Passage-Instrument von John Bird
Ein wissenschaftshistorisch wertvolles Instrument von dem berühmten Londoner Instrumentenmacher Bird.
Ein Passage- (=Durchgangs-)-Instrument dient der Beobachtung, wann ein Stern genau im Süden steht.
Diese Information hätte ich gern vor Ort gelesen.
Planisphäre
Hier habe ich eine offensichtliche Bildungslücke schließen können. Die Betrachtung des historischen Objekts war glücklicherweise selbsterklärend.
Wenn echte Instrumente wie Kunstobjekte präsentiert werden – ohne Information zu ihrem Nutzen, ihrer Funktionalität und ihrer wissenschaftlichen Bedeutung – werden sie ihrer eigentlichen Bedeutung beraubt. Denn sie sind weitaus mehr, als ein hübsch glänzender Zierrat. Diese wissenschaftlichen Grundlagen und das technische Können mit dem Ziel, neue Erkenntnisse zu erlangen, sind ein wesentliches Stück unserer Kultur.
Der Science-Fiction-Raum
Ich persönlich halte sehr viel davon, wenn in einer Ausstellung zu diesem überirdischen Thema auch etwas Science Fiction zu sehen ist. Schließlich bin ich selbst ein großer SF-Fan und nutze dieses Genre der Phantastik gern zur Illustration von naturwissenschaftlichen Inhalten.
Die Beschriftungen muss ich – wie gehabt – suchen.
Der Raum ist leider genauso zusammengewürfelt und inhaltlich schwer erschließbar wie der Rest der Ausstellung. (Da hatte die grandiose Ausstellung „Science Fiction in Deutschland“ im Haus der Geschichte in Bonn jedenfalls ganz andere Maßstäbe gesetzt – und zwar direkt im Nachbargebäude.)
Die Exponate sind allerdings wirklich sehenswert!
Mein persönlicher Favorit in der SF-Abteilung: das mehrere Meter große und großartige Modell der „Rodger Young“ – einem Transporter aus dem Film „Starship Troopers“.
Science Fiction-Kunst:
Die Gemälde waren für mich eine Offenbarung – von den Künstlern habe ich noch nie etwas gehört.
Paul Laffoley
Präzise ausgearbeitete, knallbunte Gemälde zwischen Mandala und technischer Illustration.
Ward Shelley
Präzise gezeichnet und gemalte Diagramme mit einem Fundus an Informationen, etwa zur Geschichte der Science Fiction.
Henry Darger
Darger verdiente als Hausmeister seinen Lebensunterhalt. Erst kurz vor seinem Tod kam heraus, dass er schreibend und malend ein überwältigendes Paralleluniversum erschaffen hatte.
Das 15.145 Seiten umfassende und mit mehreren hundert Zeichnungen und Aquarellen illustrierte Manuskript mit dem Titel The Story of the Vivian Girls, in What is known as the Realms of the Unreal, of the Glandeco-Angelinian War Storm, Caused by the Child Slave Rebellion.
Die ausgestellten, riesigen Aquarelle erweckten in mir spontan Assoziationen zu Comics.
Alle genannten Künstler haben großartige Werke geschaffen, die inhaltlich ganze Vorstellungswelten transportieren. Ich könnte sie mir stundenlang und immer wieder ansehen und würde immer noch etwas Neues entdecken. Die Gemälde sind sehr detailliert angelegt und mit hoher Präzision gemalt bzw. gezeichnet.
Ein Besuch auf den Homepages der Künstler lohnt sich sehr!
Zwei außergewöhnliche „Schmankerl“ mit pseudohistorischem Anspruch
Peter Sauerer: Masken Vril-Gesellschaft
An der Wand hängen vier Frauenmasken – mit je einem Doppelpaar Augen. Der Versuch, Blickkontakt aufzunehmen, führt zu Irritationen – welches Augenpaar soll man nun fixieren?
Die Damen symbolisieren die legendäre fiktive Vril-Gesellschaft, einen ominösen Geheimbund aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Vril haben angeblich die Nationalsozialisten mit Plänen für den Bau von “Reichsflugscheiben” versorgt. Meinen jedenfalls einige Verschwörungstheoretischer und Pseudohistoriker.
„Moon Goose Analogue: Lunar Migration Bird Facility“ – Agnes Meyer-Brandis
Die Mondgänse fliegen regelmäßig zum Mond. Offenbar bekommen sie dafür eine spezielle Astronautenausbildung – das suggerieren jedenfalls die heroischen Portraits der Gänseküken unter der wehenden Phantasie-Flagge. Außerdem machen sie punktgenaue Landungen auf einem spezifischen Areal der Mondoberfläche.
Die Eier, aus denen sie einst schlüpften und eine Feder sind ebenso präsentiert, wie an anderer Stelle das Equipment menschlicher Astronauten.
Die Inszenierung ist eine Analogie auf Bishop Francis Godwin „The Man in the Moone“.
Dieser Künstlerraum ist eine zauberhafte theatralische Inszenierung mit vielen Hintergedanken und hat mich zu einer fiktive Reise eingeladen. Auf eine so sympathische Weise, dass ich mich gern darauf eingelassen habe. Wahrscheinlich, weil ich als Zoologin mit Viechern sowieso grundsätzlich sympathisiere.
Allerdings habe ich einem neben mir stehenden Jungen und seiner etwas ratlosen Mutter erklärt, dass es sich um ein Kunstwerk handelt. Das war wohl doch nicht so offensichtlich.
Aufbau, Didaktik, Vermittlung – orientierungslos in Outer Space
Ausstellungsarchitektur:
Der inhaltliche Rote Faden ist auch in der Ausstellungsarchitektur schwierig zu finden. Die Vielzahl klein gegliederter Räume mit mehreren Durchgängen und vielen spitzen Winkeln macht die Ausstellung zu einem Labyrinth -man erarbeitet sich die Räume explorativ.
Eine Besucherführung ist offenbar nicht geplant, hätte der Ausstellung aber sicherlich gut getan. Außer mir haben sich jedenfalls auch sehr viele andere Besucher gefragt, wo denn der Ausgang sei und ob sie schon alles gesehen hätten. Glücklicherweise konnte das wirklich freundliche und hilfsbereite Aufsichts- und Informations-Personal meist weiterhelfen.
Objekte wie der legendäre Sputnik, der unglücklich platziert auf den Zwischenwänden über der Ausstellung thronte, waren außer Sichtweit der meisten Besucher. Ich war zufällig beim Verlassen der Ausstellung darauf aufmerksam geworden.
Schade um das schöne Objekt – denn es ist ein Meilenstein auf dem Weg der Menschen ins Weltall.
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