Die versteinerten Wale der Pisco-Formation sind Barten- und Zahnwale, die fast alle den heute lebenden Familien zugeordnet werden können. Besonders spektakulär sind die Funde, die über die Entwicklung der Pott- und Schnabelwale Auskunft geben. Beide Familien sind ausgewiesene Hochwasserbewohner und Tieftaucher, sie leben weitab der Küsten und ihre Fossilien sind dementsprechend sehr selten.
Zuletzt kam die Pisco-Formation (und Oliviert Lambert) mit Livyatan melvillei in die Schlagzeilen: ein basaler Pottwal mit bis zu 36 Zentimeter großen Zähnen.
Die neuen Funde: Urwale in Peru
Das Pisco-Ica-Basin zieht sich entlang der Pazifik-Küste und beinhaltet eine Kette von 14 Fundstellen, die zwischen 14 und 3.5 Millionen Jahre alt sind.
Die jetzigen Wal-Funde aus der Ocucaje-Wüste im Süden Perus sind deutlich älter: 40 Millionen Jahre.
Das ist wirklich eine Sensation!
Es handelt sich um die ersten Urwal-Funde in Peru!
Vor 40 Millionen Jahren waren Wale schon vollständig zum Meeresleben übergegangen. Aber sie waren noch urtümlich – ihre Schädel hatten die Nüstern an der „Nasenspitze“ und die Zähne sind typisch „urwalig“. Das Gebiss ist in zwei Abschnitte aufgeteilt, die hinteren Zähne haben zwei Wurzeln (die im Kiefer stecken) und sind länglich-dreieckig mit grob gezacktem Rand. Der vordere Gebissteil besteht aus kegelförmigen Zähnen (im Video ist einer davon deutlich zu sehen), die vorderen Zähne fehlen vollständig.
Der ganze Schädel (ohne Unterkiefer) ist sehr gut und dreidimensional erhalten. Die Bauweise ist typisch für Archaeoceten: Der kleine Hirnschädel und die Kiefer gehen ineinander über. (Bei modernen Zahnwalen sind sie durch den Telescoping-Process voneinander entkoppelt.). Der Hirnschädel ist klein und nicht gerundet.
Das Urwalgebiss unterscheidet sich beträchtlich vom heutigen Zahnwal-Gebiss mit seinen gleichförmigen, meist kegel- oder spatelförmigen Zähnen.
Der in Videos und auf Photos vorgestellte Schädel ist kein Einzelfund: „There is probably a greater number of fossils in the sand but it takes high-tech equipment to locate and recover them,” erzählt César Chacaltana den Journalisten.
Der Walschädel hat noch keinen Namen, es wird keine Publikation erwähnt und überhaupt gibt es so gut wie keine weiteren Informationen zum Fund oder seiner wissenschaftlichen Bearbeitung.
Nach einer ziemlich langen Recherche bin ich dann auf Folgendes gestoßen:
Der neue Fund ist mitnichten die angebliche Weltsensation.
2011 publizierten Uhen, Pyenson et al: “New Middle Eocene Whales from the Pisco Basin of Peru (Journal of Paleontology 85(5):955-969. 2011
doi: https://dx.doi.org/10.1666/10-162.1
Darin beschreiben sie nicht weniger als DREI Urwale!
Zwei Basilosauridae und einen Protocetidae.
Die entscheidende Information bekam ich aus einem Blogeintrag, in dem Pyenson die Funde beschreibt: “Our team discovered three different kinds of archaeocetes from strata several dozens of meters below a volcanic ash bed. Volcanic ash is especially useful for geochronologic dating, which allowed us to determine a minimum age estimate with high precision using the sophisticated laboratory setup at the Berkeley Geochronology Center. As a result, we knew that the fossil whales we discovered were no younger than 36.61 million years old, and likely a few million years older.” (Sehr lesenswert!)
Ob nun der erste peruanische Urwal 2011 oder 2013 in das Licht der Weltöffentlichkeit schwamm, ist eigentlich auch unerheblich.
Denn fest steht:
Die Geschichte der Urwale und ihrer Verbreitung sowie der eozänen Ökosysteme im Ost-Pazifik muss neu überdacht werden.
Weitere Quellen:
Olivier Lambert, Giovanni Bianucci, Klaas Post, Christian de Muizon, Rodolfo Salas-Gismondi, Mario Urbina & Jelle Reumer: The giant bite of a new raptorial sperm whale from the Miocene epoch of Peru. Nature Band 466: S. 105–108, 1. Juli 2010.
doi:10.1038/nature09067
Julia A. Clarke1, Daniel T. Ksepka2,3, Rodolfo Salas-Gismondi4, Ali J. Altamirano4, Matthew D. Shawkey5, Liliana D’Alba5, Jakob Vinther6, Thomas J. DeVries7, Patrice Baby8,9: Fossil Evidence for Evolution of the Shape and Color of Penguin Feathers; Science 12 November 2010: Vol. 330 no. 6006 pp. 954-957
DOI: 10.1126/science.1193604
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