Um die Frage, ob die Homöopathie „wirkt“, dreht sich der größte Teil der Diskussion um diese Behandlungsmethode in den sozialen Medien. Mit der Wirkungsfrage wird ein ganz bestimmter Zusammenhangstyp angesprochen: Es geht um kausale Zusammenhänge zwischen Ereignissen. Das ist nicht alles auf der Welt. Es gibt z.B. auch Begründungszusammenhänge bei Handlungen: „Ich habe das Licht angeschaltet, weil es dunkel war.“ Und so manches andere. In anderen Bereichen der Therapieforschung, z.B. der Psychotherapieforschung, müsste man das mitdenken, bei der Frage, ob Homöopathika wirken, nicht. Zumindest nicht, wenn wir das Placebothema einmal ausklammern.

Ursachen und Wirkungen: das Experiment entscheidet
Für Ursache-Wirkungszusammenhänge ist das Experiment der methodische Königsweg. Das gilt für die Physik genauso wie für die Medizin. Wenn es darum geht, ob ein Behandlungsverfahren „wirksam“ ist und direktere Nachweismethoden nicht sinnvoll sind, muss dazu die Randomisierte Klinische Studie, das berühmte RCT, herhalten. Die Grundidee ist einfach: Verteile die Patienten durch Zufall auf die Interventions- und die Kontrollgruppe und lass niemanden von den Beteiligten wissen, wer in welcher Gruppe ist. In dem Maße, in dem das gelingt, unterscheiden sich Interventions- und Kontrollgruppe systematisch dann eben nur durch die Intervention. Alles andere, vom Alter über das Geschlecht bis zu bösen Erfahrungen in der Kindheit sollte sich zufällig auf beide Gruppen verteilen.

Das können z.B. weder Anwendungsbeobachtungen noch meine individuelle Erfahrung leisten. Da aber auch RCTs nicht in der Idealform existieren, sondern in der realen Welt durchgeführt werden, kann man auch hier Fehler machen oder wichtige Dinge übersehen. RCTs sind so wenig unfehlbar wie alles, was Menschen tun. Aber man bürdet sich nicht zusätzlich noch vermeidbare Fehlerquellen auf.

Wirksamkeit und Unwirksamkeit: Asymmetrische Nachweismöglichkeiten?
Das war die Vorrede. Worum es mir geht, ist folgender Punkt. Man liest in der Homöopathiediskussion immer wieder die Frage, ob denn die Unwirksamkeit der Homöopathika nachgewiesen sei und als Antwort darauf, dies sei prinzipiell nicht möglich. Auch das verdienstvolle Informationsnetzwerk Homöopathie hat das gerade in einem offenen Brief an die Techniker Krankenkasse getan:

„Erstaunlich ist dann, dass (…) nachgefragt wird, ob es denn Studien gäbe, die die Unwirksamkeit bewiesen. Dass die Nicht-Existenz von etwas nicht beweisbar ist, sei nur kurz an einem Beispiel illustriert: Ich kann behaupten, mein Name stünde in der Wikipedia. Wenn das stimmt, kann ich ohne Weiteres dafür einen Nachweis liefern, indem ich die Textstelle genau nenne. Können Sie ermessen, wie Sie vorgehen müssten, um mir das Gegenteil zu beweisen, dass mein Name nicht in der Wikipedia steht, wenn es wie im realen Leben keine Suchfunktion gäbe?“

Ein ganz klein wenig Kritischer Rationalismus
Ich bin nicht ganz sicher, aber ich vermute, dahinter steht eine durch den Philosophen Karl Popper populär gemachte Einsicht: Aussagen, die sich auf alle Elemente eines unendlich großen Gegenstandsbereichs beziehen, können empirisch auch durch noch so viele bestätigende Beispiele nicht verifiziert werden. Unendlich viele Gegenstände kann man nicht durchgucken, daher kann auch nach 100.000 bestätigenden Fällen ein Gegenbeispiel auftauchen. Lange dachte man, alle Schwäne seien weiß, bis man auf schwarze Schwäne stieß.

Die Aussage, „X existiert nicht“, ist logisch der Aussage „Alles was existiert, ist ein Nicht-X“ gleichwertig. Es leuchtet sofort ein, dass empirisch der Nachweis der Aussage „X existiert nicht“ nicht möglich ist. Das war im Kern Poppers Einwand gegen den Versuch des „Wiener Kreises“, Theorien nur dann als wissenschaftlich zu akzeptieren, wenn sie „verifizierbar“ sind, also aus empirischer Beobachtung abzuleiten. Seitdem wird dem Selbstverständnis der Naturwissenschaften nach „falsifiziert“, also das widerlegende Beispiel gesucht. Zumindest im Prinzip, wie immer sind die Dinge etwas komplizierter und ganz so „popperianisch“ funktioniert die Wissenschaft natürlich nicht, aber das ist eine lange und ganz andere Geschichte.

Und jetzt das Finale
Zurück zur Homöopathie: Einerseits ist eine „Wirkung“ nichts, was man wie einen Schwan beobachten kann. Eine „Wirkung“ ist kein Ding, sondern ein Ereignis, dessen Spezifikum darin besteht, dass es kausal mit einem anderen Ereignis, der Ursache, verknüpft ist. Andererseits sind Ursache-Wirkungszusammenhänge vermutlich nicht ohne Allaussagen über unendliche Gegenstandsbereiche zu formulieren, so dass Popper irgendwo im Gefüge dieser Aussagen doch zur Geltung kommt und man mit Schwüren “das kann es garantiert nicht geben” vorsichtig sein sollte. Es besteht prinzipiell die Möglichkeit, dass da irgendwo irgendwann noch etwas Unerwartetes auftauchen könnte – ganz abgesehen von dem schon angesprochenen rein praktischen Vorbehalt, dass RCTs in der realen Welt zwar besser sind als ihre Alternativen, aber nicht perfekt (wie widersprüchliche RCTs zu gleichen Outcomes immer wieder zeigen).

Aber Aussagen über die Wirksamkeit und Nichtwirksamkeit von Homöopathika treffen wir nicht auf der Ebene, auf der Popper argumentiert. Die Wirksamkeit einer Behandlungsmethode zeigt sich im RCT, wenn man im Outcome einen Unterschied zwischen Interventions- und Kontrollgruppe sieht. Die Unwirksamkeit einer Behandlungsmethode zeigt sich im RCT analog, wenn man im Outcome keinen Unterschied zwischen Interventions- und Kontrollgruppe sieht. In beiden Fällen kann es sein, dass das nicht das letzte Wort war, aber nicht wegen Popper, sondern weil reale Welten keine ideale Welten sind. Mir scheint, auf der Ebene von RCTs sind Wirksamkeit und Unwirksamkeit symmetrischer Natur.

Oder doch nicht? Ring frei.

—————–
Mit Dank an G.U. und M.M. für wissenschaftstheoretischen Rat.

Kommentare (57)

  1. #1 ChemDoc
    13. März 2017

    Ist so ähnlich wie mit dem lieben Gott und dem Nachweis seiner Nicht-Existenz. Der gelingt genausowenig wie der der Nichtexistenz von Zeus, Benamuki oder des Fliegenden Spaghettimonsters…

  2. #2 Philosophie der Medizin
    14. März 2017

    „Oder doch nicht?“

    Doch! Genau darum ging es mir vorgestern auch (https://www.facebook.com/philosophiedermedizin/posts/167410830441492).

    Ich weiß auch nicht, woher dieser wissenschaftstheoretische Fauxpas, man könne die Nicht-Wirksamkeit nicht beweisen, kommt – aber man begegnet ihm in den öffentlichen Debatten zur Homöopathie bzw. allgemein zur Alternativmedizin ständig. Die Annahme mag vielleicht von einer falsch verstandenen Interpretation des wohlbekannten argumentativen Fehlschlusses „Verschieben der Beweislast“ herrühren oder mit dem Aufstellen und Prüfen von Existenzbehauptungen verwechselt werden – aber in diesem Kontext ist die Aussage einfach falsch. Es geht nicht (wie beim Verschieben der Beweislast) darum, dass irgendjemand etwas behauptet, das ohne Prüfung als wahr verstanden wissen möchte und vom Opponenten für einen Wechsel der subjektiven Einstellung einen Beleg des Gegenteils fordert – sondern es geht um Fälle, in denen eine empirische Prüfung des relevanten Sachverhalts eben stattgefunden hat! Nun wäre die Aussage nur noch zu retten, wenn ein „Beleg für die Nicht-Wirksamkeit“ auch dann (wie bei der Nicht-Existenz) grundsätzlich nicht möglich wäre – aber dem ist nicht so: Ein Beleg für die Nicht-Wirksamkeit ist möglich!

    Wie ja im Blog angesprochen: Therapien werden z.B. in kontrollierten Studien (u.a.) mit Scheininterventionen (Placebo) verglichen, bei denen keine spezifische Wirksamkeit der Therapie selbst entspringt. Wenn nun die geprüften Therapien in ihrer Wirksamkeit den anerkannt nicht-wirksamen (Schein-)Therapien entsprechen, ist der Nachweis der Nicht-Wirksamkeit der geprüften Therapie erbracht. Und genau das gilt für die Homöopathie: Ihre Nicht-Wirksamkeit ist empirisch bestätigt. Es ist also einfach falsch, dass suggeriert wird, man könne „Nicht-Wirksamkeit“ nicht (sofern das in empirischen Fragen grundsätzlich geht) beweisen. Es handelt sich hier um ein strukturell anderes Problem als das der negativen Existenzaussagen. Negative Existenzaussagen klassischer Natur können, da sie nicht raumzeitlich beschränkt sind, nicht bewiesen werden – die Nicht-Wirksamkeit einer Therapie kann es schon, da der Prüfrahmen vorgegeben ist. Ob es klug/angemessen ist, das in einer Diskussion – wie die TK – zu fordern, steht wieder auf einem anderen Blatt Papier…

  3. #3 manni66
    14. März 2017

    Wenn man 100 homöopathische Scheinmedikamente getestet und als wirkungslos eingestuft hat, könnte das 101. dennoch eine Wirkung zeigen. Die komplette Homöopathie so zu widerlegen scheint mir daher ausgeschlossen.

  4. #4 Adent
    14. März 2017

    @#2
    Naja, ich habe dann aber nur die Nicht-Wirksamkeit in einer RCT (oder in 100 oder 1000) bezogen auf bestimmte HP-Globuli nachgewiesen, nicht die aller anderen existierenden in Wiederholungen. Insofern sehe ich das so, dass HP grundsätzlich nicht falsifizierbar ist, im Einzelfall natürlich schon.
    Zu Joseph, in der realen Welt ist aber auch die Wirksamkeit nicht eindeutig, wie du selber schreibst sind die RCTs nie ideal und zeigen daher “Realwelt”-Schwankungen, das gleiche Prinzip würde ich auf die Nicht-Wirksamkeit ansetzen (nicht ideale RCTs), nur wären hier die Schwankungen bei HP (also eigentlich bei Placebo) meistens unterhalb einer definierten Wirksamkeit, wohingegen die der wirksamen Mittel meistens oberhalb dieser Grenze liegen würden. Ob man das jetzt als unsymmetrisch bezeichnen sollte, ich weiß es nicht?

  5. #5 roel
    *******
    14. März 2017

    @Joseph Kuhn Interessanter Beitrag, ich hatte die Nichtnachweisbarkeit der Nichtwirkung schon fast geschluckt. Danke.

  6. #6 Ludger
    14. März 2017

    Soweit ich das verstanden habe, geht es bei dem „Wirksamkeitsnachweis“ darum, die Nullhypothese (also die Annahme der Unwirksamkeit) mit 95%-iger Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Dann sagt man, dass der Nachweis der Wirksamkeit mit p=0,05 gelungen sei. Der „Wirksamkeitsnachweis“ ist strenggenommen nur eine Vereinbarung: Wenn unter vorher festgelegten Kriterien eine bestimmte Wirksamkeitswahrscheinlichkeit gemessen werden kann, dann wird Wirksamkeit angenommen. Die Regeln sind Regeln der Statistik, also der Mathematik. Die Homöopathie entzog sich lange der statistischen Prüfung, weil die Vorgehensweise streng individuell und damit nicht für einen statistischen Test geeignet sei. Darin wird sie vom Gesetzgeber unterstützt. Stichwort: Binnenkonsens. Das hinderte manche Homöopathiefirmen allerdings nicht daran, einen nach Alphabet geordneten Indikationenkatalog für ihre Homöopathika herauszugeben (so ähnlich wie:Schlaganfall, Schuppenflechte, Schweißfuß). Wenn es dem Geschäft nützt…
    Was wir brauchen sind verbindliche Regeln für einen Wirksamkeitsnachweis, der auch manche Substanzen wegen Unwirksamkeit aussondern kann. Sonst wäre alles Homöopathie, auch der Apfel, der vom Baum gefallen ist, das Wasser, das vom Himmel gefallen ist – mit unabsehbaren Spätfolgen.

  7. #7 Philosophie der Medizin
    14. März 2017

    @manni66 @Adent
    Ja, natürlich ist nur die Wirksamkeit der konkreten homöopathischen “Therapie” widerlegt – und dann streng genommen auch nur in der betreffenden Studie. Allerdings schaut das aus logischer und wissenschaftstheoretischer Sicht auch bei allen positiven Ergebnissen nicht anders aus. Die (statistische) Wirksamkeit kann immer nur rückblickend festgestellt werden –eine induktive Ausweitung auf zukünftige Fälle (sowohl zeitlich als auch personenbezogen) setzt ein sehr starkes metaphysisches Prinzip voraus: Dass die Welt hinreichend regelhaft ist und dass die Zukunft der Vergangenheit hinreichend ähnlich ist. Das kann nicht logisch begründet werden, es kann nicht mit Blick auf die Erfahrung/Vergangenheit begründet werden (weil es eben um etwas geht, was noch nicht beobachtet wurde) und es kann nicht durch Induktion begründet werden – denn genau dieser Induktionsschritt benötigt ja die Begründung und es wäre sonst ein Zirkelschluss. Es bleibt grundsätzlich nur eine pragmatische Rechtfertigung – und die gilt für die (zukünftige bzw. verallgemeinerbare) Wirksamkeit bestimmter Medikamente ebenso wie für die Nicht-Wirksamkeit bestimmter Medikamente. Und dass dies (also der Beleg der Nicht-Wirksamkeit) streng genommen nur für bestimmte Homöopathika (und zwar die untersuchten im untersuchten Zusammenhang) gilt, stimmt natürlich – allerdings gibt es aus methodologischer Sicht u.a. das Mittel der Analogieschlüsse, das bei hinreichender Strukturgleichheit zweier Gebiete einer Übertragung der Erkenntnisse von einem zum anderen erlaubt. Ob das (aus wissenschaftstheoretischer Sicht) letztlich vage ist? Klar! Aber das ist die gesamte empirische Forschung…

  8. #8 Norbert Aust
    Schopfheim
    14. März 2017

    Ich möchte Joseph widersprechen. Dabei sehe man mir nach, dass mir tieferes philosophisches Rüstzeug fehlt, es sich hier mehr um eine Art Küchentisch-Philosophie geht.

    Zunächst denke ich, dass der Begriff “Nachweis” in diesem Zusammenhang synonym zu “Beweis” ist. Also eine Bestätigung einer Aussage als unbedingt wahr. Das Gegenteil ist ausgeschlossen, und das nicht nicht nur in einem zeitlich oder räumlich begrenzten Rahmen, sondern ganz generell.

    Die Aussage, Homöopathie sei wirksam, kann nicht allumfassend gelten, denn, selbst wenn die Homöopathie eine wirksame Therapieform wäre, wäre eine Wirksamkeit davon abhängig, dass man sie richtig anwendet. Es müssen folglich bestimmte Voraussetzungen gegeben sein.

    “Homöopathie ist wirksam” heißt also ausgeschrieben “Wenn man alles richtig macht, dann entfaltet Homöopathie eine positive Wirkung auf den Patienten.” Das heißt, man muss die Anamnese im homöopathischen Sinne richtig machen, die Auswahl des Mittels, die Wahl der Potenzierungsart und der Potenz, die Dosierung, das Vermeiden von Einflüssen, die die Wirkung beeinträchtigen, und den Zeitpunkt, zu dem man den Erfolg der Maßnahme bewertet.

    Dies sind also jede Menge Parameter, die “richtig” gewählt werden müssen.

    Folglich ist es durchaus möglich, dass die bisher vorliegenden Studien fehlerhaft sind, indem durch ungeschickte Auswahl der Parameter eine Wirkung verhindert wurde. Beispielsweise wird bei den allermeisten PCTs mit Hochpotenzen gearbeitet. Ist das vielleicht prinzipiell falsch? Nota bene: Wir beurteilen nicht, ob die Homöopathie ein widerspruchsfreies Lehrgebäude ist oder über geeignete Verfahren verfügt, die oben genannten Parameter richtig auszuwählen. Es geht um die Wirksamkeit bei den Patienten.

    Andererseits dürfte es einleuchten, dass es unmöglich ist, alle denkbaren Kombinationen aus Krankheitsbild, Mittelauswahl, Potenz und Beobachtungszeit auszuprobieren. Der empirische Nachweis, dass es nicht doch irgendeine Kombination gibt, in der eine spezifische Wirksamkeit auftritt, kann demnach nicht geführt werden.

    Dass eine spezifische Wirksamkeit unseren bisherigen Erkenntnissen aus den Naturwissenschaften widersprechen würde, taugt auch nicht zum letztendlich gültigen Nachweis, denn es ist nicht auszuschließen, dass unser heutiges Weltbild falsch oder unvollständig ist. Dabei geht es jetzt nicht um die Frage, wie wahrscheinlich es ist, dass das eintritt, sondern inwieweit dies vollkommen unmöglich ist. Ich denke, diese Allwissenheit kann niemand für sich beanspruchen.

    Daher ist aus meiner Sicht – Popper hin oder her – die Unwirksamkeit der Homöopathie nicht beweisbar, wobei man sich ohnehin nur auf die pharmakologischen Wirkung der Präparate beziehen kann. Eine Kontextwirkung durch das therapeutische Setting ist ja durchaus möglich.

    Wir können allenfalls argumentieren, dass es kein Indiz dafür gibt, dass Homöopathika eine Wirksamkeit entfalten. Diese Schlussfolgerung würde ich so sehen:

    Die Homöopathie soll eine sehr wirksame Methode sein, der evidenzbasierten Medizin mindestens gleichwertig, wenn nicht sogar überlegen. Um die Richtigkeit dieser Aussage nachzuweisen genügt es nicht, eine statistisch signifikant höhere Wirksamkeit im Vergleich zu Placebo aufzuzeigen, sondern es ist zu zeigen, dass mit einer homöopathischen Therapie eine für den Patienten relevante therapeutische Effektstärke hervorgerufen werden kann.

    Man sollte meinen, dass die Homöopathen, die in der Vergangenheit versucht haben, solche Nachweise zu erbringen, sich die Konstellationen zur Untersuchung ausgewählt haben, an denen dieser Nachweis am ehesten zu erbringen ist, weil aus der Erfahrung die deutlichsten Effekte auftreten. Dennoch liegen solche Untersuchungseregbnisse bislang nicht vor, in der Mehrzahl ist es noch nicht einmal gelungen, eine über Placebo hinausgehende Wirkung aufzuzeigen.

    Dies ist ein Indiz dafür, dass die Homöopathie nicht die Wirksamkeit entfaltet, die man ihr zuschreibt – aber eben kein “Nachweis”.

    Bleibt zum Schluss die Frage, inwiefern die Aussage “Nichtexistenz ist nicht beweisbar”, in anderen Fällen widerlegt werden kann. Da fehlen mir, wie gesagt die wissenschaftsphilosophischen Grundlagen.

  9. #9 kM
    14. März 2017

    Warum beschränkt Ihr Euch eigentlich auf die Homöopathie? Wo bleibt der Aufschrei bezüglich der Medizin als solches?
    Schauen wir uns doch mal an, was die beliebte Therapie mit Statinen kostet und was sie bringt.
    Der interessante Teil ist hier die Number needed to treat, wobei z.B. Lebensstilveränderungen und andere wichtige Faktoren überhaupt nicht berücksichtigt werden.
    Denkt Ihr tatsächlich “Wiegen/Messen/Zählen” funktioniert wenn es um hochkomplexe Dinge wie Menschen geht? Wo bleibt hier, in der “handfesten” “evidenzbasierten” Medizin die “Evidenz”? Klar wäre es “nett” wenn man anhand der üblichen Studien tatsächlich treffende Aussagen über die Wirksamkeit und Kosteneffizienz machen könnte, aber das ist, wenn man alle Faktoren mit berücksichtigt, objektiv nicht ausreichend möglich.
    Theorie ist ja etwas Nettes, Handfestes und Philosophie ein hochinteressantes Feld des Lebens. Praktisch sind diese Überlegungen aber eben nur das, Theorie.
    https://news.doccheck.com/de/1499/statine-aufgewarmt-und-hochgekocht/
    https://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=25928

    • #10 ChemDoc
      14. März 2017

      Es gehört zum allgemeinen Wissen, dass diverse echte Wirkstoffe nur “gerade so eben” Effekte zeigen, wenn man die Versuche doppelt verblindet. Immerhin, Effekte SIND nachweisbar. Im Gegensatz zu Homöopathie, Anthroposophie, Spagyrik und sonstwelchen Schwurbelideen sind Wirkungsmechanismen bekannt und naturwissenschaftlich nachvollziehbar. Auch wenn sich die erhoffte Wirkung im realen Leben dann vornehm zurückhält.
      Natürlich funktioniert Wiegen/Messen/Zählen auch bei Menschen. Wenn man weiß, wo man ansetzen muss und durch welche Faktoren die Ergebnisse beeinflusst werden. Aber damit brauchen sich Homöopathen ja nicht abzugeben.
      Einfaches Leben und einfache “Arzneientwicklung”: verdünne irgendwas, was Dir in den Sinn kommt bis zur Unkenntlichkeit und verkaufe das Resultat gegen beliebige Beschwerden. Such halt was aus, passt immer, wie die Horoskope in der Zeitung. DAS spart Geld und Zeit.
      Dass Hersteller echter Wirkstoffe die immensen Kosten für Entwicklung und Prüfung natürlich wieder reinholen wollen, indem sie bei Werbung und Preisgestaltung ordentlich auf die Pauke hauen, ist weder geheim noch neu und wird, zu Recht, öffentlich diskutiert, falls das Medikament nicht hält, was der Hersteller verspricht…

  10. #11 Ludger
    14. März 2017

    kM #9
    14. März 2017
    Denkt Ihr tatsächlich “Wiegen/Messen/Zählen” funktioniert wenn es um hochkomplexe Dinge wie Menschen geht?

    Als Beleg wird die zu hohe Number needed to treat für Statine in der Primärpraevention angeführt. Zitat aus dem ersten Link:

    Fazit: Statine wirken primärpräventiv, aber nicht besonders dolle.

    Diese Aussage widerlegt doch die Behauptung, Evidenz sei nicht messbar. Im Falle der Statine ist die präventive Wirkung sehr genau gemessen worden, allerdings hat das Ergebnis enttäuscht. Daraus zu folgern, es sei unmöglich

    […] treffende Aussagen über die Wirksamkeit und Kosteneffizienz [zu] machen […]

    , ist daher logisch falsch.

  11. #12 Jürgen Windeler
    14. März 2017

    Vorab: Ich würde mich als wissenschaftsphilosophisch interessiert bezeichnen, bilde mir aber nicht ein, gelernten Philosophen das Wasser reichen zu können. Daher traue ich mich zu sagen: Nein, die Situation ist keineswegs symmetrisch. In der – vielleicht theoretisch angreifbaren, aber praktisch sehr brauchbaren – Popper-Analogie sind die weißen Schwäne die Annahme, dass kein Unterschied zwischen Therapiegruppen besteht. Diese Annahme gilt es zu widerlegen und diese Widerlegungsidee ist die Grundlage aller klinischen Experimente einschließlich RCTs. Ein positives Resultat einer RCT sagt „Trotz aller Versuche, zwei Gruppen gleich zu behandeln, finden wir hier einen Unterschied“. Der Satz macht mit „… keinen Unterschied“ offensichtlich keinen Sinn.

    Alle Methodiker sind sich daher einig, dass man ein negatives (nicht-signifikantes) Studienergebnis nicht in dem Sinne interpretieren kann, dass die Unwirksamkeit belegt ist (nur: die Falsifizierung hat nicht geklappt). Dies hängt mit dem begrenzten Auflösungsvermögen von RCT (und empirischer Forschung generell) zusammen. Die meisten RCT sind zu klein, um (ganz) kleine Unterschiede nachweisen, aber damit eben auch ausschließen zu können. Und da man Fallzahlen nicht unendlich erhöhen kann, ist der Nachweis eines Unterschieds von 0 grundsätzlich nicht möglich.

    Praktisch ist das aber gar kein Problem, denn ein winzig kleiner Unterschied zwischen Therapien interessiert sowieso nicht und in fast allen Fällen kann man sich auf einen (mehr oder weniger kleinen) Unterschied D einigen, den man für bedeutsam erachtet. Ist eine (oder sind mehrere) für das Aufdecken dieses Unterschieds geeignete RCT negativ, kann man sagen, dass ein Unterschied in der Größenordnung von mindestens D vermutlich nicht besteht. Man könnte auch eine sogenannte Äquivalenzstudie machen, in der man mit geänderter Nullhypothese danach schaut, ob ein Unterschied nicht größer als D ist, weil man einen solchen Unterschied als unerheblich betrachtet. Aber „nicht größer als D“ ist nie D=0.

    Nebenbei: Auch die üblichen Verzerrungsmöglichkeiten wirken asymmetrisch – hin zu einem Unterschied, was in Äquivalenzstudien u.U. erhebliche Probleme machen kann.

    Um es mit einem Frühlingsbild zu beschreiben:
    Ich kann sagen: „Ich habe auf meiner heutigen Wanderung keine Krokusse gesehen.“ Aber eine Schlussfolgerung: „Es gibt keine Krokusse.“ würde man daraus nicht ziehen. Man würde vielmehr einige Fragen stellen: z. B.: war vielleicht Herbst ? Warst Du abgelenkt ? Weißt Du überhaupt, wie Krokusse aussehen ? etc.

    Ich kann auch sagen: „Ich habe auf meiner Frühlings-Wanderung keine Krokusse gesehen, obwohl ich ganz genau geguckt habe“. Dann würde man vielleicht eher glauben, dass auf dieser Strecke derzeit wirklich keine Krokusse blühen, aber eine Aussage „Es gibt keine Krokusse“ ist trotzdem unangebracht. Es gibt theoretisch keine, praktisch so gut wie keine Möglichkeit, das Nicht-Vorhandensein von Krokussen zu beweisen.

    In der (evidenz-basierten) Medizin geht man solange vom Nicht-Vorhandensein von Krokussen aus, bis jemand einen gefunden hat (und möglichst einen verlässlichen Zeugen dafür hat). Ob das Nichtfinden daran liegt, dass keiner gesucht hat, man nicht richtig hingeguckt hat, es gerade Herbst war oder es tatsächlich keinen einzigen Krokus gibt, ist unerheblich. Weil man nämlich diese Situation nicht weiter interpretieren kann (s.o.), gilt die Spielregel (!) zu sagen: „Die Wirksamkeit ist nicht belegt“, um so zu handeln, als ob eine Methode nicht wirksam ist.

    Niemand muss (und kann) dafür sagen „Die Wirksamkeit ist nicht existent“.

  12. #13 Christian Weymayr
    14. März 2017

    Aufgrund der fehlenden A-priori-Plausibilität der Wirksamkeit von Homöopathika sind RCTs irrelevant. Es spielt also gar keine Rolle, ob man damit nur die Existenz einer Wirkung oder auch ihre Nichtexistenz nachweisen kann.
    Ich war gerade auf dem EbM-Kongress. Auch wenn die EbM-Methodik nicht vorsieht, Erkenntnisse anderer Disziplinen bei der Interpretation von Studienergebnissen zu berücksichtigen, weisen immer wieder Leute auf dieses Defizit hin. So hat PD Dr. Hans-Hermann Dubben in seinem Workshop zur Frage, weshalb die meisten Forschungsergebnisse nicht reproduzierbar sind (7 von 8 gut gemachten RCTs), gefordert, die A-priori-Plausibilität einzubeziehen.

  13. #14 Christian Weymayr
    14. März 2017

    … um Herrn Windelers Krokusse-Vergleich auf die Homöopathie anzuwenden: Wenn ich sage, auf meiner Wanderung habe ich keine Krokusse gesehen, die mir “Alles neu macht der Mai” vorgesungen haben, dann darf ich behaupten: Es gibt keine Krokusse, die singen können. Ob Du welche gesehen hast oder nicht, ist irrelevant.

  14. #15 kM
    14. März 2017

    Die Information, die man am Menschen durch Messen/Zählen/Wiegen erhält sind, was die Aussage zum Zustand des jeweiligen Menschen angeht, recht beschränkt. Das weiß jeder, der mit Menschen arbeitet. Es gibt Pharmakologen, die den Effekt der Statine rein auf eine Reduktion des CRP des jeweiligen Menschen zurück führen, nicht ohne Grund. Zudem wurde in keiner Studie mit erfasst ob die Probanden andere Veränderungen, gerade z.B. Lebensstil, durchgeführt hatten. Diese Ergebnisse also für tatsächlich korrekt zu halten ist schon, wenn man sich an der Realität orientiert, weit hergeholt. Dass Chemikalien, regelmässig eingenommen, Wirkungen im Organismus entfalten, ist logisch. Daraus zu folgern dass deshalb auch alle positiven Wirkungen mit versursacht werden, ist naiv.
    Auch interessant ist, dass die Diskussion sofort ins Aggressive umschlägt, ohne, dass überhaupt bekannt sein kann, wie ich persönlich zur Homöopathie stehe. Evidenz basierte Medizin ist in ihren Möglichkeiten tatsächliche Wirksamkeit nachzuweisen stark fehleranfällig sobald die Studien mit Menschen durchgeführt werden. Tierversuche hingegen sind nicht eins zu eins auf den Menschen übertragbar. Selbst wenn sie es wären, wäre durch die Heterogenität des Homo sapiens eine generelle! Aussage zu Verträglichkeit oder Ansprechen nicht zu machen.
    Medizinische Studien, unschwer an verschiedenen Studien zum gleichen Thema zu ersehen, sind daher “schwurbelig”, d.h. die Behauptung EBM Medizin zeitigte eindeutige Ergebnisse und sei reproduzierbar, stimmt einfach nicht.
    Dass man Entscheidungshilfen erhält, die oft genug nach einiger Zeit revidiert oder modifiziert werden, ist die treffende Aussage hierzu.
    Dass diese Entscheidungshilfen mit einem immensen Aufwand und Kosten und anschließender Gewinnmaximierung einhergehen, habe ich zu keinem Zeitpunkt bestritten.

    Zu #11: Sie haben das Wort “treffend” überlesen, oder?
    Wenn Sie nämlich alle Studienergebnisse mit einbeziehen, dann haben Sie definitiv keine Möglichkeit in jedem Fall eindeutig zu entscheiden. Die Folgekosten z.B. für Nebenwirkungen sind nicht berücksichtigt, um bloss einen Parameter zu nennen.

    Zu #11: Ist es eben nicht.

  15. #16 Ludger
    14. März 2017

    @KM
    Eine RCT ist das beste Verfahren, welches uns zur Messung einer Wirksamkeit von Medikamenten zur Verfügung steht. Wenn bei einer oder sogar mehreren RCTs zu einem Wirkstoff keine verwertbaren positiven Ergebnisse herauskommen, spricht das nicht gegen das Verfahren RCT sondern gegen die Wirksamkeit des untersuchten Wirkstoffes.
    @ all
    Wenn es zu manchen Wirkstoffen keine zufriedenstellenden Ergebnisse von RCTs gibt, ist das noch lange kein Grund auf RCTs bei Homöopathie zu verzichten. Es gibt da auch an Homöopathie adaptierte Methoden.
    Ein Binnenkonsens ist jedenfalls nicht ausreichend.

  16. #17 knorke
    14. März 2017

    @Philosophie der Medizin
    Ich bin nicht sicher ob ich da zustimmen kann. Erkenntnistheoretisch sollte es egal sein, ob ich eine wie auch immer geartete Studie gemacht habe oder nicht. Erkenntnistheoretisch ist zunächst lediglich die Frage, ob ich es prinzipiell überprüfen kann. Und da wird die Wissenschaft heute so verstanden, dass “überprüfen” mit “falsifizieren” gleichgesetzt wird. Aber warum eigentlich?
    Also zumindest ein Argument wurde ja schon genannt: Da wir nicht die Wahrheit messen, sondern immer nur eine (fehlerbehaftete) Teilmenge, können wir auch nie sicher sein, ob unser Versuch bloß zufällig in die Hose ging oder, wie im Fall der Homöopathie, wir den “schwarzen Schwan” bloß einfach nicht erwischt haben.
    Das andere Argument fußt natürlich darauf, ist aber ganz handfest: Statistisch betrachtet versuchen wir die H0 zu verwerfen, wenn wir experimentieren. Die H0 ist in der Regel, und das wird auch für die Medizin gelten, die Gleichheitshypothese, und man versucht sicher genug zu zeigen, dass dies der Fall ist. Zieht man die Linie bei z.B. 95% Sicherheit, dann ist man sich 95% sicher, dass die H0 nicht zutriftt. Die restlichen 5% nimmt man in Kauf. Ich verwerfe in so einem Fall aber bereits bei 94% Sicherheit nicht mehr die H0, mit 6%iger Wahrscheinlichkeit triftt diese also in Wahrheit zu. Kurz gesagt, der Fehler den ich mache ist zu sagen “da ist ein Unterschied”, obwohl in Wahrheit keiner da ist. Der Alphafehler. Er sagt: Wir sind sicher genug DASS etwas einen Effekt hat. Um zu zeigen, dass etwas KEINEN Effekt hätte, müsste man den Beta Fehler testen (“da ist kein Unterschied”, obwohl es in Wahrheit einen gibt). Der Beta-Fehler ist uns aber prinzipiell gar nicht so einfach zugänglich. In der Medizin ist er das mitunter, z.B. bei Diagnoseverfahren, aber auch nur, weil man dort andere Möglichkeiten hat, die “Wahrheit” zu erkennen als nur das eine Diagnoseverfahren, und den Betafehler daraus empirisch für ein neues Diagnoseverfahren abzuleiten. Aber wenn man keinen anderen Weg zur “Wahrheit” hat, sondern sich der Empirie mittels dieses einen Verfahrens “Experiment” annähern muss, ist der Betafehler empirisch nicht bestimmbar.

    Letztenendes kann man natürlich irgendwann sagen, dass etwas erwiesenermaßen nichts bringt: Nämlich dann, wenn genug Studien oder sogar Metastudien zum Ergebnis kommen, dass die Nullhypothese nie verworfen werden konnte. Aber das ist nicht dasselbe.

    Und “Beweis” ist sowieso ein Wort, dass in der Empirie nichts verloren hat. Aber ich denke das ist klar und wurde hier bisher nur aus Einfachheitsgründen so verwendet.

  17. #18 knorke
    14. März 2017

    @Christian Weymayr

    Fehlende Plausibilität ist mMn sowieso ein großes Problem. Insofern stimme ich auch zu, dass jegliches Herumexperimentieren zu nichts führen kann. Es fehlt der theoretische Anker der auch nur irgend wahrscheinlich macht, dass es überhaupt eine Wirkung geben kann. Im Grunde sehe ich diese Homöopathieexperimente nicht als erkenntnistheoretische Ansätze, sondern als Zusammentragen praktischer Argumente. Und eigentlich als dicke Sargnägel in ein Behandlungskonzept, das eigentlich nie soviel Aufmerksamkeit verdient haben dürfte. Man stelle sich vor, jeder Unsinn müsse wieder und wieder durch Experimente als solcher reproduziert werden. Da kommt man aus den sinnlosexperimenten ja nicht mehr heraus. Und trotzdem frssen die Leute TicTacs und behaupten “mir hats geholfen”. Es ist zum Heulen.

    • #19 Christian Weymayr
      14. März 2017

      … wobei ein TicTac im Vergleich zu einem Homöopathikum eine Pharmakeule ist.

  18. #20 Joseph Kuhn
    14. März 2017

    @ Norbert Aust:

    “Folglich ist es durchaus möglich, dass die bisher vorliegenden Studien fehlerhaft sind, indem durch ungeschickte Auswahl der Parameter eine Wirkung verhindert wurde.”

    Richtig. Und im umgekehrten Fall: dass sie durch einen Fehler vorgetäuscht wurde.

    “genügt es nicht, eine statistisch signifikant höhere Wirksamkeit im Vergleich zu Placebo aufzuzeigen”

    Für meine Argumentation genügt das. Wirkung geht immer gegen Placebo. Für die weitergehende Forderung, dass die Homöopathie einer Standardtherapie gleichwertig oder überlegen sein solle, käme aber kein prinzipiell anderes Argument hinzu.

    “Nachweis”

    War bei mir nicht als “Beweis” im Sinne von “absolut wahr” gemeint.

    @ Jürgen Windeler, @ knorke

    Dass D=0 mit empirschen Stichproben nicht nachweisbar ist, ist klar. Auch über die Differenz zwischen Nichtablehnung einer Nullhypothese und Annahme der Nullhypothese müssen wir nicht diskutieren.

    Das Beispiel mit den Krokussen überzeugt mich nicht, weil Ursache-Wirkungszusammenhänge eben keine Dinge sind, deren Existenz man wie ein Ding beobachten kann. An dem Punkt bin ich bei Norbert Aust. Mit den Krokussen ist man nicht weiter als mit Poppers Schwänen.

    @ Christian Weymayr:

    Klar, man könnte bei Homöopathika auf RCTs verzichten, weil sie gegenüber dem, was man aus den naturwissenschaftlichen Grundlagen weiß, erwartbar nur Rauschen erzeugen, zumindest wenn es keine mit dem wirkunglosen Zucker assoziierten Effekte gibt. Aber was daraus für die oben diskutierte Asymmetriefrage im Zusammenhang mit RCTs folgen soll, verstehe ich nicht. Vielleicht hätte ich die Diskussion nicht an den Homöopathika aufhängen sollen. Nimm statt Homöopathika einfach ein Mittel, bei dem wirklich nicht weiß, ob es wirkt oder nicht.

    @ all:

    Sicherheitshalber, damit sich hinterher keiner beschwert: Kann sein, dass ich mich total irre, ich habe nicht wochenlang über das Thema nachgedacht, aber angesichts der bisherigen Diskussion glaube ich, andere auch nicht 😉

  19. #21 Philosophie der Medizin
    14. März 2017

    @Christian Weymayr
    Das sehe ich deutlich anders: Die behauptete Irrelevanz von RCTs bei fehlender A-priori-Plausibilität ist ein wissenschaftstheoretischer Super-Gau. Die daraus entstehende Filterblase ist ein Radikalangriff auf die Wertneutralität und das Gebot der empirischen Ausschöpfung der Wissenschaft. Es widerspricht den synthetisch arbeitenden empirischen Wissenschaften, derart tautologisch vorzugehen: die Plausibilität bestimmter Modelle kann nicht durch Verweis auf die Plausibilität dieser Modelle gerechtfertig werden. Das ist logisch und wissenschaftstheoretisch unredlich.

    @knorke
    Das ist weniger ein allgemein erkenntnistheoretisches, sondern vielmehr ein spezifisch wissenschaftstheoretisches Problem. Vorneweg: in der Wissenschaft wird keineswegs “überprüfen” mit “falsifizieren” gleichgesetzt – (empirisch) „überprüfen“ meint nichts anderes, als mögliche Beobachtungssätze aus Gesetzeshypothesen und Theorien abzuleiten und die entsprechenden Beobachtungsaussagen mit der Verträglichkeit bzw. logischen Folgerichtigkeit bzgl. der Gesetzeshypothesen/Theorien abzugleichen. Das kann schließlich sowohl verifizieren/falsifizieren als auch (wesentlich häufiger) empirisch bestätigen / empirisch schwächen meinen – was genau gemacht wird bzw. gemacht werden kann, hängt vom Typus der zu überprüfenden Aussage ab. Falsifizierbar sind übrigens ausschließlich strikte raumzeitlich unbeschränkte empirische Allhypothesen – und die hat man in der Medizin praktisch nie. Und zum Wort „Beweis“: Das war in einem landläufigen Sinn zu verstehen – ich habe in der Klammeranmerkung extra „sofern das in empirischen Fragen grundsätzlich geht“ hinzugefügt. Wissenschaftstheoretisch sauber sollte es eben verifizieren/falsifizieren/bestätigen/schwächen (die beiden letztgenannten jeweils graduell in Abhängigkeit der jeweiligen Rahmenbedingungen) heißen.

    Und nun zur Homöopathie und dem angesprochenen Fall. Um was ging es (beim Tweet der TK)? Darum, ob irgendwer denn einen Studiennachweis liefern könne, dass Homöopathie nicht wirkt. Wenn damit gemeint wäre, ob es einen Studiennachweis gibt, dass Homöopathie NIE wirken kann, dann könnte es eine solche Studie nicht geben – genauso wenig, wie es eine Studie geben kann, die zeigt, dass XY IMMER wirkt. Was es aber gibt bzw. was man der TK zeigen kann: Es gibt Studien, in denen die Nicht-Wirksamkeit der Homöopathie (im konkreten Kontext, also z.B. bestimmte homöopathische Verfahren bei bestimmten Krankheitsbildern) bestätigt wurde – in gleichem Maße, wie es Studien gibt, in denen die Wirksamkeit bestimmter Medikamente bestätigt wurde. Anders als bei irgendwelchen negativen Existenzaussagen ist die Nicht-Wirksamkeit der Homöopathie (bzw. konkret: bestimmter homöopathischer Verfahren bei bestimmten Krankheitsbildern) etwas, was durch die Empirie grundsätzlich gut bestätigt/geschwächt werden kann. Wenn man eine anerkannt unwirksame Therapie (z.B. in Form einer Scheinintervention) als Vergleichswert hat und die Homöopathie vergleichbar abschneidet (wenn sie also – wissenschaftstheoretisch gesprochen – für den Ausgang des Experiments keinerlei Relevanzbedingungen erfüllt), ist ihre Nicht-Wirksamkeit empirisch bestätigt. Bei RCTs herrscht eine gewisse Symmetrie vor zwischen Wirksamkeit und Nicht-Wirksamkeit – sie bilden ein Ausschlussverhältnis. Jede empirische Bestätigung der Wirksamkeit ist eine empirische Schwächung der Nicht-Wirksamkeit und jede empirische Bestätigung der Nicht-Wirksamkeit ist eine empirische Schwächung der Wirksamkeit. Aus diesem Grund ist die Nicht-Wirksamkeit in gleichem Maße empirisch nachzuweisen wir die Wirksamkeit.

    • #22 Joseph Kuhn
      14. März 2017

      @ Philosophie der Medizin:

      Was Christian Weymayrs “Scientabilitätsargument” angeht, liegt vielleicht ein Missverständnis vor. Er will damit nicht Modellannahmen dadurch plausibilisieren, dass er die Plausibilität eben dieser Annahmen unterstellt. Ich verstehe ihn so, dass er in einer Art erweiterter Evidenzhierarchie die Vielzahl an naturwissenschaftlichen Befunden, die die Wirksamkeit der Homöopathika extrem unwahrscheinlich machen (nach menschlichem Ermessen ausschließen), höher gewichtet als die Befunde aus RCTs mit ihrer doch nicht so geringen Fehleranfälligkeit. Das finde ich nachvollziehbar. Als kritische Stimme dazu siehe z.B. Sebastian Bartoscheks Blogbeitrag.

      Um auch mal die Krokusse zu bemühen: Man darf aufgrund vieler naturwissenschaftlicher Erkenntnisse getrost davon ausgehen, dass Krokusse nicht sprechen können. Also muss ich eigentlich nicht auf der Wiese nachschauen, ob es doch sprechende Krokusse gibt. Mach ich es aber und finde einen, ist es viel wahrscheinlicher, dass ich mir etwas einbilde, dass meine “klinische Studie” fehlerhaft ist, als dass die Naturwissenschaften in Breite zu revidieren sind. In gewisser Weise ist das “Scientabilitätsargument” ein Argument der gesunden Forschungsökonomie: Vergeude Deine Zeit nicht mit offenkundigem Unfug.

  20. #23 Philosophie der Medizin
    14. März 2017

    @Joseph Kuhn

    Nun, Christian Weymayr schrieb: „Aufgrund der fehlenden A-priori-Plausibilität der Wirksamkeit von Homöopathika sind RCTs irrelevant.“

    Es macht in meinen Augen einen Unterschied, ob man sagt, RCTs seien im Kontext der Homöopathie irrelevant, oder ob man in bestimmten Fällen einer pragmatischen Forschungsökonomie folgt. Der Irrelevanz von RCTs im Kontext der Homöopathie wäre höchstens dann zuzustimmen, (1) wenn es sich um Studien handelt, die in vergleichbarer Form nun schon unzählige Male durchgeführt wurden – aber eben keineswegs als (2) A-priori-Argument der Art „Grundsätzlich müssen keine RCTs durchgeführt werden, wenn ein Wirknachweis bedeuten würde, dass unser naturwissenschaftliches Wissen fehlerhaft ist“! Bei dieser zweiten Interpretation würde ich dann auf Ihr „Er will damit nicht Modellannahmen dadurch plausibilisieren, dass er die Plausibilität eben dieser Annahmen unterstellt.“ mit einem „aber natürlich!“ antworten – und zwar weil a priori mögliche Falsifikationen bzw. empirische Schwächungen ausgeschlossen werden.

    Wenn es um eine reine Erweiterung der Evidenzhierarchie geht (also um (1)), würde ich nicht von „Irrelevanz“ sprechen – in diese Richtung könnte man auch durchaus weiterdenken, um im Zweifelsfall und in Einzelfällen ein weiteres Kriterium zur Hand zu haben, das aber primär heuristisch gedeutet werden sollte. Im Übrigen ist es ja nicht so, dass – auch bei einem sprechenden Krokus… – mir nichts, Dir nichts schlagartig die ganzen Naturwissenschaften als falsifiziert gelten würden. Natürlich prüft man erst einmal die Rahmenbedingungen, strebt Wiederholbarkeit an etc. – und die Wissenschaftsgeschichte zeigt, dass der reale Wissenschaftsbetrieb eh sehr selten und schwerfällig wirklich etwas als falsifiziert ansieht: Zuerst gibt es (Stichwort: Lakatos und der naive Falsifikationismus) Immunisierungen durch Ad-hoc-Modifikationen usw. Soll heißen: Die Gefahr, sich vorschnell und leichtfertig einer folgenschweren Falsifikation auszusetzen, sehe ich nicht…

  21. #24 anderer Michael
    14. März 2017

    Viel zu kompliziert, liebe Philosophen.Ersetzt bitte ” Homöopathie ” durch “Sauerkraut auf den Kopf gelegt , heilt jede Krankheit ” und der Drops ist gelutscht.
    Zumindestens kühlt Sauerkraut und zur Not sättigt es .
    🙂

  22. #25 knorke
    15. März 2017

    @Philosophie der Medizin

    Es bleibt für mich trotzdem das Problem, dass ich im Vergleich gegen ein Placebo teste und dabei lediglich die H0 annehme, weil ich in Bzeug auf die H1 nicht sicher genug bin. Im Kern sage ich damit wieder und wieder, dass ich den Effekt nicht zeigen kann. Ohne aber gesagt zu haben, dass es keinen Effekt gibt. Aber das ist dann für mich auch kein Thema mehr der Siginifikanz, sondern der Relevanz (i.S.v. einer Effektstärke): Rein theoretisch *könnte* es ja einen sehr schwachen Effekt geben, den man eben nicht zeigen kann, weil die Experimente so geplant sind, dass lediglich Effektgrößen detektiert werden können, die überhaupt erstmal irgendwie relevant sind. So wie ich das sehe, meinst Du genau das mit Schwächung. Und da gehe ich voll mit, aber ich sehe das nicht als dasselbe an. Es läuft bloß aufs gleiche hinaus.

    Über die Sache mit den Allaussagen muss ich nachdenken, mir erschließt sich noch nicht, warum das eine Rolle spielen sollte.

  23. #26 kM
    15. März 2017

    #24: Sie mögen offenbar das Dogma der Simplizität. Klingt aber ein bisschen so, als ob Sie anderen vorschreiben möchten ob und was die zu denken haben. Nicht sehr wissenschaftlich, ehrlich gesagt. Die Welt ist tatsächlich komplexer als viele sie wahrnehmen möchten.

    #16: Wenn eine Methode nachweislich nicht zuverlässig funktioniert, dann wird es Zeit andere Methoden zu suchen, die zuverlässiger sind. Einfach zu behaupten das wäre das Bestmögliche weil eine bessere Lösung noch nicht verfügbar ist, scheint mir ebenfalls unwissenschaftlich.

  24. #27 anderer Michael
    15. März 2017

    KM
    Ja, manchmal mag ich es einfach, aber nicht immer.
    Nein, ich möchte niemanden etwas vorschreiben.

  25. #28 denkfix
    15. März 2017

    knorke,
    Homöopathie als Sargnagel,
    Für mich als Anwender ist es egal, ob die Wirkung von gobulis falsifiziert, verifiziert, placebofiziert sind.
    Wir haben unserem Enkel durch homöopatische
    Behandlung eine Operation erspart. Der eine Arzt wollte operieren, der andere sagte, wir probieren dieses hp Mittel. “wenn es nicht hilft, können wir immer noch operieren.”
    Und die Behandlung hat geholfen. Ich fordere keine Verallgemeinerung , aber die Anerkennung eines Erfolges, den es nach der Meinung der Schulmedizin nicht geben dürfte.

  26. #29 roel
    *******
    15. März 2017

    @denkfix ” Ich fordere keine Verallgemeinerung”

    Und doch verallgemeinerst du hier: “den es nach der Meinung der Schulmedizin nicht geben dürfte.” Erst war es “Der eine Arzt”, der voreilig eine OP empfohlen hat.

    Ähnliche Situationen habe ich auch erlebt, ich gehe nur noch zu Ärzten, denen ich vertraue. Homöopathen vertraue ich nicht, die kommen für mich gar nicht in Frage.

  27. #30 denkfix
    15. März 2017

    roel,
    du bestätigst meine Meinung. Vertrauen hängt von den persönlichen Umständen ab. Und es ist gut, wenn du bei deiner Meinung bleibst.
    Ich habe meinen Beitrag nur gebracht, weil hier wieder Einigkeit gegen die HP zelebriert wird, obwohl gar nicht alle Menschen diese Meinung teilen.

  28. #31 Primergy
    15. März 2017

    @denkfix

    Mein jüngerer Bruder wurde mit Morbus Hirschsprung (Ein Teil des Darms ist ‘inaktiv’, was zu Verstopfung führt und nur mit Operation behandelt werden kann) geboren und der behandelnde Arzt wollte ihn noch als Säugling operieren lassen. Meine Mutter wollte das nicht einsehen – wegen durchaus vorhandener möglicher Komplikationen.
    Also ist sie zu einer Ärztin für Homöopathie gegangen und diese hat ihr Globuli und eine tägliche Bauchmassage empfohlen. Mein Bruder wurde also nicht operiert, lebt aber noch und hat keine Beschwerden. Und natürlich ist meine Mutter seitdem von der Wirksamkeit der Homöopathie überzeugt.

    Jetzt kann man natürlich bedingunglos an die Wirksamkeit der Homöopathie glauben und dieses ganze Falsifizierung/Verifikation/Placebo-Zeug – also die Basis unserer heutigen Technologie-Gesellschaft – als irrelevant abtun.

    Oder man fragt sich: “Wenn Homöopathie nicht wirksam ist, was hat dann möglicherweise geholfen?”.

    Und die nächstbeste mögliche Erklärung ist relativ banal. Der Körper hat sich selbst ‘repariert’. Im Falle meines Bruders hat die Bauchmassage geholfen, die Zeit zu überbrücken, bis die umliegenden Bereiche des Darms das ausgefallene Stück kompensieren konnten.

    Vielleicht hat sich der Körper deines Enkels auch selbst geheilt?

  29. #32 denkfix
    15. März 2017

    Primergy,
    wahrscheinlich hat der Körper sich selbst geholfen und die homöopathische Behandlung hat die notwendige Zeit und Zuwendung dazu geliefert. Das ist sehr wahrscheinlich.
    Das will ich doch garade ausdrücken. Mir geht es nicht um ein Glaubensbekenntnis, sondern um eine Information.

  30. […] Science-Blog Gesundheits-Check betrachtet Dr. Joseph Kuhn “Wirksamkeit und Unwirksamkeit” der […]

  31. #34 Ulrich Berger
    16. März 2017

    Die Situation ist symmetrisch, wenn man Wirksamkeit über einen einseitigen Hypothesentest definiert. Wenn das Verum dem Placebo überlegen ist, liegt Wirksamkeit (des Verums gegen die Krankheit) vor. Wenn das Placebo dem Verum überlegen ist, liegt Nicht-Wirksamkeit (des Verums gegen die Krankheit) vor.

    Üblicherweise wird aber die Wirksamkeit zweiseitig getestet. Dann ist die Situation asymmetrisch und Nicht-Wirksamkeit (im Sinne der aussagenlogischen Negation von Wirksamkeit) natürlich nicht nachweisbar.

  32. #35 Marcus Anhäuser
    16. März 2017

    Ulrichs Erklärung ist eigentlich das perfekte Schlusswort. Was sollte da jetzt noch kommen? Wer wollte da widersprechen? 🙂

  33. #36 Dr. Hans-Werner Bertelsen
    16. März 2017

    Das Kausalitätsbedürfnis ist eine anthropologische Konstante: https://www.dr-bertelsen.de/documents/Homoeopathie-Journal-8-11_2.pdf
    Kombiniert mit psychiatrisch hochwirksamer Intervention, auch “Zuwendung” genannt, ist Zuckerkugelmedizin wirksam, wenn die Zeitspanne der Zuwendung 2 Minuten übersteigt. Die Kassen zahlen 530.- Euro pro Patient pro Jahr für Homöopathie. Ein Mediziner der in seiner Praxis nicht über einen Maschinenpark verfügt, kann auf dieses Geld verzichten. Das Geld kommt geräuschlos von der KV. Keine Rechnungen. Keine Mahnungen. Keine Regresse. Keine Verantwortung.

    Da sag´ noch mal einer, das sei keine wundervolle Methode!

  34. #37 Dr. Hans-Werner Bertelsen
    16. März 2017

    Das Kausalitätsbedürfnis ist eine anthropologische Konstante: https://www.dr-bertelsen.de/documents/Homoeopathie-Journal-8-11_2.pdf
    Kombiniert mit psychiatrisch hochwirksamer Intervention, auch “Zuwendung” genannt, ist Zuckerkugelmedizin wirksam, wenn die Zeitspanne der Zuwendung 2 Minuten übersteigt. Die Kassen zahlen 530.- Euro pro Patient pro Jahr für Homöopathie. Ein Mediziner der in seiner Praxis über einen Maschinenpark verfügt, kann auf dieses Geld verzichten. Das Geld kommt geräuschlos von der KV. Keine Rechnungen. Keine Mahnungen. Keine Regresse. Keine Verantwortung.

    Da sag´ noch mal einer, das sei keine wundervolle Methode!

  35. #38 Balanus
    16. März 2017

    Sind auf der Ebene von RCTs Wirksamkeit und Unwirksamkeit symmetrischer Natur?

    Wenn ich mir die Methodik solcher Studien anschaue, dann wohl eher nicht, und zwar aus eben den Gründen, wie sie von einigen Kommentatoren bereits dargelegt wurden (insbesondere zuletzt von Ulrich Berger).

    Gerade auf der Ebene von RCTs ist ein gescheiterter Wirksamkeitsnachweis keineswegs mit einem gelungenen Unwirksamkeitsnachweis gleichzusetzen.

  36. #39 Jürgen Windeler
    16. März 2017

    “Wer wollte dem widersprechen ?”

    Ich. Ein (!) einseitiger Test kann nur unterscheiden zwischen “ist besser” und “ist nicht besser” (“ist” natürlich im Rahmen der statistischen Unsicherheit). Zwischen “ist nicht besser, weil kein Unterschied zu Placebo” und “ist nicht besser, weil schlechter als Placebo” kann man damit nicht unterscheiden.
    Dazu bräuchte man zwei einseitige oder einen zweiseitigen Test.
    Beides löst aber das hier diskutierte Asymmetrie-/Symmetrie-Problem nicht, denn das betrifft gerade nicht den Nachweis der einen oder der anderen Überlegenheit, sondern die Interpretation eines nicht-signifikanten Ergebnisses.

  37. #40 Jürgen Windeler
    16. März 2017

    “Wer wollte da widersprechen ?”

    Ich. Ein (!) einseitiger Test kann nur unterscheiden zwischen “ist besser” und “ist nicht besser” (“ist” natürlich im Rahmen der statistischen Unsicherheit). Zwischen “ist nicht besser, weil kein Unterschied zu Placebo” und “ist nicht besser, weil schlechter als Placebo” kann man damit nicht unterscheiden.

    Dazu bräuchte man zwei einseitige oder einen zweiseitigen Test. Beides löst aber das hier (von einigen) diskutierte Asymmetrie-Problem nicht, weil es dort gerade nicht um die Überlegenheit in die eine oder andere Richtung geht, sondern um die Interpretation des breiten Raumes der nicht-signifikanten Ergebnisse dazwischen.

  38. #41 Ulrich Berger
    16. März 2017

    Natürlich braucht man zwei einseitige Tests, wenn man sowohl Wirksamkeit als auch Nicht-Wirksamkeit in dem von mir definierten Sinne testen will, so war das ja gemeint.

    Ich sehe aber nicht, dass das von Joseph aufgeworfene Asymmetrie-Problem die “Interpretation des breiten Raumes der nicht-signifikanten Ergebnisse” betrifft. Sind beide einseitigen Tests nicht signifikant, hat man eben weder Wirksamkeit noch Nicht-Wirksamkeit bestätigt. Symmetrisch bleibt die Situation doch trotzdem.

  39. #42 Jürgen Windeler
    16. März 2017

    Ich habe Joseph so verstanden, dass es genau darum geht.

    Er schrieb:
    “Die Wirksamkeit einer Behandlungsmethode zeigt sich im RCT, wenn man im Outcome einen Unterschied zwischen Interventions- und Kontrollgruppe sieht. Die Unwirksamkeit einer Behandlungsmethode zeigt sich im RCT analog, wenn man im Outcome keinen Unterschied zwischen Interventions- und Kontrollgruppe sieht.”
    Und er sieht darin Symmetrie.

    Der zweite Satz bezieht sich auf die Interpretation eines nicht-signifikanten Ergebnisses. Die Interpretation geht so aber (leider) nicht und daher besteht Symmetrie in dieser Form nicht.

    • #43 Ulrich Berger
      Österreich
      16. März 2017

      Das stimmt, und es hat mich zugegebenermaßen etwas verwirrt. Denn er schreibt auch:

      “Dass D=0 mit empirschen Stichproben nicht nachweisbar ist, ist klar. Auch über die Differenz zwischen Nichtablehnung einer Nullhypothese und Annahme der Nullhypothese müssen wir nicht diskutieren.”

      Das scheint mir ein Widerspruch zu der im Artikel behaupteten Analogie bzw. Symmetrie zu sein. Meine These ist ja, dass Joseph nur die Diskussion anstoßen wollte – was ihm auch gelungen ist. Er glaubt nicht wirklich an diese Symmetrie.

  40. #44 Florian
    16. März 2017

    Ist “kein Unterschied” sehen zwingend identisch mit “nicht signifikant ” im einseitigen Test?

    • #45 Ulrich Berger
      16. März 2017

      Es ist natürlich nicht identisch, denn die Nicht-Ablehnung der Nullhypothese im einseitigen Test kann aus einem großen Unterschied (in der “falschen” Richtung) resultieren. Aber das hat ja auch niemand behauptet.

  41. #46 Uli Schoppe
    16. März 2017

    Damit ist Homöopathie aber immer noch Dummfug @denkfix

  42. #47 DasKleineTeilchen
    terra
    17. März 2017

    “Wir haben unserem Enkel durch homöopatische
    Behandlung eine Operation erspart.”

    und wieder glaube ich dir nicht ein wort, Robert/Eire/denkfix.

    you are still full of shit!

  43. #48 DasKleineTeilchen
    terra
    17. März 2017

    “Und es ist gut, wenn du bei deiner Meinung bleibst.”

    und lass *endlich* und *bitte* deine “verständnisvolle”, pfaffenhafte schleimerei, robert/eire/denkfix. es kotzt mich an!

  44. #49 anderer Michael
    17. März 2017

    Primergy
    Es freut mich, dass es deinem Bruder gut geht.
    Homöopathie und Morbus Hirschsprung, das hat mich interessiert und ich habe nachgelesen.
    Ergebnis: Homöopathischeint Ärztinnen halten sich bei dieser Krankheit sehr zurück. Nirgendwo habe ich (zum Glück) gefunden, dass jemand behauptet, mittels Homöopathie diese Krankheit heilen zu können.

    Es ist unfair und unseriös zum konkreten Fall deines Bruders eine medizinische Stellungnahme zu geben. Aber ganz allgemein zwei Aspekte:
    1. Es besteht die Möglichkeit einer Fehldiagnose, dann Gratulation an deine Mutter.Sie hat den richtigen Riecher gehabt!
    2. Wenn nur ein sehr kurzes Darmsegment betroffen ist, dann kann eine relative Symptomarmut vorliegen und mit Allgemeinmassnahmen ist Hilfe möglich.Vorsichtig ausgedrückt.

    Die Behandlung einer solchen Erkrankung gehört in die Hände von erfahrenen Kinderchirurginnen und nicht in ein Forum. Ich halte es sogar für gefährlich wie Denkfix behauptet, durch Homöopathie sei ein Kind vor irgendeiner Operation bei irgendeiner Krankheit bewahrt worden. Eltern sind manchmal verzweifelt und greifen nach jedem Strohhalm.Aber so ein Unfug von Denkfix (1)ist nur noch unmöglich und unterirdisch.

    Du hast kritisch gedacht und die Homöopathiethese in Frage gestellt ( ich gehe davon aus, dass du nicht aus dem medizinischen Bereich bist). Soviel kritische Reflexion wünschte ich mir bei meinen homöopathisch tätigen Arztkollegen.

    1.Lieber Denkfix, Sie haben einen Denkfehler begangen.

  45. #50 Ludger
    17. März 2017

    kM #26
    15. März 2017
    […]
    #16: Wenn eine Methode nachweislich nicht zuverlässig funktioniert, dann wird es Zeit andere Methoden zu suchen, die zuverlässiger sind. Einfach zu behaupten das wäre das Bestmögliche weil eine bessere Lösung noch nicht verfügbar ist, scheint mir ebenfalls unwissenschaftlich.

    als Antwort auf mein Statement #16

    Ludger
    14. März 2017

    @KM #16
    Eine RCT ist das beste Verfahren, welches uns zur Messung einer Wirksamkeit von Medikamenten zur Verfügung steht. Wenn bei einer oder sogar mehreren RCTs zu einem Wirkstoff keine verwertbaren positiven Ergebnisse herauskommen, spricht das nicht gegen das Verfahren RCT sondern gegen die Wirksamkeit des untersuchten Wirkstoffes.

    demonstriert ein gewisses Unverständnis oder gar einen Unwillen zu verstehen.
    Die Aussage, dass die RCT “nachweislich nicht zuverlässig funktioniert“, wird mir unterstellt. Es wurde ebenso meine Formulierung “beste Verfahren” in das Bestmögliche umgewandelt. Meine Formulierung “RCT ist das beste Verfahren” ist im Präsens geschrieben und beschreibt die Gegenwart. Aussagen sinnentstellend zu verändern, um sie dann zu kritisieren, ist kein guter Stil.

  46. #51 DasKleineTeilchen
    terra
    17. März 2017

    @andererMichael:

    der “liebe” denkfix/eire/robert gehört zur fraktion der “alles liegt in gottes hand”, weiste?

  47. #52 Joseph Kuhn
    18. März 2017

    @ Ulrich Berger:

    “Meine These ist ja, dass Joseph nur die Diskussion anstoßen wollte … Er glaubt nicht wirklich an diese Symmetrie.”

    Nur als fieser, aber pädagogisch wertvoller Kniff war mein Blogbeitrag nicht gemeint.

    Mir ging es zunächst nur darum, dass ich glaube, Wirksamkeit (vom verursachenden Ereignis her gedacht) bzw. Wirkung (vom bewirkten Ereignis her gedacht) sind nicht als beobachtbare Gegenstände zu verstehen, auf die Poppers Analyse des Induktionsproblems direkt anwendbar ist. Mit anderen Worten: Die Wirksamkeit eines Homöopathikums ist meiner Meinung nach kein “schwarzer Schwan”. Aber vielleicht liege ich ja da schon falsch.

    Dann ging die Diskussion zurecht in die Richtung der Auflösungsstärke empirischer Verfahren und der Interpretation statistischer Tests. Ich habe Jürgen Windeler in Kommentar #12 so verstanden, dass ein Wirksamkeitsunterschied zwischen Verum und Placebo immer kleiner sein kann als das, was die Stichprobengröße gerade noch nachweisen kann. Wenn man aber davon ausgeht, dass eine Wirkung immer kleiner werden kann, bis keine Stichprobe mehr mitkommt und D = 0 nie nachweisbar ist, gilt das dann nicht auch schon für die vielen ganz kleinen Wirkungen vor D = 0? Das Asymmetrieargument würde dann lauten: Es ist nicht möglich, Nichtwirksamkeit und kleine Effekte unterhalb der Nachweisgrenze nachzuweisen?

    Ich habe mich inzwischen jedenfalls selbst verwirrt, das ist auch schon was.

  48. #53 Joseph Kuhn
    18. März 2017

    Nachtrag:

    Wenn ich es recht sehe, haben wir mindestens vier Ebene angesprochen, die im Zusammenhang mit dem Argument der Nichtnachweisbarkeit einer Nichtwirksamkeit eine Rolle spielen (und z.T. zusammenhängen):

    1. Poppers Analyse des Induktionsproblems und damit verbunden die grundsätzliche Vorläufigkeit gesetzesartiger Aussagen.
    2. Die Differenz zwischen idealen RCTs und RCTs in der realen Welt mit all ihren Fehler- und Täuschungsmöglichkeiten.
    3. Die “Granulierung” von Wirkungen und empirische Nachweisgrenzen.
    4. Teststatistiken, die auf die Ablehnung der Nullhypothese (Wirkungsdifferenzen sind zufällig) ausgerichtet sind und nicht ohne Weiteres erlauben, von Nichtsignifikanz auf Nichtwirksamkeit (Richtigkeit der Nullhypothese) zu schließen

  49. #54 mimimi
    20. März 2017

    Den Text ein bisschen spät gelesen und deshalb ein später Kommentar.
    JosephKuhn: “Die Unwirksamkeit einer Behandlungsmethode zeigt sich im RCT analog, wenn man im Outcome keinen Unterschied zwischen Interventions- und Kontrollgruppe sieht.”
    Dem möchte ich widersprechen. Damit könnte sich in der Tat gezeigt haben, dass die Methode unwirksam ist. Könnte aber auch sein, dass sie wirksam ist. Der Effekt ist aber so klein, dass er mit den vorhandenen Methoden nicht nachgewiesen werden konnte, von Störvariablen überlagert wurde. Also nicht ein Nachweis der Unwirksamkeit, sondern kein Nachweis der Wirksamkeit. Ist was anderes.
    Ein Gegenargument kann ja IMMER sein: “Zu wenig Probanden für den kleinen Effekt”, “Störvariablen” etc. Die Leute, die rufen : “Bei mir wirkt Homöopathie aber”, sind doch ein gutes Beispiel dafür, dass man Unwirksamkeit per se nicht nachweisen kann. Diese Leute werden IMMER mindestens ein Gegenargument liefern, warum es bei ihnen wirkt und deine RCT fehlerhaft war. Und du kannst in der Praxis nicht ALLE “Gegenbeispiele” widerlegen.
    Oder habe ich in der Diskussion etwas missverstanden?

    btw: Sorry, wenn dieser Punkt schon irgendwo aufgegriffen wurde, habe nicht die Zeit gehabt, alles im Detail durchzulesen. Sorry.

  50. #55 WolfgangM
    Wien
    20. März 2017

    Zum Nachweis der Nichtwirksamkeit, ein praktisches Beispiel:
    Jeder kennt Maikäfer- die können fliegen. Das ist klar.
    Aber können die auch im November fliegen? Flügel haben sie ja, also können sie fliegen. Aber im November?
    Wurde bislang nicht beobachtet. Entsprechende kontrollierte Studien fehlen aber.

    So ähnlich ists mit der Homöopathie- da gibts zwar Studien die belegen, dass keine Wirksamkeit vorliegt, aber Studien zur Nichtwirksamkeit – besonders im November liegen nicht vor.

    Es sollte halt auch die scientabilität der HP erörtert werden – widerspricht den Naturgesetzen. Na gut die Information über Wasserstoffbrücken, die ist nachweisbar, nach 50 femtosekunden ist sie aber wieder weg. Bei weitem zu kurz um ein expiry date zu generieren.

  51. #56 Albert Wilfert
    Wien
    22. März 2017

    @ WofgangM

    Sie sollten einfach einmal ein Gutes Werk der Homöopathie lesen und dann urteilen. Solche Vergleiche sind einfach nur dumm. Sie tun sich damit keinen Gefallen. Viele der ganz Großen in der Homöopathie haben diese am Anfang genau mit den selben Argumenten abgelehnt wie sie. Nur haben sie dann einmal genauer hingesehen. Und wurden bekannte Vertreter dieser Medizinrichtung. Also einfach einmal die Scheuklappen ablegen, die Skepsis behalten, sie ist ganz wichtig in der Wissenschaft und die Probe aufs Exempel machen.
    Kann sein dass die Dinge dann anders aussehen. Wenn nicht, hat man die Berechtigung zur Ablehnung, vorher nicht.

  52. […] hatten dieses Thema hier schon einmal diskutiert, mit Blick auf die fehlende Evidenz für die Wirksamkeit homöopathischer Mittel über Placebo […]