Wie man vom beschaulichen Ruthsenbach im Bioversum Kranichstein zur Mondbasis und zur Rolle der Roboter in 5000 Jahren kommt?
Ganz einfach…doch der Reihe nach.
Am 0907. hatte ich eine Veranstaltung des Umweltdiploms im Bioversum Kranichstein, ich war kurzfristig für eine Kollegin eingesprungen.
Das Programm „Wasserforscher“ ist eine Erkundung des Ruthsenbachs in Darmstadt-Kranichstein. Das Bioversum Kranichstein, ein Museum zur Biodiversität in Wald, Wiese und Wasser unserer Region bietet dieses und viele andere Indoor- und Outdor-Programme für Menschen aller Altersgruppen an. Das Bioversum ist im Zeughaus des barocken Jagdschlosses Kranichstein, sowohl die Ausstellung als auch das Jagdgehege und die Umgebung sind perfekt für die Natur-Erkundung.
Die Wasserprogramme liebe ich besonders, mit Wasser und seinen Bewohnern kenne ich mich eben aus.
Im Umweltdiplom nehmen Kinder freiwillig an nachmittäglichen Sonderveranstaltungen teil, um zu einem besonderen Thema noch etwas zu lernen. Das Umweltdiplom ist eine freie Veranstaltung, die Kinder kennen sich untereinander nicht. Darum gibt es keine „Arbeitsaufträge und Arbeitsanweisung wie in einem Schulprogramm. Wir besprechen zwar vorab die eingesetzten Werkzeuge und die Vorgehensweise und ich biete neben tierfreundlichen Fanggeräten wie Küchensieb und Pinsel oder Becherlupen auch Mess-Instrumente für physikalische Parameter an, aber letztendlich ist den Kindern freigestellt, was genau sie machen möchten. Die Kinder machen es einfach nur so, weil sie es wollen.
12 Kinder aus der 4. und 5. Klasse sind also, mit mir und bepackt mit Kisten, Büchern, Sieben, Keschern, Thermometern und Becherlupen an den Ruthsenbach gezogen. Durch das viel zu trockene Frühjahr und den viel zu trockenen Sommer ist der Wasserstand erbärmlich abgesunken. Das normalerweise munter plätschernde Bächlein mit seiner guten Wasserqualität fließt träge dahin, an anderen Stellen steht das Wasser oder das Bachbett ist sogar ganz trocken gefallen.
Wir laufen also weit bachaufwärts und lassen uns zwischen den letzten Resten des fließenden Bächleins, einigen versumpften Stellen und inmitten eines Mücken-Dance-and-Sound–Contests nieder.
Eine kleine Bucht, die schon immer zum sumpfig sein neigte und ein eigenes System aus übereinander gefallenen Baumstämmen, Sandbarrieren und tieferen Stellen ist, ist bei Amphibien besonders beliebt. Hier haben wir immer Kaulquappen gefunden, später Frösche. durch die anhaltende Trockenheit wird der Wasserkörper zunehmend kleiner, der Schlamm zäher und allmählich breitete sich der Geruch nach Schwefelwasserstoff aus. Die Amphibien lieben diese Stelle immer noch – hier sind zuverlässig auch Molchlarven zu finden.
Diesen urwüchsigen Tümpel muss man sehr vorsichtig erkunden, der Untergrund trägt nicht überall, schnell sackt man bis zum Stiefelrand im Schlamm ein. Oder modrige Baumstämme geben unter den Füßen nach. Ich verlagere mein Gewicht immer sehr vorsichtig, bewege mich auf Füßen und Händen und überprüfe, ob das Holz mich trägt. Dabei peile ich vorsichtig in die Wasserflächen, ohne dass mein Schatten mir vorauseilt. Die einzige Möglichkeit, einen der scheuen Molche zu erspähen, die immer auf der Hut sind.
Ein sorgfältiges Abwägen zwischen „Ich will den Molch sehen“ und der geduldeten Anzahl der Mückenstiche.
Dieses Mal finde ich keinen Molch oder eine Larve und erklärte zwei Mädchen den Zusammenhang zwischen der Trockenheit, dem niedrigen Wasserstand und dem Geruch nach Schwefelwasserstoff. Sie werden immer aufmerksamer. Schließlich zeige ich ihnen noch die schwärzlichen Blätter am still stehenden Gewässerboden und erkläre, dass der Lebensraum für die meisten Wassertiere jetzt nicht mehr so toll sei, aber z. B. aus diesen Blättern mal Fossilien entstehen könnten. Weil sie ja durch die Abwesenheit von Sauerstoff nicht „normal“ abgebaut werden können. Und wenn man jetzt noch ein paar Millionen Jahre wartet, könnten daraus durchaus Fossilien entstehen. So wie z. B. in der Grube Messel.
Da grinst mich die kleinere der beiden an und erzählt, der Papa ihrer Freundin würde in der Grube Messel arbeiten. Er gräbt da Fossilien aus. Es stellte sich ´raus, dass der besagte Mann einer der Paläontologischen Präparatoren des Senckenberg-Museums ist. Klar kenne ich den.
Und dann kommen wir etwas weiter ins Plaudern. In ein paar Millionen Jahren seien wir wohl nicht mehr da, meinten die Mädchen. Eine erzählt mir dann von einem SF-Film, den sie gesehen hat: In 5000 Jahren hängen die Leute nur noch dick und schlaff in Sesseln und geben ihren Robotern Arbeitsanweisungen. Wir diskutieren über Roboter und wie intelligent Roboter wohl werden können. Ob sie eines Tages vielleicht sogar schlauer als ihre Erfinder werden können?
Da wird der Sumpf am Ruthsenbach zur Zeitmaschine – aus der versteinerten tieferen Vergangenheit geht es direkt in die Futurologie.
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