Wie uns selbst geht, wissen wir hoffentlich, ohne jemand anders fragen zu müssen. Aber wenn es um die Stimmung in der Bevölkerung insgesamt geht, sind Umfragen nötig. Am bekanntesten im Zusammenhang mit der Pandemie ist vermutlich das “COSMO — COVID-19 Snapshot Monitoring“. Es ist ein Projekt der Uni Erfurt, an dem inzwischen das Robert Koch Institut, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, das Leibniz-Institut für Psychologie, das Science Media Center, das Bernhard Nocht Institut für Tropenmedizin und das Yale Institute for Global Health beteiligt sind.

Die COSMO-Erhebungen sind das differenzierteste Stimmungsbarometer in Sachen Corona in Deutschland. Befragt werden im Abstand von ein bis zwei Wochen ca. 1.000 Personen im Alter von 18 bis 74 Jahren – über ein Online-Panel. Wer kein Internet hat, kann also nicht dabei sein. Die 39. Befragungswelle vom 23. und 24. März zeigt beispielsweise, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung weiter sinkt, was wenig verwunderlich ist, dass die Gesundheitsämter vergleichsweise wenig Vertrauen genießen, was man so oder so sehen kann, dass die Pandemiemüdigkeit etwas zunimmt und die Impfbereitschaft trotz der AstraZeneca-Kapriolen recht stabil ist, was nicht ohne Weiteres zu erwarten war.

Es gibt aber auch kleinere Erhebungen, die kaum jemand kennt. Eine davon ist der Corona-Monitor des BfR. Das BfR hat anfangs wöchentlich etwa 500 Personen im Alter ab 14 Jahren befragen lassen, jetzt in einem etwas größeren Zeitabstand wie bei COSMO etwa 1.000. Die Erhebung erfolgt in Form einer Telefonstichprobe. In dem Fall sind also Leute ohne Telefon außen vor, wobei Festnetz- und Mobilnummern gezogen werden (sog. „Dual Frame-Ansatz“). Allein über das Festnetz wäre wohl nur noch meine Generation erreichbar. Das Befragungsspektrum ist eingeschränkter als bei COSMO, und z.T. etwas anders akzentuiert. Die letzte Erhebung fand vom 16.-17. März statt.

Zwei Schlaglichter seien aus dieser Erhebungswelle präsentiert. So haben den Daten des BfR zufolge die sozialen Medien gar nicht die Reichweite für Corona-Informationen, wie man es vermuten möchte. Stattdessen steht das gute alte Fernsehen an erster Stelle. Das Informationsverhalten hat sich im letzten halben Jahr auch wenig verändert, lediglich Informationen aus persönlichen Kontakten scheinen geringfügig an Bedeutung verloren zu haben.

Interessant ist der Trend der Einschätzung, ob man sich gut oder schlecht informiert fühlt. Während das Wissen über das Virus und über einzelne Maßnahmen stetig zunimmt, fühlen sich viele Menschen gleichzeitig immer schlechter informiert:

Leider gibt es keine Angaben dazu, warum das so ist und worauf genau sich dieses Gefühl bezieht, somit, was die Befragten vermissen. Möglicherweise hatten die Befragten zu Beginn der Pandemie dabei ja etwas ganz anderes vor Augen als jetzt. Vielleicht damals eher Informationen zum Virus und jetzt Informationen zu den gerade geltenden Maßnahmen? Oder die schlichte Flut der Informationen führt dazu, dass man sich weniger gut informiert fühlt? Wenn man so will, ist man mit diesen Daten über die wahrgenommene Informiertheit nur bedingt informiert. Das ist der Nachteil von marktforschungsähnlichen Umfragen gegenüber tieferschürfenden Studien: Man weiß manchmal nicht, was man mit den Antworten vor sich hat. Dafür geht es schnell.

Falls jemand andere interessante regelmäßige Umfragen zu Corona mit einem Informationsmehrwert kennt: Die Kommentarspalte nimmt Links an.

Kommentare (19)

  1. #1 hwied
    27. März 2021

    Wie geht es uns ?
    Antwort: Besorgt bis sorglos.
    Beispiel: Gestern, eine Gruppe von 12 Arbeitern eines Gärtnereibetriebes. Alle 12 ohne Maske, Abstand etwa 20 bis 30 cm im Auftrag einer Kommune.

    Mütter, einer Kita, die Kita ist geschlossen , alle Eltern und Kinder sind in Quarantäne.
    Die nächste Untersuchung wird abgewartet.
    Wie es denen geht, die sind nur genervt und besorgt.

    Anruf gestern: Wie finden Sie die italienische Küche ?
    Warum werden wir nicht angerufen: Wie fühlen Sie sich heute?
    Wenn der italienische Fremdenverkehrsverband anrufen kann, warum ruft dann unser Gesundheitsamt nicht an ?

    Anmerkung: Das war keine sachliche Stellungnahme sondern ein Lichtblitz auf die gegenwärtigen Situation.

  2. #2 hto
    27. März 2021

    Mengenleere – Als wenn es ein bemühenswertes Massenbewusstsein gäbe???

  3. #3 Gerald Fix
    27. März 2021

    Hmmmm … wie wohl Herr Laschet bei so einer Umfrage abstimmen würde?

    • #4 Joseph Kuhn
      27. März 2021

      @ Gerald Fix:

      Ja, wäre interessant, siehe den letzten Spiegelstrich in der alten Studienwunschliste. Aber ich glaube nicht, dass Politiker/innen in Fragebögen andere Antworten als im Fernsehen abgeben würden.

      Was Umfragen mit kleinen Stichproben angeht: Da stoßen auch an sich sinnvolle Differenzierungen schnell an Grenzen. Vermutlich wird das BfR daher ohnehin nur die soziodemografischen Merkmale erheben, mit denen die Stichprobe zur Verbesserung der Repräsentativität gewichtet wird (Geschlecht, Bildung, Alter, Erwerbstätigkeit, Ortsgröße und Bundesland).

  4. #5 hwied
    27. März 2021

    gleichzeitig schlechter informiert……..
    Bei der Fußballbundesliga bekommt man jede Woche die Tabelle zu sehen, an welcher Stelle mein Verein steht, wieviel Punkte, wieviel Tore…….
    Es wäre doch schön, wenn mal jemand auf die Idee kommen würde, eine Coronatalbelle aufzustellen, die jede Woche mit den Veränderungen veröffentlicht wird.
    Wichtig: Die Darstellung der Tabelle muss unverändert bleiben.

  5. #6 rolak
    27. März 2021

    ..COSMO-Erhebung..
    ..39. Befragungswelle..

    Da war ein SprachspielKind am Werk, ne? AK Schön!

    Das mit der Nutzung der InfoKanäle ist wahrlich überraschend. Nicht nur das erfreulich schwache Abschneiden des NichtInfokanals sozMedien – daß das Radio noch den Zweiten macht, äußerst unerwartet…

    wie

    Fix geantwortet: gar nicht. Denn bei solchen Umfragen wird nicht abgestimmt.

  6. #7 schorsch
    27. März 2021

    hwied, solche Tabellen gibt es doch. Weltweit https://www.worldometers.info/coronavirus/ und auf Deutschland bezogen https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html

    Gut, die Datenaufbereitung beim RKI ist für eine historische Vergleich recht mangelhaft bzw. ungeeignet. Ganz abgesehen von so lustigen kleinen Fehlern wie im Bericht zum 22.03.21, an dem laut RKI deutschlandweit zwar 74 Menschen auf Intensivstation, aber insgesamt nur 50 Menschen verstorben sind. 24 Lazarusse an einem einzigen Tag – Jesus hat das nicht hingekriegt.

    Aber sie bemühen sich.

    • #8 Joseph Kuhn
      28. März 2021

      @ schorsch:

      “Ganz abgesehen von so lustigen kleinen Fehlern wie im Bericht zum 22.03.21, an dem laut RKI deutschlandweit zwar 74 Menschen auf Intensivstation, aber insgesamt nur 50 Menschen verstorben sind.”

      Das ist kein “lustiger kleiner Fehler”. Hätten Sie die Fußnote gelesen, die im Situationsbericht des RKI bei den 50 Sterbefällen steht, könnten Sie auch selbst auf die Idee kommen, wie so etwas zu erklären ist. In anderen Zusammenhängen ist das Querdenker-Milieu ganz erpicht darauf, zu betonen, dass die täglich gemeldeten Sterbefälle nicht die Toten des Vortrags sind.

      Fühlen Sie sich jetzt besser informiert als vorher?

  7. #9 Joseph Kuhn
    28. März 2021

    Zur politischen Relevanz solcher Umfragen:

    “ZEIT ONLINE: Es ist ja ein beliebtes Argument der Politik: ‘Die Leute tragen die Maßnahmen nicht mehr mit.’ Aber das ist offenbar gar nicht die Stimmung in der Bevölkerung.

    Brockmann: Genau. Für diese Behauptung gibt es überhaupt keine Evidenz. Die politische Entscheidung zu lockern, basierte auf einer verzerrten Wahrnehmung der Realität.”

    https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2021-03/dirk-brockmann-lockdown-ostern-rki-physiker-corona-wellenbrecher/komplettansicht

  8. #10 noch'n Flo
    Schoggiland
    28. März 2021

    @ JK:

    Für diese Behauptung gibt es überhaupt keine Evidenz. Die politische Entscheidung zu lockern, basierte auf einer verzerrten Wahrnehmung der Realität.

    Kann Herr Brockmann dies auch belegen?

    • #11 Joseph Kuhn
      28. März 2021

      @ noch‘n Flo:

      Brockmann nennt im verlinkten Interview die Quelle – die Erfurter COSMO-Erhebungen, die wiederum oben im Blog verlinkt sind. Ein anderer Beleg wäre der BfR-Monitor, der ebenfalls oben verlinkt ist.

      Und weil es gerade bei Anne Will erwähnt wurde: Das ZDF-Politikbarometer vom 26.3. kam offensichtlich auch zu dem Ergebnis, dass mehr Leute härtere Maßnahmen befürworten als Lockerungen. Gleichwohl (deswegen?) verliert die Politik Vertrauen.

  9. #12 schorsch
    29. März 2021

    Die Fußnote, Joseph, hatte ich durchaus gelesen. Die besagt, dass die Zahl der Verstorbenen sich auf das Eingangsdatum am RKI bezieht.

    Nun sind die Meldungen zu den am Vortag auf ITS Verstorbenen ganz offenkundig beim RKI eingegangen. Sie sollten also in der Gesamtzahl auftauchen.

    Die Fußnote ist daher nicht geeignet, die Diskrepanz vom 22.03. zu erklären.

    Tatsächlich findet sich in diesem Bericht jedoch der folgende Satz (erste Seite, Zusammenfassung, vorletzter Punkt): “+74 COVID-19-Fälle sind seit dem Vortag verstorben”. Daher sieht das für mich so aus, als seien oben in den Angaben die Zahlen für die Anzahl der Verstorbenen und für die Anzahl der auf ITS Verstorbenen schlicht vertauscht worden.

    Sowas kann passieren – solange solche Berichte immer noch per Fax und Filzi erstellt werden.

    • #13 Joseph Kuhn
      29. März 2021

      @ schorsch:

      “erste Seite, Zusammenfassung, vorletzter Punkt”

      Nicht, dass das RKI unfehlbar wäre, aber in dem Fall liegen Sie falsch. Der vorletzte Spiegelstrich bezieht sich explizit auf die DIVI-Fälle, nicht auf die IfSG-Meldungen ans RKI. Mit Ihrem Hinweis belegen Sie nicht, die Zahlen seien vertauscht worden, sondern wiederholen nur Ihre Behauptung.

      “Nun sind die Meldungen zu den am Vortag auf ITS Verstorbenen ganz offenkundig beim RKI eingegangen. Sie sollten also in der Gesamtzahl auftauchen.”

      Die Meldezahlen des RKI sind, wie man den Erläuterungen des RKI ebenfalls entnehmen kann, die Meldungen der Gesundheitsämter nach IfSG. Die Daten des DIVI-Intensivregisters gehen dort nicht unmittelbar ein, sondern nur über den Meldeweg über die Gesundheitsämter. Das RKI übernimmt aber nachrichtlich Daten aus dem DIVI-Register in seinen Situationsbericht. Es handelt sich um zwei Datenquellen mit unterschiedlichen Zeitbezügen.

      “Daher sieht das für mich so aus …”

      Auch Sie sollten nicht alles glauben, was Sie denken. 😉

      “Sowas kann passieren – solange solche Berichte immer noch per Fax und Filzi erstellt werden.”

      Das Datenmanagement bei Corona ist sicher alles andere als ideal, aber Sie sollten trotzdem nicht unbesehen Ihren Vorurteilen freien Lauf lassen. Die Meldedaten der Gesundheitsämter werden nicht “per Fax” ans RKI übermittelt, sondern (mit Zwischenstation zuständige Landesbehörde) über die Software survnet. Die täglichen Situationsberichte des RKI werden auch nicht “per Filzi” erstellt, sondern automatisiert.

      Fühlen Sie sich jetzt besser informiert?

  10. #14 schorsch
    29. März 2021

    Ja.

  11. #15 noch'n Flo
    Schoggiland
    29. März 2021

    @ JK:

    Gleichwohl (deswegen?) verliert die Politik Vertrauen.

    “Die Politik” (wer ist das überhaupt?) verliert deshalb Vertrauen, weil sie die Wähler belügt und hinhält, nachdem sie selber massive Fehler und Versäumnisse begangen hat.

    • #16 Joseph Kuhn
      29. März 2021

      @ noch’n Flo:

      Und jetzt bitte nochmal die Aussage von Dirk Brockmann lesen. Sagte er nicht, dass die Politik sich auf eine Mehrheitsstimmung stützt, die es so gar nicht gibt? Er hat nur nicht von Lüge gesprochen. Ich frage dich jetzt nicht nach Belegen, woher du weißt, dass “die Politik” (verstanden als der politisch tonangebende Mainstream, um das gleich mitabzuräumen), in dem Fall lügt (dass Politiker es immer wieder tun, darüber müssen wir nicht diskutieren).

      Du hüpfst wie ein Flo in den Argumenten herum, dass man gar nicht weiß, was du eigentlich willst. Kann es sein, dass du es selbst auch nicht weißt? Magst ein Rechthaberli haben?

  12. #17 noch'n Flo
    Schoggiland
    29. März 2021

    @ JK:

    Was war denn mit den Lügen über Öffnungstermine? Ende Oktober hiess es, der Lockdown würde bis Ende November dauern, Ende November wurde dann vor Weihnachten versprochen. Kurz vor Weihnachten wurde es dann der 11. Januar, wenig später der 25.1.

    Und so hangelt sich die Politik von einem gebrochenen Versprechen zum nächsten, obwohl jedes Mal schon lange vorher klar war, dass es wieder nicht einhaltbar sein würde.

    Sowas nennt man im allgemeinen und speziellen Sprachgebrauch “Lüge”.

    • #18 Joseph Kuhn
      30. März 2021

      @ noch’n Flo:

      Dass dieses konzeptionslose Agieren Vertrauen kostet, hat niemand bestritten. Dass es bewusstes Lügen ist, ist deine Unterstellung, was es mit der Aussage von Dirk Brockmann zu tun hat, dein Geheimnis. Aber was solls: Rechthaberli? Fang!

  13. #19 RPGNo1
    30. März 2021

    @noch’n Flo

    Zwei Anmerkungen: Ende Oktober wusste man noch nichts von der ansteckenderen Coronavariante B.1.1.7. Alle Planungen zu Öffnungsterminen waren allerspätestens im Januar 2021 hinfällig.

    https://de.wikipedia.org/wiki/VOC-202012/01

    Warum regst du dich über die Öffnungstermine in Deutschland auf, wo doch dein Lebensmittelpunkt in der Schweiz liegt? Geh die Schweizer Politiker bashen, das passt besser.