Erinnern Sie sich noch an den Herrn mit der sanften Stimme und den seltsamen Ansichten zu Corona, der eigentlich vor zwei Jahren nach Thailand abreisen wollte? Er ist noch da. Vor ein paar Tagen warb er auf der Seite seines Obskurantenvereins MWGFD für eine „Großdemo“ in Magdeburg am 29. April. Er leitet mit der falschen Behauptung ein, dass die STIKO gerade ihren Empfehlungskatalog zur Covid-Impfung ausweiten würde (er wird im Gegenteil eingeschränkt) und raunt bedeutungsvoll, er habe in seinem ganzen Leben „noch nie Wichtigeres mitzuteilen“ gehabt. Bhakdi weiter:

„Kommen Sie zum Domplatz nach Magdeburg. Erfahren Sie vor Gottes Haus, wie Unmenschen es gewagt und geschafft haben, diesen unfassbaren Frevel zu begehen und sich selbst die übergöttliche Allmacht zu verleihen. Hier an diesem Platz sind vor 700 Jahren Magdeburger aufgestanden, um als erste die Reformation einzuleiten. Jetzt schlägt die Stunde der Reformation 2.0 und dieses Mal geht es um alles. Nämlich um die Rettung der Menschheit. Alle, die hier und heute in Magdeburg vereint sind: Steht nach 700 Jahren noch einmal auf, für Gott, für die Wahrhaftigkeit und für die Menschlichkeit.“

Am Ende des Videos senkt er mit gefalteten Händen das sorgenschwere Haupt. Amen. Vor 700 Jahren, also 1323, was war da in Magdeburg auf dem Domplatz? Der Dom war damals noch nicht fertig und die Reformation noch in weiter Ferne. Ob Bhakdi auf Luthers Predigt 1524 anspielen wollte und sich um 200 Jahre vertan hat? Er geht ja auch sonst etwas eigenwillig mit Zahlen um.

Wer weiß. Seinen Anhängern wird es egal sein. Mir eigentlich auch. In die Fußspuren Luthers konnte der offensichtlich auch historisch querdenkende Bhakdi jedenfalls nicht treten. Zwar spricht der ARD-Regionalsender MDR immerhin von 3.000 angekündigten Teilnehmer:innen, aber ansonsten fand die „Großdemo“ praktisch keine Resonanz in den Medien. Auch der Polizei in Magdeburg scheint die historische Dimension der wichtigsten Mitteilung in Bhakdis Leben entgangen zu sein. Sie twitterte am Samstag:

„Morgen öffnet der Jahrtausendturm im Elbauenpark #Magdeburg die Bühne für ein besonderes musikalisches Ereignis mit unserem Landespolizeiorchester.“

Kommentare (14)

  1. #1 BPR
    1. Mai 2023

    Vielleicht ist Bhakdi gleich weiter in den Harz gezogen. Dazu die Volksstimme aus Magdeburg: Walpurgisnacht im Harz – In Schierke wird gleich zwei Tage lang, Samstag, 29., und Sonntag, 30. April, gefeiert…Wahrsager, Axtwerfer, Schmiede und mehr nehmen die Besucher am Walpurgis-Wochenende in Schierke mit auf eine Zeitreise. Der Kurpark verwandelt sich in einen Mittelalter-Erlebnismarkt. Geboten werden Ritterkämpfe, Gaukler- und Tanz-Aufführungen.

  2. #2 rolak
    1. Mai 2023

    Was war vor 700 Jahren in Magdeburg?

    Samstag¹.

    Und wie war das Konzert im Magdeburger Elbauenpark?

    Unbekannt, da das Publikum entführt wurde (Quelle) und auch noch in eine Welt, die nach never ending torture klingt.

    um 200 Jahre vertan

    Ein Erklärungsansatz: eben beim Rückwärtsrechnen kam zuerst 1523 raus, weil aus welch sinistrem Grund auch immer das aktuelle Jahr im Denken zu zweiundzwanzig-dreiundzwanzig tendiert. Gräßlich^^
    Abgesehen davon meint Dpedia, das mit der Reformation/MD wäre am 17. Juli 1524 gewesen, mithin ein äußerst krummer Abstand, keineswegs nach Jubiläum wie beim Schnauferl. Apropos:

    mit der sanften Stimme

    aber Luftholen wie ein Staubsauger.

    _________________
    ¹ zumindest hochwahrscheinlich: nur ein einsames tool stimmte für Sonntag. ‘Wochenende’ dürfte also stabil zutreffen…

    • #3 Joseph Kuhn
      1. Mai 2023

      @ rolak:

      Bei deinem Link zum Konzert heißt es:

      “Die Musiker spielen Titel von tschechischen, böhmischen und egerländischen Komponisten wie Frantisek Kmoch, Jaromir Vejvoda, Karel Vacek sowie Ernst Mosch, Frank Pleyer und Wenzel Zittner. Die Konzertgäste können sich auf den Radetzkymarsch, Moravanka-Klänge, Rosamunde und viele andere bekannte Melodien freuen.”

      Das oder Bhakdi – für manche sicher eine schwierige Entscheidung. Wobei Live fast immer vorzuziehen ist. Warum sitzt Bhakdi bei seiner historischen Rede in einem Zimmer – so zu sehen bei “MitteldeutschlandTV” – und steht nicht auf der Bühne? Bis Woodstock hat er noch einen weiten Weg vor sich.

  3. #4 Jolly
    1. Mai 2023

    er habe in seinem ganzen Leben „noch nie Wichtigeres mitzuteilen“ gehabt

    Das mag ja sein.

    • #5 Joseph Kuhn
      1. Mai 2023

      @ Jolly:

      Das werden manche aber als sehr respektlos dem Großen Bhakdi gegenüber empfinden. Ts ts.

  4. #6 Herr Senf
    1. Mai 2023

    Uff, ich kenne Nachbarinnen, die da waren und ganz angetan von den tollen Reden.
    Wegen vermeintlicher “Friedensdemo” waren sogar Dessauer aus Dessau angereist.
    Es sollen wohl 2.200 gewesen sein, parallel war Fußball mit 27.050, abends Bohlen.
    Keine “Medienresonanz”, na bei test.rtde gibt es einen “imposanten” Bildbericht.
    Immerhin wurde 90.000 Impfopfern gedacht, unseren Ahnen der Ahnungslosen.
    Vertreter von Basis und AfD waren auch auf der Bühne, also EU, NATO, WHO weg.
    Und von Anselm Lenz “Aufarbeitung des Spritzen- und Kriegsregimes” Ami Home.
    Anwesende Russen* und Ukrainer* setzten sich für die Freiheit der Deutschen ein.
    Am 13. Mai soll’s in Hannover weitergehen.

  5. #7 uwe hauptschueler
    2. Mai 2023

    für Gott

    Der Mann predigt am falschen Ort.

    Etwa 80 % der Bürger sind konfessionslos. In Sachsen-Anhalt

    Q.:Wikipedia
    Für welchen Gott sollen die aufstehen?

  6. #8 werner
    2. Mai 2023

    @uwe: Konfessionslos heisst nicht zwingend gottlos…

  7. #9 Lenz
    2. Mai 2023

    Als “Querdenker” hat er mehr als deutlich gemacht, dass ihm die Fakten herzlich egal sind. Warum sollten dann Jahreszahlen stimmen? Er hätte auch sagen können “vor 100 Millionen Jahren in Magdeburg” und seine Fans hätten das sicher auch völlig in Ordnung gefunden.
    In der Fantasywelt, in der er und seinesgleichen leben, spielen logische Zusammenhänge keine Rolle mehr.

  8. #10 Roland
    mittendrin
    2. Mai 2023

    @uwe: “Etwa 80 % der Bürger sind konfessionslos. In Sachsen-Anhalt.”
    So viele sind wir doch nicht 😉

  9. #11 Staphylococcus rex
    2. Mai 2023

    Die Überwindung kognitiver Dissonanzen durch Glauben gehört zu den Kernelementen praktisch jeder (Pseudo)religion. Auf die Art kann Herr Bhakdi unterscheiden zwischen wahrhaft gläubigen Anhängern und potentiell unzuverlässigen Mitläufern 😉

  10. #12 Staphylococcus rex
    2. Mai 2023

    Wer wirklich wissen möchte, was zur Zeit der Reformation in Magdeburg passiert ist, kann hier nachschauen:
    http://www.magdeburger-chronist.de/md-chronik/ch-1500.html
    Vielleicht gibt es doch einen sinnvollen Querverweis zu den Aussagen von Herrn Bhakdi, allerdings ist mir nichts passendes aufgefallen.

  11. #13 Herr Senf
    2. Mai 2023

    Das schlimmste für Magdeburg war Napoleon 1807, Bhakdi hat sich nicht hergetraut.

  12. #14 Joseph Kuhn
    18. Mai 2023

    Was ist noch Meinungsfreiheit was Volksverhetzung?

    “Die Generalstaatsanwaltschaft wirft dem in Martensrade im Kreis Plön lebenden Bhakdi vor, im April 2021 in einem Interview mit generalisierenden Aussagen auch gegenüber in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden zu Hass aufgestachelt und diese als religiöse Gruppe böswillig verächtlich gemacht zu haben. Zudem soll Bhakdi auf einer Wahlkampfveranstaltung der Basis-Partei im September 2021 den Holocaust verharmlost haben.”

    https://www.kn-online.de/schleswig-holstein/ploen-prozess-gegen-impfgegner-sucharit-bhakdi-startet-am-23-mai-6ZL3KBC2MVGQ3PNVM3NK7QSX4U.html

    Da wird es zu seinem neuen Buch “Der Weg der Wahrheit” (https://www.amazon.de/Weg-Wahrheit-Sucharit-Bhakdi-Gespr%C3%A4ch/dp/3936767726) sicher bald einen Folgeband geben: “Ecce homo: Mein Prozess”, oder so was in der Art.

    Sein neues Buch erscheint im “Kamasha-Verlag”, der u.a. auch den Querdenker Bodo Schiffmann verlegt. Geschäftsführer ist Natara Jörg Loskant-Heim. Von ihm gibt es z.B. das mehrbändige Werk “Gespräche mit Erzengel Michael”. Ob Bhakdis Wahrheiten aus solchen Gesprächen stammen?

    Von Herrn Loskant-Heim ist auch der “Manifestationskalender 2022”. In der Produktbeschreibung heißt es u.a.: “Die Seiten sowie das Cover sind spirituell hochfrequent gestaltet und Menschen mit feinfühliger Wahrnehmung spüren die besondere Energie bereits beim Anschauen des Kalenders. (…) Der strahlende lemurianische Ring am Cover sowie lemurianische Symbole erhöhen die energetisch Schwingung und begleiten die Planungen und Manifestationen mit einer besonderen energetischen Frequenz.”

    Wo der “Weg der Wahrheit” halt so hinführt.