Wie heißt es so schön: ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte. Manchmal braucht man in der Tat einige Worte, um Bilder zu erklären, vor allem, wenn Bilder nicht dasselbe zeigen, obwohl sie es tun sollten, oder wenn ein Bild nicht klar spricht.

Seit längerem habe ich keine Grafiken mehr zur Übersterblichkeit aus den Daten des Statistischen Bundesamtes erstellt. Hier ist wieder eine. Sie beruht auf der Sonderauswertung der Statistischen Bundesamtes vom 11.12.2020 und zeigt wie ihre Vorläufer hier im Blog die prozentuale Übersterblichkeit 2020 gegenüber dem Durchschnitt 2016-2019 nach Kalenderwochen. Der Auswertezeitraum des Statistischen Bundesamtes reicht aktuell bis Mitte November.

Was sieht man: Wie schon in den anderen Grafiken zur Übersterblichkeit hier im Blog sieht man zu Beginn des Jahres 2020 eine Untersterblichkeit. Das ist auf die vielen Influenza-Sterbefälle 2016/2017 und vor allem 2017/2018 zurückzuführen. Im März gab es in Deutschland die ersten Coronatoten. Auf dem Höhepunkt der Epidemie im April zeigt sich eine deutliche Übersterblichkeit. Man sieht dann den Rückgang der Übersterblichkeit und im Sommer einen scharfen Zacken: eine kurze, aber ausgeprägte hitzebedingte Übersterblichkeit.

Wie sich die vielen Coronatoten seit Mitte November in solchen einfachen Übersterblichkeitsberechnungen niederschlagen, bleibt abzuwarten. Möglicherweise gleichen sich die Coronatoten mit den Influenzatoten der Vorjahre teilweise aus.

Die gleichen Daten hat Harald Walach in einem neuen Blogbeitrag in eine Grafik umgesetzt. Er bildet die absoluten Fallzahlen ab, aber das ist hier nicht weiter von Belang. Sein Rechenweg:

„Dann habe ich die Daten der Jahre 2016-2019 zusammengefasst und je Woche gemittelt. Ich habe die Standardabweichung dieser vier Jahre verwendet und den Standardfehler des Mittelwertes je Woche berechnet, mit 1.96 multipliziert und zum Mittelwert addiert. Die blaue Kurve gibt also die Obergrenze dessen wieder, oberhalb dessen eine Abweichung 2020 signifikant (um die klassische 5%ige Signifikanzgrenze) von den Mittelwerten der Jahre zuvor je Woche abweicht. Damit die Kurve etwas leichter optisch interpretierbar ist, habe ich außerdem geglättet, indem je 5 Wochen zusammengefasst sind; die Fehlerbalken geben die Variabilität innerhalb dieser Zeit an.“

Das Ergebnis sieht so aus:

Die blaue Kurve verläuft zu Jahresbeginn weit über der roten, danach verlaufen die Kurven mehr oder weniger ähnlich. Walachs Fazit: „Es gibt keine außergewöhnliche Mortalität in Deutschland.“

Es lohnt, sich seine Aufbereitung der Daten einmal näher anzusehen. Auffällig ist, dass er immer 5 Wochen zusammenfasst. Dadurch werden kurze Phasen der Übersterblichkeit zum Verschwinden gebracht, sie gehen in einer solchen Durchschnittsbildung unter. Wenn einer 10.000 Euro im Monat verdient und einer 1.000 Euro, haben sie im Schnitt 5.500 Euro, keiner ist arm.

Des Weiteren ist die blaue Kurve nicht einfach der Durchschnitt der absoluten Fallzahlen 2016-2019, sondern die Summe daraus mit dem halben Konfidenzintervall. Er will damit zeigen, dass die Sterbefälle 2020 (die rote Linie) kaum über dem Durchschnitt 2016-2019 lagen – statistisch signifikant auf dem 95 %-Niveau. Eine solche Signifikanzbetrachtung interpretiert die Sterbefälle als Zufallsstichprobe aus einer hinreichend großen Grundgesamtheit. Aber aus welcher Grundgesamtheit? Einem fiktiven Sterbefall-Pool aus 30 Jahren? Und sind die Jahre 2016-2020 wirklich als Zufallsstichproben aus einem solchen Pool zu interpretieren? Oder als systematisch verzerrte Stichproben?

Die blaue Kurve hat Walach zudem gebildet, indem er zum Mittelwert der Sterbefälle 2016-2019 den Faktor 1,96 mal Standardfehler des Mittelwerts addiert hat. Das „1,96“ zeigt eine Normalverteilungsschwelle an. Den Standardfehler hat er aus den vier Datenpunkten 2016, 2017, 2018 und 2019 für jede Woche berechnet. Aber was ist daran normalverteilt? Ich meine, es wäre einfacher und klarer gewesen, die Sterbefälle als das zu behandeln, was sie sind: Eine Totalerhebung der Jahre 2016 – 2020. Keine Stichprobe, kein Konfidenzintervall.

Was ich zudem nicht verstehe, sind die Fehlerbalken. Die Balken seien die „Schwankungsbreite“, sagt er. Sind das bei der blauen Kurve Minimum und Maximum der vier Jahre? Wenn ja, warum sind die Balken dann an der blauen Kurve angelegt, die nicht den Mittelwert der Jahre 2016-2019 abbildet? Und wo kommen die Balken für 2020 her? Oder sind das jeweils Minimum und Maximum in den dargestellten 5-Wochenzeiträumen? Oder noch etwas anderes? Man darf raten. Sie auch.

————
Edit 16.12.2020: Ein Satz präzisiert, siehe Kommentar #5.

Kommentare (42)

  1. #1 Herb
    Heidelberg
    15. Dezember 2020

    So sieht also eine “wissenschaftliche” Grafik aus, wenn sich der Autor zu viel mit Bachblüten, Fernheilung und Quantenschwurbelei beschäftigt hat. Setzen! 6!

  2. #2 Dr. Maggie (Sigrid Margarethe) Poschenrieder
    Lindenberg
    15. Dezember 2020

    Schönes Ratespiel : “Mittelwerte”, “fünf-Wochen-Glättung” und “Fehlerbalkensalat”.
    Gefällt mir (Ihr Beitrag, Herr Kuhn) !

  3. #3 Urs
    15. Dezember 2020

    Noch ein Ratespiel: Warum bildet Herr Walach 5-Wochen-Mittelwerte und nimmt nicht Monatswerte? Die sind Destatis direkt herunterzuladen.

  4. #4 UMa
    15. Dezember 2020

    @Joseph Kuhn: Inzwischen dürfte die Übersterblichkeit höher als im April liegen.

    Man muss noch berücksichtigen, dass sich die Anzahl der gestorben vor allem in den letzten Wochen noch durch Nachmeldungen erhöhen wird. Das Statistische Bundesamt macht für die gemeldeten Sterbefälle keinen Nowcast (wie das RKI für die gemeldeten Coronafälle), so dass die Werte der letzten gemeldeten Wochen noch steigen werden.

    Mein Modell ergibt noch ausstehende Nachmeldungen für die letzten Wochen:
    KW46: 491
    KW45: 332
    KW44: 225
    KW43: 153
    KW42: 103
    KW41: 70

  5. #5 Jolly
    16. Dezember 2020

    die Sterbefälle 2020 (die blaue Linie)

    Da sollte (die rote Linie) stehen.

    so gut wie nie über dem Durchschnitt 2016-2019 lagen – statistisch signifikant auf dem 95 %-Niveau.

    Das würde ich etwas anders formulieren, obwohl vielleicht das selbe gemeint ist. Über dem Durchschnitt 2016-2019 lagen die Werte für 2020 ja schon in vielen Kalenderwochen. Das wird Herr Walach nicht bestreiten. Sie lagen aber Woche für Woche nicht sehr weit darüber, so dass man immer noch sagen kann, es könnte sich um erwartbare zufällige Schwankungen handeln.

    Das entspricht ja im Wesentliche auch der eigenen Darstellung, wenn man mal pauschal annimmt, 5 % überm Schnitt, das wäre noch nicht viel. In etwa dort wo die Kurven über diese Marke gehen, mit den beiden Spitzen bei 15 % und 20 %, verläuft auch die rote Linie von Walach über seiner blauen.

    Aber was ist daran normalverteilt?

    Herr Walach geht davon aus, dass die Todesfälle jeder Kalenderwoche über die Jahre hinweg zufällig um einen für diese Kalenderwoche spezifischen Mittelwert schwanken. Er nimmt einfach an, die Werte seien normalverteilt. Mittelwert und Standardabweichung werden für jede Woche aus den 4 bekannten Werten ermittelt.

    Ob diese Annahme berechtigt und sinnvoll ist, auch mit so wenig Werten, kann ich nicht beurteilen.

    Herr Walach war ja so freundlich ein Excel-Sheet zum Download zur Verfügung zu stellen, in dem die Daten enthalten sind, auf denen die Grafik basiert. Das habe ich Stichprobenartig überprüft und kann daher jetzt mit einiger Gewissheit sagen:

    Sind das bei der blauen Kurve Minimum und Maximum der vier Jahre?

    Nein.

    Oder sind das jeweils Minimum und Maximum in den dargestellten 5-Wochenzeiträumen?

    Ja.

    • #6 Joseph Kuhn
      16. Dezember 2020

      @ Jolly:

      “blaue … rote Linie”

      Danke ist korrigiert. Den Satz mit “so gut wie nie” habe ich ebenfalls geändert. Und danke auch für die Hinweise auf Walachs mutmaßliche Überlegungen.

      Wenn man einmal die kleineren Fragezeichen weglässt, verfolgt Walach wohl die gleiche Argumentationslinie wie seinerzeit schon das Dresdner IfO-Institut, was aber auf eine Verpixelung des Bildes durch Datenaggregation und Inferenzstatistik hinausläuft. Ob das IfO-Institut die “Studie” je veröffentlicht hat?

  6. #7 rolak
    16. Dezember 2020

    Am gedämpften GesamtÜbersterblichkeits-Verlauf ab ~KW35 dürften die heurigen Nichtgrippe­Fälle nicht unbeteiligt sein… Ein Minus, von dem mir bereits Mitte des Jahres ‘mein’ Pneumologe erfreut erzählte.

    Fehlerbalkensalat

    Hätte auch ich gerne gesehen, obgleich die Bestandteile angeblich immer so fies zwischen den Zähnen klemmenbleiben. Der walachschen Grafik nach gehts Richtung Frisée…

  7. #8 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    16. Dezember 2020

    Four of the deadliest days in U.S. history were reported last week

    For four days straight, the country lost as nearly many people as died on 9/11. More people died of the coronavirus on each on three of those days than were lost in the attack on Pearl Harbor, which killed more than 2,400 Americans.

    https://www.cbsnews.com/news/deadliest-days-american-history-single-week-coronavirus-pandemic/

  8. #9 Maoul Korb
    16. Dezember 2020

    @ JK: “Möglicherweise gleichen sich die Coronatoten mit den Influenzatoten der Vorjahre teilweise aus.”

    Warum eigentlich, müssten sich die Coronatoten nicht zu den jährlichen Influenzatoten aufaddieren?

    • #10 Joseph Kuhn
      16. Dezember 2020

      @ Maoul Korb:

      Siehe die Kurve am Jahresanfang: Da gab es durch die Influenzatoten 2016/2017 und 2017/2018 eine Untersterblichkeit. Hätte es am Jahresanfang schon Coronatote gegeben, hätte sich das ausgeglichen. Am Jahresende 2020 wirken sich die Influenzatoten in der Baseline ähnlich aus. Anders die Influenzatoten im Winter 2020, die kämen oben drauf und würden dann einen Anteil an einer eventuellen Übersterblichkeit ausmachen.

  9. #11 Falk
    Flensburg
    16. Dezember 2020

    Selbst wenn man seine Betrachtung und dem Vergleich von Äpfeln und Birnen für einen Moment stehen lässt, so gibt ja nach den eigenen Angaben “[d]ie blaue Kurve […] die Obergrenze […] wieder, oberhalb dessen eine Abweichung 2020 signifikant […] von den Mittelwerten […] abweicht.”. Da gab es mehrere Punkte, die also nach eigener Angabe signifikant über der Obergrenze lagen. Dann zu behaupten, dass es also keine “außergewöhnliche Mortalität” gäbe, ist schon frech. Vielleicht war die außergwöhnliche Mortalität nicht kontinuierlich, ganzjährlich – aber sie war ganz klar da.

  10. #12 pederm
    16. Dezember 2020

    @Maoul
    s. “die vielen Influenza-Sterbefälle 2016/2017 und vor allem 2017/2018” (die Influenza ist durchaus nicht jedes Jahr die Gleiche) sowie #7. Das viele Masketragen und die doch vielfach eingehaltenen Abstandsregeln haben nicht nur die Covid19-Fälle vermindert, sondern eben auch Influenza und einfache Erkältungen.

  11. #13 Maoul Korb
    16. Dezember 2020

    @ pederm
    Das ist eine Erklärung, dass die bisherigen Maßnahmen bei Influenza, was eine Infektiosität von R-0-Wert ca. 2 hat, einen durchschlagenden Effekt mit sich bringt, während bei Corna R-0-Wert ca. 3.5, lediglich eine bremsende Funktion auf das Infektionsgeschehen ausübt.

  12. #14 Bob
    16. Dezember 2020

    Im Moment gibt es sehr wenige Influenza Fälle. In den USA sind aktuell z.B. nur 0,2% der getesteten positiv auf Influenza.
    Die Influenza Saison verlief auch auf der Südhalbkugel sehr schwach. Den Vermutungen in Australien und Neuseeland nach eine Kombination aus sehr hohem Anteil an Influenza Impfungen und den AHA-Maßnahmen wegen Covid.

  13. #15 Solarius
    16. Dezember 2020

    Ich finde es merkwürdig, das die braune Linie unterhalb der grünen Linie liegt. Warum haben denn die älteren Menschen eine geringere Übersterblichkeit als die Jüngeren?

    • #16 Joseph Kuhn
      16. Dezember 2020

      @ Solarius:

      Spontan hätte ich gesagt, weil ich mich bei Excel irgendwo in der Zeile vergriffen habe. Aber ich habe noch mal nachgesehen, scheint alles zu stimmen, falls ich in der Feierabendmüdigkeit nichts übersehen habe. Vermutlich ist das Verhältnis der beiden Kurven zueinander nicht sehr stabil, zu einem früheren Datenstand (für die jeweils letzten Wochen fehlen ca. 10 % der Fälle) waren die Kurven, wenn ich mich recht erinnere, auch schon mal anders rum. Könnte man sich bei Gelegenheit mal genauer ansehen.

  14. #17 Jürgen Windeler
    16. Dezember 2020

    @Solarius
    nicht “als die Jüngeren” sondern “mit den Jüngeren”. Die Kurve deutet darauf hin, dass die Sterblichkeit, ihr jahreszeitliches Muster und damit auch die Übersterblichkeit vollkommen durch die Älteren bestimmt wird (kein Wunder: das mittlere Sterbealter liegt bei ca. 80 Jahren; ich habe jetzt keine Zahl parat, aber ich schätze mal, dass die Sterbefälle über 65 Jahre mindestens 75% aller Sterbefälle ausmachen). Die Kurve ist also nur etwas niedriger, weil in jedem Punkt noch ein paar Jüngere dazu kommen, die an der Gestalt der Kurve aber nichts ändern. Das passt auch zu Analysen der Gruppe von Küchenhoff in München, dass Übersterblichkeit nur bei Älteren, vor allem bei über 80Jährigen zu beobachten ist.

  15. #18 pederm
    16. Dezember 2020

    @ Maoul
    Ja und? Die diesjährige Zahl der Influenza-Toten ist niedriger als im Mittel der Vorjahre (als Coeffekt der Anti-Corona-Maßnahmen), also addiert sich die Covid19-Opferzahl nicht einfach auf die “jährlichen Influenzatoten”. (Antwort auf die Frage #9)

  16. #19 Fabricius
    16. Dezember 2020

    Mit Walachs Zahlenspielen kann ich nichts anfangen und an den Zahlen und ihrer Darstellung von destatis habe ich keine Zweifel. Aber: Auch das erste Bild sagt nichts, es plappert bloß..

    Der Bezug zu irgendeinem Durchschnitt leistet allein keinen (notwendigen) Vergleich, er suggeriert ihn nur. Man muss weder Signifikanz-Tests machen noch über Grundgesamtheiten philosophieren, aber es ist methodisches Grundwissen, dass zu einem Durchschnitt ein Streuungsmaß gehört. Ohne diese Varianzbetrachtung ist die Abweichung vom Durchschnitt nicht zu bewerten und daher natürlich auch nicht, ob 2020 bez. der Sterblichkeit ein herausragendes Jahr war oder nicht. Wenn man kein Streuungsmaß hat, nicht berechnen kann oder will, dann ist es ein Leichtes, die Verläufe der letzten Jahre darzustellen. Dann ist das Bild klar und sagt was.

    Ich könnte auch noch erwähnen, dass der Referenzzeitraum natürlich grundsätzlich frei wählbar ist und (leider) das Ergebnis beeinflusst. Also vielleicht mal ne Sensitivitätsanalyse mit einem 10-Jahres-Durchschnitt (und Streuung) oder auch 2017 bis 2019 ?

    • #20 Joseph Kuhn
      16. Dezember 2020

      @ Fabricius:

      “Also vielleicht mal ne Sensitivitätsanalyse mit einem 10-Jahres-Durchschnitt”

      Bitte, legen Sie los. Ich hindere Sie gewiss nicht.

      “oder auch 2017 bis 2019”

      Hauptsache nicht 2016 bis 2019.

  17. #21 Jürgen Windeler
    16. Dezember 2020

    Ergänzung zu #17
    Hab beim BiB doch Zahlen gefunden: der Anteil der über 60Jährigen an allen Sterbefällen ist bei Männern ca. 85%, bei Frauen über 90% !
    Der Anteil der über 80Jährigen ist bei Männern knapp 50%, bei Frauen ca. 70%.

  18. #22 Jolly
    16. Dezember 2020

    @Joseph Kuhn

    Ja, das ifo-Institut argumentiert ähnlich wie Walach. Die haben übrigens eine im September aktualisierte Version ihrer Berechnung zur Übersterblichkeit veröffentlicht. Schon auf der Seite, auf der man das pdf herunterladen kann, wird daraus zitiert:

    Möglicherweise haben die Restriktionen des öffentlichen Lebens seit Ende März mit dazu beigetragen, eine erhöhte Sterblichkeit der Bevölkerung während der Ausbreitung von Covid-19 zu verhindern. Die Gefährlichkeit der Krankheit ist angesichts der Übersterblichkeit in anderen Ländern unbestritten.

    Das so klar zu formulieren, denke ich, unterscheidet sie von Walach.

    Ich halte die Argumentation und Berechnung auch nicht für ganz verfehlt, selbst wenn durch Aggregation bei Walach kurzfristige Übersterblichkeit ausgeblendet wird, spannend wird es jetzt, was man auch an seiner Grafik sehr schön erkennen kann. Wenn die Sterblichkeit 2020 über einen längeren Zeitraum am oberen Rand des Konfizenzintervalls verläuft, also rote und blaue Linie fast deckungsgleich sind, dann kann das kein Zufall mehr sein. Bei rein zufälligen Abweichungen der Sterblichkeit müsste die rote Linie pendeln im gesamten Konfidenzintervall zwischen oberer und unterer Schranke, die rote Linie sich immer mal wieder unter die blaue begeben, scheint sich aber eher darüber fortzusetzen.

  19. #23 Jolly
    16. Dezember 2020

    Erratum

    ‘dann kann das kein Zufall mehr sein’ sollte ersetzt werden durch, ‘dann ist das wahrscheinlich kein Zufall mehr’

    (Zufall kann alles sein)

  20. #24 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    17. Dezember 2020

    > Es lohnt, sich seine Aufbereitung der Daten einmal näher anzusehen. Auffällig ist, dass er immer 5 Wochen zusammenfasst.

    Gesamttote nach: https://www.worldometers.info/coronavirus/country/germany/

    11. November: 12.082
    16. Dezember: 24.441

    Im aktuellen 5-Wochenintervall sind mehr Leute an Corona gestorben als in allen anderen Intervallen zusammengenommen seit Ausbruch der Seuche.

  21. #25 Fabricius
    17. Dezember 2020

    @Joseph Kuhn
    Genau: Hauptsache 2016-2019 …

  22. #26 Jolly
    17. Dezember 2020

    Die Durchschnittsbildung bei Walach ist tatsächlich mathematisch etwas fragwürdig. Bei der Zusammenfassung von 5 Mittelwerten und Bildung eines neuen aus diesen sehe ich das relativ unkritisch (auch wenn dadurch einige Spitzen, also kurzfristige Übersterblichkeit kaschiert wird). Allerdings aus den 5 ermittelten oberen Schranken der Konfidenzintervalle einfach einen Mittelwert zu bilden und diesen als Schranke des resultierenden Konfidenzintervalls zu interpretieren, erscheint mir nicht ganz korrekt zu sein.

    Die Punkte auf der blauen Linie repräsentieren nicht mehr nur 4 Werte, sondern 20 (Je 5 Wochen aus 4 Jahren). Da wäre es angebracht gewesen, den Standardfehler insgesamt neu zu berechnen. Wenn man das macht, kommt man zu kleineren Werten als durch die Mittelwertbildung von 5 einzelnen Wochen. Das Konfidenzintervall wird schmaler, somit würde die blaue Linie etwas (aber deutlich) nach unten rutschen.

    • #27 Joseph Kuhn
      17. Dezember 2020

      @ Jolly:

      Das Konfidenzintervall hat er definitiv mit 4 Datenpunkten gebildet, hatte das erste in seiner Tabelle nachgerechnet. Insofern ist Ihre Kritik einschlägig – wobei ich, wie gesagt, den inferenzstatistischen Zugang in dem Fall grundsätzlich kritisch sehe.

  23. #28 Paul Berberich
    München
    17. Dezember 2020

    Man muß nicht mehr selbst Übersterblichkeiten berechnen. Rechnungen von Experten findet man unter

    https://www.euromomo.eu/graphs-and-maps

    https://mortality.org/

    • #29 Joseph Kuhn
      17. Dezember 2020

      @ Paul Berberich:

      1. Euromomo weist Übersterblichkeiten aus, aber, darauf wurde hier schon mehrfach hingewiesen, für Deutschland gehen dort bisher nur Daten aus Hessen und Berlin ein. Zur Beurteilung der Übersterblichkeit in Deutschland ist das nicht ausreichend. Auf Bundesebene wird die Bereitstellung umfassender Daten für Euromomo geprüft.
      2. Bei der Human Mortality Database gibt es meines Wissens keine Berechnung von Übersterblichkeit, an aktuellen Daten liegt dort für Deutschland das, was das Statistische Bundesamt wöchentlich in seiner Sonderauswertung veröffentlicht. Sollte doch irgendwo die Übersterblichkeit in der Human Mortality Database ausgewiesen sein, wäre ein direkter Link schön.

  24. #30 Jolly
    18. Dezember 2020

    Grafisch aufbereiten, mit Anzeige von Über- und Untersterblichkeit, kann man die Daten der Human Mortality Database mithilfe des Short-term Mortality Fluctuations-Toolkit, zu finden unter diesem Link.

    Wenn man mit dem Cursor einen Bereich auswählt, werden die Zahlen für den entsprechenden Zeitraum unter der Grafik angezeigt.

  25. #31 Paul Berberich
    München
    18. Dezember 2020

    #29 Das Hauptproblem beim Erstellen der Statistiken ist dass die Daten nicht aktuell sind. Es ist doch ein Treppenwitz der Weltgeschichte: Die Covd19-Todesfälle kann man tagesaktuell erfassen, die Gesamtzahl der Sterbefälle aber nur mit einer Verzögerung von einer Woche bis Monaten. In anderen Worten: Ein Leichenbeschauer kann sofort feststellen dass Du an Covid19 verstorben bist, aber Deinen Tod erst in 4 Wochen. Dieser Missstand führt zu Panik und an dieser Panik wird viel Geld verdient.

  26. #32 DocCarlos
    18. Dezember 2020

    @Paul Berberich

    “Die Covd19-Todesfälle kann man tagesaktuell erfassen, die Gesamtzahl der Sterbefälle aber nur mit einer Verzögerung von einer Woche bis Monaten.”

    Auf der Seite von Destatis ist ein Interview mit Felix zur Nieden veröffentlicht worden, das lesenswert ist und diese Fragen adressiert.
    Enthalten ist dort auch der Hinweis, dass die Tagesmeldungen des RKI (“in den letzten 24 Stunden 698 Verstorbene”) nach dem Meldedatum abgegrenzt sind, nicht nach dem Todestag. Mit anderen Worten: In 698 an einem Tag gemeldeten Todesfällen sind eine bestimmte Zahl Fälle enthalten, bei denen der Todestag z.B. zwei Wochen zurück liegt. Siehe auch Kommentar #4.

  27. #33 noch'n Flo
    Schoggiland
    18. Dezember 2020

    @ Maoul Korb:

    Warum eigentlich, müssten sich die Coronatoten nicht zu den jährlichen Influenzatoten aufaddieren?

    Nicht notwendigerweise. Masken, Abstand und Händedesinfektion wirken sich bereits seit Monaten auf das übrige Infektionsgeschehen (ohne Covid) aus – wir hatten in unserer Praxis noch nie so wenige Patienten mit bakterieller Lungenentzündung, Seitenstrangangina, Gastroenteritis usw. Und für die saisonale Grippe dürfte sicherlich ein ähnlicher Effekt anzunehmen sein.

  28. #34 Uli Schoppe
    18. Dezember 2020

    @nnF

    Das sich die Leute endlich mal regelmäßig nach dem Kacken die Hände waschen wirkt sich imho nicht auf Covid aus. Aber hält uns anderen Müll vom Leib. Ich finde das deshalb mal eine gute Entwicklung. Ein zivilisiertes Europa in dem sich die Menschen hygienisch benehmen wie im Mittelalter ^^ Man stellt Wasser, Seife, Einweghandtuch und alle meinen das ist moderner Blödsinn ^^ Was uns nur Wasser und Seife vom Leib hält (im wahrsten Sinne des Wortes) ohne auch nur einen Gedanken an Corona zu verschwenden… Ich bin begeistert.

  29. #35 noch'n Flo
    Schoggiland
    19. Dezember 2020

    @ Uli Schoppe:

    Das sich die Leute endlich mal regelmäßig nach dem Kacken die Hände waschen wirkt sich imho nicht auf Covid aus.

    Es geht ja
    a) nicht alleine ums Händewaschen nach dem “Kacken” und
    b) auch um den Gebrauch der Masken sowie den Abstand.

    Bitte nicht zu sehr vereinfachen, oki? 😉

  30. #36 Uli Schoppe
    19. Dezember 2020

    @nnF

    Ich werde mich bessern 😉 Ich bin nur erstaunt das man so viele einfache Hygienemaßnahmen vielfach in die Tonne gedrückt hat für sich persönlich und das auf einmal wieder klappt. Das ich ein Fan von Abstand bin hatte ich gedacht wäre irgendwie klar geworden 😉 Masken halte ich eben für diskutabel. Ich trage eine, aber diskutabel. Festzustellen ob sich die Einhaltung grundsätzlicher Hygienemaßnahmen die ja auf einmal wieder ging irgendwie auswirkt finde ich schon spannend. Vor Corona hat sich da irgendwie keiner mehr Gedanken darum gemacht. Ausser den üblichen Verdächtigen 😉 Ich wüsste jetzt auch gar nicht wie man das rein (oder raus) rechnen könnte.

  31. #37 UMa
    22. Dezember 2020

    Weitere Grafiken zur Übersterblichkeit auch anderer Länder gibt es auf dieser Seite:
    https://ourworldindata.org/excess-mortality-covid

  32. #38 Kemmi
    BaWü
    6. Juli 2021

    Der Artikel ist natürlich nicht falsch. Allerdings gab es vor 80 Jahren (Lebenserwartung in D ca. 80 Jahre) ein Bevölkerungswachstum von 300.000 Personen pro Jahr. Die sterben jetzt jedes Jahr mehr. Dadurch haben wir jedes Jahr Übersterblichkeit. Ich schätze noch bis ca. 2024, wenn die Sterbezahlen durch den WW2 zunehmen (2024-80=1944).
    Will man wissen, ob es tatsächlich eine Übersterblichkeit gab, dann muss man die Gestorbenen prozentual zur Bevölkerung des betrachteten Jahres berechnen. Nicht prozentual zum Vorjahr.

    • #39 Joseph Kuhn
      6. Juli 2021

      @ Kemmi:

      Es wäre schön, wenn Demografie so einfach wäre. Leider ist hier nicht der Platz für einen Einführungskurs. Wenn Sie sich für solche Fragen interessieren, empfehle ich Ihnen zum Einlesen z.B. die Broschüre “Fakten zur demografischen Entwicklung Deutschlands 2010-2020” des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung.

  33. #40 PDP10
    6. Juli 2021

    @Kemmi:

    Allerdings gab es vor 80 Jahren (Lebenserwartung in D ca. 80 Jahre)

    Ich nehme an das in der Klammer ist ein Vertipper.

    Die sterben jetzt jedes Jahr mehr.

    Hmmmm. Mir scheint das wäre nur korrekt, wenn die alle im gleichen Jahr geboren wären.

    Dadurch haben wir jedes Jahr Übersterblichkeit.

    Nein, habe wir nicht. Das ist die ganz normale Sterblichkeit.

    Will man wissen, ob es tatsächlich eine Übersterblichkeit gab, dann muss man die Gestorbenen prozentual zur Bevölkerung des betrachteten Jahres berechnen.

    Das ist die ganz normale Sterblichkeit.

    Der Artikel ist natürlich nicht falsch.

    Wie überaus freundlich von dir. Und dann “rechnest” du vor, dass der Artikel doch falsch ist.

  34. #41 Kemmi
    15. Juli 2021

    @#39: in der Broschüre steht dazu direkt leider nichts drin. Nur allgemein zum Thema Demografie.
    Ich habe mich auch falsch ausgedrückt: ich meinte nicht das Bevölkerungswachstum, sondern ich meinte: es gab vor ca. 80 Jahren ein Anstieg der Geburten. Diese “überdurchschnittlich Geborenen” sind jetzt in dem Alter, in dem sie sterben, und damit muss man für jedes Jahr eine Übersterblichkeit erwarten. Natürlich verteilt sich das – temporär wie lokal -, so dass das nicht 1:1 in 2020 in D ankommt (ist doch logisch @#40), aber dies muss auf jeden Fall berücksichtigt werden.

  35. #42 Kemmi
    BaWü
    15. Juli 2021

    @#40: ich empfehle dir die Broschüre aus #39. Da steht drin, das Übersterblichkeit ein einfacher Vorjahresvergleich ist, und Änderungen in der Demographie nicht berücksichtigt sind.