Vor kurzem hatte ich hier auf die Wahlprüfsteine des Zukunftsforums Public Health hingewiesen. Die Geschäftsstelle des Zukunftsforums am Robert Koch-Institut hat nun die Antworten der Parteien veröffentlicht. Ich will hier nur die zwei Fragen zum Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) aufgreifen, weil in der Vergangenheit alle Parteien ihren Anteil daran hatten, dass der ÖGD ziemlich unter die Räder gekommen ist:

Frage 9: Bitte beschreiben Sie, wie Ihre Partei die personelle und finanzielle Ausstattung des ÖGD in Deutschland verbessern will

Bündnis 90/DIE GRÜNEN:
Die Finanzierung des ÖGD fällt zwar nicht in die Kompetenz des Bundes, gleichwohl ist die Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes für uns ein wichtiges Anliegen. Dazu gehören etwa attraktive Arbeitsbedingungen wie eine angemessene Bezahlung sowie eine deutlich bessere personelle Ausstattung.

CDU/CSU (Antworten auf Fragen 9 und 10):
Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) leistet eine unverzichtbare Aufgabe bei der Sicherstellung der Gesundheit der Bevölkerung und steht in der Verantwortung der Länder. Wir werden sehr sorgfältig darauf achten, dass der ÖGD auch bei der Umsetzung des Präventionsgesetzes in den Ländern mit seiner Expertise einbezogen wird, so wie es der Gesetzgeber geregelt hat. Aus dieser Einbeziehung können sich Synergieeffekte ergeben, die den ÖGD mittelbar stärken. Wir werden darauf drängen, dass Länder und Gemeinden den Öffentlichen Gesundheitsdienst attraktiver machen für Ärztinnen und Ärzte. Eine qualifikations- und leistungsgerechte Bezahlung, eine ausreichende Personalausstattung und eine Konzentration auf die Kernthemen der öffentlichen Gesundheit sind unverzichtbar. Wir müssen dafür werben, dass mehr Medizinstudierende sich für eine fachärztliche Weiterbildung im Bereich öffentliche Gesundheit entscheiden. Der ÖGD muss stärker als bisher Thema der allgemeinen medizinischen Aus- und Weiterbildung werden.

FDP:
Wir Freie Demokraten appellieren an Länder und Kommunen, ihre Gesundheitsämter finanziell und personell ausreichend auszustatten und ihre finanzpolitischen Prioritäten nachhaltig auszurichten. Auf Bundesebene müssen wir vor allem die immer wichtigere internationale Vernetzung bei der Personalplanung und bei der Aufstellung der Bundeshaushalte im Rahmen der Ausstattung mit Haushaltmitteln und Stellen berücksichtigen.

DIE LINKE:
Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) wurde zumindest auf Landes- und kommunaler Ebene aufgrund immensen Kostendrucks immer weiter ausgedünnt. DIE LINKE fordert einerseits, diese Entwicklung rückgängig zu machen und sieht den Bund andererseits in der Pflicht, dies den Ländern und Kommunen durch Gestaltung entsprechender Rahmenbedingungen auch zu ermöglichen. Insbesondere das Ausbluten der Kommunen muss gestoppt werden, auch damit der kommunale ÖGD seinen wichtigen Funktionen für die öffentliche Gesundheit wieder wahrnehmen kann. Wir fordern, die kommunale Selbstverwaltung zu stärken und den Kommunen verbindliche Mitspracherechte für bundespolitische Gesetzesinitiativen zu gewähren für Vorhaben, die auf die kommunalen Haushalte, Aufgaben und Befugnisse direkten Einfluss haben.

SPD:
Der ÖGD ist eine wichtige Stütze für die medizinische Vorsorge, Versorgung und Gesundheitsförderung der Bevölkerung. Er muss wieder deutlich gestärkt werden. Die personelle und finanzielle Ausstattung des ÖGD liegt aber in der Verantwortung der Bundesländer.

Frage 10: Welche Maßnahmen und Gesetzesvorhaben plant Ihre Partei, um den ÖGD strukturell zu stärken?

Bündnis 90/DIE GRÜNEN:
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kommunalen Gesundheitsämter leisten einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit der Menschen in der Region. Mancherorts übernimmt der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) neue wichtige Aufgaben: Er koordiniert etwa Gesundheitskonferenzen, erhebt und analysiert Daten zur gesundheitlichen Lage der Bevölkerung in der Region (Gesundheitsberichterstattung). In vielen Kommunen jedoch ist der ÖGD nur noch ein Schatten seiner selbst. Er wird seit Jahren finanziell und strukturell vernachlässigt und leidet unter Personalmangel und Nachwuchssorgen. Der ÖGD muss aus unserer Sicht zu einem zentralen Akteur für Gesundheitsförderung und Prävention aufgewertet und auch in die Planung einer bedarfsgerechten Versorgung stärker einbezogen werden. Auch in der Ausbildung der Ärztinnen und Ärzte und weiterer Gesundheitsberufe muss dem ÖGD ein größerer Stellenwert eingeräumt werden.

CDU/CSU:
S. Frage 9

FDP:
Wir Freie Demokraten fordern von den mit den öffentlichen Gesundheitsdiensten befassten Gebietskörperschaften, dass sie deren Funktionsfähigkeit nachhaltig sichern. Auf Bundesebene muss darauf geachtet werden, dass die Vernetzung der Bundeseinrichtungen international, untereinander und mit der Landesebene organisiert ist und die Fähigkeit besteht, auf jede Krise rasch und angemessen zu reagieren. Konkreten Gesetzgebungsbedarf auf Bundesebene sehen wir hier auch wegen der föderalen Struktur unseres Gemeinwesens nicht.

DIE LINKE:
Nach wie vor ist das Arbeitsfeld ÖGD für viele Ärztinnen und Ärzte zu wenig attraktiv. DIE LINKE unterstützt die Forderung der Gesundheitsministerkonferenz vom Juni 2016, die Ärzte im kommunalen ÖGD in Anlehnung an die Vergütung in Krankenhäusern zu entlohnen (zu den Forderungen zur Stärkung der Kommunen siehe Antwort auf Frage 9). Öffentliche Gesundheit und das Arbeitsfeld ÖGD sind stärker im Medizinstudium und bei den Famulaturangeboten zu berücksichtigen.

SPD:
Die 89. Gesundheitsministerkonferenz hat im Jahr 2016 die Perspektiven für die Stärkung des ÖGD umfassend beschrieben. Die SPD begrüßt die gefassten Beschlüsse und unterstützt diese politisch.

Alle Parteien sprechen sich also dafür aus, den ÖGD zu stärken und seine Handlungsfähigkeit in einer zeitgemäßen Form wieder herzustellen. Ich bin gespannt, was sich davon in den nächsten Jahren in konkreten politischen Entscheidungen wiederfindet. Die gleichen Parteien regieren schließlich auch in den Ländern, wo sie unmittelbar Verantwortung für den ÖGD tragen.

Alles andere bitte ich im Antwortdokument auf der Internetseite des Zukunftsforums nachzulesen, es gibt auch interessante Positionierungen z.B. zur Frage der Gesundheitsforschung, einer obligatorischen Gesundheitsfolgenabschätzung bei Gesetzesvorhaben oder der Weiterentwicklung der Prävention.

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Nachtrag 8.9.2017:
Ich vergaß ganz: Bis auf die AfD haben alle Parteien die Fragen beantwortet. Was nicht sehr verwundert, die AfD hat zum Thema Gesundheit ja insgesamt nicht viel zu sagen.

Kommentare (3)

  1. #1 Geerd
    7. September 2017

    Gibt es auch Parteien, die sich einsetzen wollen die desolaten Zustände in den Alters- und Pflegeheim zu verbessern?

    Das Personal leistet super Arbeit, aber leider gibt es viel zu wenig Personal auf jeder Station.

    Eine Folge ist: die Bewohner werden mit Medikament ruhig gestellt.

    Ich bitte sie Herr Joseph Kuhn, schreiben sie darüber auch mal!

  2. #3 Karin
    12. September 2017

    Jetzt haben die Parteien wenigstens das Wort Public Health schon einmal gehört. Bei der AfD hätte man mit “Volksgesundheit” mehr erreicht 😉