„Die Asseln bohren sich offenbar nicht in den Knochen hinein (wie der „Zombiewurm“ Osedax, s. u.), aber das SEM Bild JC42-574.7-9 Jaera_5 (s. rechts) zeigt, wie sie ihre Beine in den Knochen vergraben. Ein anderes Bild zeigt Knochenfasern vor den Mundwerkzeugen. Wir wissen noch nicht, ob die Asseln die Knochen aktiv zersetzen und fressen, oder ob sie eher die Bakterien auf den Knochen fressen.“ berichtet Dr. Katrin Linse über die Eßgewohnheiten ihrer Neuentdeckung.
Whale fall – jeder Wal ist eine Insel
Wenn ein Wal stirbt, wird er selbst zum Lebensraum für andere Tiere.
Nach seinem Tod treibt er zunächst auf dem Ozean (Es sei denn, er ist gestrandet. Aber das sind Ausnahmefälle.)
Wie lange er an der Oberfläche treibt?
Das hängt von der Dicke der Speckschicht und der Wassertemperatur ab.
Furchenwale und Delphine haben keine sehr dicke Speckschicht, je nach Ernährungszustand sinken sie dann eher schneller. Von Walfängern erlegte Furchenwale wurden sogar mit Auftriebskörpern gegen zu schnelles Versinken gesichert.
Glattwale wie Grönlandwale, Nord- und Südkaper hingegen haben bis zu 60 Zentimeter dicken „Blubber“, sie treiben sehr lange.
Bei hoher Wassertemperatur gasen die Tiere zusätzlich schnell auf, auch das lässt sie länger oben schwimmen. Niedrigere Außen- und Wassertemperaturen lassen die Verwesungsprozesse im Inneren der Meeressäuger und die Gasbildung langsamer ablaufen.
An der Wasseroberfläche treibende Kadaver werden von Vögeln und Fischen angeknabbert, große Fische wie Haie können große Teile der Körper abfressen.
Irgendwann versinkt der tote Wal und beginnt seine letzte Reise in die Tiefe.
Schließlich sinkt er auf das Sediment.
Dort stürzen sich dann auch die Boden bewohnenden Aasfresser wie Krebse, Würmer oder Schleimaale (Inger) auf den fetten Happen. Und noch viele andere, seltsamere Essensgäste.
So ein Walkadaver-Ökosystem heißt „Whale fall“.
Im Februar 2002 hatten Robert Vrijenhoek und Shana Goffredi, Wissenschaftler des Monterey Bay Aquariums, in den tiefen Gewässern vor Südkalifornien bei einer Erkundung mit dem ROV “Tiburon“ einen Walkadaver entdeckt. Auf der Suche nach etwas ganz Anderem…
Ihnen wurde sofort klar, dass ein solcher Kadaver ein gewaltiger Eintrag an Biomasse in die Tiefsee ist und beträchtliche ökologische Auswirkungen haben muss. Darum führten sie im Oktober 2002 eine weitere Tauchfahrt durch – diesmal war Craig Smith, von der University of Hawaii dabei – er studiert seit 20 Jahren Whale falls.
Sie haben eine einzigartige Gemeinschaft aus Tieren und Mikroorganismen beschrieben, die je nach Verfallsstadium des Walskeletts variiert.
In einem fortgeschrittenen Stadium des Walknochen-Zerfalls werden Fett-Bestandteile wie Lipide zersetzt – unter Ausschluss von Sauerstoff. Dabei entstehen Schwefelverbindungen, die wieder eine ganz eigene Schar von Essensgästen anziehen. Der berühmteste von ihnen ist der knochenbohrende Zombiewurm Osedax, ein Meeresborstenwurm.
Auch der bewohnt den antaktischen Zwergwal-Whalefall – neben Jaera und verschiedenen anderen neuen und altbekannten Spezies (Amon et al; s. u.).
Quelle zu Jaera tyleri:
Katrin Linse et al: “Shallow-Water Northern Hemisphere Jaera (Crustacea, Isopoda, Janiridae) Found on Whale Bones in the Southern Ocean Deep Sea: Ecology and Description of Jaera tyleri sp.”; Published: March 24, 2014; DOI: 10.1371/journal.pone.0093018
https://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0093018
D. J. Amon et al: 2The discovery of a natural whale fall in the antarctic deep sea2. Deep-Sea Res. II(2013)
https://dx.doi.org/10.1016/j.dsr2.2013.01.028
Kommentare (22)