Im gleichen Kapitel gibt es einen Abschnitt „Mobilität für alle“ (S. 46). Dort verspricht man, etwas gegen die Gefährdung der Gesundheit angesichts der Grenzwertüberschreitungen bei Stickoxiden in Städten zu tun: „Dies können und werden wir nicht hinnehmen“. Ob der Satz von Verkehrsminister Dobrindt stammt, nachdem er aus dem Dieselskandal-Beichtstuhl kam? 10 Vaterunser und das Versprechen …
Außerdem gibt es im Kapitel „Chancen im digitalen Zeitalter“ (S. 48) einen pauschalen Hinweis darauf, dass man durch Digitalisierung die Arbeitswelt humaner machen und die Gesundheitsversorgung verbessern könne. Kann man. Geht aber nicht von alleine. Im gleichen Kapitel gibt es einen kurzen Abschnitt „Chancen für Gesundheit und Lebensqualität“ (Seite 54/55) mit vier sehr allgemeinen und wenig informativen Spiegelstrichen zum Nutzen der Digitalisierung zur Erkennung von Krankheiten, den Chancen von Telemedizin und Assistenzsystemen und – etwas erratisch hier – zu ethischen Fragen: „Wir bekennen uns zum Schutz des menschlichen Lebens und zum Schutz der Menschenwürde, gerade in Grenzsituationen. Angesichts der rasanten Entwicklungen in der Medizin wollen wir die Chancen nutzen, aber auch ethische Grenzen erhalten.“
Insgesamt scheint es so, dass die Union Gesundheitsthemen nicht für wahlkampftauglich hält und daher wenig dazu sagt. Schade, dass sie zu Public Health (z.B. zur Rolle anderer Politikfelder für die Gesundheit), zur Weiterentwicklung der Prävention (Rauchen verursacht z.B. 120.000 vorzeitige Sterbefälle jährlich, Alkoholmissbrauch mindestens 40.000), zur sozialen Ungleich von Gesundheitschancen (Arme sterben 10 Jahre früher), zur Ungleichheit der Gesundheitschancen von Männern und Frauen (Männer sterben fast 5 Jahre früher), zu den gravierenden regionalen Unterschieden der Gesundheit und der Gesundheitsversorgung in Deutschland, den Missständen in der Pflege oder zur Situation der Gesundheitsschutzbehörden, etwa dem Öffentlichen Gesundheitsdienst oder den Arbeitsschutzbehörden, nicht einmal Allgemeinplätze übrig hatte. Wären das Themen, die selbst für nichtssagende Sätze zu brisant sind? Oder hat man sie einfach nicht auf dem Schirm?
Erfreulich, dass die vor einiger Zeit auf dem CDU-Parteitag beschlossene Impfpflicht nicht im gemeinsamen Wahlprogramm von CDU und CSU steht und dass man auch keine populistischen Sprüche zur Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen reingeschrieben hat.
Das war jetzt viel Text und manches ist vielleicht nicht nach jedermanns Geschmack gewesen. Daher zum Schluss noch etwas Aufheiterung. Zur letzten Bundestagswahl 2013 gab es das Unionsprogramm auch in „leichter Sprache“. Das Wort Gesundheit kam darin nicht vor. Dafür aber wunderbare Passagen wie z.B. diese: „In Deutschland wächst Obst und Gemüse. Das soll so bleiben. Dafür müssen wir alle etwas tun.“ Hoffen wir, dass das keine Anspielung auf drohende Katastrophen wie den Klimawandel war und man dem – wohl zu Unrecht – Luther zugeschriebenen Satz folgen müsse „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“ Ob es das Programm auch diesmal wieder in leichter Sprache gibt, weiß ich nicht, falls ja, wünsche ich mir auch wieder solche an unsere gemeinsame Verantwortung für Obst und Gemüse appellierende Sätze – zumindest solange Herr Dobrindt nichts von Radieselchen schreibt.
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