erwähnt.

    Spezifische Angaben zu Fluenz Tetra:

    Die Kontraindikation (Gegenanzeige) bei Immungeschwächten (Krebstherapie, Autoimmuntherapie) habe ich selbst genannt. Aber auch hier kann man zumindest bei Autoimmuntherapien auf andere Impfstoffe (Totimpfstoff) wechseln und trotzdem impfen.
    Gerade wegen der Probleme bei Menschen unter Krebstherapie ist eine Impfung der Restbevölkerung unfassbar wichtig (Herdenimmunität).

    Salicylat-Therapie (Aspirin) bei Kindern ist ebenfalls nicht für jeden Influenza-Impfstoff eine Kontraindikation und selbst wenn kann man die Therapie aussetzen um zu Impfen. Außerdem werden hier Kausalitäten gebildet, die niemals gebildet werden dürfte rein wissenschaftlich gesehen. Eine Influenza-Infektion ist nicht das Gleiche wie ein attenuierter Influenza-Impfstoff wie das Fluenz Tetra oder wie ein Totimpfstoff.

    Ich denke ein generelles Problem ist die Wahrnehmung von Erkrankungen und deren zum Teil fatalen Folgen. Selbst in meinem Bekanntenkreis kannten 65 jährige Personen nicht was die „Eiserne Lunge“ war. Die Menschen vergessen gerne schlimme Wahrheiten und haben dann Angst vor z.B. Impfungen usw. Man vergleiche mal die ungefähren jährlichen Toten durch Grippeerkrankungen oder durch andere Ursachen wie Verkehrsunfälle. Je nach Saison haben wir durchaus 10000-30000 Todesfälle. Es gibt aber auch Saisons, die gar keine erkennbaren Todesfälle haben. Eine aktuelle Übersicht der Grippe bedingten Todesfälle findet man hier: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2015/03/Art_01.html

    Ich weiß mein folgender Vergleich mag etwas hinken aber ich nutze ihn trotzdem.

    Grippe bis zu ca. 30000 Tote jährlich (hoffentlich kommt die spanische Grippe nie wieder)
    Verkehrsunfälle 1991 noch 11300 seit Jahren aber irgendwo um die 4000 Tote / Jahr.

    Ich verlange von den Menschen, dass sie einen Führerschein machen und es gibt hunderte Regeln, die zu befolgen sind damit man überhaupt mit dem Auto auf der Straße fahren darf. Ich kann jetzt sagen, es besteht eine Wahrscheinlichkeit sich bei einem Unfall wegen des doofen Sicherheitsgurtes das Schlüsselbein zu brechen. Wieso also wird es mir nicht freigestellt ob ich mich anschnallen will oder nicht? Genauso sieht es auch bei der Impfung aus. Nebenwirkungen, so sie denn sicher der Impfung zugeschrieben werden können sind normalerweise nur Einschränkungen von kurzer Natur und keine bleibenden Schäden. Ein legitimes Argument wäre meiner Meinung nach nur der Stich durch die Nadel einer Grippeimpfung selbst.

    Ich kann also durch einen winzigen Stich, der mir auch immer wieder im normalen Leben passiert mich selbst und mein Umfeld schützen. Ich persönlich finde das Schneiden an Papier VIEL schlimmer. Dieses fiese gemeingefährliche Papier!

  44. #47 Andreas
    16. Februar 2017

    @ Joseph Kuhn: natürlich ist das Arzt-Patienten-Gespräch wichtig. Nur leider haben wir zufiele Ärzte, die keine Ahnung in diesen Bereichen haben.Siehe dazu die vielen Vorträge und Veröffentlichungen von z.B. Prof Gigerenzer.

    Da der Patient ein mündiger Kunde geworden ist, kann man ihn auch nicht mehr einfach abspeisen. Deshalb müssen Ärzte dringen ihre Kompetenzen erweitern.

    Die RCTs sind, wie Jospeh schon schrieb, nicht erlaubt bei Impfungen, was immer wieder ein Grund für Kritik durch Impfgegner ist. Natürlich kann man mit Odds Ratios die Chancen für eine verbessertes Ergebnis berechnen. Dabei ist es immer wichtig die Stichprobe passend zu wählen und falls das nicht möglich ist gibt es die Möglichkeit Ergebnisse zu Gewichten. Habe ich z.B. zu viele junge Menschen, die sich eher impfen lassen als die Älteren, dann kann ich das Verhältnis zwischen den beiden Gruppen nutzen und die Werte jeweils entsprechend anpassen.

    Leider konnte ich auch keine detaillierten Informationen zur Methodik vom RKI finden aber immerhin muss man nebenbei ja noch arbeiten.

    @roel: Eine Kontraindikation bedeutet nicht automatisch eine Schädigung bei der Impfung, nur ist sie evtl. wahrscheinlicher (Problematik siehe Hühnereiweiß und falsche Kausalitätsassoziation Impfung zu echter Grippe)

  45. #48 roel
    *******
    16. Februar 2017

    @Andreas Vielen Dank für die ausführliche Antwort. “Genauso sieht es auch bei der Impfung aus. Nebenwirkungen, so sie denn sicher der Impfung zugeschrieben werden können sind normalerweise nur Einschränkungen von kurzer Natur und keine bleibenden Schäden.” Ja klar, um ein kurzes Unwohlsein geht es mir auch nicht.

    Aber ich möchte einen anderen Punkt aufgreifen, der mich jetzt doch sehr stark interessiert: “Gerade wegen der Probleme bei Menschen unter Krebstherapie ist eine Impfung der Restbevölkerung unfassbar wichtig (Herdenimmunität).”

    1. Wenn ich das richtig sehe waren 2010 unter 30% der Bevölkerung gegen Grippe geimpft. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/243756/umfrage/quote-bei-grippeschutzimpfungen-von-maennern-nach-alter-und-bildungsgrad/ Ich denke die Zahlen haben sich nicht gravierend geändert.

    2. Dann ist die Wirksamkeit der Impfung nicht unbedingt gegeben, da sich die Viren sehr schnell verändern und zum Zeitpunkt der Impfstoffgestaltung die Viren noch nicht definitiv bekannt sind. (Ich hoffe ich drücke das verständlich aus).

    3. Der Virenschutz muß jährlich aufgefrischt werden.

    Welche Voraussetzungen sind nötig, um einen wirksamen Herdenschutz zu erzielen bzw. kann ein Herdenschutz unter diesen Bedingungen überhaupt erzielt werden?

  46. #49 roel
    *******
    16. Februar 2017

    @Andreas und @Joseph Kuhn

    “Leider konnte ich auch keine detaillierten Informationen zur Methodik vom RKI finden”

    Ich habe es auch versucht und denke diese Informationen sind noch nicht verfügbar oder gut versteckt. Die deutschen Zahlen werden mit europäischen verglichen und vielleicht ist das die gleiche standardisierte Methodik. Aber ich habe nur in deutsch gesucht.

  47. #50 Joseph Kuhn
    16. Februar 2017

    @ roel:

    “Welche Voraussetzungen sind nötig, um einen wirksamen Herdenschutz zu erzielen bzw. kann ein Herdenschutz unter diesen Bedingungen überhaupt erzielt werden?”

    Bei der Influenza ist unter den gegenwärtigen Bedingungen kein absoluter Herdenschutz zu erreichen, wie er z.B. bei den Masern möglich wäre. Aber mit der Impfung von Kindern, auf die in anderem Zusammenhang WolfgangM in Kommentar #1 schon aufgemerksam gemacht hat, lassen sich schnell relevante Herdenschutzeffekte erzielen. Kinder verbreiten Influenza recht effektiv. Die STIKO empfiehlt derzeit die Impfung von Kindern nicht explizit (bitte nicht missverstehen: sie rät davon nicht etwa ab!), weil die Krankheit hier in der Regel komplikationsärmer verläuft und weil vermutlich auch Rücksicht darauf genommen werden soll, dass viele Eltern ihre Kinder nicht primär zum Schutz Dritter impfen lassen wollen, ich bin aber mit der Diskussion nicht näher vertraut.

    Die Empfehlung, dass sich z.B. das Personal in Gesundheitseinrichtungen sowie Personal in Einrichtungen mit starkem Publikumsverkehr impfen lassen soll, zielt dagegen sehr wohl auch auf den Schutz Dritter.

  48. #51 Andreas
    16. Februar 2017

    @roel: Ja der Herdenschutzes ist ein großes Problem, allerdings gibt es durchaus kleiner Herden! So ist es sehr sinnvoll Klinikpersonal und auch Patienten in der Klinik zu impfen, da man so innerhalb der Klinik einen Schutz relativ gut aufbauen kann. Außerdem gibt es beim Herdenschutz kein on/off Systematik eine BE-schreibung der verschiedenen Konzepte finden sich hier1. Natürlich ist der Schutz umso besser, je mehr wirklich geimpft sind aber auch geringere Grade der Durchimpfungsrate können einen gewissen Schutz liefern. Weiterhin wie Joseph Kuhn schon erwähnte, ist es besonders wichtig bestimmte Altersgruppen wie Kinder zu impfen um diese besonders zu Schützen aber auch um die Verbreitung möglichst einzudämmen.
    Die Etablierung von attenuierten Lebendimpfstoffen ist ein weiterer Aspekt für einen grundlegend besse-ren Impfschutz und damit auch für eine Verbesserung des Herdenschutzes. Die Impfeffektivität wird auf Basis der Totimpfstoffe berechnet aber sie scheint beim Lebendimpfstoff (Fluenz Tetra) um einiges höher zu liegen.

    Die Impfquote könnte man mit der Erklärung wie gefährlich die Grippe ist (30000 Tote) durchaus erhöhen. Es muss bei den Menschen ein Bewusstsein für die Grippe gebildet werden.
    Ich sollte vielleicht nochmals auch darauf Hinweisen, dass die ganzen Berichte über schwerste Impfschäden vollkommen übertrieben sind. Alle potentiellen Impfschäden werden gemeldet und untersucht. Das RKI gibt dazu immer wieder Untersuchungen raus.

    Übersicht anerkannte Impfschäden:
    Die anerkannten Impfkomplikationen sind 1999 auf nur noch 0,029/100000 Einwohner gefallen. Von diesen Impfkomplikationen waren 65% wegen Pockenimpfungen und nur 1,2% durch Influenza verursacht.

    Ein detailliertere Übersicht finden sich bei MMR-Impfungen: „ Dies entspräche einer maximalen Rate von sieben Komplikationen/16 Millionen Impfstoffdosen. Die berichteten Gesundheitsstörungen dieser sie-ben Kinder betreffen: eine voll- ständig ausgeheilte Meningitis, einmal Impfmasern, einen unklaren fortschreitenden Hirnabbauprozess, eine spastische Diplegie und eine Halbseitenlähmung mit Gangstörung (zwei ohne nähere Angaben). Eine nachträgliche kausale Bewertung dieser Ereignisse ist nicht möglich. Systematische Analysen oder Kausalitätsbewertungen anhand der von der WHO defi-nierten Kausalitätskriterien sowie epidemiologische Analysen erlaubt das vorhandene Datenmaterial ebenfalls nicht 2.

    Man sieht also, dass Impfschäden anerkannt werden obwohl es keine kausalen Zusammenhänge gibt. Wir werden also niemals wissen ob die Impfungen wirklich dafür verantwortlich sind.
    Für den Zeitraum nach 1999 gibt es eine Übersicht, welche die Impfschadenrate weiterhin im Bereich von ca. 0,041/100000 Einwohner angibt. Wichtig wie ich es auch schon erwähnt habe ist folgendes: „In weiteren Studien zeigte sich, dass trotz gleichzeitig vorliegender (anderslautender) statistischer Information die Risikourteile hauptsächlich auf die Einzelfallberichte zurückzuführen waren; das heißt je mehr Einzelfallberichte über Impfschäden gelesen wurden, um so höher wurde das Impfrisiko einge-schätzt“ 3.

    Spezielle Probleme mit Impfschäden bei Kleinkindern wurden ebenfalls schon untersucht. Ich ver-weise dazu mal auf das RKI: https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/Weitere_Studien/TOKEN_Studie/token_node.html

    Weiterhin gibt es eine Arbeit bei anschauen kann wie die gesamt gemeldeten angeblichen Impfschäden gewertet werden und um welche der man sich mal im Detail Impfschäden es sich handelt. 84 % der schwerwiegenden Verdachtsfälle wurden von der pharmazeutischen Industrie gemeldet.

    Innerhalb des Untersuchungszeitraums von 2 Jahren wurden insgesamt 58 Todesfälle gemeldet, darun-ter 43 Kinder. Allerdings wurde bei 42 Kindern der Zusammenhang zwischen Impfung und Tod als unwahrscheinlich bewertet, da die Kinder oft am plötzlichen Kindstod gestorben sind und ein Kind hatte eine nicht erkannte Leukämie. Eine schwangere Frau erhielt eine Grippeimpfung in der sechsten Schwangerschaftwoche. Es gibt keinen Zusammenhang zur Impfung. Bei weiteren 11 Erwachsenen wurde der Zusammenhang ebenfalls als unwahrscheinlich bewertet, 1 Fall konnte nicht bewertet wer-den und bei 2 Fällen konnte es nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden. Dann haben wir 2 Fälle mit einem möglichen Zusammenhang. Hier war es aber einmal ein 75 Jahre multimorbider Patient. Er ver-starb später im Krankenhaus an seiner schweren Herzerkrankung. So geht es immer weiter 4.

    !Fazit: von 58 Todesfällen konnten 3 Fälle nicht ausreichend genug bewertet werden und bei 3 Fällen kann ein Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden der Rest wird als unwahrscheinlich abgelehnt. !Bitte merken: Hierbei handelt es sich um alle Todesfälle aller Impfungen innerhalb eines zwei Jahres Zeitraums.

    Impfungen verhindern Tode
    Impfungen mildern Erkrankungen ab
    Impfungen verhindern Erkrankungen
    Impfungen können das Immunsystem über die eigentliche Impfung hinaus trainieren
    Impfungen sind sehr kostengünstig
    Impfungen sind sehr gut verträglich (lieber Impfung statt antivitale Therapie)

    1. Fine, P., Eames, K. & Heymann, D. L. ‘Herd immunity’: a rough guide. CLIN INFECT DIS 52, 911–916 (2011).
    2. Meyer, C., Rasch, G., Keller-Stanislawski, B. & Schnitzler, N. Anerkannte Impfschäden in der Bundesrepublik Deutschland 1990–1999. Bundesgesundheitsbl. 45, 364–370 (2002).
    3. Munop. Nationaler Impfplan. 1–159 (2012).
    4. Weisser, K., Meyer, C., Petzold, D., Mentzer, D. & Keller-Stanislawski, B. Adverse drug reac-tions following immunisation in Germany pursuant to the German Infection Protection Act and the German Medicinal Products Act from January 1, 2004 to December 31, 2005. Bundesgesund-heitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz 50, 1404–1417 (2007).

  49. […] Gesundheits-Check wird eifrig über einen Artikel zur Grippeschutzimpfung diskutiert und wie wirksam und effektiv sie […]

  50. #53 Andreas
    17. Februar 2017

    OK jetzt bin ich sauer. Wieso habe ich keinen eigenen Beitrag gemacht und mich von der Pharmaindustrie dafür bezahlen lassen?

  51. #54 Joseph Kuhn
    17. Februar 2017

    @ Andreas:

    Wie meinen?

  52. #55 Andreas
    17. Februar 2017

    Nein nur ein Witz, sorry! Ich dachte, ich schreibe soviel Kommentare und dann sind die auch noch interessant für die Leute, da hätte ich eben auch für Geld von der “pösen Pharmaindustrie” auch einen ganzen Beitrag schreiben können.

  53. #56 Hans Zauner
    17. Februar 2017

    @roel #48 ff

    Die Frage “Herdenschutz bei der Grippeimpfung” kam mal in einem Twitter-Thread mit einem Experten auf, den ich gerade aber nicht mehr finde. Der Experten-Mensch (an dessen Namen ich mich gerade ebenfalls nicht mehr erinnere) meinte auch, Herdenschutz sei bei der Grippeimpfung kein vorrangiges Ziel. Weil er eh’ nicht erreicht werden kann, solange man jährlich einen anderen Impfstoff “erraten” muss.

    (Sorry, ich gebe zu, ohne konkrete Quellenangabe hilft das nun niemandem weiter…. vielleicht fällt’s mir noch ein).

    Aber das führt zu einer weiteren Frage: Theoretisch ist ein Impfstoff vorstellbar, der sich gegen invariable Bestandteile der Grippeviren richtet. Viel geforscht wird daran aber nicht, soweit ich das sehe. Weil es wissenschaftlich gesehen nicht aussichtsreich ist? Oder vielleicht doch, weil man daraus kein Geschäft machen kann, wenn man nur alle 10 Jahre einen Pieks setzt?

    (Das sind keine rhetorischen Fragen, ich kenne die Antwort wirklich nicht).

  54. #57 Hans Zauner
    17. Februar 2017

    Nachtrag zu #56: Hm, manche Labore scheinen es zumindest zu versuchen. Interessante Lektüre:

    https://theconversation.com/influenza-the-search-for-a-universal-vaccine-68947

  55. #58 Andreas
    17. Februar 2017

    Die Forschung an universellen Impfstoffen habe ich ja auch schon erwähnt. Allerdings bitte berücksichtig immer wir können im Detail die Strukturen der Viren noch nicht so lange untersuchen und auch der Nachweis welche Bereiche weniger variabel sind kennt man nicht schon seit 40 Jahren. Es muss also zunächst Grundlagenforschung betrieben werden. Da würde ich ohne den Zufall mit ca. 15 Jahre rechnen. Die Impfung selbst braucht dann nochmals 10-20 Jahre und ist extrem teuer in der Entwicklung weswegen viele Universitäten, dies nicht alleine bewältigen können. Wir haben aber einige Impfstoffe, die in dieser Hinsicht untersucht werden. Dazu sollte man sich folgendes Paper mit einer Auflistung der mehr als 40 derzeitig in Erforschung befindlichen Impfstoffe gegen konservierte Regionen mal anschauen: 1. Scorza, F. B., Tsvetnitsky, V. & Donnelly, J. J. Universal influenza vaccines: Shifting to better vaccines. Vaccine 34, 2926–2933 (2016).

  56. #59 ralph
    17. Februar 2017

    “Herdenschutz sei bei der Grippeimpfung kein vorrangiges Ziel. Weil er eh’ nicht erreicht werden kann, solange man jährlich einen anderen Impfstoff “erraten” muss.”
    Ob vorrangiges Ziel oder nicht, es ist ja immer eine Frage von Wahrscheinlichkeiten. Je höher der “wirksame Durchimpfungsgrad” in einer Gruppe desto gedämpfter die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Erreger.

  57. #60 fherb
    18. Februar 2017

    Selbst ne Woche krank und erhebliche Kreislaufprobleme gehabt, habe ich mich beim Robert Koch Institut kundig gemacht: Aktueller Impfschutz wirkt nur in gut 41%. In guten Jahren sind es 60%. Grund wurde im Artikel gut beschrieben.

    Wenn die Bevölkerung gut durchgeimpft ist, würde das der Statistik viel bringen. Weil die Ausbreitung dann nicht ganz so fix ist.

    Dem Rentner mit Vorerkrankung und Risiko bringt es aber nur 40…60%igen Schutz. ÜBER 2 Jahre betrachtet sind das noch im Mittel 25%iger Schutz. Über 4 Jahre 12%iger. Im Mittel hat ein Rentner als am meisten Betroffener Viel Zu Wenig Schutz!

  58. #61 ralph
    18. Februar 2017

    @Andreas #53

    Es ist schon mutig sich so offen als Teil der dunklen Seite der Macht zu outen. Schliesslich wimmelt es hier von Jedi Rittern und Meister Joda ist auch nicht weit.
    😉

  59. #62 Andreas
    18. Februar 2017

    @fherb immer bedenken die prozentualen Angaben zum Schutz sind nur dichotome, Grippe ja oder nein.

    Weiter oben #12 habe ich erwähnt, dass die Impfung auch für mildere Verläufe verantwortlich ist. Ich finde diese Art von Schutz darf man nicht unterschlagen. Die Impfeffektivitäten/Abmilderungen der Erkrankung bei älteren Menschen habe ich auch schon erwähnt #25.

    Deshalb kann man deine Rechnung so nicht machen. Ich habe jedes Jahr bei einer Grippe-Epidemie einen Impfstoff, der eine bestimmte Impfeffektivität hat. Das bedeutet aber nicht, dass man die Impfeffektivität über 2 Jahre mitteln kann. Jeder Impfstoff ist neu jeder Grippe-Subtyp hat unterschiedliche Aspekte. Die Schweinegrippe hat z.B. schwerere Folgen bei jungen Erwachsenen gehabt als bei älteren Menschen. Diese Aspekte muss man mit einbeziehen. Auch gibt es spezielle Impfstoffe für ältere Menschen, die durchaus eine bessere Impfeffektivität aufzeigen.

    Ein älterer Mensch hat also nicht nur 12% Schutz im vierten Jahr aber er hat bezogen auf die durchschnittliche Impfeffektivität durchaus öfter eine geringere altersspezifische Impfeffektivität in dem betrachteten Jahr.

  60. #63 rolak
    31. Januar 2019

    Wiederbelebung nach zwei Jahren: Der MDR brachte aktuell Grippeschutzimpfung – Sinnvoll oder nutzlos? – und die Sendung ist deutlich besser als der Titel argwöhnen läßt, no false balance seen.

  61. #64 michael
    31. Januar 2019

    Schöne Sendung. Wenn es so ist, dass die Volkswirtschaft von einer hohen Impfrate profitiert, sollte diese sich dann auch in irgendeiner Form an den Kosten beteiligen.