Europas größte Weltausstellung “Apollo and Beyond” im Technischen Museum Speyer war ein würdiger Rahmen für den Auftritt des deutschen ESA-Astronauten Alexander Gerst. Ein “Astronauten-Kinder-Schlaraffenland”, wie er es formulierte sagte.

Die Ministerpräsidentin von Rheinlandpfalz, Malu Dreyer, hieß in ihrem Grußwort den 32. Astronauten, der im Technikmuseum Speyer zu Gast ist, willkommen. Sie begrüßte auch die französische Generalkonsulin, die Vertreter aus Politik und Wirtschaft, die Vertreter von ESA und DLR und die geladenen Gäste sichtlich begeistert. Danach sprach sie über die Bedeutung von Wissenschaft und Forschung und natürlich auch der bemannten und unbemannten Raumfahrt. Weitere Investitionen in Bildung und Forschung seien wichtig. Auch über die beeindruckende Raumfahrthalle des Museums äußerte sie sich begeistert.

(Ob sie wohl weiß, dass das Museum keinerlei staatliche Förderung erhält, sondern rein privat finanziert wird?
Diese Aufmerksamkeit und Begeisterung von politischen Vertretern wünschen wir uns jedenfalls für Wissenschaft und Forschung und natürlich die Raumfahrt häufiger. Auch in Hessen, wo die für den Wahlkreis Darmstadt zuständige SPD-Politikerin tatsächlich ihre Zweifel am Sinne der bemannten Raumfahrt vor gar nicht langer Zeit laut herausposaunt hat.)

Mission „Blue Dot“: Alexander Gerst erzählt
Der Missionsname “Blue Dot” ist inspiriert von einer Photographie der Raumsonde Cassini von Saturn. Weit hinter dem Saturn war ein kleiner blauer Punkt zu sehen – die Erde! Unser Heimatplanet, der für uns alles ist: Hier ist so viel passiert, die Entwicklung des Lebens vom Einzeller über die Dinosaurier bis hin zu uns Menschen. So kam es also zu dem in Missionsnamen “Blue Dot”.

Dann legt er gleich los mit seinen Erlebnissen und Eindrücken vom Aufenthalt auf der ISS.

Dass es nun allmählich losgeht, war bei der Startvorbereitung auch daran zu sehen, dass auf einmal nicht mehr die üblichen Hunderte von Leuten um uns herum waren, sondern nur noch ganz wenige. Und die hatten es dann auch eilig, wegzukommen. Schließlich standen wir, Max Suraev, Reid Wiseman und ich ganz alleine da, fuhren an der vollgetankten Rakete hoch, stiegen ein. Dann ging es mit 26 Millionen PS in Richtung All. Das sind 5 G, also das fünffache Körpergewicht, ca 450 kg. Und das muss man immerhin 8 Minuten aushalten. Die können dann ganz schön lang werden!
Nach 8 Minuten waren wir dann im Weltraum.

Die ersten Blicke aus dem Weltraum zurück auf die Erde sind so beeindruckend. Das erste, was mir aufgefallen ist, ist, wie dünn unsere Atmosphäre ist. Ich bin Geophysiker, ich habe die Zahlen dazu im Kopf. Aber von hier oben sie sie so zerbrechlich aus.

Dann kam die ISS in Sicht, diese größtkomplexe Maschine, die je gebaut worden ist. 100 000 Menschen haben Qualitätsarbeit geleistet, und diese komplexeste aller Maschinen gebaut. Die einzelnen Teile sind ja eh erst im All zusammengesteckt worden. Und alles hat gepasst!
In den 10 Minuten hatte ich den ISS-Geruch in der Nase. Es roch irgendwie technisch, ich kann es nicht genau beschreiben. Und dann habe ich meine Freunde wieder getroffen, mit denen ich ja schon ein Jahr lang trainiert hatte.
Am ersten Tag muss man erst einmal total viel lernen: Wie schlafe ich? Wie gehe ich? Wie esse ich? Das Schweben mussten wir auch lernen. Aber das ging dann alles ziemlich schnell.
Meine erste offizielle Aufgabe war, den Urinschlauch zu wechseln. Das hatte dann aber schon einer der anderen für mich erledigt, in seiner Freizeit hatte er gearbeitet, um es mir einfacher zu machen. Das ist typisch für die Zusammenarbeit unter Astronauten – jeder achtet den anderen und man hilft sich, wo man kann.

MacGyver im All – mit Rasierschaum gegen Metallspäne

Meine liebste Freizeitbeschäftigung war, aus der Cupula auf die Erde zu schauen. Dabei ist mir immer wieder klar geworden wie dünn und verwundbar unsere schützende Atmosphäre ist. Man kann von da oben Krieg und Umweltzerstörung sehen. In den Kriegsgebieten kann man beobachten, wie Raketen fliegen. Der Blick auf den Amazonas macht traurig. Das ist unsere grüne Lunge und so viel davon ist schon gerodet. Man sieht die Straßen, die durch den Urwald geschlagen worden sind und davon gehen dann wieder kleinere Rodungen ab.
Das hat uns alle sehr nachdenklich gemacht.
Wirklich toll war das Südlicht, so etwas sieht man aus dem Weltraum oft und wir sind mittendurch geflogen.

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Kommentare (2)

  1. #1 wiener
    28. April 2015

    Interessant. Aber das die ISS die komplizierteste und groesste Maschine der Welt sein soll – wenn das mal nicht die Jungs vom LHC hoeren!!

  2. #2 Bettina Wurche
    28. April 2015

    @ Wiener: Ich denke auch, dass es ähnlich komplexe Maschinen gibt. Nicht so sicher bin ich mir, ob jemals eine so komplexe Maschine mit einer solch komplexen Logistik verknüpft worden ist. Schließlich konnte man hier nicht einfach etwas Vergessenes später besorgen, oder in der nächsten Saison (wie bei Antarktis- oder Arktisstaionen). Gleichzeitig waren die Bedingungen in der Schwerelosigkeit eine solche Station zu installieren, sicherlich noch einmal extrem große Herausforderung.
    Aber ich würde keinen Contest ausrufen, was nun die größte Herausforderung war. Ich würde Astro-Alex` Begeisterung über diesen besoders fein ausgeklügelten Mechanismus, der im Weltall sein Zuhause war, einfach mal stehen lassen.