Vor kurzem hatte Martin Bäker nebenan die Gangart von Spinnen beschrieben. Ganz anders als wir Menschen laufen sie auf acht statt auf zwei Beinen. Mehr gemeinsam mit uns haben sie in technischen Dingen. Auch Spinnen sind meist gut vernetzt. Aber wie gesagt, ihre Gangart ist etwas eigen. Immerhin laufen sie wie wir auf den Beinen und nicht auf ihren Nasen. Sie würden sonst mehr dem von Christian Morgenstern beschriebenen Nasobem ähneln als uns: „Auf seinen Nasen schreitet einher das Nasobem, von seinem Kind begleitet. Es steht noch nicht im Brehm.“ So Christian Morgenstern damals.

Der Zoologe Gerolf Steiner schrieb daher unter dem Pseudonym Harald Stümpke das Grundlagenwerk der Nasenbeiner: „Bau und Leben der Rhinogradentia“, um die von Morgenstern zu Recht monierte Lücke zu schließen. Das Buch ist 1961 erstmals erschienen, bei ZVAB antiquarisch zu haben oder neu im Buchhandel. Ein Evergreen, wie es einem Grundlagenwerk eben gebührt.

Ob die Rhinogradentia inzwischen im Brehm stehen, weiß ich nicht, aber einen eigenen Wikipedia-Eintrag haben sie. Dort kann man sich auch über die Fortschritte der Rhinogradentia-Forschung informieren. Es scheint in der Tat bis heute gravierende Forschungslücken zu geben. Ich habe beispielsweise nichts dazu gefunden, ob unser Nasenbein darauf hindeutet, dass wir von den Rhinogradentia abstammen – oder ob hier evolutionär nur eine Konvergenz vorliegt und was das für unsere Zukunft bedeutet.

Heute ist in der Süddeutschen eine kleine Reminiszenz von Sofia Glasl an den großen Wissenschaftler Harald Stümpke. Sehr nett: 2015 wurde, so Sofia Glasl, eine neu entdeckte Spitzmausart nach Stümpke benannt, weil sie eine Nase hat, auf der sie auch gut gehen könnte, wenn ihr mal die anderen Beine wehtun.

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Zum Weiterlesen: In Heinrich Zankls schönem Buch „Irrwitziges aus der Wissenschaft“, auf das ich hier vor ein paar Jahren mal hingewiesen hatte, gibt es auch ein Kapitel über die Rhinogradentia und die bis heute anhaltende rege Forschungsarbeit zu dieser Spezies.

Kommentare (8)

  1. #1 OttoN i.A. des Boten
    26. Oktober 2019

    In Honkong sollen schon 80 % der Studenten eine Brille tragen. Das kommt von der übermäßigen Nutzung digitaler Medien.
    Machen wir uns also keine Sorgen das Nasenbein wird zur Stütze der digitalen Generation werden.
    Übrigens sind die Völker des Nahen Ostens diesmal die Privilegierten, die haben größere Nasen.

  2. #2 rolak
    26. Oktober 2019

    Rhinogradientia

    Melde gehorsamst, daß nein: diesen wesentlichen Beitrag aus dem 2013er Frühjahr habe ich wohl verpaßt. Deswegen herzlichsten Dank für die erneute Erinnerung.
    Die Zahlungsaufforderung über 30% der Rechnung der durch diesen Artikel ausgelösten Bestellkaskade über drei (3!) Bücher kommt wie üblich via berittenem Boten. Hüa!

    kommt von der übermäßigen Nutzung digitaler Medien

    Selbstverständlich nicht, däm.bot., das ist wg. der übermäßigen Nutzung von Tränengas.

  3. #3 Joseph Kuhn
    26. Oktober 2019

    @ rolak:

    “Rhinogradientia”

    Dein Zitat hat mich auf einen copy & paste-Mehrfachfehler im Blog aufmerksam gemacht. Da war ein “i” zuviel. Ein Gradient wäre vielleicht sprachlich auch eine Lösung gewesen, aber im wissenschaftlichen Kontext ist die korrekte Nomenklatur natürlich wichtig. Ich bitte aufrichtigst um Entschuldigung!

    @ bote:

    “die Völker des Nahen Ostens … haben größere Nasen”

    Wo haben Sie das her? Aus dem “Stürmer”? Hier eine Lesempfehlung speziell für Sie: “Der antisemitische Stereotyp”, mit einem eigenen Abschnitt zur Nase.

  4. #4 rolak
    26. Oktober 2019

    Entschuldigung!

    nope2sorry4, Joseph – war mir gar nicht aufgefallen, Zufalls-c/p. Ussel bei misch.

    “Stürmer”?

    Rahn+Müller. Trotz all der Jahre seitdem kommen bei ‘Stürmer’ zuerst Rahn+Müller.

    Naheliegend? OK, doch als offensichtliche Quelle für seinen SchlammFlachköpper müssen wir wohl Streicher streichen: Einerseits gäbe es dazu deutlich Kontemporäreres, andererseits gibts zu diesem Thema noch deutlich Älteres als von vor 1000+nichma100 Jahren

  5. #5 OttoN
    26. Oktober 2019

    XXX

    [Edit: Kommentar gelöscht, bote/Robert unter neuem Pseudonym. Und damit ist für Sie auch endgültig Schluss in meinem Blog. JK]

  6. #6 noch'n Flo
    Schoggiland
    26. Oktober 2019

    @ JK:

    Und ich dachte immer, die grösste Nase hätte der Grosse Grüne Arkelanfall:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Hintergr%C3%BCnde_zu_Per_Anhalter_durch_die_Galaxis#Gro%C3%9Fer_Gr%C3%BCner_Arkelanfall

  7. #7 Karl-Heinz
    31. Oktober 2019

    Also, das mit der Nase. Logisch klingt für mich folgender Sachverhalt aus Wikipedia.

    Klimatische Besonderheiten haben möglicherweise die Nasenform des Menschen über natürlich Selektion beeinflusst. Während in feucht-warmen Tropen breite Nasenlöcher vorteilhaft waren, boten in kalten und trockenen Regionen längere Nasen mit kleinen Nasenlöcher einen evolutionären Vorteil, da sie die Luft stärker erwärmen und befeuchten konnten.

    Cool, jetzt weiß ich wenigstens den Grund für eine etwas breite Nase.

  8. #8 Der Seltsame Quark
    31. Oktober 2019

    “Rhinogradientia”

    Dein Zitat hat mich auf einen copy & paste-Mehrfachfehler im Blog aufmerksam gemacht. Da war ein “i” zuviel. Ein Gradient wäre vielleicht sprachlich auch eine Lösung gewesen, aber im wissenschaftlichen Kontext ist die korrekte Nomenklatur natürlich wichtig.

    Ironischerweise wäre das jedoch sogar der wissenschaftlich korrekte Name. Wie man in der ersten Anmerkung des oben bereits verlinkten Wikipedia-Eintrags lesen kann:

    Nach den Regeln der klassischen lateinischen Morphologie müsste die Ordnung daher eigentlich “Rhinogradientia” (Singular “Rhinogradiens”) heißen.