Auch wenn Scheuchzer seinem Fund eine „gründliche Übereinkunft mit denen Theilen des menschlichen Bein-Gerüsts [damit ist hier das Skelett gemeint, bw] attestierte, kamen andere Naturforscher schnell zu anderen Ergebnissen. Johannes Geßner erkannte 1758, dass es sich keinesfalls um einen Menschen handeln konnte und ordnete die Überreste einem Wels zu. Der Holländer Peter Camper identifizierte es 1777 als eine große Echse.1811 kam der Anatom und Wirbeltierpaläontologe Baron Georges Cuvier zu dem Ergebnis, dass es sich um einen großen Salamander handeln müsse. Endlich lag der Molch in der richtigen systematischen Schublade.
Die große Zeit der Panzerlurche
Aber auch Andrias scheuchzeri war schon ein Relikt aus der Vergangenheit.
Ihre ganz große Zeit hatten die Amphibien im Devon, Karbon und in der Trias.
Das gewaltigste Amphib aller Zeiten war der Mastodonsaurus giganteus, ein Dachschädellurch mit bis zu 5 Metern Länge. „Dachschädellurch“ oder Labyrinthodonthier („Labyrinthzahn“) bezieht sich auf den gewaltigen, massiven Schädel bzw. die Zähne. Die Fangzähne erwachsener Tiere haben eine labyrinthartige Verfältelung des Zahnschmelzes.
Diese Amphibien lebten überwiegend in Süßgewässern wie Flüssen und Seen, konnten aber auch einen Schuss Brackwasser vertragen.
Als im triassischen Keuper (Keuper: 235 bis 199,6 Millionen Jahre) das Meer vorrückte und große Teile der Kontinente überspülte, war die Zeit der Riesenamphibien beendet. Zurück blieben Fossilien, die uns heute das Bild eines massiv gebauten Ur-Amphibs mit schwerem Schädel und Schultergürtel vermitteln. Die Panzerlurche krochen mit abgespreizten kurzen Beinen durch die Sümpfe Urdeutschlands – Lauerjäger …
Ihre fossilen Überreste sind heute etwa im Staatlichen Museum für Naturkunde am Löwentor in Stuttgart zu bewundern.
Überleben die Überlebenden? Gefahr durch einen Hautpilz
Die Amphibien haben ihr goldenes Zeitalter längst hinter sich.
Große Panzerlurche sind seit vielen Jahrmillionen von anderen Vierbeinern abgelöst worden: Reptilien, Säugetiere und Vögel haben die kriechende, dünnhäutige Lurchverwandtschaft überholt und abgelöst.
Nur sehr wenige große Relikte haben sich noch ins Jetzt gerettet, die meisten Lurche sitzen heute verzwergt im Tümpel – mit und ohne Schwanz, mit und ohne Beine. Ein Lurch ohne Beine heisst übrigens Cäcilie…aber das ist eine andere Geschichte.
Ihre aquatischen Larven, der Bedarf nach Feuchtgebieten und ihre empfindliche Haut machen sie sehr anfällig gegenüber Landschaftsveränderungen und Giften der modernen menschlichen Zivilisation.
Jetzt sind sie in höchster Gefahr!
Ein aus Afrika stammender Hautpilz, Batrachochytrium dendrobatidis, bedroht die Amphibien weltweit. Der Pilz verstopft die Hautporen, schwächt das Immunsystem und verändert ihren Wasser- und Elektrolyt-Haushalt. Amphibien nehmen Sauerstoff über die Haut auf: wenn der Pilz ihre Poren verstopft, ersticken sie. Warum dieser Pilz jetzt so flächendeckend um sich greift, ist nicht genau geklärt.
Bisher gab es keine Heilmittel gegen die Hauterkrankung, jetzt hat ein Forscher-Team um den Froschexperte Taegan A. McMahon erstmals Frösche gegen den Pilz immunisieren können. Gleichzeitig haben die amphibischen Hüpfer noch ein Pilz-Vermeidungstraining mit Erfolg abgeschlossen, die Amphibien-Forscher haben darüber gerade in der Fachzeitschrift Nature berichtet (MacMahon et al: „Amphibians acquire resistance to live and dead fungus overcoming fungal immunosuppression“; Nature 511, pp. 224–227, 10 July 2014; doi:10.1038/nature13491).
Ein Hoffnungsschimmer?
Auch wenn schon… eine solch aufwändige Immunisierung und das Training einzelner Tiere lässt sich für das Gros der freilebende Tiere wohl kaum realisieren.
Ich befürchte für die Amphibienbestände das Schlimmste.
Zum Weiterlesen:
Ellis, Richard: „Aquagenesis“
Naish, Darren (tetrapod zoology): Close up to Andrias, despite the smell and the teeth
Scheuchzer, Johann Jakob:
Kupfer-Bibel / In welcher Die PHYSICA SACRA Oder Geheiligte Natur-Wissenschafft Derer In Heil. Schrifft vorkommenden Natürlichen Sachen / Deutlich erklärt und bewährt Von JOH. JAKOB SCHEVCHZER Med. D. (…) Anbey Zur Erläuterung und Zierde des Wercks In Künstlichen Kupfer-Tafeln Ausgegeben und verlegt Durch Johann Andreas Pfeffel (…) Augspurg und Ulm / Gedruckt bey Christian Ulrich Wagner (vier Foliobände) 1731, 1733, 1735.
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