Offen ist auch, wie die vom BMG zu Recht empfohlenen „methodenbegrenzenden Maßnahmen“ umgesetzt und finanziert werden sollen. Ein finanzstark ausgestattetes Programm zur Entschärfung von Hotspots, etwa ungesicherten Brücken, vermisst man im Strategiepapier. Der Punkt kommt nur in dem zweiten heute veröffentlichten Papier vor. Das Verhältnis der beiden Papiere zueinander ist nicht klar.
Perspektiven
Wünschenswert wäre die Einbettung der Nationalen Suizidpräventionsstrategie in ein umfassendes Public Health-Konzept. Das dürfte die Ampelregierung in ihrem gegenwärtigen Zustand allerdings überfordern. Immerhin werden im Strategiepapier des BMG auf der Steuerungsebene einige wichtige Elemente angesprochen, von den notwendigen Vernetzungsstrukturen einschließlich eines Bezugs zum ebenfalls noch ausstehenden Nationalen Präventionsplan über Qualifizierungsfragen bis hin zum Monitoring des Suizidgeschehens. Vieles ist bisher allerdings nur allgemein adressiert. Als Akteur ist die geplante Koordinierungsstelle benannt. Inwiefern dabei auch das geplante Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) eine relevante Rolle spielen soll, das vom RKI das Gesundheitsmonitoring und die Nationale Mental Health-Surveillance übernehmen soll, ist noch nicht erkennbar, ebenso wenig, wie eine planungsrelevante Suizid-Surveillance einschließlich Evaluation aussehen könnte. Dies gilt ganz besonders mit Blick auf die Entwicklung der assistierten Suizide, bei denen sich seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2020 eine überproportionale Steigerung andeutet. Daten dazu wären ohne größeren Aufwand aus den Todesbescheinigungen zu extrahieren.
Man darf also auf den Gesetzentwurf und die damit verbundenen Konkretisierungen gespannt sein – und darauf, wie sich die Abgeordneten im Haushaltsausschuss des Bundestages zu dem Vorhaben verhalten. Ohne Geld wird man bei alldem nicht weit kommen.
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Edit: In der ersten Fassung stand versehentlich, der Gesetzentwurf sei bis 31.3.2024 vorzulegen. Korrekt ist, wie auch dem verlinkten Bundestagsbeschluss zu entnehmen, bis 30.6.2024.
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Zum Weiterlesen: Bundesgesundheitsblatt 1/2022 – Suizide und Suizidprävention
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