Die Süddeutsche Zeitung macht heute unter der Überschrift “Investmentbanker erwarten super Bonus-Jahr“ darauf aufmerksam, dass die Banken auch 2021 wieder horrende Boni ausschütten werden. Bei der Deutschen Bank sei mit mehr als 2 Mrd. Euro zu rechnen, pro Kopf gehe es in vielen Fällen um sechs- bis siebenstellige Beträge. Das sei im Wettbewerb nötig, so Bankenkreise. Gerechterweise, und hier geht es ja um Gerechtigkeit, muss man dazu sagen, dass die Boni vor 10 Jahren noch viel üppiger ausfielen. 2010 gab die Deutsche Bank mehr als 4 Mrd. Euro dafür aus, ein Vielfaches übrigens der Dividenden für die Aktionäre. Und blickt man noch weiter zurück, bis zur Finanzkrise 2007, werden die Zahlen noch höher. In gewisser Weise muss man hier also einen regelrechten Verarmungsprozess konstatieren, das gilt es im Kopf zu behalten, wenn man mit den Boni anderer Berufsgruppen vergleicht, siehe dazu unten.
Etwas süffisant weist die Süddeutsche darauf hin, dass die guten Geschäfte der Banken auch mit den Staatshilfen zu tun haben, mit denen die Wirtschaft derzeit gestützt wird. Die Coronakrise bietet eben den Leistungsträgern des Landes besondere Chancen, man muss nur zuzugreifen wissen. Und wozu sind Staatshilfen denn da?
Auch andere profitieren schließlich. Der Artikel in der Süddeutschen beginnt nämlich damit, dass die neue Regierung einen Pflegebonus geplant hat. Im Koalitionsvertrag heißt es:
„Die Pflegekräfte in Deutschland erbringen während der Pandemie eine herausragende Leistung. In der aktuell sehr herausfordernden Situation in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen wollen wir diesen Einsatz anerkennen. Der Bund wird hierfür eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen. Dazu werden wir die Steuerfreiheit des Pflegebonus auf 3.000 Euro anheben.“
„Herausragende Leistungen“, toll. Natürlich nicht mit denen der Investmentbanker vergleichbar. Die erwirtschaften schließlich Geld, die Pflegekräfte retten nur Menschenleben. Noch dazu solche, die vielleicht „in einem halben Jahr sowieso tot wären“. Ob das den ganzen Aufwand lohnt? Vermutlich ist in der Pflege auch der Wettbewerb um die besten Köpfe bei weitem nicht so hart wie bei den Banken. Investmentbanker hängen nicht mit ihren Schulkindern in Kleinstädten fest, sie haben eh keine Zeit für Feuerwehr und Kaninchenzüchterverein, ihnen gehört die ganze Welt, Masters of Universe, heute wie ehedem. Gut, wer will über all das schon vertieft nachdenken, belassen wir’s dabei.
Wie Medien melden, soll der Pflegebonus anders als ursprünglich geplant erst 2022 kommen. Man wolle niemanden vergessen, heißt es aus Regierungskreisen. Das ist löblich, bei kleinen Beträgen soll es nicht auch noch in der Verteilung ungerecht zugehen. Sonst kommt unter den Leuten nur Sozialneid auf.
In der Pflege geht es bekanntlich mehr um die Arbeitsbedingungen als ums Geld. Trotzdem ist es gut, dass die Löhne in der Pflege in den letzten 10 Jahren stärker gestiegen sind als in der Gesamtwirtschaft. Sie verdienen dem Statistischen Bundesamt zufolge heute etwa ein Drittel mehr als 2010, in der Gesamtwirtschaft lag der Zuwachs bei einem Fünftel. Vielleicht macht sich hier auch der Mangel an Pflegekräften bemerkbar, aber gelöst hat der Markt das Problem bisher nicht. Das ist dann bei den Investmentbankern doch einfacher.
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