Weiter geht es zu nächsten kleinen Gruppe.
Einer Jungen zeigt mir stolz seine Becherlupe: Ein Käfer.
Ist das Tier ins Wasser gefallen? Soll ich ihn ans Land setzen und damit retten?
Nein, die hydrodynamische Form und die paddelnden Beine sehen nach einem Wassertier aus.
Ein Schwimmkäfer!
„Und er hat eine Luftblase am Hinterteil.“ erzählt mir der stolze Finder.
Klar, so tankt der Käfer, der ja mit seinen Tracheen Luft atmen muss, Sauerstoff. Er streckt den Hintern aus dem Wasser und stülpt sich dann eine Luftblase über den Hinterleib. Als ich ihm das erkläre, meint der Kleine „Ja klar, das habe ich genauso gesehen.“
Wie schön, dass wir hier die Zeit haben, zu beobachten und zu entdecken.
Als wir zusammen die Larve der Großlibelle bestimmen und ich den Kindern erkläre, dass sie zwar erst ein „Kind“ sei, aber dennoch eine sehr erfolgreich Jägerin, die selbst kleine Fische und Frösche erbeutet, bildet sich um mich herum ein andächtig zuhörender Kreis. Als nächstes lese ich einige Abschnitte aus dem Buch „Das Leben im Wassertropfen“ vor und den Unterschied zwischen Klein- und Großlibellen erkläre und dass ihre Kinder als Larven im Wasser leben, rücken die Kinder ganz nah an mich heran.
Dann springen sie wieder auf und verlieren sich in ihrem jeweiligen Bach-Abenteuer.
Um noch mehr Bachflohkrebse zu fangen.
Und einen Wasserskorpion zu sehen und ihn begeistert den anderen vorzuführen.
Um mit scharfem Blick einen seltsamen schlaffen Sack in Grau zu erspähen. Was ist das? Die leere Chitinhülle einer ausgeschlüpften Kleinlibelle! Die fedrigen Kiemenanhänge am hinteren Körperende sind deutlich zu erkennen. Ich erkläre, dass die Chitinhülle beim Häuten wie ein Hemd abgestreift werden kann.
Ja, die kann man aufbewahren – einfach trocknen. Allerdings wird sie dann zerbrechlich.
„Und …werden die Insekten mit den Chitinhüllen im Museum dann in Flüssigkeit eingelegt? In Alkohol? Damit sie nicht austrocknen?“
Insekten werden oft eher getrocknet und mit einer Nadel in einem Insektenkasten festgesteckt. Manchmal werden dabei auch vorsichtig die Flügel ausgebreitet, damit man sie beim getrockneten Tier ansehen kann.
Das Häutungshemd wird von seinem stolzen Entdecker natürlich eingepackt und mitgenommen, ich habe ein Taschentuch zum Einwicken parat.
Dann passiert das Unerwartete: Einige der Jungs haben im tiefstmöglichen Bachabschnitt tatsächlich einen Fisch aufgestöbert!
Das Tier wird sehr vorsichtig aus dem Kescher in eine mit Wasser gefüllte Schale gesetzt.
Dann zücke ich das Bestimmungsbuch – bei Süßwasserfischen muss ich doch immer noch mal nachschlagen.
Gemeinsam gehen wir durch den Bestimmungsschlüssel:
Das Tier hat einen flachen Kopf und ist keinesfalls schmal und hochrückig. Ganz klar ein Bodenbewohner.
Der Körper ist sehr schlüpfrig, es sind keine Schuppen zu sehen.
Auch die Barteln am Maul weisen auf eine Schmerle hin.
Wie sehen die Rücken- und Schwanzflosse aus?
Die Schwanzflosse ist nicht abgerundet.
Es ist eine Bachschmerle.
Ein wackeres Fischlein, das sich auch bei nicht ganz optimaler Wasserqualität (2 – 3 von 5 möglichen Gütestufen) noch ganz wohl fühlt. Die Schmerle ist durch ihre Hautatmung nämlich nicht allein auf die Sauerstoffaufnahme über die Kiemen angewiesen.
Der Fisch ist ein nicht alltäglicher Fund im Bach.
Wir sind alle ganz aufgeregt, dann setzen wir ihn, nachdem jeder noch mal gucken durfte, aus seiner Wasserschale wieder vorsichtig an seinen Platz an der tiefen Stelle im Bach zurück. Dazu geht der stolze Fischentdecker nach meinen Anweisungen ganz behutsam zu Werke: Die Schale an die Wasseroberfläche setzen und dann fluten, so dass der Fisch keine Sekunde trocken fällt. Sowie die Bachschmerle das einströmende Wasser des Baches spürt, flutscht sie mit einem blitzschnellen Schwanzschlag zurück in den Heimatbach.
Viel zu schnell ist unsere Zeit am Bach schon wieder vorbei.
Beim gemeinsamen Zusammenpacken kommen wir noch einmal ins Gespräch über Raumfahrt.
Einer der Jungs erzählt begeistert von der geplanten Marsstation. Er hätte neulich im Fernsehen etwas darüber gesehen und der Mann im Fernsehen hat erzählt, dass sie jetzt bald zum Mars fliegen und er, der Reporter, auch dabei sein wird. Sie wissen bloß noch nicht, wie sie zurückkommen.
Glücklicherweise stellen einige der anderen Jungs schnell richtig, dass es noch nicht ganz so weit ist, und diese Mission so noch nicht feststeht.
Ich ergänze erst mal nachdrücklich, dass niemand zum Mars geschickt wird, schon gar nicht, bevor die Rückkehr nicht sicher sei. Und dass der nächste Zwischenschritt erst mal eine Mondstation sei. Im Moment gibt es nämlich keine passende Rakete, die Astronauten zum Mond bringen könnte. Oder gar zum Mars. Weder bei der ESA, noch bei der NASA oder anderen Raumfahrtagenturen. Da kann ich noch ein paar schöne Zitate aus denn Antrittsreden und –Interviews des neuen ESA-Direktors Herrn Wörner anbringen.
“Demnächst aber schon! Die Ariane 6 kommt doch jetzt!” wissen die Kinder. Der größte Teil von ihnen hatte nämlich schon eine Umweltdiploms-Veranstaltung bei ESOC. Darum sind sie ganz gut auf dem Laufenden. Wie viele Erwachsene hätten denn gewusst, dass die Ariane 6 geplant ist? Beim Einpacken plaudern wir noch ein bisschen weiter über Raumfahrt-Planung, Raketen, Mond- und Marsstationen. Ich erzähle noch etwas von der starken Saturn V, den Mondmissionen und was Astronauten so zu erzählen haben. Und dann marschieren wir zurück, voller Erinnerungen an eine packende Bach-Expedition die im Weltraum endete.
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