Die soziale Lage ist ein wichtiger, vielleicht der wichtigste Einflussfaktor auf die Gesundheit der Bevölkerung. Das ist hier auf Gesundheits-Check immer wieder Thema. Venezuela ist ein Land, in dem sich die soziale Lage seit Jahren dramatisch verschlechtert. Es hat, wie gestern im Fernsehen ein Arte-Beitrag gezeigt hat, einen historisch beispiellosen wirtschaftlichen Niedergang hinter sich. Nicolás Maduro, der derzeitige Machthaber, hat diesen Niedergang zum Teil geerbt, zu einem nicht geringen Teil aber auch selbst dazu beitragen und vor allem blockiert er politischen Lösungen im Land. Maduro gehört der Partido Socialista Unido de Venezuela an, für das Volk ist er gleichwohl eher ein böser Geist, auch wenn viele Ärmere nach wie vor zu ihm halten. Es gibt jedoch noch einen anderen bösen Geist hinter der venezolanischen Tragödie, und das sind die USA. Sie haben gegen das Land Sanktionen in einer Form verhängt, die vor allem die Bevölkerung dort empfindlich treffen.

Zwei Ökonomen, Mark Weisbrot und Jeffrey Sachs, der eine eher linksliberal, der andere früher marktradikal und heute, wie es scheint, bekehrt, haben Anfang des Jahres eine Art Anklageschrift unter dem Titel „Economic Sanctions as Collective Punishment: The Case of Venezuela“ vorgelegt. Ihr Urteil ist unmissverständlich:

„There is no doubt that all of these sanctions since August 2017 have had severe impacts on human life and health. According to the National Survey on Living Conditions (…), an annual survey of living conditions administered by three Venezuelan universities, there was a 31 percent increase in general mortality from 2017 to 2018. This would imply an increase of more than 40,000 deaths.

More than 300,000 people were estimated to be at risk because of lack of access to medicines or treatment. This includes an estimated 80,000 people with HIV who have not had antiretroviral treatment since 2017, 16,000 people who need dialysis, 16,000 people with cancer, and 4 million with diabetes and hypertension (many of whom cannot obtain insulin or cardiovascular medicine). These numbers by themselves virtually guarantee that the current sanctions, which are much more severe than those implemented before this year, are a death sentence for tens of thousands of Venezuelans.“

Trump will Maduro mit aller Gewalt aus dem Amt drängen – und koste es die Venezolaner das Leben. Auch wenn im Fernsehen keine Leichenberge zu sehen waren und die gesundheitlichen Folgen der US-Sanktionen aus den statistischen Daten abgeleitet werden müssen: Es ist ein öffentliches Sterben vor den Augen der Welt, und ein weiteres Beispiel für die Brüchigkeit der “westlichen Werte”.

Kommentare (12)

  1. #1 Alisier
    14. November 2019

    Wir können andererseits froh sein, dass Venezuela nicht bombardiert wird.
    Merkwürdig ist auch, dass Trump sich mit Maduro keine Liebesbriefe schreibt……wahrscheinlich sind es die fehlenden Militärparaden und eine immer noch existierende Opposition, die eine Anbiederung Trumps verhindern.
    Dennoch, jenseits allen Zynismus, möchte ich bemerken, dass die soziale Lage ein komplexeres Thema darstellt als es manchmal den Anschein hat. So können sich auch auf den ersten Blick gut versorgte Menschen richtig schlecht und vernachlässigt fühlen, was sich auf deren Wohlbefinden und wahrscheinlich auch auf die Lebenserwartung negativ auswirkt (ob das wirklich so ist, weiß ich aber nicht). Und es sollte aus meiner Sicht auch nicht immer nur um Lebenswerwartung, sondern auch um Lebensqualität gehen.
    Wie man die messen könnte weiß ich allerdings ebenfalls nicht.

  2. #2 RPGNo1
    14. November 2019

    @Alisier

    Merkwürdig ist auch, dass Trump sich mit Maduro keine Liebesbriefe schreibt.

    Maduro ist Sozialist. Zudem sitzt er in Südamerika, dem Vorhof der USA. Trump hat eine Vorliebe für rechtsgerichtete Autokraten, die möglichst weit von der Heimat entfernt sind.

  3. #3 Alisier
    14. November 2019

    @ RPGNo1
    Ach komm, Kim ist Supersozialist (wenigstens aus der Sicht konservativer Republikaner) und heutzutage sitzt jeder in irgendjemandes Vorgarten, egal ob er da ist oder nicht.
    Sieht man schon daran, dass manche Ostdeutsche Panik kriegen, wenn sie dunkelhäutige Menschen auf Schlauchbooten sehen. Der Vorhof ist bei diesen Menschen der Fernseher, und alles was sie dort sehen, ängstigt sie. Es gibt gefühlt keine Distanzen mehr, und wenn sich dadurch das Gefühl einstellen würde, dass wir in einer Welt leben, wäre das zu begrüßen.
    Bei manchen enstehen aber lediglich Ängste.

  4. #4 Alisier
    14. November 2019

    Zu public health und Lebensqualität, ein weiterer in Zukunft wahrscheinklich zunehmend wichtiger Aspekt:
    https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2019-11/klimawandel-folgen-gesundheit-krankheiten-nahrungsmittel-hitze

  5. #5 noch'n Flo
    Schoggiland
    14. November 2019

    Maduro, Kim und natürlich der lupenreine Demokrat Putin – wer solche Freunde wie Trump hat, braucht nun wirklich keine Feinde mehr. Warum machen die eigentlich nicht mal einen Gipfel in einem von Trumps Hotels?

  6. #6 foobar407
    14. November 2019

    Das Poblem betrifft ja Sanktionen ganz allgemein. Hier aus einem ganz interessanter Artikel dazu:

    “Eine Sache müssen wir alle verstehen: Heutige Wirtschaftssanktionen und Finanzblockaden sind vergleichbar mit mittelalterlichen Belagerungen von Städten mit der Absicht, sie zur Kapitulation zu zwingen”, schrieb der amerikanische Völkerrechtler Alfred de Zayas im Juni dieses Jahres, nachdem er im Auftrag des UN-Menschenrechtsrates die Folgen der US-Sanktionen gegen Venezuela und Ecuador untersucht hatte.

    und

    Unter dem Titel “Why Economic Sanctions Do Not Work” hat Robert Pape, Professor für Politikwissenschaft an der Universität von Chicago, 115 Sanktionen aus 80 Jahren untersucht. In lediglich fünf Fällen konnten mit ihnen, die gewünschten politischen Ziele durchgesetzt werden.

  7. #7 Joseph Kuhn
    15. November 2019

    @ Alisier:

    “Lebensqualität … Wie man die messen könnte weiß ich allerdings ebenfalls nicht”

    Siehe z.B. https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1865921714000701. Es gibt mittlerweile ein Überangebot an quantitativen Verfahren zur Messung der Lebensqualität.

    “Merkwürdig ist auch, dass Trump sich mit Maduro keine Liebesbriefe schreibt”

    Er versucht gerade, welche an Erdogan zu schreiben.

    Im Ernst: Trump ist kein harmloser Spinner, er geht über Leichen, in Nordsyrien wie in Venezuela.

  8. #8 Alisier
    15. November 2019

    @ Joseph Kuhn
    Ja, natürlich gibt es die Verfahren……dennoch scheint mir, dass die Definition dessen, was Lebensqualität letztendlich ausmacht , ausgesprochen schwierig bleibt.
    Und solange es seine Wähler nicht interessiert, dass T über Leichen geht wird es ebenfalls schwierig den gar nicht harmlosen notorischen Lügner und Brandstifter zu stoppen. Ob es je gelingen wird die von ihm Geblendeten umzustimmen bleibt fraglich.

    • #9 Joseph Kuhn
      15. November 2019

      @ Alisier:

      “Und solange es seine Wähler nicht interessiert, dass T über Leichen geht”

      Oder sonst wen.

  9. #10 Alisier
    15. November 2019

    Einspruch. Es interessiert und schockiert viele.
    Abwählen, respektive nicht wiederwählen müssen ihn aber dann doch die US-Bürger.
    Und Trump ist auch nicht allein für die Leichen verantwortlich. Soviel Fairness muss schon sein.

  10. #11 Peter Zeller
    25. November 2019

    Unsinn. In Venezuela sterben Menschen, weil die Diktatoren Chavez und jetzt Maduro das Land ruiniert haben.

    • #12 Joseph Kuhn
      25. November 2019

      @ Peter Zeller:

      Dass Maduro kein venezolanischer Engel ist, steht am Ende des ersten Absatzes. Dann kommt der Rest, um den es geht und den Sie offensichtlich überlesen haben.