In Baden-Württemberg gibt es derzeit Streit darum, ob die Landesregierung den Beschluss der Landes-Ärztekammer anerkennt, die Homöopathie aus ihrer Weiterbildungsordnung zu streichen. Der dortige Gesundheitsminister „Manne“ Lucha ist in Sachen Homöopathie etwas eigen. Die meisten Ärztekammern in Deutschland haben das bereits hinter sich, im Mai 2022 hat der Deutsche Ärztetag die Homöopathie auch aus der Muster-Weiterbildungsordnung gestrichen. Für Homöopathika gibt es eben keine belastbaren wissenschaftlichen Wirkungsnachweise über Placebo hinaus. Ärzte und Ärztinnen dürfen natürlich trotzdem im Rahmen der Therapiefreiheit homöopathisch arbeiten.
Was weniger bekannt ist: Apotheker und Apothekerinnen können sich auch homöopathisch weiterbilden. Die Homöopathie ist einer der Schwerpunkte der Weiterbildung ‚Naturheilverfahren und Homöopathie‘ der Bundesapothekerkammer. In den Unterlagen dazu ist u.a. eine Stunde zum Thema „Überblick über die Forschungen zu Wirkprinzipien und klinischer Anwendung der Homöopathie“ vorgesehen. Das wird vertieft in 27 Stunden zu klinischen Indikationsbereichen.
Ob da der in seinem naturwissenschaftlichen Studium engstirnig gewordene Pharmakologe eine über das Materielle hinausgehende Bewusstseinserweiterung erfahren soll? Vorgesehen sind beispielsweise zwei Stunden zur homöopathischen Behandlung psychischer Erkrankungen, genannt werden Kummer, Heimweh, Schreck und Prüfungsangst. Das soll sogar praktisch geübt werden. Fünf Stunden werden auf die Notfall-Homöopathie verwendet. Hier geht es um Blutungen, Blutverlust, Erfrierung, Insektenstich, Verheben, Verletzungen (Knochenbrüche, Prellungen, Nervenverletzung, Augenverletzung etc.), leichte Verbrennungen, Sonnenbrand, Wundliegen sowie Zahnextraktionen und Zahnschmerzen. Und so weiter quer durch die Medizin.
Neben dem Block Homöopathie enthält diese Fachweiterbildung auch Unterrichtseinheiten zur Anthroposophie, zu Bachblütentherapie oder zur „Biochemie nach Schüssler“. Immerhin, astrologische Pharmakologie ist nicht dabei.
Auf der Internetseite der ABDA, der Spitzenorganisation der Apotheker und Apothekerinnen, heißt es:
„Den Apothekerinnen und Apothekern wird mit der Weiterbildung im Bereich Naturheilverfahren und Homöopathie eine Qualifikationsmöglichkeit für die sachkundige Beratung zu diesen Arzneimitteln geboten.“
Dagegen ist nichts einzuwenden. Dass Apotheker und Apothekerinnen auch von obskuren Behandlungsverfahren einmal gehört haben sollten, ist richtig und wichtig. Aber sie sollten vor allem zur kritischen Auseinandersetzung damit befähigt werden, nicht zur Einübung in den Jargon unwissenschaftlicher Heilslehren oder gar zum pseudowissenschaftlich verbrämten Marketing von Mitteln, für die es, siehe oben, keine belastbaren wissenschaftlichen Wirkungsnachweise über Placebo hinaus gibt.
Im Prinzip sollte das gewährleistet sein. Die zitierten „Unterlagen“ führen dazu aus:
„In den Seminaren sollen insbesondere neueste wissenschaftliche Erkenntnisse, wie sie beispielsweise durch Wirksamkeitsstudien und Leitlinien der Fachgesellschaften belegt sind, berücksichtigt werden.“
Leider vermittelt der Rest der „Unterlagen“ einen anderen Eindruck. Ob es wohl Evaluationen dieser Weiterbildungen gibt, z.B. zu den verwendeten „neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen“ zur Homöopathie?
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