Unser living textbook „Corona verstehen – evidenzbasiert“ ist jetzt in Version 75 mit ca. 370 Seiten online gegangen.

Vor etwa einem Jahr, bei Version 50, hatten wir aus der hohen Korrelation von 0,92 zwischen Versionsnummern und SARS-CoV-2-Fällen die kausale These abgeleitet, dass eine Verlangsamung der Versionsaktualisierung die Pandemie im Sommer 2022 zum Stillstand bringen könnte. Das hat sich nicht bestätigt. Die Pandemie hält bis jetzt an, auch wenn der Verlauf der Infektionen inzwischen keine Überlastung des Gesundheitswesens mehr befürchten lässt. Die grafische Darstellung zeigt seit Ende 2021 sogar ein Überschießen der Fallzahlen über die Versionsnummern. Allerdings korrelieren die beiden Datenreihen mit 0,89 immer noch sehr hoch und das RKI verzeichnet praktisch keine Zunahme der Fälle mehr. Waren wir also doch erfolgreich?

Das ist natürlich heute wie damals Nonsens, so wie die ganze Pandemie immer wieder allerlei Nonsens-Korrelationen hervorgebracht hat.

Kein Nonsens ist, dass wir im Verlauf der Arbeit an diesen 75 Versionen viel gelernt haben, manches revidieren mussten, auch eigene Einschätzungen, und dass die Corona-Pandemie trotz aller Klagen über fehlende Studien die wohl am besten untersuchte Epidemie aller Zeiten sein dürfte. Bis man den Wald vor lauter Bäumen sieht, wird trotzdem noch einige Zeit vergehen.

Kommentare (9)

  1. #1 Ludger
    12. April 2023

    Ich habe zur Zeit noch Version 74 auf dem Rechner. Und die regelmäßige Aktualisierung fand ich bei einer konkreten Fragestellung sehr hilfreich. Danke dafür!
    Darum ging es:
    Ein Freund von uns gehört zur Risikogruppe: Er hatte vor einigen Jahren eine Knochenmarkstransplantation wegen einer Aplastischen Anaemie und sich jetzt mit Corona angesteckt. Es ging ihm dabei relativ gut. Trotzdem kam die Frage auf, ob vorsichtshalber eine Therapie angezeigt sei. Andiskutiert wurden Paxlovid oder unter stationären Bedingungen Monoklonale Antikörper. Und weil Sonntag war, landete die Frage bei mir.
    Es gab in Version 74 eine Neubewertung: [Zitat aus Version 74] “Gegen Omikron BA.4/BA.5 wird nur noch ein in Europa nicht zugelassener Antikörper – Bebetelovimab (Iketani et al. 3.3.2022) – als in Labortests wirksam eingestuft (Abbildung 7–4).”
    Meine Empfehlung daher: Paxlovid: vielleicht, Monoklonale Antikörper : nein.
    Zum Glück war die zuständige Transplantationsmedizinerin auch am Sonntag telefonisch zu erreichen. Es gab die Empfehlung, kein virustatisches Medikament einzusetzen. Unser Freund war komplett durchgeimpft, der Verlauf war milde, er ist wieder gesund.

  2. #2 Robert
    12. April 2023

    Wissenschaftler: “Unsere Erkenntnisse sind nutzlos, wenn sie aus dem Zusammenhang gerissen werden.”

    Schwurbler: “Wissenschaftler haben gesagt, dass ihre Erkenntnisse nutzlos sind!”

    https://twitter.com/cscharun/status/1637715516092555265?s=61&t=kUczcoYRROE848sFDN1ckA

  3. #3 Kurt Schumacher
    15. April 2023

    Danke für die ganze Mühe, die in dieses Projekt geflossen ist. Ich musste an das Abschiedsvideo von maiLab denken. Die stellen ihre Arbeit so dar, dass sie große Mühe aufwenden, alle Aussagen in ihren Videos zu prüfen und zu belegen, um keinen Unsinn in die Welt zu bringen. Ich will gerne glauben, dass das einen wahren Kern hat. Bei Klemperer / Kuhn / Robra bin ich sogar sicher, dass es sich so verhält.

    Aber ist es all die Mühe wert – bei Corona verstehen wie bei maiLab? Ich hoffe doch. Wobei man ins Grübeln kommmt, wenn mir die Mutter einer 15-Jährigen folgendes erzählt: In der Familie wurde versucht, die Diskussion um Pille “ja oder nein” unter anderem mit dem maiLab-Video Die Pille wissenschaftlich geprüft zu versachlichen. Es zeigte sich aber, dass in der Peer-Group oder in der Schulklasse geteilte Tiktok-Videos mit dubios-schwurbeligem Inhalt zu diesem Thema viel mehr Einfluss auf die Entscheidungsfindung der 15-Jährigen hatten als alle Versuche einer sachlich-rationalen Abwägung.

    • #4 Joseph Kuhn
      15. April 2023

      @ Kurt Schumacher:

      “Aber ist es all die Mühe wert – bei Corona verstehen wie bei maiLab?”

      Das sind zwei sehr verschiedene Formate. MaiLab war ein professionelles Format, mit vielen Beteiligten und vielen Verpflichtungen. Unser Buch ist kein kommerzielles Produkt, wir müssen damit kein Geld verdienen und keine Angestellten bezahlen. Wenn wir keine Lust oder keine Zeit mehr haben, können wir einfach aufhören, ohne dass Angestellte, Verträge usw. davon betroffen sind.

      Damit stellt sich auch die Frage, ob es der Mühe wert ist, anders. Im “Buchteam” haben wir bisher nicht ausführlicher darüber gesprochen, was wir wollen. Aber den Anspruch, überzeugte Ignoranten zu bekehren, habe zumindest ich nicht, auch nicht mit dem Blog hier. Ich sehe es eher so, dass das Buch ein Angebot für Leute ist, die sich einen Überblick verschaffen wollen. Und es ist auch ein sortiertes Depot an Infos und Studien für uns selbst. Insofern: Solange wir selbst davon profitieren, ist es der Mühe wert.

  4. #5 zimtspinne
    15. April 2023

    Ich habe mir mal die gesamte Inhaltsübersicht angeschaut. Das sind ja irrsinnig viele Themen und Zeitebenen und… ich bin überwältigt.

    Erschrocken war ich über gerade mal zwei Punkte unter “Präventionskampagnen” (habe auch gezielt nach Präventionsthemen geschaut).

    Diabetes Typ 2 wäre so ein wichtiges Thema, weltweit zunehmend in einem Tempo, das einem angst und bange wird.
    Habe gerade mich in das Thema bisschen mehr eingearbeitet, weil ich ein wenig damit zu tun bekommen habe und neben Büchern auch ein paar sehr gute und umfangreiche Dokus dazu gesehen, die speziell auch die Problematik bei Kindern und Jugendlichen beleuchtet (Diabetes II wurde ja früher mal Altersdiabetes genannt, das ist nun überholt), unter Berücksichtung genetischer und auch sozialer Faktoren.
    In den USA gibt es eine hohe Dunkelziffer an Prädiabetes bei allen und vor allem auch jungen Altersklassen und ein Bundesstaat hat dort jetzt auch gehandelt und versucht das flächendeckend zu erforschen mit vielen Projekten, speziell auch für ärmere Menschen.
    Bei den großen Killern rückt Diabetes m. als eigenständige Todesursache (ist das richtig so?) weltweit (etwas unterschiedlich gewichtet von Land zu Land) auch immer weiter nach vorne, dabei wird bei den vorderen Plätzen (Herz-Kreislauf, Krebs, etc) noch nicht mal der Zusammenhang berücksichtigt.

    Hm, die MRFIT-Studie 1977-1982 (die Abk.-Namen der Interventionsstudien sind immer wieder mal nett mehrdeutig) kommt mir auch so aus der Zeit gefallen vor. Das war aus dem Video “Risikofaktoren”.

    Danke aber mal an der Stelle für die viele Mühe.

  5. #6 zimtspinne
    15. April 2023

    @ Kurt Schumacher

    TikTok ist die Pest (Zitat einer Mutter) – das bekommt ja schon entsprechende Bezeichnungen verpasst, wegen der Schmuddelecken. Ach, das sind keine Ecken, sondern ganze Flächen.
    Nicht nur mangelhafter Jugendschutz ist da ein Dauerthema.
    Es gibt auch Gegenstimmen, alles nicht so schlimm, daher weiß ich nicht, ob das unter den normalen Generationskonflikt fällt – die Jugend geht den Bach runter, das Abendland geht unter.
    Was ich da aber gesehen habe, selektiv, hat bei mir keinen positiven Eindruck hinterlassen.

    Hier werden mal ein bisschen objektiver, über subjektive eigene Eindrücke hinaus, ein paar Fakten zusammengefasst; es geht aber hauptsächlich um Sichereits- und Datenschutzrisiken:

    https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/tiktok-171.html

    Hier werden ein paar weitere, andere Gründe genannt:

    https://www.derstandard.de/story/2000141896999/sechs-gruende-warum-ihr-kind-nicht-oder-nur-eingeschraenkt-tiktok

    Welch skurrile Folge-Kreise das inzwischen zieht, ist evtl den meisten (Erwachsenen) gar nicht bekannt:

    https://www.berliner-kurier.de/panorama/wann-werden-retuschierte-fotos-auf-instagram-und-filter-endlich-bei-uns-verboten-li.212881

    (als ich das eher zufällig las, dachte ich zuerst, handelt sich um einen Aprilscherz)

    Was ich übrigens auch für ein großes Problem halte, das kaum irgendwo reguliert oder auch nur thematisiert wird, das betrifft jetzt nicht nur TikTok, sondern soziale Medien allgemein:
    Influencer werden immer häufiger als Werbeflächen genutzt, und eben leider auch für gesundheitsschädliche Produkte.
    Auch da haben bereits einige Länder mit Verboten samt empfindlicher Strafen bei Verstößen reagiert. Ob das was bringt, keine Ahnung.

  6. #7 uwe hauptschueler
    16. April 2023

    hab ein paar Tippfehler gefunden

    Seite 47: tiefe Venenthrombose zweimal mit unterschiedlichen Werten
    Seite 52: in der milder, Regel fehlt
    Seite 59 ganz unten:
    Beten statt Betten
    Seite 79 vorletzte Zeile: Covid-10 statt 19
    Seite 109: für Deutschland nicht bislang, nicht statt mit
    Seite 113, Abbildung 5-4 hinter gelben Punkt ein ich zuviel, ich ich konsumiere
    Seite 162: Jugendliche im Alte, r fehlt
    Seite 182: (>0,1%9, 9 statt )

    • #8 Joseph Kuhn
      17. April 2023

      @ uwe hauptschueler:

      Danke, sehr nett. Gebe ich weiter.

      “Beten statt Betten”: Möge es nie so weit kommen.

  7. #9 David Klemperer
    17. April 2023

    @ uwe hauptschueler
    Danke für die Hinweise, für die sind wir immer dankbar! Jetzt ist eine Version mit zumindest 8 Fehlern weniger im Netz.