Hans Selye, Arzt, Stressforscher: Stress – mein Leben

„Mein Ziel ist immer die Wissenschaft gewesen, und obwohl die blonden Zöpfe grau werden und ‘Franks’ Mähne weiß, hat sich sein Geist nicht verändert.“ [Es geht um die Haare seiner Frau und um seine Haare, JK]

Brunhilde Pomsel, Goebbels Sekretärin, Angestellte: Ein deutsches Leben

„Ich wundere mich manchmal, warum ich so alt geworden bin, bei allem, was ich durchgemacht habe. (…) Und es immer noch nicht zu Ende. Ich denke schon manchmal, ob ich einschlafe, beim Einschlafen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, durch eine Krankheit zu Tode zu kommen. Ich glaube, ich schlafe mal ein. Aber das ist mir wirklich alles sehr egal.“

Max Mannheimer, KZ-Überlebender: Drei Leben

„Das wichtigste Gerät im Haus ist das Telefon. Täglich kommen Anfragen für Vorträge und Interviews. Mein Terminkalender ist immer voll. Wenn man mich fragt, wie lange ich meine Vorträge noch halten will, antworte ich: ‘Solange der Herr mich lässt.’ Dass ich nicht mehr gläubig bin, tut dabei nichts zur Sache.“

Ton Veerkamp, Theologe: Abschied von einem messianischen Jahrhundert

„Auf den Wegen, die ich ging und gehen musste, zog ich von Station zu Station, immer wieder Abschied nehmend: Abschied von der katholischen Kirche und ihrer Avantgarde, den Jesuiten. Abschied vom Christentum überhaupt. Abschied von einem vernunftgeleiteten und humanen Sozialismus, wie wir ihn wollten. Abschied von den vielen messianischen Illusionen, die die Linken der Jahre sechzig bis achtzig des vorigen Jahrhunderts auf Irrwege schickten. In der Tat: Abschied von einem messianischen Jahrhundert. Wege ohne Ende, Wege, die zunächst Irrwege schienen, dabei oft Umwege zu uns selbst waren. Aber, wie ich in ‚Die Welt anders‘ schrieb: ‘Wie könnten wir leben, ohne unserer Herkunft zu gedenken, auch und gerade dann, wenn Ankunft für immer ein fremdes Wort bleibt?’“

Johano Strasser, Schriftsteller, Politiker: Als wir noch Götter waren im Mai

„In meiner Erinnerung stoße ich zwischen den vielen Resten gescheiterter Hoffnungen immer noch hier und da auf uneingelöste Versprechen. Leben ist mehr als Überleben. In der Gegenwart leben heißt immer auch in der Zukunft leben, in einer Zukunft, die aus dem unabgegoltenen Vergangenen erwächst.“

Theodor Eschenburg, Politikwissenschaftler, Politiker: Letzen Endes meine ich doch

„Deshalb ist alle Politik, die heute gemacht wird, wenn man es zu einigermaßen erträglichen Verhältnissen bringen will, gegen den Zeitgeist gerichtet. Das macht sie so außerordentlich schwer. Es ist schon eine große Leistung, wenn es gelingt, den gegenwärtigen Zustand so gut wie möglich zu bewahren, einige Abänderungen eingerechnet. Das würde mir heute als Zielvorstellung völlig ausreichen. Ich sehe immer noch meinen Großvater am Ende der Familientafel in Lübeck sitzen und von der gottgewollten Ordnung sprechen. Ich würde vielleicht nur von einer vernunftbestimmten Ordnung sprechen. Er ist mir näher denn je.“

Günter de Bruyn, Schriftsteller: Vierzig Jahre

„Vor den Grenzbaracken konnte man Bockwürste kaufen. (…) Die Schalter waren geschlossen worden, die Grenzwächter dahinter aber immer noch vorhanden. Mit Türmen von Bierdosen hatten sie ein Plakat befestigt: Betriebsfeier, bitte nicht stören! war in großen Buchstaben darauf gemalt.“

Zufällige Passagen, klar. Zufriedenheit mit dem Glück im eigenen Leben, oder auch dem Überleben, gläubige Hoffnung, Unzufriedenheit mit den gesellschaftlichen Umständen, manchmal ein bisschen „geschlagen ziehen wir nach Haus, die Enkel fechten’s besser aus – und lakonisches Feststellen, was ist. Ich bin gespannt auf Trapattonis Autobiografie.

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Edit: Habe noch zwei Psychiater ergänzt, Oliver Sacks und Erich Wulff, beide so schön unsentimental.

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Kommentare (17)

  1. #1 hto
    7. März 2021

    Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute

  2. #2 hwied
    7. März 2021

    Am Ende unseres Lebens sind wir uns doch alle sehr ähnlich, wir Menschen.
    Und das muss uns optimistisch stimmen.

  3. #3 Markweger
    7. März 2021

    Irgendwie scheint die Panikmacherei auch keinen Spass mehr zu machen.

    • #4 Joseph Kuhn
      7. März 2021

      @ Markweger:

      Sie meinen vermutlich mit “Panikmacherei” die Daten zu Corona? Aber Sie müssen vor Daten keine Angst haben. Daten helfen gegen Angst.

      Vielleicht schreiben Sie ja mal am Ende Ihrer Autobiografie: “Ein bisschen verrannt hatte ich mich schon in meiner rechten Ideologie und meinem Hass gegen alles Konservative, Liberale und Linke. Dabei dachte ich, ich hätte ‘so viele Jahre leidenschaftlich gegen den Strom für dieses Deutschland gekämpft und den Widerstand nie aufgegeben.‘ Ich war im Irrtum.”

  4. #5 RainerO
    7. März 2021

    @ Joseph Kuhn

    … für dieses Deutschland gekämpft…

    Markweger ist – leider – Österreicher. Es sei denn, man geht davon aus, dass Österreich für ihn ohnehin die Ostmark ist. Dann passt es wieder. Schließlich hat einer seiner Vordenker Österreich als “ideologische Missgeburt” bezeichnet.

    • #6 Joseph Kuhn
      7. März 2021

      @ RainerO:

      “Deutschland … Österreich”

      Ich wollte das Zitat, das ich schon übelst aus dem Zusammenhang des letzten Satzes einer anderen Biografie gerissen habe, nicht auch noch inhaltlich verfremden. Zumal die Formulierung, dass jemand “leidenschaftlich für Österreich” kämpft, bestenfalls von Jan Böhmermann mit dem nötigen schlumpfigen Grinsen annehmbar wäre.

  5. #7 Herr Senf
    7. März 2021

    Karl Marx’s letzte Weisheit

    Letzte Worte sind für Narren, die noch nicht genug gesagt haben.

  6. #8 Markweger
    7. März 2021

    Na ja, gegen konservativ?
    Die CDU ist zu einer linken Partei geworden, zumindest was die Nation betrifft und in einigen anderen Fragen auch.
    Die früheren Kommunisten haben Volk und Nation immer gelten gelassen, sehr im Gegensatz zu den heutigen “Konservativen”. Der Text der DDR Hymne ist nach heutigen Neusprech geradezu rechtsradikal.
    Die CDU ist zu einer Islamisierungspartei geworden, sie war einmal eine christlich konservative Partei.

  7. #9 Alisier
    7. März 2021

    Ajatollah Laschet wird Sie kriegen, Markweger!
    Und dann Gnade Ihnen Allah!

    • #10 Joseph Kuhn
      7. März 2021

      @ Alisier:

      Vielleicht endet Markwegers ungeschriebene Autobiografie ja auch mit den Worten: “Ich habe eigentlich selbst nie verstanden, was genau ich gegen Muslime hatte, warum z.B. ein Kopftuch bei mir Angst, ein Gamsbart-Hut dagegen das Gefühl von Heimat und Geborgenheit auslöst. Ich habe allerdings auch nie wirklich darüber nachgedacht, Österreich war schließlich schon immer ziemlich rassistisch.”

      Jedenfalls soll sein letzter Kommentar vorerst auch wieder sein letztes Wort hier gewesen sein. Gute letzte Worte sind, siehe die Zitate, meist nicht so verbohrt und menschenfeindlich wie seine.

  8. #11 Herr Senf
    7. März 2021

    … dann paßt ja das
    “Wartet noch ein paar Tage, bevor ihr für mich betet!” (Prince)

  9. #12 Pollo
    7. März 2021

    Dass man sozusagen aus dem Bauchgefühl heraus durch Denkarbeit auch zu hervorragenden richtigen Ergebnissen kommen kann, zeigt der Neurowissenschaftler und ehedem österreichische Landsmann Markwegers, Eric Kandel im letzten Satz seiner Biographie:

    Durch den Entschluss, meinen Instinkten, meinen unbewussten Gedankenprozessen zu folgen und ein Ziel anzustreben, das damals unendlich fern schien, führte mich mein Weg in ein Leben, das mir unermessliche Freude bereitete.

    Markweder wird mit ihm nicht übereinstimmen können, denn Kandel ist Jude, den die Österreicher vertrieben haben – und nach unermesslicher Freude sehen M.s Beiträge eher weniger aus. Sein Bauchgefühl scheint geblieben zu sein. Oder mit Marx: Kommt es oben heraus, nennen sie es einen Gedanken, kommt es unten heraus, ist es ein Furz.

  10. #13 Gerald Fix
    8. März 2021

    Nun endlich war die Karre verschwunden. Man hörte ihr Geklapper nur noch leise. Der Mann stand bewegungslos da, lauschte, bis die Stille vollkommen wurde, die Stille des tiefen Friedens. Wie eine samtene Decke breitete sich der Abend über das Land aus, über den nahen Fluß, die Felder, die Straßen und die Bäume – eine lautlose Bewegung – von grenzenloser Zärtlichkeit.
    Manès Sperber, Wie eine Träne im Ozean.

  11. #14 jotemel
    8. März 2021

    “Vor meinem letzten Seufzer stelle ich mir gern einen letzten Scherz vor. Ich bitte alle meine Freunde zu mir, die wie ich überzeugte Atheisten sind. Betrübt versammeln sie sich um mein Bett. Dann kommt der Priester, den ich habe rufen lassen. Zum großen Entsetzen meiner Freunde beichte ich, bitte um Vergebung aller meiner Sünden und empfange die letzte Ölung. Dann drehe ich mich zur Wand und sterbe.

    Ein Geständnis: Trotz meines Hasses auf die Medien würde ich gern alle zehn Jahre von den Toten auferstehen, zu einem Kiosk gehen und mir ein paar Zeitungen kaufen. Mit den Zeitungen würde ich zum Friedhof zurückkehren und von den Katastrophen der Welt lesen, um dann im sicheren Schutz meines Grabes beruhigt wieder einzuschlafen.”

    Luis Bunuel – mein letzter Seufzer

  12. #15 pederm
    8. März 2021

    Böse Zungen deuten Goethes letzte Worte als Rückfall in die Mundart seiner Frankfurter Jugend: “Mer liecht so schlecht!”

  13. #16 hwied
    10. März 2021

    Why not ? After all, it belongs to him.
    (Charly Chaplin, after a priest said , “May the Lord have mercy on your soul”. )

    I´d rather be skiing, than doing what I´m doing
    Stan Laurel

  14. #17 Stephan
    14. März 2021

    Wir sind durch Not und Freude
    Gegangen Hand in Hand,
    Vom Wandern ruhen wir beide
    Nun überm stillen Land.

    Rings sich die Täler neigen,
    Es dunkelt schon die Luft,
    Zwei Lerchen nur noch steigen
    Nachträumend in den Duft.

    Tritt her und laß sie schwirren,
    Bald ist es Schlafenszeit,
    Daß wir uns nicht verirren
    In dieser Einsamkeit.

    O weiter, stiller Friede!
    So tief im Abendrot ,
    Wie sind wir wandermüde –
    Ist das etwa der Tod?

    Eichendorff