Die Studie „ImpfSurv“ von Prof. Harald Matthes soll Beschwerden nach der Covid-19-Impfung erfassen. Seit ihrem Start im letzten Jahr findet die Studie immer wieder mal den Weg in die Medien. Gerade ist das wieder der Fall. Die Ergebnisse sind zwar noch gar nicht veröffentlicht, aber Herr Matthes bedient die Medien bereits mit vorläufigen Zahlen, die angeblich zeigen, dass die Impfnebenwirkungen grob unterschätzt werden und vor allem beim Paul Ehrlich-Institut zu wenig Nebenwirkungen erfasst würden. Inzwischen gibt es in den Medien dazu genügend gute Kritik, vom Selektionsbias infolge der Art der Probandenrekrutierung bis hin zur fehlenden Kontrollgruppe und insgesamt einem für Wirkungsanalysen ungeeigneten Studiendesign. Auch Christan Meesters hat sich nebenan mit der Studie beschäftigt. Ich will das daher nicht wiederholen, sondern nur kurz zu bedenken geben, dass das Studienziel selbst womöglich interessengebunden ist, oder vorsichtiger formuliert, dass zumindest eine gewisse Befangenheit seitens des Studienleiters nicht ganz auszuschließen ist:
Prof. Matthes ist u.a. im Verwaltungsrat der Weleda-AG, im Vorstand der Hufeland-Gesellschaft, seine Stiftungsprofessur wird von der “Software-AG-Stiftung” finanziert, die insbesondere auch Projekte der anthroposophischen Medizin fördert, u.a. auch die ImpfSurv-Studie. Die Stiftungsprofessur ist am Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Charité angesiedelt – dem Institut, an dem seinerzeit auch schon Claudia Witt ihre alternativmedizinischen Meriten erworben hatte, in ihrem Fall über eine Stiftungsprofessur der Carstens-Stiftung.
Bereits im letzten Jahr haben alternativmedizinische Verbände der Studie Aufmerksamkeit verschafft, aus dem hömöopathischen Bereich ebenso wie aus dem anthroposophischen Bereich, was das ohnehin schon große Risiko für einen Selektionsbias durch online geworbene Probanden noch einmal erhöht haben dürfte.
Man wird also mit guten Gründen sagen dürfen, dass es sich bei „ImpfSurv“ um eine Studie in einem tendenziell impfskeptischen Umfeld handelt. Ich bin gespannt, wie Prof. Matthes das bei der Publikation in der obligatorischen Erklärung zum Interessenkonflikt abbildet, wo er die Ergebnisse publiziert und wie das peer review verläuft. Nach der Publikation sind dann sicher wieder die Medien an der Reihe.
Dass die Meldungen von Impfnebenwirkungen an das Paul Ehrlich-Institut trotz einer Meldepflicht für Ärzt/innen und der Möglichkeit zur Meldung durch Betroffene die Häufigkeit von Nebenwirkungen unterschätzen, ist unstrittig. Ob Studien wie die von Prof. Matthes dazu beitragen, die Erfassung von Nebenwirkungen zu verbessern, z.B. durch ein Impfregister, darf bezweifelt werden. Vermutlich wird es eher einen Verteidigungsreflex zugunsten der gegenwärtigen Praxis auslösen.
Wer sich über Nutzen und Risiken der Covid-Impfung informieren will, dem seien die wissenschaftlichen Begründungen der STIKO für die Impfempfehlungen ans Herz gelegt, und natürlich unser living textbook „Corona verstehen – evidenzbasiert“ – inzwischen ist Version 59 online.
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