In Hanau hat ein möglicherweise psychisch kranker Mensch ein Blutbad angerichtet. Im Kopf hatte er neben wirren Verschwörungstheorien auch reichlich rechtsradikales und rassistisches Gedankengut. Die AfD will natürlich nicht damit in Verbindung gebracht werden, dass auch sie den Menschen genau solches Gedankengut in die Köpfe setzt, darunter eben auch psychisch labilen Menschen. Die Parteiführung beruft sich jetzt darauf, dass man die AfD doch nicht dafür verantwortlich machen könne, wenn so jemand Amok laufe, da gebe es dann gar keinen rechtsextremen Hintergrund, egal was der Mann im Internet an rechtsextremen Völkermordphantasien von sich gegeben habe. Eine psychische Störung und Rechtsextremismus schließen sich aber nun einmal nicht aus.
Aber um die moralische Drückebergerei der AfD geht es mir hier gar nicht, das Thema hatten wir schon anlässlich des Mordes am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Dieser Täter war nicht so paranoid wie der in Hanau, daher war die AfD da aus anderen Gründen unschuldig.
Ich will auf einen anderen Punkt aufmerksam machen. In der BILD-Zeitung kommentiert der vermutlich geschockt sprachlose, leider auch gedankenlose Franz Josef Wagner den Terrorakt in Hanau wie folgt:
„Ich stelle mir vor, ich müsste an der Haustür einer Mutter klingeln, deren Sohn von einem deutschen Rassisten erschossen wurde. Was sollte ich ihr sagen? (…) All seine Hasstiraden finden sich im Netz. Warum hat man sie nicht erkannt? Warum hat man ihn nicht in eine Psychiatrie eingewiesen, weggesperrt?“
Ich fürchte, in Wagners Bestürzung über den Terrorakt macht sich das gleiche Gift der Menschenfeindlichkeit bemerkbar, das rechtsextremen Terror nährt. Er will Menschen, die Irrsinn im Internet verbreiten, aber noch nichts getan haben, einfach in die Psychiatrie sperren. Wer müsste da nicht alles auf die Liste? Gibt es keine besseren Wege, mit dem Irrsinn im Internet und dem Hass in der Gesellschaft umzugehen? Hatte der Hanauer Täter wirklich mit niemandem über seine Phantasien gesprochen, hatte niemand Zugang zu ihm in seiner Gedankenwelt? War keine Hilfe möglich? Vielleicht wäre im Fall des Hanauer Täters am Ende wirklich die Psychiatrie ins Spiel gekommen, aber einfach so „wegsperren“? Wagner befördert mit seinem Satz, gerade weil er angesichts des furchtbaren Terrorakts so nachvollziehbar wirkt, Befürchtungen, die in der Bevölkerung ohnehin latent verbreitet sind: dass psychisch kranke Menschen per se gefährlich seien, ein Sicherheitsproblem, dass sie nicht zu uns gehören und prophylaktisch wegzusperren seien. Die Saat der Ausgrenzung geht manchmal unbemerkt auf.
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