Vor einiger Zeit gab es eine intensive Diskussion zur Wahl des Science-Blogs des Jahres.
s.
https://wissenschaftkommuniziert.wordpress.com/2013/12/10/wahlen-sie-den-wissenschafts-blog-des-jahres-2013/
und
https://scienceblogs.de/sic/2013/12/30/wissenschaftsblog-2013/
Bei dieser Gelegenheit fiel mir mal wieder auf, wie unscharf die Begrifflichkeiten sind.
Bei der o. g. Diskussion kam die Frage nach weiterer Diskussion auf.
Die möchte ich mit diesem Beitrag aufgreifen.
Dazu möchte ich zuallererst einige Definitionen erarbeiten, um dann auf einer etwas stabileren Basis diskutieren zu können.
Dieser Beitrag beschäftigt sich zunächst mit Definitionen und Abgrenzungen.
Ein zweiter Beitrag, der in den nächsten Tagen folgt, wird sich dann mit weiteren Kriterien beschäftigen, um einen „guten“ Science-Blog bzw. Blog-Beitrag zu kennzeichen.
Ich lade Euch / Sie herzlich zu einer fruchtbaren Diskussion ein!
By the way:
Bei den o. g. Diskussionen ging es teils sehr ausfallend zu, bis hin zu persönlichen Beleidigungen.
Einen solchen „Diskussionsstil“ lehne ich ab und werde es auch nicht dulden.
Was ist ein Science-Blog?
Diese Definition ist alles andere als einfach.
„Defining a science blog – heck, just defining a blog – is difficult.” schreibt Bora Zivkovic in seiner Publikation „Science-Blogs – a definition, and a history“ von 2012.
Bora Zivkovic war „blogs editor“ für das angesehene Magazin „Scientific American“, also ein ausgewiesener Experte.
„Wissenschaftsbezogene Weblogs sind eine kleine, liebevoll gepflegte Publikationsform. Sie unterscheiden sich von anderen populärwissenschaftlichen und wissenschaftsjournalistischen Annäherungen an die Forschung, auch wenn sie Anleihen von diesen Publikationsformen nehmen. Das betrifft etwa das Bemühen, sich für ein breiteres Publikum verständlich auszudrücken. Es gibt aber Kennzeichen, die Weblogs als Publikationsform auszeichnen: Diese haben insbesondere mit ihrer Diskursivität zu tun. Dadurch werden Blogpostings zu Texten einer ganz speziellen Art. Die Kennzeichen und die daraus folgenden textlichen Merkmale werde ich im Folgenden skizzieren“ schreibt Annette Lessmöllemann dazu.
Ein Blog ist eine regelmäßig aktualisierte Webpage, über die ein Autor mit seinen LeserInnen kommuniziert (Kouper, 2010 S. 2). Die Bezeichnung „Blog“ beinhaltet noch keine inhaltlichen Aussagen.
Ein Science-Blog ist ein anspruchsvoller Fachblog mit einem wissenschaftlichen Background in möglichst populärwissenschaftlich aufbereiteten Texten/Medien.
Die Autoren sind meistens Wissenschaftler oder Wissenschaftsjournalisten.
Ein Science-Blog bewegt sich, je nach dem persönlichen Schwerpunkt des Autors, im Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Schreibenfertigkeit.
Ein Research-Blog muss einen vom Autoren selbst generierten Inhalt zu einem peer-reviewed Forschungsinhalt (=wissenschaftliche Publikation) enthalten, fordern Fausto et al in Research Blogging: Indexing and Registering the Change in Science 2.0
Um diese spezielle Form geht es hier nicht!
Science-Blog-Beiträge
Ein Science-Blog-Beitrag sollte ein selbst erstellter Inhalt des Autors sein. Die Herkunft der Informationen muss gekennzeichnet sein.
Ein Science-Blog sollte vorzugsweise/auch auf peer-reviewed Publikationen verweisen. Alternativ können aber auch Erzählungen aus dem Forscher-Alltag, Sachbuch-Rezensionen oder ähnliche Themen verarbeitet werden.
Ein Verweis auf einen Zeitungsartikel, eine Pressemeldung oder eine ähnliche Publikationsform hingegen rechtfertigt schwerlich die Bezeichnung Science-Blogging.
Linksammlungen und Einzeiler sind keine ausreichenden Blogbeiträge (da schließe ich mich Bora Zivkovics Meinung an).
Ein Science-Blog kann enthalten:
- Schreiben über Wissenschaft (eigene und andere)
- Schreiben über wissenschaftliche Publikationen (eigene und andere)
- Reflexion über Forschung und Forschungsergebnisse
- aus dem Leben eines Wissenschaftlers
- Plaudereien aus dem Nähkästchen/Labor
- Insiderwissen
- Anekdoten
- Meinungen und Ideen
- ähnliche Themenbereiche
Ein Science-Blog beschäftigt sich mit Themen und Erkenntnissen, die sich aus den etablierten Wissenschaften speisen lassen.
Das führt schon zur nächsten Frage:
Was ist Wissenschaft?
Hier soll aufgrund meiner eigenen Ausbildung nur der Bereich der Natur- und Geowissenschaften betrachtet werden, inkl. Gesundheitswissenschaften. Um Aussagen über Blogs zu Geistes- und Sozialwissenschaften und Mathematik zu treffen, fehlt mir die Kompetenz. Ich könnte mir vorstellen, dass für diese Wissenschaftsbereiche zumindest teilweise andere Kriterien angelegt werden müssten.
Naturwissenschaften sind empirisch arbeitende Wissenschaften, „die sich mit der Erforschung der Natur befassen. Naturwissenschaftler beobachten, messen und analysieren die Zustände und das Verhalten der Natur durch Methoden, die die Reproduzierbarkeit ihrer Ergebnisse sichern sollen, mit dem Ziel, Regelmäßigkeiten zu erkennen (wikipedia: Naturwissenschaft).
Naturwissenschaft ist definiert durch den Methoden-Kanon:
- Ockhams Rasiermesser (Parsimonie-Prinzip)
- Empirie und Experiment (wikipedia: Naturwissenschaft).
- Induktion (wikipedia: Naturwissenschaft).
- Deduktion(wikipedia: Naturwissenschaft).
- Verifikation und Falsifikation (wikipedia: Naturwissenschaft).
- Reduktion (wikipedia: Naturwissenschaft).
- Mathematische Beschreibung (wikipedia: Naturwissenschaft).
- Hypothesen- und Theoriebildung (wikipedia: Naturwissenschaft).
Bei der Wahl zum Science-Blog des Jahres ergab sich folgende Diskussion:
Gehören Pseudowissenschaften wie Esoterik, Kreationismus, … zum Themenkanon eines Science-Blogs?
Der Begriff Pseudowissenschaft ist schwieriger zu definieren als Naturwissenschaft.
Grundsätzlich gilt:
Pseudowissenschaften treten mit dem Anspruch auf Wissenschaftlichkeit auf und stehen im Widerspruch zu den anerkannten wissenschaftlichen Methoden und Erkenntnissen (wikipedia: Pseudowissenschaften). Gleichzeitig negieren sie „wissenschaftlichen Common sense“.
Pseudowissenschaften gehen gern einher mit krampfhaft bemüht und konstruiert wirkenden Erklärungen, die nicht am wahrscheinlichsten, sondern eher am unwahrscheinlichsten sind und nicht bewiesen werden könne. Dazu besteht oftmals ein enger Zusammenhang mit Verschwörungstheorien.
Meine Meinung:
Selbstverständlich darf ein Science-Blog auch über Pseudowissenschaften berichten. Aber er darf sie nicht unreflektiert wie Wissenschaft behandeln.
Ein kritisch hinterfragender Beitrag ist möglich.
Meiner Ansicht nach haben Wissenschaftler und auch Wissenschaftsjournalisten eine gewisse Verantwortung ihren Lesern gegenüber, dass sie Informationen wie wissenschaftliche Ergebnisse und Publikationen bewerten und einordnen können. Und dies auch tun.
Was meint Ihr?
Was meinen Sie?
Kommentare (58)