… für die Wirksamkeit hochpotenzierter Homöopathika über Placebo hinaus:
1. „Es hat mir geholfen“:
Die persönliche Erfahrung kann die Wirksamkeit von Arzneimitteln grundsätzlich nicht verbürgen, weil sich die persönliche Erfahrung auf das konkrete Nacheinander von zwei Ereignissen (Einnahme, Krankheitsverlauf) beschränkt. Was unter anderen Bedingungen wäre, weiß man nicht. Dazu kommt die allgemeine Täuschungsanfälligkeit der menschlichen Wahrnehmung. Menschen glauben unter bestimmten Bedingungen, dass unterschiedlich lange Striche gleich lang sind, selbst ohne optische Täuschung, manche Menschen glauben, dass ihnen Engel beistehen, dass das Universum auf Wünsche hört, dass die Sterne Schuld an einem Verkehrsunfall hatten, dass Masern durch das schlechte Karma aus einem früheren Leben entstehen – oder eben, dass Homöopathika „irgendwie“ helfen.
2. „Es hat mir wiederholt geholfen“:
Der Eindruck kann entstehen, auch wenn nichts geholfen hat. Allein durch die große Zahl der Homöopathieanwendungen muss es dazu kommen, dass es „wiederholt“ geholfen hat, aus purem Zufall.
3. „Auch für viele konventionelle Behandlungen gibt es keine wissenschaftliche Evidenz“:
Selbst wenn alle konventionellen Behandlungen nachgewiesenermaßen unwirksam wären, wäre das kein Argument für die Wirksamkeit der Homöopathie, oder von Homöopathika. Es wäre dann das Einklagen eines Rechts auf Gleichbehandlung unwirksamer Methoden. Aber für viele konventionelle Behandlungen gibt es einfach deswegen keine wissenschaftliche Evidenz, weil sie im Versorgungsalltag keine Rolle spielen und daher Studien vom Aufwand her nicht zu rechtfertigen sind.
4. „Es gibt Studien, die sprechen für die Homöopathie“:
Wenn man viele epidemiologische Studien zu einem unwirksamen Verfahren durchführt, gehen naturgemäß manche dafür und manche dagegen aus. Daher muss man die gesamte Evidenz, einschließlich der naturwissenschaftlichen Plausibilität, betrachten. Die liefert keinen Beleg für eine Wirksamkeit hochpotenzierter Homöopathika über Placebo hinaus.
5. „Die Homöopathiekritiker verfolgen eine Agenda“:
Vermutlich, vielleicht eine für mehr Vernunft? Aber selbst wenn sie insgeheim die Ersetzung der Homöopathie durch die Astrologie beabsichtigen würde, wäre diese Agenda kein Argument für die Homöopathie.
6. „Die Wissenschaft kann nicht alles erklären“:
Das ist richtig, wüssten wir schon alles, bräuchte man ja keine Wissenschaft. Aber der „esoterische Fehlschluss“ schafft keine Plausibilität für den Glauben an Hexen, an die Astrologie – oder die Homöopathie. Ein prinzipielles „es könnte doch sein“ ist auch kein erfahrungsbasiertes Verfahren, sondern ein weltfremder Hyperskeptizismus, der alles für möglich hält – um etwas Gewünschtes, hier die Homöopathie gegen alle Vernunft und alles Wissen zu verteidigen.
7. „Einstein hat auch nicht daran geglaubt, dass man Atomenergie gewinnen kann“:
Stimmt, das hat er Anfang der 1930er Jahre gesagt. Auch Einstein war nur ein Mensch und damit zum Irrtum fähig. Aber hat er das auch noch nach der Kernspaltung gesagt? Die Homöopathie wäre gut beraten, nicht nur auf Einsteins Irrtum, sondern auch auf seine Einsicht in seinen Irrtum zu achten. Können auch Homöopathen irren? Und das einsehen?
8. „Die Homöopathie hat sich seit 200 Jahren bewährt“:
Die Dauer eines Irrtums ist kein Beleg dafür, es kein Irrtum ist. Der Glaube an Engel hat sich seit mehr als 2.000 Jahren „bewährt“. Für viele Menschen hatte sich über Jahrhunderte der Glaube „bewährt“, dass die Sonne um die Erde kreist. Auch wir sagen noch, die Sonne geht auf und die Sonne geht unter, das „bewährt“ sich im Alltag sogar wirklich. Aber stimmt es?
… für die Kostenerstattung durch die Krankenkassen
1. „Homöopathie kostet nicht viel“:
Das stimmt. Aber das Sozialrecht enthält keine Vorschrift, dass generell Unfug bei geringen Kosten zu erstatten ist. Auch die Kosten für das Mautdesaster sind – gemessen an den gesamten Kosten des Verkehrs – gering. Also Schwamm drüber? Die bisherigen Fehlinvestitionen in die elektronische Gesundheitskarte, Peanuts, Schwamm drüber? Stuttgart 21, die paar Milliarden, Schwamm drüber?
2. „Die Patient/innen wollen solche Angebote“:
Auch das stimmt – zum Teil, viele wollen es auch nicht. Aber der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung soll sich nicht an den Wünschen lautstarker Lobbys bemessen. Leistungen der Krankenkassen müssen nach § 12 SGB V ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.
3. „In der Schweiz bezahlen die Krankenkassen auch“:
Ergo? Wie ist es in Japan oder in Griechenland, nur mal so gefragt? Und gilt das Argument auch umgekehrt: In Großbritannien wurde die Erstattung gestrichen, in Frankreich wird sie es bald?
4. „Homöopathie spart Geld“:
Schön wär’s. Zwar verschreiben homöopathische Ärzte weniger andere Arzneimittel – deswegen gehen Homöopathiekunden ja dorthin, aber langfristig und für die soziale Lage kontrolliert sieht es anders aus.
5. „Die Kassen würden es nicht bezahlen, wenn es keine Vorteile hätte“:
Homöopathiekunden sind für die Kassen „gute Risiken“, weil sie im Durchschnitt jünger und gesünder sind als der Rest der Versicherten und – als Besserverdiener – auch mehr Beitragseinnahmen mitbringen. Dass die Krankenkassen Homöopathie zumeist nur aus diesen Wettbewerbsgründen bezahlen, ist im Sonderbericht des Bundesversicherungsamtes zum Wettbewerb in der GKV nachzulesen. Es ist ein Fehlanreiz im Wettbewerb.
Zum Weiterlesen: 10 Gründe, an die Homöopathie zu glauben, oder es sein zu lassen
Kommentare (31)