Walachs Konsequenz:
„Für die ganze Aufregung gibt es also eigentlich keine guten Gründe. (…) Ich glaube nicht, dass die politisch Verantwortlichen in 3 Jahren noch aufrecht in den Spiegel blicken können, wenn sie diese Politik nicht bald ändern. (…) Das ist übrigens nicht meine Einzelmeinung: Fast alle Ärzteverbände wehren sich gegen die derzeitige Politik der Bundesregierung.“
Christof Kuhbandner: In den Krankenhäusern gibt es nur mehr positiv Getestete
Etwas voraussetzungsreicher ist die Argumentation seines MWGFD-Kollegen Christof Kuhbandner. Er sagt, mit den Fällen auf den Intensivstationen sei es ähnlich wie mit den Corona-Toten: Man wisse nicht, ob sie mit oder wegen SARS-CoV-2 auf der Intensivstation lägen. Vielleicht seien es ja nur umetikettierte, weil positiv getestete Patient/innen mit anderen ernsten Erkrankungen. Dafür spräche, dass die Gesamtzahl der belegten Betten auf den Intensivstationen gleich geblieben sei, somit auch die Belastung der Krankenhäuser.
„Es lässt sich kein wirklicher Anstieg in der Anzahl der insgesamt belegten Intensivbetten erkennen. Das einzige, was ansteigt, ist die Anzahl der Intensivpatienten mit positivem SARS-CoV-2-PCR-Testergebnis.“
Auch er kommt dann auf den Testmurks des Augsburger Labors zu sprechen und fragt, ob demnach nicht die Mehrzahl der positiven Tests falsch sei, also auch kein Anstieg der Fälle existiere.
Richtig ist, dass dem DIVI-Register zufolge die Bettenbelegung insgesamt in etwa gleich geblieben ist. Allerdings fällt auf, dass zuletzt die freien High Care-Kapazitäten spürbar abgenommen haben. Inwiefern die COVID-19-Fälle auf den Intensivstationen wirklich nur durch ein positives Testergebnis definiert sind, kann ich nicht beurteilen. Hier kritisiert Herr Kuhbandner im Grunde ebenfalls die Verbindung zwischen Testbefund und Erkrankung. Dass es den Intensivmedizinern nicht auffallen würde, wenn sie reihenweise Patienten auf die Station bekommen, die eigentlich klinisch nicht als COVID-19-Patienten diagnostiziert würden, sondern nur aufgrund eines positiven Tests, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Da schimmert ein wenig Verschwörungstheorie durch. Aber das müssten Leute kommentieren, die sich damit besser auskennen. Unplausibel ist jedenfalls, dass der steile Anstieg der Intensivfälle in den letzten Tagen allein testbedingt ist – die Tests haben nicht im gleichen Ausmaß zugenommen. Das räumt sogar Harald Walach ein.
Fazit:
Die steigenden Fallzahlen haben bei den MWGFDlern zu neuen Erklärungsmustern für ihre Ausgangsthesen geführt. Diese Erklärungsmuster reichen von einfacher Verschwörungstheorie (Wodarg) über Zahlensalat (Walach) bis hin zu Dateninterpretationen, die im Detail von Intensivmedizinern kommentiert werden müssten (Kuhbandner). Ein bisschen erinnert das an die Epizykeltheorie zur Rettung des ptolomäischen Weltbilds. Ein Infragestellen der eigenen Ausgangsthesen wird von den drei Herren nicht in Betracht gezogen. Irrtum ausgeschlossen. Popper ist schließlich schon lange tot. Schade, denn kritische Betrachtungen, auch kritische Betrachtungen der Daten, tun eigentlich not. Aber strategisches Schönreden der Situation schadet dem kritischen Diskurs genauso wie das Gegenteil.
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