Richtiges Testen kann Menschenleben retten. Das gilt auch für Schnelltests, obwohl deren Sensitivität, also die Wahrscheinlichkeit, mit der sie Infizierte finden, ziemlich niedrig liegt, bei besseren Tests in einer Niedrigprävalenzpopulation vielleicht bei 60 %. Das bedeutet, es gibt viele falsch-negative Befunde. Allerdings sind sie ganz gut dabei, Infizierte mit aktuell hoher Viruslast zu identifizieren, also diejenigen, die besonders ansteckend sind. Vor diesem Hintergrund muss man ihren Einsatz planen und sich überlegen, in welchen Settings, in welcher Frequenz und mit welchen begleitenden Maßnahmen sie sinnvoll sind.
Die Frage mag einem nach so langer Zeit der Diskussion zum Testen seltsam vorkommen, aber so richtig durchdacht ist da manches immer noch nicht. Das gilt erst recht für den Einsatz von Selbsttests. Von der sachgerechten Anwendung bis hin zur Frage, wie lange man mit einem negativen Ergebnis was tun darf und wie das Ergebnis dokumentiert sein sollte, gibt es Klärungsbedarf. Alles lösbar, klar.
Bei einer der offenen Fragen, nämlich wie sicherzustellen ist, dass es genug Selbsttests gibt, hat die Bundesregierung jetzt eine überraschend schnelle Entscheidung getroffen. Sie war in dieser Form erst für den 1. April erwartet worden. Eine „Taskforce“ unter der Verantwortung von Andreas Scheuer und Jens Spahn wurde eingerichtet. In den Medien gibt es dazu querbeet Spott und Häme. Die bissige Kommentatorik macht sich in erster Linie daran fest, dass die beiden Herren bisher gerade nicht durch Erfolge bei der Lösung ablauforganisatorischer Probleme aufgefallen sind.
Wer den Spott hat, muss sich um den Schaden nicht sorgen. Aber nur schlumpfig zu grinsen führt auch nicht weiter. Zumal die beiden das ja nicht persönlich machen, sondern ihre Leute haben, auch wenn dem Vernehmen nach erfahrene Logistikexperten wie Georg Nüßlein nicht eingebunden sind.
Offen ist, ob die Bundesregierung diese Entscheidung, die sich mit der Begrifflichkeit „Taskforce“ ja kommunikativ dezidiert an die Bevölkerung wendet, um Handlungsfähigkeit und Entschlossenheit zu signalisieren, im Wissen darum getroffen hat, wie die Personalie in der Öffentlichkeit aufgenommen wird, oder ob sie in dieser Hinsicht unter Realitätsverlust litt. Das Vertrauen der Bevölkerung in die Coronapolitik ist ein scheues Reh. Hoffentlich erschreckt es sich nicht zu sehr.
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